Die Kuh als Klimasünder? - Tier-im-Fokus.ch
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Der kritis<strong>ch</strong>e Agrarberi<strong>ch</strong>t 2008<br />
Rinder <strong>als</strong> Hauptkl<strong>im</strong>asünder?<br />
Global fallen jährli<strong>ch</strong> etwa 260 Millionen Tonnen Methan<br />
an, wobei 86 Millionen Tonnen (33 Prozent) der Verdauung<br />
von Wiederkäuern entstammen (1)(Abb. 4). In<br />
Deuts<strong>ch</strong>land tragen Wiederkäuer – <strong>im</strong> Gegensatz zu<br />
Ländern mit großen Rinderbeständen wie Argentinien<br />
oder Brasilien – nur zu etwa zwei Prozent zum gesamten<br />
Treibhausgasaufkommen bei (8).<br />
Das Methan wird bei den Wiederkäuern während<br />
des Verdauungsvorgangs bei der mikrobiellen Umsetzung<br />
insbesondere von Cellulose freigesetzt.<strong>Die</strong> Mengen<br />
an pro <strong>Tier</strong> abgegebenem Methan variieren abhängig<br />
von der <strong>Tier</strong>art,der individuellen Leistung und der Nahrungszusammensetzung.<br />
In Deuts<strong>ch</strong>land lagen die Methanemissionsfaktoren<br />
einer Mil<strong>ch</strong>kuh <strong>im</strong> Jahr 2002<br />
dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong> bei 102,7 Kilogramm Methan pro <strong>Tier</strong><br />
und Jahr (8).<br />
Ni<strong>ch</strong>t nur der Methanausstoß der Rinder trägt negativ<br />
zum Kl<strong>im</strong>awandel bei.Generell ist es sehr aufwändig,<br />
Rindfleis<strong>ch</strong> zu produzieren, da der größte Teil der Energie,<br />
die über die pflanzli<strong>ch</strong>e Nahrung aufgenommen<br />
wird, wieder verloren geht. Um ein Kilogramm Gewi<strong>ch</strong>t<br />
zuzulegen, muss ein Rind bis zu 16 Kilogramm Futter<br />
verzehren. Ein S<strong>ch</strong>wein ist ein verglei<strong>ch</strong>sweise besserer<br />
Futterverwerter. <strong>Die</strong> Nahrung von Mastrindern besteht<br />
in der konventionellen Landwirts<strong>ch</strong>aft vor allem aus<br />
Maissilage. Mais fördert Bodenerosion und die Auswas<strong>ch</strong>ung<br />
von Nährstoffen; zudem benötigt der Maisanbau<br />
hohe Mengen an Düngemitteln, für deren Herstellung<br />
viel Energie verbrau<strong>ch</strong>t und CO 2 freigesetzt wird. Neben<br />
Mais wird Wiederkäuern oft Soja zugefüttert, wel<strong>ch</strong>es<br />
die s<strong>ch</strong>on erwähnten Negativeffekte (lange Transportwege<br />
und Rodungen für Anbauflä<strong>ch</strong>en) mit si<strong>ch</strong> bringt.<br />
Außerdem werden aus Gülle und Mist Ammoniak und<br />
Methan freigesetzt sowie na<strong>ch</strong> Ausbringung auf den Bo-<br />
Abb. 4: Anteil der Wiederkäuer am weltweiten<br />
Methanausstoß<br />
Quelle: (1); eigene Darstellung<br />
33 %<br />
67 %<br />
234<br />
den Stickstoff-, Nitrat- und Phosphorverbindungen, die<br />
zur Versauerung des Bodens und der Gewässer beitragen<br />
und das Absterben von Wäldern fördern.<br />
<strong>Die</strong> Methanemissionen von Wiederkäuern zu verringern,ist<br />
gegenwärtig das Ziel vers<strong>ch</strong>iedener Wissens<strong>ch</strong>aftler<br />
weltweit. Dafür werden unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Ansätze<br />
verfolgt und teilweise Ideen entwickelt, die auf<br />
den ersten Blick Erfolg verspre<strong>ch</strong>end klingen mögen,<br />
aber aus der Si<strong>ch</strong>t des <strong>Tier</strong>s<strong>ch</strong>utzes grundsätzli<strong>ch</strong> abzulehnen<br />
sind.<br />
Eine der untersu<strong>ch</strong>ten Mögli<strong>ch</strong>keiten, Methanemissionen<br />
zu reduzieren, setzt bei der Futterzusammensetzung<br />
an. Methan wird vor allem be<strong>im</strong> Abbau von rohfaserhaltigen<br />
Futtermitteln wie Heu, Stroh und Silage<br />
gebildet (zum Teil über 30 Gramm pro Kilogramm Futter),<br />
wohingegen strukturärmere Kraftfuttermittel, wie<br />
Getreide oder Leguminosen, relativ wenig zur Methanbildung<br />
beitragen (zum Teil unter 20 Gramm pro Kilogramm<br />
Futter) (9). Aus dieser Erkenntnis bildete si<strong>ch</strong><br />
die Theorie, dass Wiederkäuer wie Ni<strong>ch</strong>twiederkäuer<br />
ernährt werden sollten, um den Methanausstoß zu begrenzen<br />
(3). Eine sol<strong>ch</strong>e Ernährung steht aber <strong>im</strong> Gegensatz<br />
zur anatomis<strong>ch</strong>en und physiologis<strong>ch</strong>en Veranlagung<br />
von Wiederkäuern und ist deswegen sowohl aus<br />
gesundheitli<strong>ch</strong>en Gründen <strong>als</strong> au<strong>ch</strong> aus <strong>Tier</strong>s<strong>ch</strong>utzaspekten<br />
inakzeptabel.Außerdem führt eine zu proteinrei<strong>ch</strong>e<br />
Nahrung dazu, dass ni<strong>ch</strong>t alle Proteine be<strong>im</strong> Verdauungsvorgang<br />
absorbiert werden können. Der überzählige<br />
Stickstoff wird dann über Urin und Faeces in die<br />
Umwelt abgegeben (7). Zusätzli<strong>ch</strong> erfordert die Erzeugung<br />
stärkerei<strong>ch</strong>er Futtermittel (z. B. Getreide) einen<br />
höheren Einsatz fossiler Energie und damit einen höheren<br />
CO 2 -Ausstoß (9).<br />
Diskutiert werden au<strong>ch</strong> komplett ges<strong>ch</strong>lossene Ställe,in<br />
denen Nutztiere völlig von der Umwelt abges<strong>ch</strong>irmt<br />
gehalten werden sollen. <strong>Die</strong> in den Ställen entstehenden<br />
Emissionen sollen dann dur<strong>ch</strong> besondere Filtersysteme<br />
absorbiert werden, so dass keine S<strong>ch</strong>adgase in die Umwelt<br />
gelangen. Eine sol<strong>ch</strong>e Haltungsform ohne Auslauf<br />
ist jedo<strong>ch</strong> keineswegs tiergere<strong>ch</strong>t und kann deswegen<br />
ni<strong>ch</strong>t <strong>als</strong> Alternative in Betra<strong>ch</strong>t gezogen werden.<br />
Weitere Ansätze, die verfolgt werden, um den Methanausstoß<br />
von Wiederkäuern zu min<strong>im</strong>ieren, rei<strong>ch</strong>en<br />
von der Zugabe von Verdauungsenzymen, Fettquellen,<br />
Futterzusatzstoffen, Abbauprodukten des Kohlehydratstoffwe<strong>ch</strong>sels,<br />
Tannin-Tabletten oder Saponinen bis hin<br />
zur Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> genetis<strong>ch</strong>en Angriffspunkten <strong>im</strong> Genom<br />
der Pansen-Protozoen. Au<strong>ch</strong> eine Impfung gegen Methan-bildende<br />
Mikroben wurde in Australien bereits<br />
untersu<strong>ch</strong>t (3, 9).<br />
Sol<strong>ch</strong>e Fors<strong>ch</strong>ungsprojekte könnten unerhebli<strong>ch</strong><br />
werden,wenn die Rinderhaltung ganzheitli<strong>ch</strong> betra<strong>ch</strong>tet<br />
würde. Denn eine extensive Haltungsform mit weniger<br />
<strong>Tier</strong>en auf der Weide und mit sehr geringem Energie-