WirtschaftsKreuz-Nord-West Teil II - DIE WIRTSCHAFT - 27. Oktober 2020
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Wirtschaftskreuz <strong>Nord</strong>-<strong>West</strong><br />
11<br />
Zupacken und Lösungen finden!<br />
In der Kriseist entschlossenes, unternehmerischesHandeln gefragt<br />
VON<br />
CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN<br />
OSNABRÜCK „Beispiellose Herausforderung“<br />
–„größteKrise seitEnde des<br />
Zweiten Weltkriegs“ –imUmgang<br />
mit Coronaherrscht kein Mangel an<br />
Superlativen. Meist betonen sie das<br />
Bedrohliche derSituation,selten die<br />
möglichen positiven Aspekte. Dabei<br />
könnte Corona –wie viele Krisen –<br />
auch als reinigendes Gewitter betrachtet<br />
werden. Ein Gewitter, eine<br />
Herausforderung,der manimIdealfall<br />
mit mutigem, unternehmerischem<br />
Handeln begegnet. Drei Entrepreneure<br />
berichten,wie ihrUnternehmen<br />
mitCorona erfolgreich weiterarbeitet.<br />
André Scheer ist Geschäftsführer<br />
von VIROOsnabrück. Das internationale<br />
Ingenieurbürohat sichauf Projektmanagement<br />
und Engineering<br />
spezialisiert.Viroentwickelt, projektiert<br />
und realisiert komplexe Projekte<br />
fürden Maschinen- und Anlagenbau,<br />
die Automobil- sowie die Halbleiterindustrie.<br />
DieKundenpaletteist breit<br />
gestreut. So liefern die Osnabrücker<br />
auchLösungenfür denFlugzeugbau,<br />
denEnergiesektor,die Lebensmittelbranche<br />
oderdie Schifffahrt.<br />
AndréScheer: „Als Coronabei uns<br />
akut wurde, haben 95 Prozent unsererknapp<br />
1000 Mitarbeiter für circa<br />
drei Monate aus dem Home-Office<br />
gearbeitet. Wir warendarauf bestens<br />
vorbereitet,weil wir unsereinternen<br />
IT-Strukturen schon im Vorfeldnach<br />
Arbeitsplatzverlegung:DieHerausforderung„HomeOffice“ wurde in derRegionmehrheitlichgutgelöst.<br />
strengen ISO-Normen zertifizieren<br />
ließen.Zielwares,unsereMitarbeiter<br />
innerhalb von 48 Stunden ohne Produktivitätseinbußen<br />
von einem anderenStandortaus<br />
einsetzen zu können.“<br />
DieMitarbeiternutzen lautScheer<br />
im Home-Office einen PC oder einen<br />
Laptop, sie sind über eine sichere<br />
VPN-Verbindung mit dem Firmennetzwerk<br />
verbunden. Sensible Kundendaten<br />
sind nicht gefährdet. In der<br />
Krise habe derschnelle Wechselbestens<br />
funktioniert, berichtet der VI-<br />
RO-Geschäftsführer: „Es gab keinen<br />
Einbruch, die Kommunikation über<br />
Videokonferenzen funktionierteausgezeichnet.Faktisch<br />
gab es kaumAbweichungen<br />
zum normalen Büroalltag.“<br />
Mittlerweile sind drei Viertel<br />
der Mitarbeiter des Unternehmens<br />
wieder indie Büros zurückgekehrt.<br />
Alle Projekte werden unter Volldampf<br />
vorangetrieben. Dazu gehört<br />
auch derUmzuganden neuen Standort<br />
inDissen. Dort hat VIRO ein innovatives,neuesRaumkonzept<br />
realisiert.<br />
Die Mitarbeiter werden keine<br />
festen Arbeitsplätze haben. Es gibt<br />
einen zentralen, großen Cafébereich<br />
alsBegegnungsort.<br />
Scheer zieht einpositives Resümee<br />
der letzten Monate: „Corona hat gezeigt,dass<br />
wir mitunsererzertifizierten<br />
IT-Struktur optimal aufgestellt<br />
waren. Das war aber auch der Anspruch.<br />
Auf den Lockdown können<br />
wir positiv zurückblicken. Unsere<br />
Performance hatdarunter auf keinen<br />
Fall gelitten.“<br />
Eine ganz andere Geschichte hat<br />
Christian Kürzel zu erzählen. Erist<br />
Geschäftsführer des Unternehmens<br />
„August Bruns“ inBerge, das seit 25<br />
Jahren energieoptimierte Holzhäuser<br />
baut. Seit 2015 baut Kürzel ein<br />
Foto:iStock<br />
zweitesStandbeinfür sichund seine<br />
Mitarbeiter auf.„Ein Kunde batuns,<br />
einen Sichtschutz für seine Mülltonnen<br />
zu entwickeln“, erinnert ersich.<br />
Das war die Initialzündung für eine<br />
ganze Paletteankleineren Holzkonstruktionen<br />
wie Hochbeeten, Pflanzkästen<br />
und Gartenmöbeln, die man<br />
zunächstals willkommenen Lückenfüller<br />
zwischen den großen AufträgenimHausbau<br />
ansah.<br />
Kürzel und seine Mitarbeiter verwenden<br />
Douglasienholz aus der<br />
Rhönfür ihreProdukte.Sie bauensie<br />
auf Bestellung mit individuellen Maßen.<br />
Die Kunden kommen schwerpunktmäßig<br />
aus Berlin, Hamburg,<br />
Süddeutschland, auch aus der<br />
Schweiz und Luxemburg. Verkauft<br />
wird ausschließlich im Direktvertrieb<br />
über die eigene Internetseite<br />
binnen.markt. Jahr für Jahr wuchs<br />
derneueGeschäftszweig um 30 Prozent.<br />
Kürzel dachte schon darüber<br />
nach, irgendwann keine Häuser<br />
mehr zu bauen. Dann kam Corona.<br />
„Viele Konsumkanäle waren geschlossen“,<br />
sagt der Unternehmer:<br />
„Die Menschen konzentrierten sich<br />
aufden heimischen Garten, sie wollten<br />
sich dort schöner einrichten. Das<br />
führte bei uns zu einer Sonderkonjunktur.<br />
Der Umsatz stieg im Vergleich<br />
zum Vorjahr um zwei Drittel,<br />
fürdas Gesamtjahrerwarten wireine<br />
Verdopplung.Wir haben deshalb die<br />
Entscheidung vorgezogen, uns nur<br />
noch auf dieses Geschäft zukonzentrieren.“<br />
Dassman in Krisenzeiten auchein<br />
wenig Glück haben muss, zeigt das<br />
Beispiel von Jacob Bussmann. Er ist<br />
Vorstandsvorsitzender der Osnabrücker<br />
Firma SeedForward. Deren<br />
Kerngeschäftist derVertriebvon biobasierten<br />
Beizmitteln an Saatgutzüchterund<br />
-händlerinDeutschland<br />
und verschiedenen europäischen<br />
Nachbarländern. „Imletzten Jahr haben<br />
wir darüber an die100000 Hektar<br />
bedient“, sagtBussmann: „Unsere<br />
Beizmittel könnteman auch alsBiostimulanzien<br />
bezeichnen. Mit unseren<br />
Produktennutzen wir genetische<br />
Potenziale von Saatgut und Pflanze.<br />
DasWurzelwachstum unddie Keimkraft<br />
werden gestärkt. Unser Qualitätsanspruch<br />
ist, dass wir uns am<br />
Markt durchsetzen, weil unsere Produkte<br />
funktionieren.“ Im Frühjahr<br />
seieseine engeKiste für sein Unternehmen<br />
gewesen, berichtetder Chef<br />
von SeedForward. Covid seikurzvor<br />
dem Ende der Maissaison gekommen.<br />
„Wenn der Lockdown ein bis<br />
zwei Monate früherverhängt worden<br />
wäre, hätten wir in der Rohstoffbeschaffung<br />
und Auslieferung vor logistischen<br />
Herausforderungen gestanden“,<br />
sagt er: „Glücklicherweise warenunsereLager<br />
aber gefüllt, alsder<br />
Lockdownkam unddie Speditionen<br />
haben nach wie vor ausgeliefert. Aufgrund<br />
dieser Erfahrung haben wir<br />
unsere Lagerbestände für die kommende<br />
Saisondeutlichaufgestockt.“<br />
In der Landwirtschaftwird immer<br />
gesät, entsprechend gab es für Seed-<br />
Forwardinder Saison dannnur wenige<br />
Einschränkungen durch Corona.<br />
Zudem funktionierte die digitale<br />
Zusammenarbeit über Microsoft<br />
Teams und auf Basis eines neuen<br />
ERP-Systems reibungslos. „Als wir<br />
dann wieder zusammenimOsnabrücker<br />
Innovationszentrum im Büro<br />
sitzen konnten, haben sich aber doch<br />
alle gefreut“, so Bussmann. Auch im<br />
Kontakt zu Kunden und Forschungspartnern<br />
fehlt ihmder direkte Draht.<br />
In der Corona-Krise seien nur noch<br />
digitale Meetings möglich gewesen.<br />
Das werdein<strong>Teil</strong>en wohl auch noch<br />
eine Weile so bleiben. Bussmann:<br />
„Ich habe festgestellt, dass das den<br />
Vorteil mit sich bringt, dass man<br />
deutlich fokussierter in der Arbeitist.<br />
Auf deranderen Seite machtman Geschäfte<br />
aber immer mit Menschen.<br />
Diese persönliche Ebene ist wichtig<br />
und die fehlt im Moment.“<br />
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