Ausgabe 1/02 - Stuttgart
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4<br />
Winter in STR<br />
Hochsaison für die<br />
Die moderne Zivilisation schert sich in ihrem Mobilitätsdrang nicht um<br />
Jahreszeiten – der Verkehrsfluss darf auch im Winter nicht gefrieren. Doch Väterchen<br />
Frost die kalte Schulter zu zeigen, gelingt der Luftfahrt nur mit Hightech<br />
und viel organisatorischem Geschick am Boden.Wintereinbrüche bescheren<br />
Schneeräumern und Flugzeugenteisern auch heute noch Großkampftage<br />
Der Winter hört am<br />
Flughafen auf“, beschreibt<br />
Wolfgang<br />
Stiegeler die Erwartungshaltung<br />
der Passagiere.<br />
Als Wartungsstationsleiter<br />
der Lufthansa Technik AG am <strong>Stuttgart</strong>er<br />
Flughafen ist Stiegeler mitverantwortlich,<br />
dass diese Erwartungshaltung<br />
der Fluggäste nicht<br />
enttäuscht wird. Er ist Vorgesetzter<br />
unter anderem von 40 Flugzeugenteisern<br />
und Herr über acht Eisbären<br />
– so heißen die bis zu 1,2<br />
Millionen Mark teuren Enteisungs-<br />
Sprühfahrzeuge.<br />
Würde Stiegelers Mannschaft Tragflächen,<br />
Höhen- und Leitwerk der<br />
Flugzeuge nicht von Eis und Schnee<br />
befreien, müsste der Flugbetrieb<br />
eingestellt werden. Denn ausreichend<br />
Auftrieb bieten nur aerodynamisch<br />
saubere Tragflächen; nur<br />
dann kann die Luft ungehindert die<br />
Konturen der Flügel umströmen.Und<br />
auch das Gewicht spielt eine große<br />
Rolle: „Nasser Pappschnee auf den<br />
Tragflächen kann tonnenschwer<br />
sein, der Flieger würde dann gar<br />
nicht hochkommen“, erklärt Stiegeler.<br />
Ähnliches gilt für bis zu 20 Millimeter<br />
dicke Eispanzer, so genanntes<br />
Klareis,das mit bloßem Auge nur von<br />
Experten erkannt wird.<br />
Eispanzer auch<br />
bei Plusgraden<br />
Damit Klareis entsteht, sind Temperaturen<br />
unter null gar nicht nötig.<br />
„Kritisch wird’s schon bei Bodentemperaturen<br />
von plus acht Grad<br />
Celsius“, sagt Eisexperte Stiegeler.<br />
Grund dafür sind in den Tragflügeltanks<br />
verbliebene Treibstoffreste.<br />
Nach langen Flügen kann sich das<br />
Restkerosin auf bis zu 30 Grad unter<br />
null abgekühlt haben. Bei Regen<br />
oder auch nur bei hoher Luftfeuchtigkeit<br />
gefrieren Wassertröpfchen<br />
dann blitzschnell auf den eiskalten<br />
Tragflächen. Deshalb reicht es auch<br />
nicht aus, die Flügel mit heißem<br />
Wasser abzuspritzen – es würde<br />
rasch abkühlen und auf der frisch<br />
gesäuberten Tragfläche alsbald eine<br />
neue Eisschicht bilden.<br />
Schutz vor Wiedervereisung der<br />
Flugzeuge bietet ein Anti-Icing-Verfahren.<br />
Dabei wird ein auf rund 85<br />
Grad erhitztes Gemisch aus Wasser<br />
und Enteisungsmittel (Anti-Deicing-<br />
Fluid, kurz ADF) verspritzt. Das ADF<br />
besteht vor allem aus biologisch<br />
vollständig abbaubarem Glykol-Alkohol,<br />
ähnlich dem Frostschutzmittel<br />
in Autokühlern. Der eingesetzte<br />
Mix aus Wasser und Enteisungsmittel<br />
hängt von Temperatur, Niederschlagsart<br />
und Luftfeuchte ab; im<br />
Extremfall wird reines ADF benutzt.<br />
Nur wenn das Mischungsverhältnis<br />
stimmt, entsteht auf den Tragflächen<br />
jene honigartige Gelatine, die eine<br />
erneute Vereisung hinauszögert.<br />
Perfekt aufgetragen, hält dieser<br />
Schutzfilm auf den Flügeln genau bis<br />
zum Abheben des Flugzeugs. Beim