WOMAN-INTHECITY MAGAZIN | DEZEMBER 2020
Magazin für intelligente Frauen. Kiel & Kieler Förde
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„WENN ICH AUFHÖREN<br />
WÜRDE ZU TRÄUMEN,<br />
WOVON SOLL ICH DANN ERZÄHLEN?“<br />
Foto: Alexander Voss<br />
Seit zwei Jahren ist Maren Schmidt Pastorin in der<br />
Kieler St. Nikolaikirche am Alten Markt in Kiel. Die<br />
Theologin und Theaterpädagogin weiß, dass Träume<br />
für uns unverzichtbar sind.<br />
<strong>WOMAN</strong> IN THE CITY: FRAU SCHMIDT, WIE GEHT<br />
ES IHNEN IN DIESEN ZEITEN?<br />
Pastorin Maren Schmidt: Das ist eine große Frage.<br />
Die letzten Wochen und Monate haben trotz der<br />
Pandemie und unserer Einschränkungen vieles hervorgerufen,<br />
was auch gut und schön ist. Vieles fehlt<br />
sehr – soziale Kontakte und Nähe, der Gemeindegesang<br />
in der Kirche… Aber es ist auch schön zu<br />
sehen, wie manches auf anderen Wegen gut funktioniert<br />
und Neues entsteht. Und ich glaube, wir bekommen<br />
gerade ein Gespür dafür, was uns wirklich<br />
wichtig ist.<br />
Natürlich stehen wir jetzt gerade im Advent vor vielen<br />
Fragen: Wie kann es funktionieren, gemeinsam<br />
zu feiern, zu singen oder beieinander zu sein. Es ist<br />
schon schwer, viele Dinge nicht gemeinsam tun zu<br />
können in der Gemeinde und darüber hinaus. Aber<br />
wir machen dafür vielleicht andere Erfahrungen, wir<br />
werden anders feiern. Auch zu Ostern haben Menschen<br />
dann auf Spaziergängen oder beim Sonnenaufgang<br />
das Osterfest gefeiert. Anders vielleicht, als<br />
wir es gewohnt sind.<br />
Wir planen, Gottesdienste draußen zu veranstalten,<br />
die Kirche länger offen zu halten und die Menschen<br />
weiter unterstützen. Es ist einfach wichtig, in Kontakt<br />
zu bleiben, auch und gerade wenn der direkte soziale<br />
Kontakt fehlt. Ich versuche viel über das Telefon<br />
oder eben an der frischen Luft mit den Menschen zu<br />
reden.<br />
<strong>WOMAN</strong> IN THE CITY: IHR ARBEITSPLATZ LIEGT<br />
ZENTRAL IN DER KIELER INNENSTADT – WAS<br />
VERBINDET SIE MIT KIEL?<br />
Ich bin ein geborenes Nordlicht. Und wenn man am<br />
Meer aufgewachsen ist, dann braucht man den Blick<br />
in die Weite.<br />
<strong>WOMAN</strong> IN THE CITY: SIE SIND PASTORIN UND<br />
THEATERPÄDAGOGIN – WAS BEDEUTET DAS<br />
EINE UND DAS ANDERE FÜR SIE?<br />
26<br />
Beides bedeutet mir sehr viel. Auch in meiner Berliner<br />
Zeit als Theaterpädagogin habe ich versucht,<br />
beide Bereiche zu verbinden. Kunst und Religion<br />
spielen jeweils nach ihren eigenen Regeln, es sind<br />
zwei Weisen, auf die Welt zu schauen. Und wenn<br />
man sie in den Dialog bringt, kann etwas Neues,<br />
Drittes entstehen, das für beide im besten Sinne<br />
überraschend sein kann.<br />
Für mich persönlich ist es so, dass sowohl mein<br />
Glaube, als auch meine Erfahrungen mit dem Theater<br />
mein Menschen– und Weltbild prägen, ob ich<br />
nun gerade als Theaterpädagogin oder als Pastorin<br />
arbeite.<br />
<strong>WOMAN</strong> IN THE CITY: DARF EINE PASTORIN<br />
TRÄUMEN – UND WOVON?<br />
Es wäre traurig, wenn wir nicht träumen würden. Als<br />
Pastorin erzähle ich den Menschen ja von einer Welt,<br />
die nicht so bleiben muss, wie sie ist. Wir träumen<br />
von dem Frieden auf der Welt, vom Miteinander in<br />
Achtsamkeit und Liebe, davon, gut mit unserem Planeten<br />
umzugehen ... Ich glaube, nur, wenn man einen<br />
solchen Traum hat, kann man das Leben und unsere<br />
Welt in einer guten Weise gestalten. Wenn ich<br />
aufhören würde, davon zu träumen, dann wüsste ich<br />
gar nicht, was ich sonntags in der Kirche sagen soll.<br />
<strong>WOMAN</strong> IN THE CITY: UND WELCHE TRÄUME<br />
HABEN SIE FÜR 2021?<br />
Dass wir uns wieder in die Arme nehmen können.<br />
Foto: Ulf Dahl