ST:A:R_14
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Nr. <strong>14</strong>/2007 Buch III - Weltrekord<br />
<strong>ST</strong>/A/R 23<br />
ZUKUNFT I<strong>ST</strong> MACHBAR, HERR NACHBAR<br />
AUTO<strong>ST</strong>AR: David Staretz fährt den Prototypen des Scirocco-Nachfolgers IROC<br />
Die Direktschalt-Automatik haut die Gänge rein<br />
wie ein Nietenhammer, der Twincharger-Motor<br />
röchelt bös, schiebt den viperngrünen Boliden<br />
an, dass der Staub aufwirbelt in diesem abgesperrten<br />
Security-Bereich des Hannoveraner Messegeländes.<br />
Umfassend hält mich der Fünfpunktgurt im Compound-<br />
Schalensitz, und obwohl die Sonne von schräg hinten<br />
durch das getönte Glasdach scheint, sind alle<br />
Instrumenten-Solitäre perfekt ablesbar. Kunststück: Die<br />
Skalen sind nur aufgedruckt im handgebauten, einzigen<br />
fahrbaren Prototypen des Scirocco-Nachfolgers, der 2008<br />
so oder ganz ähnlich aussehend auf den Markt kommen<br />
soll.<br />
Wenn das stimmt, haben wir es mit dem mutigsten<br />
Volkswagen aller Zeiten zu tun. So weit rausgeleht haben<br />
sich die Wolfsburger noch nie.<br />
Was ein ein junger Designer, der aus dem kalifornischen<br />
VW-Studio nach Wolfsburg zurückgekehrt war,<br />
in seinem Portfolio mitbrachte, wurde in Wolfsburg zur<br />
fahrbaren Studie des Machbaren verdichtet: Ein kompakt<br />
schlüssiges, extrem unterschnitten proportioniertes<br />
Two-Door-Coupe mit langem Dachrücken, kompromißlosem<br />
Steilheck und einem geradezu unanständigen<br />
Hüftschwung. Die Fensterpartie legt sich wie ein dunkles<br />
Band ums Greenhouse, die<br />
Scheibenwischer verschwinden<br />
im Aufwurf der Motorhaube,<br />
die sich wie das gesamte vordere<br />
Erscheinungsbild vom massiven<br />
sechseckigen Wappengrill<br />
aus gebürstetem Aluminium<br />
wegleitet.<br />
Hier ist einer der ganz<br />
wenigen selbst auferlegten<br />
Designformeln nachzuspüren:<br />
Bei Volkswagen leiten<br />
sich die Scheinwerferformen<br />
bündig vom Grill ab, bei<br />
Audi sind sie separiert. Dem<br />
Hausvokabular entsprechen<br />
auch die massiven Fasen an den<br />
Radausschnitten (sie vergrößern<br />
die Radwirkung), wobei hier der reine Kreisbogen zugunsten<br />
einer leichten Streckung verlassen wird.<br />
Die 19-Zoll-Felgen treten beim Prototypen provokant<br />
weit hervor, um die überhangfreie Karosserie noch stärker<br />
zu betonen. Reifen der 235er-Dimension sind hier<br />
der optische Minimalanspruch, alles darunter wäre eine<br />
Lachnummer.<br />
„Die Einfachheit in den Flächen bringt Identität“, sagt<br />
Designsprecher Rüdiger Folten, „es gibt nur Verformung,<br />
aber keine Wülste. Dadurch werden die hinteren Räder<br />
extrem betont“. Was, wie er einräumt, ein wenig übertrieben<br />
sein mag bei einem Fronttriebler, aber man hat sich<br />
halt auf die Mimikry der Muscle-Cars geeinigt, und das<br />
Brachiale schiebt nun einmal von hinten an.<br />
Zudem verspricht man sich vom Steilheck Assoziationen<br />
zum Golf (oder – eher historisch – zum zweitürigen<br />
Steilheck-Polo der frühen neunziger Jahre). Praktisch ist<br />
es ja auch – man findet reichliche 350 Liter Laderaum<br />
hinter den Einzelsitzen der zweiten Reihe.<br />
Lieber vorne sitzen. Der Shifter hebt sich nach<br />
Knopfdruck in Arbeitsposition, irritierenderweise muß<br />
man ihn fürs Vorwärtsfahren nach hinten ziehen und<br />
umgekehrt. Ist halt noch ein Prototyp. Tolle Sitzposition,<br />
aber das Instrumentarium mit seinen zwei Haupt- und<br />
fünf Neben-Instrumenten, die alle aus ihren Röhren gukken,<br />
ist etwas zu unruhig in einem ohnehin unruhigen<br />
Auto. Show halt.<br />
Handbremse gibt es keine mehr, nur einen<br />
Feststellknopf. Die selbstleuchtenden (an den Enden blinkenden)<br />
Blinkerhebel sind so filigran, dass man gar nicht<br />
hingreifen möchte. Das Fahrwerk ist hart abgestimmt,<br />
die Lenkung direkt, die fehlende Lärmdämmung, das blecherne<br />
Dröhnen erinnern an ein WRC-Auto.<br />
Heute wird der Iroc durch den doppelt aufgeladenen<br />
TSI mit 210 PS aus 1,4 Liter Hubraum (Turbo plus<br />
Kompressor) in die Studie eingebaut, das sollte für<br />
Tempo 240 reichen. Späteres Serien-Einstiegsmodell<br />
könnte der 1.6 FSI mit 120 PS sein. Auch der 1.4 TSI<br />
mit 150 PS macht Sinn, getoppt wird die Reihe zunächst<br />
durch den 2.0 TFSI (200 PS) aus dem Golf GTI. Auch<br />
ein TDI ist angedacht, aber ein richtiger Muskel, mit<br />
über 200 PS per Common-Rail. Genaueres ist noch nicht<br />
festgelegt, nicht einmal der Name Iroc (den man allerdings<br />
ganz genial generiert hat aus dem Wort Scirocco,<br />
das beibehalten werden soll, aber wer weiß). Gebaut wird<br />
in Portugal, Als Faustregel darf man annehmen, dass die<br />
jeweilige Motorvariante etwa zweitausend Euro über dem<br />
vergleichbaren Golf liegen wird.