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Highway-Ausgabe 01/21

Das Magazin rund um dein liebstes Kraut

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Politik<br />

Neulich im Bundestag:<br />

das waren die dümmsten<br />

Anti-Cannabis-Sprüche<br />

Berlin – Als vor Kurzem die 186.<br />

Sitzung des Bundestags abgehalten<br />

wurde, ging es mal wieder heiß her.<br />

Vor allem beim guten alten Cannabis-Thema,<br />

das auf der Tagesordnung<br />

stand, gerieten die Gemüter<br />

so richtig in Wallung. Wer sich die<br />

Mühe macht, das Plenarprotokoll<br />

zu studieren (oder die entsprechende<br />

Videoaufzeichnung zu schauen),<br />

erkennt schnell, dass die Fraktion<br />

der Prohibitionsbefürworter,<br />

die ja inzwischen (theoretisch) nur<br />

noch CDU/CSU/AFD umfasst,<br />

komplett ideologiegesteuert „argumentiert“,<br />

wobei wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse ignoriert sowie<br />

Zahlen und Statistiken negiert bzw.<br />

sogar einfach falsch wiedergegeben<br />

werden. Wir vom <strong>Highway</strong>-Magazin<br />

haben uns erlaubt, ein paar der<br />

irrsinnigsten Zitate dieser Debatte<br />

rund um das Cannabis-Kontrollgesetz<br />

der Grünen zusammenzustellen<br />

und sie mit einem kurzen<br />

Kommentar aus der Redaktion zu<br />

versehen. Gehen wir also direkt in<br />

die Vollen mit unserem Liebling<br />

Alexander Krauß von der CDU.<br />

Aufmerksamen <strong>Highway</strong>-Lesern<br />

könnte er aufgrund seiner Auslassungen<br />

in der Vergangenheit noch<br />

in schlechter Erinnerung geblieben<br />

sein. Seine Beschreibung San Franciscos,<br />

das seiner Meinung nach<br />

durch die Cannabislegalisierung<br />

zum Höllenpfuhl aus Obdachlosigkeit<br />

und Urinlachen geworden ist,<br />

spricht Bände über den geistigen Zustand<br />

des gebürtigen Erlabrunners.<br />

Aber wie in der aktuellen Debatte<br />

klar wird, hat der Gute sein Pulver<br />

noch lange nicht verschossen:<br />

„Acht von neun Tütchen, kann man<br />

sagen, werden weiterhin auf dem [kanadischen]<br />

Schwarzmarkt gekauft.“<br />

Die Statistik spricht eine andere<br />

Sprache. Auch wenn der Schwarzmarkt<br />

zugegebenermaßen trotz<br />

Freigabe noch Bestand hat, werden<br />

laut „Bloomberg Canada“ bereits<br />

über fünfzig Prozent des Cannabis<br />

auf legalem Weg erworben. Zudem<br />

ist die Legalisierung eben auch erst<br />

knapp drei Jahre her.<br />

„Auch die Illusion, es gibt dann ein<br />

sauberes Cannabis, ist natürlich unsinnig.<br />

Also, Entschuldigung, es gibt<br />

doch nicht nur die Wahl zwischen<br />

schädlich und schädlicher, sondern die<br />

Entscheidung sollte doch sein: muss ich<br />

überhaupt etwas nehmen, was schädlich<br />

ist? Da kann ich nur sagen: man<br />

muss überhaupt nichts Schädliches<br />

nehmen.“<br />

Genau! Es ist doch ganz egal, dass<br />

seit Menschengedenken Drogen<br />

konsumiert werden. Wenn die<br />

CDU der Meinung ist, dass man<br />

einfach nichts (angeblich) Schädliches<br />

einnehmen muss, dann hat<br />

sich die Sache ein für allemal erledigt.<br />

Basta! Puh, Glück gehabt,<br />

dass Bier, Wein und Schnaps nicht<br />

schädlich sind...<br />

„Ich unterhalte mich sehr gern mit<br />

Wissenschaftlern, auch weil sie ein<br />

Studium haben, mit den Leuten, die<br />

in den Drogenkliniken arbeiten. Das<br />

kann ich jedem von Ihnen nur empfehlen.<br />

Sprechen Sie einmal mit den Leuten,<br />

die dann diese Menschen vor sich<br />

haben, etwa einen 28-Jährigen oder<br />

einen 30-Jährigen, und verfolgen Sie<br />

den Konsum zehn Jahre zurück! Wir<br />

hatten im Sächsischen Landtag eine<br />

Kollegin der Linkspartei, die mit 18 in<br />

den Landtag gewählt worden war, Immunität<br />

genoss durch ihr Mandat. Sie<br />

war der erste Fall, dass eine junge Frau<br />

das Gefühl hatte, sie müsste sich neben<br />

Eisenbahnschienen bewegen. Es war<br />

unklar, ob man sie für zurechnungsfähig<br />

erklären kann oder nicht. Um diese<br />

Leute, wenn die 30 Jahre alt sind,<br />

kümmern Sie sich dann nicht mehr, die<br />

fallen dann bei Ihnen durchs Netz, sind<br />

Ihnen dann egal. Ich finde, dass auch<br />

diese Menschen, die mit Einstiegsdrogen<br />

in diesem Bereich angefangen<br />

haben und dann zu härteren Drogen<br />

gekommen sind, es verdient haben, dass<br />

man ihnen weiterhilft.“<br />

Hä? Hat der Alex seine Medizin<br />

etwa noch nicht bekommen? Der<br />

Arme redet schon wieder wirr, und<br />

das vor versammelter Mannschaft.<br />

Peinlich!<br />

„Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />

wir brauchen kein Konjunkturprogramm<br />

für Drogendealer. Cannabis<br />

gehört weiterhin verboten, weil es der<br />

Gesundheit schadet.“<br />

Eine komplett sinnlose Umkehrung<br />

des tatsächlichen Sachverhalts.<br />

Soviel Chuzpe muss man<br />

auch erst mal haben!<br />

Krauß’ CSU-Kollege Stefan Pilsinger<br />

bläst gleich mal in dasselbe<br />

Horn:<br />

„Als Arzt und ebenso als Gesundheitspolitiker<br />

kann ich<br />

es also nicht verantworten,<br />

eine<br />

Substanz zu legalisieren,<br />

die nachweislich<br />

auch<br />

schädlich ist.“<br />

Was soll man<br />

dazu noch sagen?<br />

Merken<br />

dieses Politkasper<br />

eigentlich<br />

gar nichts<br />

mehr? Benötigt<br />

an dieser Stelle<br />

jemand ernsthaft<br />

noch eine<br />

Auflistung aller<br />

legal in Deutschland erhältlichen<br />

Substanzen, deren potenzielles<br />

Gesundheitsrisiko wissenschaftlich<br />

belegt ist?<br />

CDU/CSU und AFD verstehen<br />

sich offenbar auch bestens,<br />

wie man am folgenden Zitat von<br />

AFD-Mitglied Detlev Spangenberg<br />

sieht:<br />

„Außerdem ist es für mich erstaunlich,<br />

dass ausgerechnet die Fraktion der Grünen<br />

hier mit einer Erlaubnis kommt.<br />

Die Grünen zeichnen sich doch aus als<br />

Verbots-, Schikane- und Gängelpartei.<br />

Wieso wollen ausgerechnet Sie hier mal<br />

etwas gestatten? Ich habe darüber lange<br />

nachgedacht. Ich kann es mir nur so<br />

erklären, dass Sie Ihrer Klientel noch<br />

mehr das Gehirn vernebeln wollen.“<br />

Und das aus dem Mund eines<br />

Politikers, dessen eigene Klientel<br />

nicht gerade für geistige Beweglichkeit<br />

bekannt ist? Komplett<br />

indiskutable Äußerung, die einer<br />

Bundestagsdebatte nicht würdig<br />

sein sollte, sich hier aber leider<br />

perfekt einfügt. Danke Merkel!<br />

Christoph Ploß ergreift einmal<br />

mehr für CDU/CSU das Wort<br />

und versucht, sich als sorgenvoller<br />

Mahner zu gerieren, dem nur das<br />

Wohl der Bevölkerung am Herzen<br />

liegt:<br />

„Wir werden nicht den Weg der Legalisierung<br />

gehen; denn er bedeutet unsägliches<br />

Leid, er bedeutet, dass es zu<br />

Abhängigkeiten kommt, dass es Therapien<br />

geben muss, dass viele Menschen<br />

darunter leiden. Wir werden<br />

stattdessen den Weg der Prävention<br />

einschlagen.“<br />

Niema Movassat (Mitte) war<br />

einer der wenigen, die in der<br />

Debatte eine gute Figur machten<br />

Da das Konstrukt aus Prohibition<br />

und Prävention ja schon seit<br />

einem Jahrhundert nicht funktioniert,<br />

sollte man es am besten<br />

auch die nächsten 10.000 Jahre<br />

auf diesem Weg versuchen, das<br />

klingt logisch. Den Zusammenhang<br />

zwischen Legalisierung und<br />

Prävention muss ihm anscheinend<br />

mal jemand genau erklären.<br />

„Cannabiskonsum ist der Einstieg in<br />

das harte Drogengeschäft.“<br />

Ah, keine Cannabisdebatte wäre<br />

je vollständig ohne die gute alte<br />

Einstiegsdrogen-Theorie. Das<br />

blöde ist nur, dass sie klipp und<br />

klar widerlegt wurde. Das sieht<br />

neben dem globalen Wissenschaftsbetrieb<br />

übrigens auch das<br />

Bundesverfassungsgericht seit den<br />

90er-Jahren so.<br />

„Nein, die [Zwischenfrage] lasse ich<br />

jetzt nicht zu.“<br />

„Nein, [keine Zwischenfrage] danke.<br />

Wir hatten, glaube ich, schon genügend<br />

Austausch.“<br />

In einer Debatte keine Fragen<br />

zuzulassen, ist immer ein gutes<br />

Zeichen. Am liebsten wäre dem<br />

Chrissibär wohl ein kompletter<br />

Verzicht auf Austausch. Bei seiner<br />

lächerlichen Haltung auch kein<br />

Wunder.<br />

Angesichts dieser geballten Ignoranz<br />

schmerzen dem deutschen<br />

Cannabisfreund zurecht Herz<br />

und Hirn. Schließen wir also wenigstens<br />

mit einem versöhnlichen<br />

Zitat von Martina Stamm-Fiebig<br />

aus den Reihen der SPD:<br />

„Vor allem soll Cannabis kontrolliert<br />

an die Gruppen abgegeben werden, die<br />

ihn haben möchten.“<br />

Ja genau, gebt endlich den Cannabis<br />

frei! Äh... den Hanf natürlich!<br />

16 HIGHWAY <strong>01</strong>/<strong>21</strong>

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