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WeltBlick 2/2020

50 Jahre - In alle Welt: Unser Freiwilligenprogramm feiert Jubiläum

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Auch das Zubettbringen wurde in Südafrika ganz<br />

anders gehandhabt, als ich es aus Deutschland<br />

kannte. Die Kinder wurden quasi überhaupt nicht<br />

ins Bett gebracht; sie waren oft spätabends noch<br />

wach und schliefen einfach ein, wenn sie müde<br />

waren. Am nächsten Morgen wurden sie geweckt,<br />

und ein neuer Tag begann.<br />

Ich weiß noch, wie verwundert ich anfangs über<br />

diese Gewohnheiten war. Als ich in Südafrika dann<br />

junge Leute in meinem Alter kennenlernte, erfuhr<br />

ich, dass sie alle so aufgewachsen waren und dass<br />

sie bei ihren Eltern, einem Elternteil oder andere bei<br />

Verwandten lebten. Und niemand von ihnen<br />

erschien mir verwahrlost oder in Not zu sein. Alle<br />

waren verantwortungsvolle, wissbegierige, liebenswerte<br />

Menschen. Ich musste sie nicht bedauern.<br />

Vielleicht war ich die bedauernswerte junge Frau,<br />

die in einer Kleinfamilie mit nur einem Bruder aufgewachsen<br />

war? Diese Erfahrung hat mich gelehrt,<br />

vorsichtig mit unverrückbaren Lebenswahrheiten zu<br />

sein und meine eigene Perspektive darauf immer zu<br />

hinterfragen<br />

Als ich selbst Kinder bekam, habe ich gemerkt,<br />

dass ich trotz des Jahres in Südafrika vor allem<br />

deutsch und nicht (süd-)afrikanisch geprägt bin und<br />

meine Grundüberzeugungen weiterhin verinnerlicht<br />

habe. Ich achte auf drei Mahlzeiten am Tag und<br />

eine abwechslungsreiche, ausgewogene Ernährung.<br />

Meine Kinder wuchsen selbstverständlich bei mir<br />

und nicht bei anderen Verwandten auf. Und natürlich<br />

habe ich meine Kinder mit Abendritualen ins<br />

Bett gebracht und darauf geachtet, dass sie genug<br />

schlafen. Aber ich habe mich bemüht ihnen beizubringen,<br />

dass es kaum fest gefügte Verhaltensregeln<br />

gibt, die immer oder niemals gut oder schlecht sind,<br />

und dass die Menschen ihr Leben sehr unterschiedlich<br />

gestalten können. Und ich hoffe, dass ich ihnen<br />

Neugier und Toleranz gegenüber dieser Vielfalt mit<br />

auf den Weg geben konnte. /<br />

Meike Waechter<br />

war 1991/92 ökumenische Freiwillige in Seshego, Südafrika. Seshego<br />

ist ein Township bei Polokwane, damals Pietersburg. Nach zwölf Jahren<br />

als Gemeindepfarrerin der Französischen Kirche zu Berlin ging<br />

sie 2019 als Gemeindedienstreferentin ins Berliner Missionswerk.<br />

50 Jahre FREIWILLIGENPROGRAMM<br />

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