Tschernobyl und die DDR: Fakten und Verschleierungen ...
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Der ehemalige Bezirk Magdeburg, der heute den nördlichen Teil des Landes<br />
Sachsen-Anhalt bildet, war besonders betroffen. Vergleichbar den Bodenkontaminationen<br />
im Süden Bayerns, kam es auch hier Anfang Mai 1986 zu<br />
lokalen Niederschlagsereignissen, in deren Folge das Bezirkshygieneinstitut<br />
Magdeburg hohe Strahlenwerte gemessen hat.<br />
Bernd Thriene, zu <strong>die</strong>ser Zeit Direktor des Bezirkshygieneinstituts <strong>und</strong> heutiger<br />
Leiter des Fachbereichs Ges<strong>und</strong>heit im „Landesamt für Verbraucherschutz<br />
Sachsen-Anhalt“, berichtet von den gemessenen Radioaktivitätswerten, <strong>die</strong><br />
kurz nach dem Super-GAU im Bezirk Magdeburg registriert wurden in: „Ablauf<br />
<strong>und</strong> Folgen von <strong>Tschernobyl</strong> im Bezirk Magdeburg“. Diese Werte waren<br />
extrem hoch <strong>und</strong> hätten zu Vorsorgemaßnahmen für <strong>die</strong> Bevölkerung führen<br />
müssen. Da mittlerweile alle Fäden in Ostberlin im Staatlichen Amt für Atomsicherheit<br />
<strong>und</strong> Strahlenschutz (SAAS) der <strong>DDR</strong> zusammengehalten wurden,<br />
durfte das Bezirkshygieneinstitut seine Warnungen nicht veröffentlichen. Bernd<br />
Thrienes Fazit aus seinen Untersuchungen ist, dass trotz hoher Messwerte,<br />
der Fallout von <strong>Tschernobyl</strong> nur vernachlässigbare Auswirkungen auf <strong>die</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />
der Menschen hier zu Lande hatte.<br />
Johann Langhammer stellt im Vergleich in dem Beitrag: „Belastungssituation<br />
der Lebensmittel <strong>und</strong> Strahlen-Katastrophenschutz in Sachsen-Anhalt“ <strong>die</strong><br />
heutige Situation dar. Die kontinuierliche Überwachung der Umweltradioaktivität<br />
<strong>und</strong> das für Katastrophenfälle vorgesehene „Intensivmessprogramm“<br />
ist <strong>die</strong> unmittelbare Folge von <strong>Tschernobyl</strong>. Es wurde nach der Wende von<br />
1989 auch in Sachsen-Anhalt etabliert. Zusätzliche Untersuchungen auf radioaktive<br />
Stoffe in Sachsen-Anhalt in der Altmark (zum Beispiel im Gebiet<br />
Schollene), wo der Reaktorunfall von <strong>Tschernobyl</strong> überdurchschnittliche Kontaminationen<br />
verursachte, ergänzen <strong>die</strong> Kontrollmessungen. Aus den vorliegenden<br />
Messwerten käuflicher Lebensmittel folgert er, dass eine Gefährdung<br />
der Menschen in Sachsen-Anhalt in Folge der Reaktorkatastrophe nicht besteht.<br />
Veränderungen bei der Säuglingssterblichkeit sowie bei der Anzahl der Fehlbildungen<br />
könnten <strong>die</strong> wichtigsten Nachweise für einen ges<strong>und</strong>heitlichen Einfluss<br />
der Umweltradioaktivität nach <strong>Tschernobyl</strong> liefern. Volker Steinbicker<br />
wertet in seinem Beitrag: „Fehlbildungen bei Säuglingen im Raum Magdeburg“<br />
<strong>die</strong> Säuglings-Fehlbildungsstatistiken in den Jahren nach dem <strong>Tschernobyl</strong>-GAU<br />
aus. Für den Raum Magdeburg gab es bereits vor 1986 eine umfassende Fehlbildungserfassung.<br />
Er benennt Fälle, in denen ein Zusammenhang zwischen<br />
der Katastrophe <strong>und</strong> den ges<strong>und</strong>heitlichen Folgen nahe liegend erscheinen <strong>und</strong><br />
befasst sich mit der Signifikanz festgestellter Unregelmäßigkeiten. Anhand<br />
<strong>die</strong>ser Daten schlussfolgert Volker Steinbicker, dass es zumindest im Rahmen<br />
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