Tschernobyl und die DDR: Fakten und Verschleierungen ...
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nifikante Prävalenzsteigerung von Neuralrohrdefekten zu erkennen, <strong>die</strong> in einem<br />
zeitlichen Zusammenhang mit dem Reaktorunfall stehen könnte [15].<br />
Die für <strong>die</strong> umgebenden Landkreise ermittelten Prävalenzen zeigten keinen<br />
<strong>die</strong>sbezüglichen Anstieg. Diese Tatsache, <strong>und</strong> dass nur eine Form der Neuralrohrdefekte,<br />
<strong>die</strong> Spina bifida, einen signifikanten Häufigkeitsanstieg zeigte,<br />
lässt <strong>die</strong> Konstruktion eines eindeutigen Zusammenhanges zwischen einer<br />
erhöhten Strahlenaktivität <strong>und</strong> den ermittelten Prävalenzanstiegen nicht zu.<br />
Als eine Möglichkeit der Erklärung des Stadt-Land-Unterschiedes für <strong>die</strong> Häufigkeiten<br />
der Neuralrohrdefekte kann aber ein Mangel an Folsäure in der städtischen<br />
Bevölkerung durch ein ungenügendes allgemeines Vitaminangebot<br />
diskutiert werden. Da bekannt ist, dass ein Folsäuremangel das Auftreten von<br />
Spaltbildungen begünstigt, kann eine mit dem Vitamin Folsäure schlecht versorgte<br />
Population, wie zum Beispiel <strong>die</strong> der Stadt Magdeburg, empfindlicher<br />
auf das Einwirken teratogener Einflüsse, wie radioaktive Strahlung, reagieren,<br />
als eine Population, <strong>die</strong> <strong>die</strong>sem Vitaminmangel nicht unterliegt. In <strong>die</strong>sen Kontext<br />
würde auch ein Anstieg der Gaumenspalten <strong>und</strong> der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten<br />
1988 <strong>und</strong> 1989 in der Region Magdeburg passen [16].<br />
Ein vermehrtes Auftreten anderer Fehlbildungen, wie zum Beispiel von Chromosomenstörungen,<br />
konnte in den Jahren nach <strong>Tschernobyl</strong> weder in der Stadt<br />
Magdeburg noch in den umliegenden Landkreisen beobachtet werden.<br />
Häufigkeitsanstiege von Neuralrohrdefekten in Magdeburg, in Odense (Dänemark)<br />
<strong>und</strong> in der Türkei, der Prävalenzanstieg von Hydrozephalien in Norwegen<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> Beobachtungen von Sperling in Westberlin zur vermehrten<br />
Geburt von Kindern mit Down-Syndrom stehen insbesondere den Beobachtungen<br />
der EUROCAT-Arbeitsgruppen entgegen. Ein schlüssiger Beweis, dass<br />
der Fallout von <strong>Tschernobyl</strong> <strong>die</strong> Häufigkeit von Fehlbildungen im Sinne eines<br />
Low-Dosis-Effektes beeinflusst, kann nach wie vor nicht gef<strong>und</strong>en werden, ist<br />
aber immer noch nicht aus der Diskussion.<br />
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