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Wohnbach zur Zeit des Nationalsozialismus
In der Festschrift zur 1200-Jahrfeier im Jahre 1971 findet man
auf S. 21:
„Die Entwicklung der Gemeinde Wohnbach während des zweiten
Weltkriegs soll an dieser Stelle nicht beleuchtet werden. Diese
Erklärung dient nicht etwa zur Geheimhaltung oder Verschleierung
gewisser Tatsachen, sondern zur Orientierung des Lesers, dass
diese Aufgabe noch nicht erledigt worden ist, bzw. bis zu diesem
Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen worden ist.“
Dies war ca. 25 Jahre nach dem Ende der
nationalsozialistischen Herrschaft. Wie sieht es heute aus,
75 Jahre später? Ist diese Aufgabe erledigt?
Zu dieser Frage fiel mir ein Text auf der Rückseite des
Buches: „Sagen Sie, Herr Pfarrer, wie kommen Sie zur SS?“ auf, der
es 1982 so ausdrückte, wie es heute immer noch ist:
„ … während die einen diese Frage nicht stellen können, weil
sie zu wenig über unsere jüngste Vergangenheit wissen, wollen
die anderen sie vielleicht nicht stellen. Sie möchten „davon“
nichts mehr hören, sie möchten endlich und endgültig aus ihrem
Bewusstsein verdrängen, was damals geschehen ist.“
Feuerwehr Wohnbach 2009 wird auf S. 41 über diese Zeit
berichtet: „Von den politischen Veränderungen, die sich durch
die Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland
ergaben, blieb auch die Feuerwehr nicht verschont. Von nun an
wurden alle Mitglieder per Handschlag vereidigt. Dies geschah
zum ersten Mal auf einer außerordentlichen Versammlung im
August 1936, bei der den Mitgliedern außerdem Achselstücke und
Spiegel ausgehändigt wurden. An diesem Tag wurde der damalige
Kommandant Hermann Philippi auf Vorschlag des Bürgermeisters
Fatum zum Wehrführer ernannt, der bei seiner Amtsausübung vom
Führerrat unterstützt wurde. Der folgende Zweite Weltkrieg ließ das
geordnete Vereinsleben erneut ruhen, da immer mehr Kameraden
an die Front abgezogen wurden. Dies führte so weit, dass zeitweise
Frauen und Jugendliche den Brandschutz sicherstellen mussten.
Mit Ende des Krieges, aus dem elf Kameraden nicht zurückkamen,
löste die Militärregierung alle bestehenden Vereine auf. Somit gab
es de facto die Freiwillige Feuerwehr Wohnbach nicht mehr.“
So viel Zeit bleibt aber nicht mehr, es leben immer weniger
Zeitzeugen und neuere politische Bewegungen stellen die
Zeit falsch dar oder versuchen sie sogar zu verherrlichen.
In Wohnbach sind so gut wie alle offiziellen Dokumente aus
dieser Zeit am Ende dieser Zeit einem Schwelbrand im alten
Rathaus zum Opfer gefallen. Von daher ist es schwierig, eine
Dokumentation zu verfassen. Was bleibt, sind Zahlen, die an
die Toten des zweiten Weltkriegs erinnern: „30 Wohnbacher
sind gefallen und 16 wurden vermisst, ein ungeheurer
Blutzoll für einen kleinen Ort.“ So drückt es Eugen Rieß in
der Broschüre zum Historischen Rundgang auf S. 27 aus.
Im deutsch-französischen Krieg 1870/71 waren es vier
Gefallene, im ersten Weltkrieg 16 Gefallene und 2 Vermisste.
Denkmäler auf dem Friedhof und vor der Kirche erinnern
daran. Ansonsten gibt es leider nur noch wenige Einwohner,
die diese Zeit erlebt haben und berichten könnten.
In der Festschrift zum 100jährigen Jubiläum der Freiwilligen
1930, Kutsche in der Hintergasse in Wohnbach und Junge in HJ-Uniform
Eine Person, die eine Sonderstellung in Wohnbach einnahm,
gab Anlass über Aufzeichnungen in der achtbändigen
Kirchenkampfdokumentation der EKHN (Evangelische
Kirche in Hessen und Nassau).
Es war Pfarrer Paul Lenz, der 1928-1943 Pfarrer in Wohnbach
war. Er gründete nicht nur 1930 den Posaunenchor, der
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