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Festschrift-1250-Wohnbach_final

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nach dieser Zeit von Pfarrer Heinrich Schäfer bis zu seinem

Ruhestand 1981 geleitet wurde, sondern setzte sich als

Mitglied der Bekennenden Kirche (wie Niemöller und

Bonhoeffer) mit den „Nationalsozialistischen Autoritäten“

auseinander, wie es Karl Heinrich Schäfer in seiner Schrift

„Die Kirche im Dorf – 400 Jahre Wohnbacher Kirche“ auf S. 34

beschreibt. Auf den folgenden Seiten dieser Schrift (S. 34-

40) stellt Schäfer die Auseinandersetzungen des Pfarrers

Paul Lenz mit den Nationalsozialisten und die Haltung der

damaligen Kirchenvorstände ausführlich dar.

Karl Otto Lenz, Sohn des Pfarrers Paul Lenz, erinnert sich

in „Dem Pfarrer sein Bester – Karl Otto Lenz erzählt aus seinen

frühen Jahren 1928-1943“ an diese Zeit, die er als Kind in

Wohnbach verbrachte. Auf S. 4 schreibt er: „Politisch war es

die Zeit, da die Nationalsozialisten ihr Parteinetz flächendeckend

über die Lande spannten. Noch entsinne ich mich, daß wir

Kinder bei irgendwelchen Gelegenheiten teils schwarz-weiß-rote

und teils Hakenkreuzfähnchen schwenkten. Hindenburg war

Reichspräsident, Hitler Kanzler. Einstellung und Haltung unseres

Vaters schärften sich wahrscheinlich erst später, nachdem die

„antichristliche“ Richtung der Nazis deutlich geworden war.

Bekanntlich ging auch ein Riß durch die evangelische Kirche,

hier „Deutsche Christen“ (dem Regime ergeben, Reichsbischof

Müller) – hier „Bekennende Kirche“ (Niemöller, Bonhoeffer u.a.).

Natürlich gehörte Vater zur „BK“. Im Dorf fanden die Nazis reichlich

Nährboden und Zulauf, unser Vater hingegen erntete zusehends

Argwohn und latente Ablehnung.“

An anderer Stelle, S. 6, beschreibt Karl Otto Lenz seine

Kindheit in Wohnbach weiter: „Wir Kinder hatten in Wohnbach

eine dörflich geprägte Kindheit ohne Schwernisse und mit

vielen prallen Erinnerungen, jedenfalls was mich anbetrifft. Mit

zunehmender Präsenz der Nazi-Ideologie - auch in unserem kleinen

Dorf - nahm auch psychologischer Druck auf Vater und Mutter zu.

Ich erwähnte bereits seinen Beitritt zur Bekennenden Kirche. Auf uns

Kinder wirkte sich das insofern aus, als uns Vater davon abhielt, in

die Hitlerjugend einzutreten, weil in ihr als Jugendorganisation der

NSDAP ein unchristlicher Geist herrsche, den er aus Überzeugung

ablehnte. Wenn wir sonntags am Nachmittag in der Feldmark oder

im nahen Wald spazieren gingen und uns Leute mit „Heil Hitler“

grüßten, erwiderte Vater immer nur mit „Heil“. Als ich ihn deswegen

einmal ansprach, sagte er: „Das Heil kann nicht von Hitler kommen,

es kann nur von Gott kommen!“

Hans-Friedrich Lenz war ein Neffe von Paul Lenz und

zunächst Pfarrer im benachbarten Münzenberg. In seinem

1982 veröffentlichten und oben schon erwähnten Buch:

„Sagen Sie Herr Pfarrer, wie kommen Sie zur SS?“ erwähnt er

mehrmals seinen Onkel Paul Lenz.

Er schreibt hier auf S. 54: „Große Unruhe unter Pfarrern und

Gemeinden löste das Kirchengesetz der Nationalsynode über den

Diensteid der Geistlichen aus; befürchtete man dadurch doch eine

politische Bindung der Pfarrer. … Nur drei Brüder, darunter mein

Onkel, Pfarrer Paul Lenz aus Wohnbach, verweigerten diesen

Eid.“ An anderer Stelle schreibt er weiter über seinen Onkel

aus Wohnbach, S. 59: „Mein Onkel Paul Lenz, BK-Pfarrer im

benachbarten Wohnbach, nahm in seiner Predigt am Sonntag

nach der Kristallnacht Stellung zu den Ereignissen. Er bezeichnete

die Verbrennung der Synagogen und die Ausschreitungen gegen

die jüdischen Mitbürger als ´dumm, feige und sündig`.

Paul Lenz wurde deshalb einige Tage später von der Geheimen

Staatspolizei abgeholt und in das Gefängnis des Landgerichts

Gießen gebracht. Dort hielt man ihn 15 Tage lang fest. Bei den

Verhören drohte man mehrmals, ihn in ein Konzentrationslager zu

bringen. Die Unsicherheit der Nazis nach dem 9. November 1938

zeigte sich aber auch u.a. darin, daß meinem Onkel kein Prozeß

gemacht wurde und man ihn schließlich nachhause zurückkehren

ließ.“

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