Stellungnahme Nds. Landesmedienanstalt - SPD-Fraktion im ...
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<strong>Stellungnahme</strong> der Niedersächsischen <strong>Landesmedienanstalt</strong> (NLM)<br />
zur Novelle des Jugendmedienschutzstaatsvertrages<br />
Anhörung der <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktion in Niedersachsen „Jugend-<br />
Vorbemerkung:<br />
medienschutz der Zukunft“ am 26. Mai 2010<br />
Der Umgang mit dem Internet und anderen „neuen Medien“ (z.B.<br />
Computerspiele) ist – wie in anderen Bereichen auch – stark von den<br />
kulturellen Gewohnheiten der Generationen geprägt. Während die<br />
Generation der über 40jährigen – die digitalen Einwanderer – den<br />
kulturellen Erscheinungsweisen von Internet und Computerspielen oft ver-<br />
ständnislos und ablehnend gegenüberstehen, haben die Generationen, die<br />
bereits mit Computer/Computerspielen und dem Internet aufgewachsen<br />
sind - die digitalen Einwohner - einen weitaus pragmatischeren Umgang<br />
mit diesen Medien. Vergleichbares hat sich in der Vergangenheit bei der<br />
Einführung anderer Medien (Buch „Werther-Effekt“, Kino „Schundfilmdis-<br />
kussion Anfang des 20. Jahrhunderts“, Fernsehen „Postman, Glogauer“) in<br />
ähnlicher Weise abgespielt. Wie die aktuelle politische Diskussion - auch<br />
um diesen Jugendmedienschutzstaatsvertrag - zeigt, bewerten die unter-<br />
schiedlichen Generationen diesen Fragen völlig entgegengesetzt. Es ist<br />
daher zu vermuten, dass ein sachorientierter Umgang mit diesen Medien<br />
nur durch die jüngeren Generationen zu erwarten ist.<br />
1. Halten Sie den Jugendmedienschutzstaatsvertrag für ein verständ-<br />
liches, klares und eindeutiges Regelwerk?<br />
Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag muss in seiner Eigenschaft als<br />
Staatsvertrag von allen Bundesländern verabschiedet werden. Dies be-<br />
dingt manchen Kompromiss, der oft zulasten der Verständlichkeit geht.<br />
Programm/<strong>Stellungnahme</strong> Anhörung <strong>SPD</strong> Jugendmedienschutzstaatsvertrag
Für einen Laien ist der Jugendmedienschutzstaatsvertrag sicher kein ver-<br />
ständliches, klares und eindeutiges Regelwerk. Auch durch die Neufassung<br />
(z.b. von § 5 – Alterseinstufung) wird der Jugendmedienschutzstaatsver-<br />
trag nicht verständlicher.<br />
2. Mit der Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrages soll<br />
verstärkt der Einsatz von „Jugendschutzprogrammen“, also<br />
technischen Filterprogrammen, vorangetrieben werden. Wie be-<br />
werten Sie diesen Ansatz?<br />
Der Einsatz technischer Filterprogramme <strong>im</strong> Bereich des Jugendschutzes<br />
ist und war <strong>im</strong>mer problematisch. Dies insbesondere aus folgenden<br />
Gründen:<br />
Die inhaltliche Wirksamkeit der technischen Filter kann nicht<br />
garantiert werden. Es ist unmöglich in einem weltweiten Medium<br />
(Google kennt über 1 Billion Internet-Adressen) mit schnell<br />
wechselnden Inhalten - wie dem Internet – auch nur annähernd alle<br />
Seiten zu bewerten. Daneben stellt sich <strong>im</strong>mer die Frage: wer be-<br />
wertet und nach welchen Kriterien? Hier ist auch <strong>im</strong>mer das Problem<br />
der Zensur zu beachten.<br />
Besonders problematisch ist die Versuchung für Pädagogen und<br />
Eltern mit der Einrichtung von Filterprogrammen die Verantwortung<br />
für die Internet-Erziehung an technische Instanzen abzugeben. Da<br />
auf dem Computer des Kindes/Jugendlichen ein Filterprogramm<br />
installiert ist, muss sich der Erwachsene nicht mehr um den Inter-<br />
netkonsum des Kindes kümmern. So wird eine notwendige Aus-<br />
einandersetzung mit den vorhandenen problematischen Inhalten <strong>im</strong><br />
Internet verhindert oder zumindest erheblich gemindert.<br />
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Die technische Funktion von Filterprogrammen kann nicht gewähr-<br />
leistet werden. Spätestens ab 13 – 14 Jahren sind viele Jugendliche<br />
(oder ihre Freunde) in der Lage, solche Filterprogramme zu um-<br />
gehen.<br />
Als Alternative bietet sich für Kinder bis ca. 12 Jahre der Einsatz von<br />
Positiv-Listen an – entweder wird <strong>im</strong> Internetbrowser eine Adressen-<br />
/Surfliste installiert, die nur kindgerechte bzw. altersgerechte Seiten ent-<br />
hält oder man nutzt eine Kinderseite (z.B. www.internet-abc.de oder<br />
www.fragfinn.de, die auch nur sichere Links enthält).<br />
3. Halten Sie die <strong>im</strong> Jugendmedienschutzstaatsvertrag vorgesehenen<br />
Instrumente prinzipiell für richtig, um Jugendschutz <strong>im</strong> Internet zu<br />
betreiben und Medienkompetenz zu fördern?<br />
Die <strong>im</strong> Jugendmedienschutzstaatsvertrag vorgesehenen Instrumente<br />
können Jugendschutz <strong>im</strong> Internet nur in begrenztem Maße gewährleisten.<br />
Es stellt sich generell die Frage, ob bei einem weltweiten Medium mit<br />
extrem dynamischen Inhalten ein umfänglicher Jugendschutz wie <strong>im</strong><br />
Rundfunk überhaupt möglich ist. Der Jugendmedienstaatsvertrag ist stark<br />
durch die Erfahrungen des Jugendschutzes <strong>im</strong> Fernsehen geprägt und<br />
trägt den medialen Besonderheiten des Internets wenig Rechnung.<br />
Repressiver Jugendschutz <strong>im</strong> Internet kann <strong>im</strong>mer nur begrenzt erfolg-<br />
reich sein.<br />
4. Welche darüber hinaus gehenden gesetzlichen Regelungen zur<br />
Sicherung des Jugendschutzes halten Sie für notwendig?<br />
Notwendig wäre ein verstärkter aktiver Jugendschutz <strong>im</strong> Internet z.B. die<br />
Stärkung des Datenschutzes für Jugendliche in sozialen Netzwerken, leicht<br />
auffindbare und personell gut ausgestattete Beschwerdeseiten der Platt-<br />
formbetreiber und der Aufbau von jugendgerechten Beratungsseiten (die<br />
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Niedersächsische <strong>Landesmedienanstalt</strong> versucht dies gerade mit der Seite<br />
www.juuuport.de). Generell muss der Jugendschutz in das Netz getragen<br />
werden und dabei müssen Beratung und Aufklärung vor repressiven Maß-<br />
nahmen stehen.<br />
5. Welche Instrumente zur Förderung der Medienkompetenz halten Sie<br />
für notwendig?<br />
Zentrales Element ist die verbindliche Verankerung der Vermittlung von<br />
Medienkompetenz in den Lehrplänen der Schulen und die entsprechende<br />
Fortbildung bzw. Ausbildung von Lehrkräften.<br />
Die Niedersächsische <strong>Landesmedienanstalt</strong> und andere Einrichtungen<br />
bieten in Niedersachsen schon seit etlichen Jahren medienpädagogische<br />
Projekte zur praktischen Vermittlung von Medienkompetenz für Multi-<br />
plikatoren an. Dennoch erreichen diese Maßnahmen bei Weitem nicht alle<br />
Kinder und Jugendliche (in Niedersachsen gibt es rund 3500 allgemein-<br />
bildende Schulen mit ca. 70.000 Lehrkräften). Es muss einfach selbstver-<br />
ständlich werden, dass Schüler in den verschiedenen Altersstufen der<br />
selbstbest<strong>im</strong>mte Umgang mit dem Internet beigebracht wird. Die<br />
Sozialisierung in diesem Bereich läuft bisher weitgehend außerhalb der<br />
institutionellen Bildungseinrichtungen ab. So wie Verkehrserziehung ganz<br />
selbstverständlich in der Schule stattfindet, muss auch der Bereich Inter-<br />
net und andere Medien in den Schulunterricht einbezogen werden.<br />
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