#7 Urbanität
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Opener
Mit weichem Knüppel
in die Mitmachfalle
Wie politische Mediation bürgerliche
Selbstorganisation imitiert
Nils Honkomp & FréDéRic Falter
Politikwissenschaft, Gesellschaftswissenschaften
„Hatten Investoren und Eigentümer in früheren Jahren sehr schnell nach der Polizei
gerufen, um ihre Interessen gegen widerständige Bürger durchzusetzen, haben
sie mittlerweile gelernt, die Protestbewegungen mit ihren eigenen Mitteln
zu schlagen.” (Wagner 2013a: 54) So lautet die Analyse des Kultursoziologen
Dr. Thomas Wagner, die er am 31.10.2018 im Kontext der Veranstaltungsreihe
„Demokratie leben“ vom Resilienz Verein Aachen vorgetragen hat.
Dr. Thomas Wagner begreift sich selber Obwohl Wagner die Forderung nach Basisdemokratie frühzeitig als
als politisch links und war Autor für die linke Forderung verstand, konstantiert er, dass vorgefertigte Partizipationsangebote
und Konsultationsverfahren sukzessive zur Aushöhlung
anarchopazifistische Zeitschrift „Graswurzelrevolution“.
Des Weiteren schrieb
er als freier Autor für die deutsche und bürgerlicher Mitbestimmung führen. Unter den Stichworten „politische
Mediation”, „strategische Dialoge“, „Akzeptanzbeschaffung“ und
internationale Presse: unter anderem junge
Welt, Die Zeit, Süddeutsche Zeitung,
Neue Züricher Zeitung, der Freitag etc. „kollaborative Demokratie“ versteht der Soziologe, den spezialisierten
Nach eigenen Angaben hat er auch Anfänge
der Studentenbewegung in seinem Planungsprozesse von Großbauprojekten miteinzubeziehen und das
Einsatz von Dienstleistungsunternehmen um Bürger_innen in die
eigenen Seminar an der RWTH Aachen
Ergebnis in Richtung der Interessen von Wirtschaft und Politik zu
beobachten können.
beeinflussen. Bürger_innenbeteiligung würde damit Teil des Repertoires
an Herrschaftsinstrumenten, die den Politiker_innen, neben dem Einsatz
von Polizeikräften, zur Verfügung stehe. Im Vortrag schlussfolgert Wagner, dass
politische Mediation damit auch als „weicher Knüppel“ der Staatsgewalt bezeichnet
werden könne: Sein erstes zentrales Argument lautet daher, dass politische
Mediation das Kriterium der Ergebnisoffenheit nicht erfülle. In erster Linie gehe
es darum, Diskussionen zu „versachlichen“ und die Politisierung der Projekte im
Vorfeld zu verhindern, indem die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in vorstrukturierte
Diskussionsangebote eingeladen werden. Im Sinne der Investoren
sollen hier größere Proteste, also Verzögerungen und steigende Kosten, möglichst
vermieden werden. Daher seien sie per se nicht ergebnisoffen und in die
Landschaft der erwerbbaren Dienstleistungen einzuordnen. Sein zweites Argument
bezieht sich auf die Verbindlichkeit der Ergebnisse des zu durchlaufenden
Beteiligungsprozesses: Werden sie in den Entscheidungen von den gewählten
Volksvertrer_innen berücksichtigt? Oder taktieren sie zusammen mit Unternehmer_innen,
doch im geheimen Hinterzimmer? Rechtlich seien sie, nach Wagner,
zumindest nicht bindend.
Belege dafür findet der Vortragende in der systematischen Auswertung von diversen
Studien und Zeitungsartikeln. Zum Beispiel solle laut einer Studie des
RWE-Konzerns Bürger_innenbeteiligung zum selbstverständlichen Teil von
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