Konfis machen Gottesdienst (Vorausansicht)
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wieso schon so viel singen? Soll die Pastorin zukünftig jede Chorprobe mit einer kleinen
Andacht und einem religionspädagogischen Impuls beginnen, damit die Sänger*innen
eine Ahnung davon bekommen, was gottesdienstliche Formen ihnen geben können?
Müsste man die Chormitglieder am Gottesdienst beteiligen, zum Beispiel bei den Lesungen
und eben gerade nicht bei der Musik? Es gibt viele gute Überlegungen, so dass die
Gemeinde zuversichtlich ist, das Ziel erreichen zu können.
Nur auf eine Idee kommt niemand: Man könnte es ja so machen, dass die Sänger*innen
zukünftig zehn Unterschriften im Jahr sammeln müssen, die belegen, dass sie einen Gottesdienst
besucht haben. Und wer das nicht schafft, der fliegt aus dem Chor raus.
Was bei einem Chor absurd klingt, scheint bislang bei Konfis ganz normal zu sein. Das
soll sich ändern; und erfreulicherweise ändert es sich vielerorts schon.
Es kann gelingen, dass Konfis nicht abwertend über den Gottesdienst denken, ja dass
sie sogar eigene Zugänge finden, ihre bevorzugten Gottesdienstformen und -teile entdecken
und verstehen, warum Gottesdienste im Leben einen Platz haben. Manchmal
sieht man Konfis dann sogar nach der Konfirmation im Gottesdienst wieder. Aber auch
wenn das nicht geschieht, bleibt es ein Erfolg, wenn Konfis den Gottesdienst positiv oder
zumindest nicht negativ wahrgenommen haben.
„Gottesdienst sollte als individuell einleuchtend und einladend empfunden werden.“ 1
Dafür kann man einiges tun. Im Folgenden geht es darum, wie Konfis lernen können, selber
Gottesdienst zu machen. Die Formulierung ist bewusst gewählt. Konfis sollen auch
Gottesdienste feiern, aber dies könnte den Blick stärker auf eine aktive Teilnahme lenken
statt darauf, dass Konfis Gottesdienste nicht nur mit-feiern, sondern auch mit-gestalten.
Konfis sollen mit-machen, das umfasst beides. „Machen“ konzentriert sich zunächst mal
aufs schlichte Tun, gewissermaßen auf das Handwerk, das sowohl zur Gestaltung als
auch zum Feiern benötigt wird. Um etwas gut zu machen, muss ich wissen, wie es geht.
Mehr Voraussetzungen als dieses Wissen hat das Machen zunächst nicht. Konfis müssen
nicht (an) etwas Bestimmtes glauben, um Gottesdienste zu machen. Sie müssen dafür
auch kein fundiertes Bibelwissen mitbringen oder im Vorfeld ein bestimmtes Bekenntnis
ablegen.
Konfis lernen deshalb erst einmal, wie man einen Gottesdienst macht. Sie probieren es
aus. Sie machen es selber. Und so entstehen Gottesdienste, in denen der Heilige Geist
durch viele Türen hineinwehen kann. Konfis machen Gottesdienst.
Nebenbei werden beim Machen Formen des religiösen Lebens eingeübt, die auch außerhalb
des Gottesdienstes eine Rolle spielen können. Es bleibt zu beachten, „dass gottesdienstliche
Handlungen nicht vom übrigen Leben separiert werden dürfen.“ 2 Im Gegenteil
werden im Gottesdienst verschiedene Ausdrucksformen des Glaubens eingeübt,
die im Alltag immer wieder vorkommen können: beten, singen, Gottes Wort hören und
bedenken etc. Im Gottesdienst können Menschen lernen, wie sie auch im Alltag ihrem
Glauben Ausdruck verleihen können. Gleichzeitig zeigt der Gottesdienst als Teil des Alltags
auf, wie Glaube sich auf das Leben auswirken kann. „Das ist Gottesdienst: In dieser
Welt nicht in eine andere Welt fliehen, sondern diese Welt als eine andere zur Aufführung
bringen.“ 3
1
Saß, Meyer, Gottesdienst, 27.
2
Ebd., 26.
3
Meyer-Blanck, Liturgie, 269.
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