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Zdirekt! 01-2021

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Z direkt! <strong>01</strong>/<strong>2021</strong><br />

BERLIN DIREKT 31<br />

wie die angesprochenen Autoren in ihrem Aufsatz in der<br />

juristischen Fachzeitschrift „Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht“<br />

2020 für „den falschen Weg zum richtigen Ziel“<br />

halte. Eine Dämonisierung der Zeitarbeit verkennt deren<br />

Bedeutung für die Integration in den Arbeitsmarkt, für<br />

die Personalrekrutierung und ihre Bedeutung als wichtiges<br />

und gesetzlich geregeltes Flexibilisierungsinstrument<br />

unseres Arbeitsmarktes.<br />

Die Tariföffnungsklausel für den Teilbereich der<br />

Fleischverarbeitung wurde gesetzlich auf drei<br />

Jahre begrenzt und mit weiteren Einschränkungen<br />

wie kurze Einsatzdauer oder Höchstquoten<br />

versehen. Traut man den Sozialpartnern der Branche<br />

so wenig zu, die Zeitarbeitsbedingungen<br />

sachgerecht zu regeln?<br />

CC: Leider ja! Im Falle der Fleischbranche gab es konkrete<br />

Bestrebungen, tarifvertragliche Regelungen zu<br />

finden. Insbesondere in Hinblick auf die Arbeitsbedingungen<br />

und die Unterkünfte hätte man so schnell bessere<br />

und rechtssichere Lösungen gefunden. Aber man<br />

hat den Sozialpartnern nicht die Zeit gelassen, zu einer<br />

Einigung zu kommen. Im Bereich Arbeit und Soziales<br />

werden viele Gesetze beschlossen, die die Aufgaben<br />

der Tarifpartner ersetzen. Gleichzeitig bedauern die<br />

Kollegen der anderen Parteien bei jeder Gelegenheit<br />

die sinkende Tarifbindung. Diese Widersprüchlichkeit<br />

begleitet mich seit Beginn der Legislaturperiode.<br />

WO: Zunächst freue mich, dass es der Union gelungen<br />

ist, zur Abdeckung von Auftragsspitzen, Zeitarbeit erst<br />

einmal weiter zu ermöglichen und das geplante sofortige<br />

Verbot zu verhindern. Ich halte ein Verbot der Zeitarbeit<br />

für falsch, für nicht notwendig und rechtlich sehr<br />

bedenklich. Das habe ich bei allen Beratungen im Bundestag<br />

vorgetragen. Der enorme Regulierungseifer des<br />

Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hat – das<br />

möchte ich fairerweise erwähnen – eine Vorgeschichte.<br />

Nach jahrelangen Missständen und mehreren Regulierungen<br />

durch die Politik gab es eine Selbstverpflichtung<br />

der Fleischindustrie, alle festgestellten Missstände<br />

nachhaltig zu beseitigen. Hätte die Branche den Willen<br />

gehabt, dies umzusetzen, hätte es keine so emotionalisierte<br />

Debatte und keine so weitreichende Regulierung<br />

gegeben.<br />

Sind die Restriktionen der Zeitarbeit im Bereich<br />

der Fleischindustrie eine mögliche Blaupause für<br />

andere Einsatzbereiche, wie es etwa von SPD und<br />

Grünen in der Debatte bereits gefordert wurde?<br />

CC: Das ist durchaus zu befürchten. SDP, Die Linke<br />

und Bündnis 90 / Die Grünen rufen schon länger zum<br />

Generalangriff auf Werkverträge und Zeitarbeit auf.<br />

Dabei sind diese bewährten betrieblichen Vertragsformen<br />

nicht das Problem, oftmals sind sie bereits stark<br />

gesetzlich reglementiert. Vielmehr gibt es schwarze<br />

Schafe, die massiv gegen geltendes Recht verstoßen.<br />

Gleichzeitig haben wir ein veraltetes und unkoordiniertes<br />

staatliches Kontrollsystem. Anstatt hier anzusetzen,<br />

kommt schnell der Ruf nach neuen Gesetzen. Diese Interventionsspirale<br />

ist dann für alle Branchen schädlich.<br />

Zur Bewältigung der Coronakrise brauchen wir jedoch<br />

dringend mehr Flexibilität und Arbeitsmodelle, die den<br />

Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt fördern.<br />

WO: Für die Union ist das Modell aus der Fleischbranche<br />

ausdrücklich keine Blaupause für andere Branchen, weder<br />

beim Verbot von Werkverträgen noch bei der Zeitarbeit.<br />

Das haben wir bei der Debatte unmissverständlich<br />

klargestellt. Werkverträge sind ein unverzichtbarer Bestandteil<br />

unserer arbeitsteiligen Wirtschaftsstruktur.<br />

Zeitarbeit leistet einen wichtigen Beitrag in den Bereichen<br />

Flexibilisierung, Rekrutierung und Integration<br />

in den Arbeitsmarkt. Beides wollen wir ausdrücklich<br />

erhalten. DS<br />

Gesetz zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz<br />

Nachdem es im Frühjahr 2020 mehrere Corona-Ausbrüche auf deutschen Schlachthöfen gegeben hatte,<br />

brachte die Bundesregierung zu Ende des vergangenen Jahres das Arbeitsschutzkontrollgesetz mit wesentlichen<br />

Änderungen des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch)<br />

auf den Weg, unter anderem mit folgenden Regelungen:<br />

In der Fleischindustrie sind ab 1. Januar <strong>2021</strong> Werkverträge und ab 1. April <strong>2021</strong> Zeitarbeit verboten:<br />

Schlachtung und Zerlegung dürfen dann nur noch von eigenem Stammpersonal des Inhabers vorgenommen<br />

werden. Das Fleischerhandwerk – Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten – ist davon ausgenommen.<br />

Eine auf drei Jahre befristete Ausnahmeregelung macht es auf Grundlage eines Tarifvertrags möglich, Auftragsspitzen<br />

ausschließlich in der Fleischverarbeitung durch Zeitarbeit aufzufangen – allerdings unter strengen<br />

Auflagen und Kontrolle.<br />

Um die Arbeitnehmerrechte im Arbeits- und Gesundheitsschutz zu sichern, sollen die Arbeitsschutzbehörden<br />

der Länder Betriebe häufiger kontrollieren.

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