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big magazin nr. 113 Köln-Bickendorf und Umgebung
big magazin nr. 113
Köln-Bickendorf und Umgebung
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big aktuell
Was macht die Pandemie mit uns?
Eine Momentaufnahme: die globale Corona-Krise und ihre Auswirkungen vor Ort im Veedel
Wir alle kennen sie mittlerweile
– die Berichte über
abgeriegelte Pflegeheime, Bilder
von überforderten Grundschülern,
Reportagen über
Eltern, die in Zeiten von geschlossenen
Kitas im Homeoffice
an ihre Grenzen stoßen. Seit
circa einem Jahr hören wir lauter
solche Geschichten, sie sind
in jedem Medium präsent, viele
von uns mögen sich schon gar
nicht mehr damit beschäftigen.
Und trotzdem soll es heute um
solche Geschichten gehen, und
zwar um gleich zwei davon.
Warum? Weil das Coronavirus
nicht nur irgendwo in den
Nachrichtenmeldungen präsent
ist, sondern überall – und damit
auch direkt vor unserer Haustür.
Der CMS Pflegewohnstift Bickendorf
(CMS) ist ein Beispiel
dafür. Rund 80 Senioren
werden dort betreut, der erste
Lockdown war ein tiefer Einschnitt
für die gesamte Einrichtung.
„Am Anfang hat man die
Tragweite noch nicht verstanden,
aber als die ersten Fälle in
Kölner Pflegeheimen auftauchten,
ging es los“, sagt die Residenzleiterin
Karla Müller. Die
Belastungen und Ängste waren
vielseitig: Da waren Mitarbeiterinnen,
die Angst hatten, das
Virus einzuschleusen und sich
deswegen krankmeldeten. Demenzkranke,
die die Situation
nicht ansatzweise verstehen
konnten, täglich neue Vorgaben
und Regeln der Politik, kurz:
ein Albtraum für Karla Müller.
„Während dieser Zeit war ich
völlig im Tunnel. Ich habe mindestens
14 Stunden am Tag
gearbeitet, hatte auch am Wochenende
Bereitschaft und bin
mit meinem Handy schlafen gegangen.“
In einer Einrichtung,
in der die überwältigende Mehrheit
der Betreuten zur Risikogruppe
zählt, ist der Druck auf
die Verantwortlichen sehr hoch.
Und das ohne klare Vorgaben:
„Im März und April haben wir
viele Infos aus dem Fernsehen
bekommen, anstatt direkt vom
Gesundheitsamt. Wir mussten
uns ständig überlegen, wie wir
die neuen Regeln umsetzen
können, denn die kamen oft
vor den Umsetzungskonzepten.
Gerade zu Beginn der Pandemie
war das völlig unberechenbar“,
sagt Karla Müller im Interview.
Doch nicht nur in Seniorenheimen
hat das Virus einiges
auf den Kopf gestellt. Auch die
Brunnenkinder e.V., Kindertagesstätte
und Familienzentrum
in Bickendorf, haben ähnliches
erlebt. Zu Beginn der Pandemie
war man noch skeptisch,
machte Späße und fragte sich,
ob das mit der Maske wirklich
etwas bringt. Doch dann
Der Spielplatz der Brunnenkinder konnte lange nicht genutzt werden
kam der Lockdown. Alle Kinder
mussten nach Hause geschickt
werden, unabhängig davon, ob
ihre Eltern Zeit für sie hatten
oder nicht. Erst einige Wochen
später wurde dann eine Notbetreuung
für Eltern in systemrelevanten
Berufen eingeführt. „Die
Akzeptanz für die Maßnahmen
war zwar sehr hoch, jedoch gab
es ein großes Ungleichgewicht
zwischen den Familien – nur
Eltern in systemrelevanten Berufen
durften ihre Kinder schicken“,
sagt Darline-Marie Maschewski,
Leiterin der Kita. Und
auch in dieser Einrichtung hatte
das Team anfangs, mit den sich
ständig ändernden Vorschriften
zu kämpfen, mit deren Umsetzung
es sich allein gelassen
fühlte.
Im Sommer kam dann für beide
Einrichtungen eine etwas
entspanntere Phase. Die Fallzahlen
sanken, die Maßnahmen
wurden gelockert, mehr
Kontakt wurde wieder möglich.
Das CMS konnte wieder mehr
besucht werden, und die Kita
hatte für zwei Monate wieder
Bilder: Peter Johann Kierzkowski
für alle Kinder geöffnet, wenn auch in getrennten
Gruppen.
„Im Stillen haben wir aber mit einer zweiten
Welle gerechnet. Und für die hätte die
Politik sich anders aufstellen müssen“, findet
Karla Müller. Beim Thema Schnelltests
zum Beispiel habe die Politik zu lange stillgehalten,
außerdem werde die Einrichtung
mit der Umsetzung von Vorschriften immer
noch allein gelassen. Alles in allem fühlt sich
das CMS jedoch durch die Erfahrungen aus
dem ersten Lockdown besser vorbereitet.
Ähnliches sagt die Leiterin der Brunnenkinder:
„Mittlerweile wissen wir, wie man sich
auf neue Beschlüsse vorbereiten muss. Aber
trotzdem machen wir uns Sorgen um die
Ansteckungsgefahr in der Kita, unsere älteren
Kollegen und auch die Kinder.“ Denn
auch die Jüngsten der Gesellschaft merkten,
dass sich etwas verändert hat. Viele stellten
Fragen zur Situation, manche seien auch
stiller geworden als sonst. „Gerade die Älteren
ab fünf Jahren erinnern sich noch gut
an die Zeit vor Corona und spüren die Veränderung
ganz deutlich“, so Darline-Marie
Maschewski.
Ein Hoffnungsschimmer ist nun die Impfung.
Im CMS haben zum Zeitpunkt des
Interviews Mitte Januar bereits 80 Prozent
der Bewohner und Pflegekräfte die Erstimpfung
hinter sich. „Die Impfbereitschaft
war bei der Belegschaft nicht so hoch wie
bei den Senioren, da musste viel Überzeugungsarbeit
geleistet werden “, sagt Karla
Müller. „Viele wollten nicht als einzige
in ihrer Familie geimpft sein oder hatten
Angst, die Impfung würde nicht vor den
Mutationen schützen. Eine Werbekampagne
der Regierung oder eine Impfpflicht für
bestimmte Gruppen wäre vielleicht sinnvoll.
Auch die Leiterin der Brunnenkinder sieht
das ähnlich: „Ich würde mich auch impfen
lassen, vor allem, wenn die Regierung das
für Erzieher vorschreibt. Bei den Kollegen gehen
die Meinungen allerdings auseinander.“
Neben all den Belastungen, denen die
beiden Bickendorfer Einrichtungen im vergangenen
Jahr ausgesetzt waren, gibt es
allerdings auch eine gemeinsame positive
Erfahrung: „Der Zusammenhalt unter den
Mitarbeitern ist während dieser Zeit definitiv
gestiegen. Man war füreinander da,
es gab Mitarbeiter, die sind freiwillig stundenweise
gekommen, um krankgemeldete
Kollegen zu ersetzen“, berichtet Residenzleiterin
Karla Müller. Auch Darline-Marie
Maschewski ist stolz auf ihr Team: „Wir
haben bewiesen, dass wir als Team flexibel
und anpassungsfähig sind.“ Außerdem sind
beide Einrichtungen bisher ohne einen einzigen
internen Corona-Fall durch das Jahr
gekommen.
Unterm Strich bleibt es dabei: Auch
wenn wir es satt sind, die immergleichen
Weil es Wichtigeres
gibt als Geld.
big aktuell
Dank engagierter Mitarbeiter sind die Senioren nicht allein
Corona-Geschichten zu hören, sie finden
trotzdem statt und beschäftigen die Betroffenen
tagein und tagaus. Hier ist es die Aufgabe
der Politik, einen Weg zu finden, der
den Einrichtungen einen machbaren Weg
im Umgang mit der Pandemie bietet. Und,
zum Beispiel mit einer guten Impfkampagne,
vielleicht auch einen Weg aus ihr hinaus.
■ Tim Morgenstern
volksbank-koeln-bonn.de
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Wir machen den Weg frei.
20 www.bickendorf.info Ausgabe 1/2021 | Nr. 113 21