Ökodorf in Sri Lanka - Sodi
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kommen (EPA’s) mit Entwicklungsländern,<br />
wogegen diese sich wehren, weil sie auf<br />
Zölle verzichten müssten, die z.T. e<strong>in</strong><br />
Fünftel der Staatse<strong>in</strong>nahmen ausmachen.<br />
Im Kern geht es bei den EPA’s um wechselseitige<br />
Marktöffnung (siehe Report<br />
3-2008). Nur haben diese Länder wenig<br />
anzubieten, was sich <strong>in</strong> der EU verkaufen<br />
ließe, während von dort hochsubventionierte<br />
Agrarprodukte (Hähnchenteile,<br />
Tomatenprodukte) die Märkte der armen<br />
Länder überschwemmen und kle<strong>in</strong>e<br />
Farmer <strong>in</strong> den Ru<strong>in</strong> treiben. Das Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium<br />
beruft sich auf die<br />
Welthandelsorganisation, die <strong>in</strong> ihrem<br />
Regelwerk nicht e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Bezug<br />
auf die Menschenrechte aufweist, was<br />
deutlich macht, dass zur Verantwortung<br />
der Staaten auch gehört, auf die Veränderung<br />
solcher Regeln h<strong>in</strong>zuarbeiten.<br />
Demgegenüber schlägt die Studie vor,<br />
jedes Land zu verpfl ichten, se<strong>in</strong>e Außenwirtschaftsbeziehungen<br />
so zu gestalten,<br />
„dass die weniger Begünstigten jenseits<br />
se<strong>in</strong>er Grenzen dadurch nicht geschädigt<br />
werden.“ Bedenkt man, dass sich<br />
dies auch auf fi nanzielle Transaktionen,<br />
Investitionen, Bürgschaften usw. beziehen<br />
müsste, würde das e<strong>in</strong>e erhebliche<br />
Prioritätenveränderung <strong>in</strong> Wirtschaft und<br />
Politik notwendig machen. Die Konsequenz<br />
wäre: „Menschenrechtsverträglichkeit<br />
und Umweltverträglichkeit als<br />
normative Grundlage für <strong>in</strong>ternationale<br />
Austauschbeziehungen durchzusetzen“<br />
(S. 605).<br />
Diese ungerechten <strong>in</strong>ternationalen<br />
Austauschbeziehungen sorgten für e<strong>in</strong>en<br />
kont<strong>in</strong>uierlichen Zufl uss von materiellen<br />
Werten aus dem Süden <strong>in</strong> den Norden.<br />
Vorher geschah das durch koloniale<br />
Ausbeutung. Darauf beruht e<strong>in</strong> erheblicher<br />
Teil des Wohlstands der Industrieländer<br />
– und umgekehrt der Armut vieler<br />
Entwicklungsländer. Der Ökumenische<br />
Rat spricht von e<strong>in</strong>er „Ökologischen<br />
Schuld, die die Industrieländer gegenüber<br />
den Ländern des Südens tragen im<br />
Zusammenhang mit der gegenwärtigen<br />
und früheren Plünderung der Ressourcen<br />
und der unverhältnismäßigen Nutzung<br />
des Umweltraums.“ Diese Schuld verlangt<br />
nach Kompensation <strong>in</strong> Form massiver „fi -<br />
nanzieller und technologischer Unterstützung<br />
der Entwicklungs- und besonders<br />
der Schwellenländer beim Sprung <strong>in</strong> das<br />
solare Zeitalter sowie der Unterstützung<br />
der ärmeren Staaten bei der Anpassung<br />
an den unvermeidlichen Klimawandel“<br />
(S. 461). Die Klimakatastrophe kann nur<br />
durch die Anstrengung aller Staaten verh<strong>in</strong>dert<br />
werden. Deshalb ist es unerlässlich,<br />
dass die Stärkeren, Reicheren den<br />
Schwachen helfen. Nachhaltige Hilfe für<br />
sie liegt <strong>in</strong> unserem Eigen<strong>in</strong>teresse.<br />
1 • 2009 • Seite 8 Report<br />
Was bedeutet das für die<br />
Gesellschaftsordnung?<br />
„Wenn Kapitalismus als Vorherrschaft des<br />
Renditekalküls über Geme<strong>in</strong>wohlbelange<br />
verstanden wird, dann ist er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />
gegenwärtigen Ausprägung schwerlich<br />
zukunftsfähig. Überlebensfähig ist nur<br />
e<strong>in</strong>e Wirtschaftsform, die den Geme<strong>in</strong>gütern<br />
Umwelt und Lebensqualität Sitz<br />
und Stimme im Wirtschaftsgeschehen<br />
gibt“ (S. 113). Damit wird zwar nicht die<br />
Systemfrage aufgeworfen, aber man unterstreicht,<br />
dass E<strong>in</strong>zelmaßnahmen nicht<br />
länger ausreichen, sondern „systemische<br />
Reformen“ erforderlich seien, „weil sich<br />
die mite<strong>in</strong>ander verschränkten Probleme<br />
nur geme<strong>in</strong>sam lösen lassen“ (S. 458). Da<br />
es jedoch ke<strong>in</strong> Gesamtkonzept für e<strong>in</strong>e<br />
alternative Gesellschaft gibt, müssen an<br />
den dr<strong>in</strong>genden Punkten Systemveränderungen<br />
energisch beg<strong>in</strong>nen, woraus dann<br />
langfristig e<strong>in</strong>e neue Art gesellschaftlichen<br />
Zusammenlebens entstehen kann.<br />
Fazit: Da die Wirtschaft Hauptverursacher<br />
der ökologischen und sozialen Krise ist,<br />
muss sie gründlich verändert werden.<br />
Ursprünglich war die Wirtschaft Teil der<br />
Gesamtgesellschaft und auf ihre Bedürfnisse<br />
ausgerichtet. Beg<strong>in</strong>nend mit der<br />
Industrialisierung wurde die Wirtschaft<br />
zum Selbstzweck. Ihren Gipfelpunkt erreicht<br />
diese Entwicklung heute <strong>in</strong> Kapitalgesellschaften,<br />
deren Hauptziel nicht die<br />
Befriedigung menschlicher Bedürfnisse<br />
ist, sondern „Gew<strong>in</strong>ne für die Aktionäre<br />
zu erzielen“ (S. 299). Es haben Aktionäre<br />
erfolgreich Unternehmen verklagt, die<br />
durch E<strong>in</strong>führung von M<strong>in</strong>destlöhnen, die<br />
Gew<strong>in</strong>ne der Anleger schmälerten. Diese<br />
Ausrichtung auf maximale Rendite verh<strong>in</strong>dert<br />
nicht nur soziale Gerechtigkeit, sie<br />
blockiert auch häufi g die Entwicklung<br />
nachhaltiger Technologien, die für den<br />
lokal-vernetzten statt groß<strong>in</strong>dustriellen<br />
E<strong>in</strong>satz geeignet wären.<br />
Zwei Glaubenssätze der Wirtschaftsgesellschaft<br />
werden immer unhaltbarer:<br />
Erstens: Dass das Wohlbefi nden des<br />
Menschen mit der Menge der Waren und<br />
Dienstleistungen steigt, über die er<br />
verfügt. Dieser Glaubenssatz, den die<br />
Werbe<strong>in</strong>dustrie uns e<strong>in</strong>hämmert, wird<br />
widerlegt: In den letzten 30 Jahren ist<br />
die Lebenszufriedenheit der Deutschen<br />
leicht zurückgegangen, obwohl sich das<br />
Brutto<strong>in</strong>landsprodukt verdreifachte.<br />
Zweitens: Dass es ohne Wirtschaftswachstum<br />
ke<strong>in</strong>e weitere Entwicklung<br />
gebe. Da expansives Wachstum immer<br />
mehr Naturkapital abbaut und Sozialkapital<br />
verschleißt, nehmen die Nachteile<br />
schneller zu als die Vorteile. Der<br />
USA-Ökonom Herman Daly spricht vom<br />
„unwirtschaftlichen Wachstum“, was<br />
<strong>in</strong>zwischen nicht mehr Ausnahme, sondern<br />
Normalfall werde. „Damit dreht sich<br />
die Wachstumsgesellschaft im Kreis. Sie<br />
häuft Kosten schneller an als Nutzen und<br />
ruft zu deren Beseitigung nach neuem<br />
Wachstum“ (S. 100). Realistischerweise<br />
wird h<strong>in</strong>zu gefügt: „Ganz ohne Wachstum<br />
lässt sich Armut nicht verh<strong>in</strong>dern, doch<br />
entscheidend ist, dass die Schäden des<br />
Wachstums kle<strong>in</strong> gehalten werden und<br />
dass se<strong>in</strong>e Früchte zuallererst den Armen<br />
zugute kommen.“ (S. 194). Unser Wirtschafts-<br />
und Gesellschaftssystem hat <strong>in</strong><br />
den letzten Jahrzehnten dazu geführt,<br />
dass diese Früchte zuallererst den Reichen<br />
zugute kommen.<br />
Die Studie hält es für „notwendig, über<br />
Verteilungs- und Wirtschaftspolitik unmittelbar<br />
die Lebensumstände der Armen<br />
zu verbessern (S. 196). Den Armen, nicht<br />
den Wachstumsraten gehöre die Priorität.<br />
In diesem S<strong>in</strong>ne wird zustimmend<br />
aus dem Sozialwort der katholischen und<br />
evangelischen Kirchen von 1997 zitiert:<br />
„Nur was die Lage der Schwächeren bessert,<br />
hat Bestand. Bei allen grundlegenden<br />
Entscheidungen müssen die Folgen<br />
für die Armen, Schwachen und Benachteiligten<br />
bedacht werden“ (S. 252). Und<br />
schließlich wird Umverteilung betont:<br />
„Wer für Armutsl<strong>in</strong>derung e<strong>in</strong>tritt, ohne<br />
<strong>in</strong> Reichtumsl<strong>in</strong>derung e<strong>in</strong>zuwilligen,<br />
betreibt nichts weiter als Spiegelfechterei“<br />
(S. 22).<br />
Politisch aktiv werden!<br />
Als 1996 e<strong>in</strong>e Studie des Wuppertal Instituts<br />
zum gleichen Thema erschien, hat<br />
man diese als „grüne Bibel für die Jahrtausendwende“<br />
bezeichnet. Die neue Studie<br />
ist mehr. Sie zeigt die viel bedrohlicher<br />
gewordene Lage und ruft zur Umkehr<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Welt. Dabei verschweigt<br />
sie nicht die Dimension der Aufgabe<br />
und stellt fest, dass ke<strong>in</strong> Anlass zum<br />
Optimismus besteht, aber auch, dass die<br />
Aufgabe lösbar ist, wenn wir „die Allianz<br />
von Gleichgültigkeit und Eigennutz“ (S.<br />
24) überw<strong>in</strong>den. Dabei wird entscheidend<br />
se<strong>in</strong>, was wir Deutschen – und besonders<br />
wir aus der früheren DDR – kaum gelernt<br />
und geübt haben: „Selbstmobilisierung<br />
und Selbstorganisation“ (S. 607).<br />
Natürlich geht die Untersuchung auch<br />
auf die persönliche Lebensgestaltung<br />
e<strong>in</strong>, zumal von Alltäglichem wie Essen,<br />
Wohnen und Verkehrsteilnahme hohe<br />
Umweltbelastungen ausgehen. So wichtig<br />
e<strong>in</strong>e verantwortliche Lebensweise ist, ihr<br />
E<strong>in</strong>fl uss ist beschränkt. Die Weichenstellungen<br />
erfolgen durch wirtschaftliche und<br />
politische Entscheidungen. „Ohne e<strong>in</strong>en<br />
neuen Vorrang der Politik wird es ke<strong>in</strong>e<br />
Wende zu mehr Ökologie und Gerechtigkeit<br />
geben. Aus diesem Grunde muss die<br />
jahrzehntelange Demontage der staatlichen<br />
Autorität durch den Neoliberalismus<br />
e<strong>in</strong> Ende haben“ (S. 607). Ohne dass<br />
wir Bürger uns neu politisch <strong>in</strong>formieren<br />
und aktiv werden, wird es diesen Vorrang<br />
nicht geben. Wie dr<strong>in</strong>glich das ist,<br />
zeigt die Diskussion um die Bewältigung<br />
der Wirtschaftskrise. Es geht darum, das<br />
verhängnisvolle Übergewicht von Kapital<strong>in</strong>teresse<br />
und Me<strong>in</strong>ungsbildung <strong>in</strong> den<br />
Entscheidungen, das unsere Gesellschaft<br />
beherrscht, endlich zu brechen.<br />
Carl Ordnung, Mitglied des Vorstandes