Grimselwelt Magazin 2020
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10 grimselwelt · persönlich<br />
grimselwelt · persönlich 11<br />
andy luchs<br />
schneestürme sind sein element<br />
Ein milder Winter ist nichts für Andy Luchs. Wenn es nicht richtig<br />
schneit, dann ist der junge Landwirt und Zimmermann aus<br />
Gadmen unglücklich. Seit Jahren ist er im Winter mit der Schneefräse<br />
unterwegs, um das Dorf vom Schnee zu befreien. Diesen Job<br />
liebt er so sehr, dass es ihm nichts ausmacht, mitten in der Nacht<br />
aufzustehen. Im Gegenteil: «Ich mag es zu arbeiten, wenn alle<br />
noch schlafen», sagt er. Er erledigt in aller Ruhe seinen Job in der<br />
nächtlichen Bergwelt und freut sich über alles, was er in der Natur<br />
entdeckt. Bei Schneefall wird er um 3.30 Uhr von der Gemeinde<br />
aufgeboten, die Gemeindestrassen von Obermad bis Schaftelen<br />
zu räumen. Damit ermöglicht er den Bewohnerinnen und Bewohnern<br />
von Gadmen, bis zu ihrem Haus zu- oder wegfahren zu können.<br />
Die Kantonsstrasse wird vom Tiefbauamt des Kantons geräumt.<br />
Nach über 10 Jahren im Dienst weiss Luchs genau, wo auf seiner<br />
Rundtour ein tückischer Schacht lauert oder ein kleines Mäuerchen<br />
steht, bei dem er besonders aufpassen muss, um mit seiner<br />
Schneefräse nicht anzuhängen. Ebenso kennt er die Vorlieben der<br />
Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner. Er achtet darauf, den<br />
Schnee tatsächlich zu entfernen und ihn nicht vor einem Zugang<br />
oder einer Garage aufzuschichten. Fehlgeschaufelte oder -gefräste<br />
Schneehaufen bescheren schnell eine Menge Ärger im Dorf. «Ich<br />
kenne die Menschen hier und arbeite deshalb sogar noch<br />
etwas genauer, als es die Gemeinde eigentlich verlangt», sagt<br />
Luchs und schmunzelt. Zum Spezialservice von Andy Luchs gehört<br />
auch, notfalls ein Auto aus einer Schneeverwehung zu ziehen,<br />
wenn jemand steckengeblieben ist oder sich sonst irgendwie nützlich<br />
einzusetzen.<br />
Schon als kleiner Junge war Luchs von Landmaschinen begeistert.<br />
Zum Glück gab es auf dem Bauernhof seines Vaters das eine oder<br />
andere Modell und auch die Gelegenheit, sie auszuprobieren. Unterdessen<br />
hat er zusammen mit seinem Bruder und dem Vater eine<br />
Betriebsgemeinschaft für den Hof gegründet. «Als ich sah, dass<br />
mein jüngerer Bruder eine landwirtschaftliche Ausbildung macht,<br />
wusste ich, auch ihm ist es ernst», erinnert sich Luchs. So war es<br />
für ihn in Ordnung, in die Landwirtschaft einzusteigen. In der<br />
Betriebsgemeinschaft ist er nicht so stark angebunden, wie wenn<br />
er den Hof alleine führen würde. Das möchte er schon nur seiner<br />
Frau und seinen drei Kindern zuliebe nicht. Die Affinität für die<br />
Technik ist wichtig für den Nebenjob in Schnee und Dunkelheit.<br />
Luchs kennt seinen «Reform Mounty» in- und auswendig. Es ist<br />
eine Mischung zwischen Zweiachs-Mäher und Traktor, an dem<br />
vorne eine Schneefräse angebracht ist. Sollte<br />
etwas nicht funktionieren, hat er selber<br />
Ersatzteile auf Lager und einen Mechaniker<br />
zur Seite, der ihm das Fahrzeug nicht<br />
nur gut wartet, sondern notfalls auch morgens<br />
um 4 Uhr das Telefon abnimmt, falls<br />
ein technisches Problem auftaucht. Normalerweise<br />
geht aber alles gut und Luchs<br />
ist je nach Schneemenge zwischen 9 und 11<br />
Uhr mit dem Schneeräumen fertig. Dann<br />
fährt er nach Nessental in den Holzbaubetrieb,<br />
wo er seinen Arbeitstag als Zimmermann<br />
beginnt.<br />
www.alpkaeserei-steingletscher.com<br />
tamara brog<br />
das hotel am pass – ein familienabenteuer<br />
brigitte leuthold<br />
sie hat die bergwelt im blut<br />
Der Wind reisst an den Fahnen, über dem<br />
See tanzt das Sonnenlicht und zaubert ein<br />
blau-silbernes Farbspiel auf die Wasseroberfläche.<br />
«Als ich zum ersten Mal hier<br />
oben stand, in diesem Haus direkt am See»,<br />
erzählt Tamara Brog, «war ich sprachlos.»<br />
In der Tat ist man auf der Grimselpasshöhe<br />
mit Bergspitzen und See auf Augenhöhe.<br />
Das vermittelt eine beschwingte Leichtigkeit. Gegen die Kraft der<br />
Bergwelt ist fast niemand immun, das bestätigen jedenfalls die<br />
Gäste im Hotel Grimsel Passhöhe. Und auch Tamara Brog konnte<br />
dieser Faszination als frisch diplomierte Abgängerin der Hotelfachschule<br />
Thun nicht widerstehen. Ihre Familie hatte das lange<br />
leerstehende Hotel auf der Passhöhe erworben und sie stieg ins<br />
Abenteuer ein. Mit der Unterstützung ihrer Mutter stemmt sie<br />
heute den Betrieb am Pass als Geschäftsführerin, weitere Familienmitglieder<br />
helfen tatkräftig mit, wenn es<br />
nötig ist. Die Sommersaison ist geprägt vom<br />
Rummel am Pass, im Winter hingegen<br />
kehrt Ruhe ein und die Gäste geniessen ein<br />
exklusives Angebot weit ab von aller Hektik.<br />
«Die Gastronomie ist ein hartes Business»,<br />
sagt Tamara Brog, «aber unglaublich<br />
schön.» So kämpft auch sie mit den in<br />
der Branche verbreiteten Personalproblemen<br />
und den langen Präsenzzeiten. Wenn<br />
sie am frühen Morgen einen Kaffee auf der<br />
Terrasse mit dem überwältigenden Panorama<br />
trinkt oder abends einen Blick auf den<br />
Sternenhimmel wirft, entschädigt sie das<br />
für Vieles. Das Beste seien aber die begeisterten<br />
Rückmeldungen der Gäste. «Das<br />
gibt enorme Kraft», findet Tamara Brog.<br />
www.hotel-grimselpass.ch<br />
Brigitte Leutholds Begeisterung ist ansteckend. Wenn sie von den<br />
Wanderungen im Grimsel- und Sustengebiet erzählt oder Biketouren<br />
sowie anderen Abenteuern, dann scheint es völlig unsinnig,<br />
Zeit im Büro zu verbringen – ab nach draussen! Das ist<br />
Leutholds Botschaft als Leiterin des Tourist Centers in Innertkirchen<br />
und es ist auch ihr persönliches Credo. «Besser, man weiss<br />
wovon man redet, wenn man die Begeisterung weitergeben möchte»,<br />
meint sie. Weil sie selber praktisch jede freie Minute in der<br />
Natur unterwegs ist, kann sie den Gästen<br />
viele gute Tipps geben. Leuthold liebt den<br />
Kontakt mit den Menschen. «Alle möglichen<br />
Personen kommen bei uns im Grimseltor<br />
vorbei», sagt sie und fügt an: «Sie<br />
fragen uns alles mögliche.» Hin und wieder<br />
komme sie sich vor wie die Troubleshooterin<br />
der Region, denn die Telefonnummer<br />
des Tourist Centers finde man immer.<br />
Leuthold, die auf einem Bauernhof in Guttannen<br />
gross geworden ist, absolvierte zuerst<br />
eine Kochlehre, danach die Handelsschule,<br />
bevor sie in verschiedenen Tourist-<br />
Büros zu arbeiten begann. Sie ist Feuer<br />
und Flamme für ihre Tätigkeit – es sei der<br />
schönste Job der Welt. Und das Pünktchen<br />
auf dem «i» ist für Brigitte Leuthold, dass<br />
sie seit vielen Jahren jeden Winter in St.<br />
Moritz als Skilehrerin arbeiten kann. In<br />
der ohnehin ruhigeren Wintersaison erledigt<br />
sie per Computer Arbeiten im Backoffice<br />
und unterrichtet nebenbei im Schnee.<br />
«Die Gegensätze sind riesig, aber genau<br />
diese Kombination ist genial», sagt sie.<br />
www.grimseltor.ch