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annalive - St. Anna-Hilfe gGmbH

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13 EhREnaMt<br />

Betül Koyonan (Mitte) und Rabia altemir<br />

(rechts) spielen mit einem Bewohner das sehr<br />

beliebte „Mensch ärgere Dich nicht“.<br />

BAD WURZACH – „Fräulein, was tragen Sie denn da<br />

für eine Tracht?“ Kübra Aktas versteht nicht, was<br />

ihr der ältere Herr sagen möchte und schaut ihn<br />

mit großen Augen erstaunt an. Die Pflegerin hilft<br />

aus: „Er möchte wissen, warum Sie ein Kopftuch<br />

tragen.“ Kübra Aktas lächelt: „Weil wir unsere<br />

Haare bedecken!“ „Wegen der Religion?“ fragt der<br />

Mann nach. Kübra Aktas nickt still. „Ach so, Sie sind<br />

aus dem Islam“, stellt der Mann zufrieden fest und<br />

wendet sich wieder seinem Abendbrot zu. Eine<br />

fast alltägliche Situation im Altenpflegeheim <strong>St</strong>ift<br />

zum Hl. Geist in Bad Wurzach.<br />

text/Fotos: lioba Scheidel<br />

Ferha Bulut (hinten rechts) begleitet zwei<br />

Bewohnerinnen zum abendessen.<br />

Am Nebentisch schneidet Ferha Bulut kleine<br />

Schnittchen für die älteste Bewohnerin. Auch die<br />

angehende Erzieherin trägt ein blau-weiß gestreiftes<br />

Kopftuch. Das große Tuch hat sie locker unter<br />

dem Kinn verknotet. Es ziert sie wie ein Schmuckstück,<br />

das gerne getragen wird und harmonisch zu<br />

T-Shirt und Rock passt.<br />

Für die Bewohner im <strong>St</strong>ift zum Hl. Geist sind die<br />

Mädchen kein ungewöhnlicher Anblick. Die jungen<br />

Frauen besuchen sie jeden Mittwochnachmittag.<br />

„Vor Weihnachten habe ich mit den Bewohnern<br />

Plätzchen gebacken. Das war schön“, berichtet die<br />

junge Merve Yilmaz. Das zierliche Mädchen mit<br />

dem himmelblauen Kopftuch hat schon Freunde<br />

im <strong>St</strong>ift gefunden. Probleme mit der deutschen<br />

Sprache kennt sie nicht, nur manche Worte seien<br />

schwierig. „Das ist der tief-schwäbische Dialekt“,<br />

lacht Susanne Baur von den Lebensräumen der<br />

<strong>St</strong>. <strong>Anna</strong>-<strong>Hilfe</strong> gleich nebenan. „Da habe sogar ich<br />

als gebürtige Oberschwäbin meine Probleme, alles<br />

zu verstehen.“<br />

Betül Koyonan hat bereits ein Praktikum im <strong>St</strong>ift<br />

zum Hl. Geist absolviert. Sie ist eine gerngesehene<br />

Partnerin für „Mensch ärgere Dich nicht“ und kann<br />

Kübra aktas (links) hilft beim abendessen.<br />

Interkulturelle Begegnungen im Altenpflegeheim <strong>St</strong>ift zum Hl. Geist<br />

türkische Frauen besuchen schwäbische Senioren<br />

gut zuhören. Unter dem dunkelbraunen Kopftuch<br />

verbirgt sich eine aufgeschlossene junge Frau. Die<br />

deutsche Geschichte – Hitler, der zweite Weltkrieg<br />

– ist ihr nicht fremd. Vieles kennt sie aus dem Unterricht<br />

in der Schule. Aber „im <strong>St</strong>ift zum Hl. Geist<br />

treffe ich Menschen, die das alles noch erlebt<br />

haben“, staunt Betül Koyonan und freut sich über<br />

die erlebte Unterweisung in deutscher Geschichte.<br />

Zuhören können und Zeit haben, diese Eigenschaften<br />

werden von den Bewohnern im <strong>St</strong>ift zum<br />

Hl. Geist sehr geschätzt. Dann ist endlich Zeit für<br />

liebgewonnene Erinnerungen an Kindertage, an<br />

den Vater, der nicht mehr aus dem Krieg zurückkam,<br />

an die Mutter, die streng, aber gerecht die<br />

vier Geschwister alleine großgezogen hat. „Es ist<br />

sehr interessant, wenn die Menschen über ihre<br />

Jugend erzählen“, erklärt Rabia Altemir.<br />

Dem grazilen Mädchen mit den roten Rosen im<br />

dunklen Kopftuch gefällt es gut in der Einrichtung.<br />

Der Anfang war für alle Beteiligten schwierig. Die<br />

Mädchen waren in Sorge, weil sie nicht wussten,<br />

wie sie auf die Menschen zugehen sollen. Die<br />

Bewohner hatten Angst, dass die Mädchen kein<br />

Deutsch sprechen. Heute gehen die türkischen<br />

Mädchen in dem katholisch geprägtem Haus ein<br />

und aus. Vorbehalte sind längst abgebaut. Die<br />

Mädchen sprechen Deutsch wie ihre Muttersprache,<br />

der schwäbische Einschlag lässt sich nicht<br />

verleugnen. Die Bewohner sind dankbar für jegliche<br />

Aufmerksamkeit. Sie wissen, dass die Mädchen<br />

jeden Mittwoch kommen und freuen sich auf die<br />

gemeinsame Zeit. In der warmen Jahreszeit gehen<br />

sie gemeinsam dann auch mal raus zur Bank in der<br />

Sonne. Denn dort lässt es sich herrlich gemütlich<br />

plauschen. ❑

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