annalive - St. Anna-Hilfe gGmbH
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20 PRaXIS<br />
Ausbildung zur Fachkraft in Gerontopsychiatrie<br />
Wertschätzender Umgang mit alten<br />
Menschen steht im Mittelpunkt<br />
Sonja luib, Pflegefachkraft und Fachkraft<br />
für Gerontopsychiatrie bei der Sozialstation<br />
<strong>St</strong>. anna in Mengen-hohentengen-<br />
Scheer.<br />
MENGEN - Sonja Luib ist Fachkraft für Gerontopsychiatrie:<br />
Die Weiterbildung hat sie neben<br />
ihrer täglichen Arbeit als Pflegefachkraft bei der<br />
Sozialstation <strong>St</strong>. <strong>Anna</strong> in Hohentengen-Mengen-<br />
Scheer (<strong>St</strong>. <strong>Anna</strong>-<strong>Hilfe</strong>) absolviert. Die Ausbildung<br />
hilft beim täglichen Umgang mit hochbetagten<br />
und teilweise sehr pflegebedürftigen Menschen.<br />
Durch die Schulung lernen die Teilnehmer auch mit<br />
schwierigen Verhaltensweisen und Situationen,<br />
etwa mit demenziell Erkrankten, umzugehen.<br />
Die Fragen stellte anne Oschwald / Foto: Oschwald<br />
Frau Luib, weshalb ist es heute in der Altenpflege<br />
so wichtig, Kenntnisse der Gerontopsychiatrie<br />
zu besitzen?<br />
Die Gruppe alter Menschen nimmt in unserer Gesellschaft<br />
stetig zu, gleichzeitig damit aber auch<br />
die Aufgaben der Pflege. Gerontopsychiatrie befasst<br />
sich mit den psychischen Erkrankungen, die<br />
durch die Altersvorgänge ausgelöst werden oder<br />
die das Alter begleiten.<br />
Was waren Ihre persönlichen Beweggründe,<br />
diese Ausbildung zu machen?<br />
Die frühere Pflegedienstleitung meinte, ich wäre<br />
die geeignete Person für diese Weiterbildung. Sie<br />
hat vermutlich entsprechende Fähigkeiten und<br />
Charakterzüge in mir gesehen, die man für diese<br />
Arbeit benötigt.<br />
Ich selbst habe erst im Laufe der Weiterbildung<br />
entdeckt, dass man ein besonderes Gespür für die<br />
Arbeit mit psychisch oder an Demenz erkrankten<br />
Menschen erlernen muss. Man muss lernen, echt,<br />
wertschätzend und einfühlsam zu werden. Dann<br />
gelingt der Umgang.<br />
Schildern Sie doch Beispiele aus Ihrem Alltag,<br />
bei denen Sie ihr erlangtes Wissen einsetzen<br />
können?<br />
Ein Mann, der an Demenz erkrankt ist, hat sich<br />
kaum noch waschen lassen. Durch ein intensives<br />
und biografiebezogenes Gespräch mit der Ehefrau<br />
konnte die Problematik abgeschwächt werden.<br />
Ein anderes Beispiel ist eine hochbetagte Dame,<br />
die trotz Unterstützung immer seltener ihr Sofa<br />
verlassen wollte, um ins Bad zu gehen. Durch das<br />
richtige Einsetzen von speziellen Verhaltensweisen<br />
wie der Validation, also der Wertschätzung der<br />
Person, wie sie ist, konnten ihre Ressourcen geweckt<br />
werden, und sie stand selbstständig wieder<br />
von ihrem Sofa auf.<br />
Auch beim Umgang mit den Angehörigen kann<br />
ich oft nützliche Informationen etwa über das<br />
Pflegeleistungsergänzungsgesetz oder spezielle<br />
Medikamente geben.<br />
Gibt es Betreuungsgruppen oder niederschwellige<br />
Angebote für pflegende Angehörige in der<br />
Gemeinde, in denen Sie ihr Wissen weitergeben<br />
und einsetzen?<br />
Alle drei Monate veranstalte ich einen Angehörigennachmittag.<br />
Dort verfolge ich das Ziel, die Angehörigen<br />
über neue Sachverhalte zu informieren<br />
und ihnen auch zwei <strong>St</strong>unden Zeit zu schenken, um<br />
sich mit anderen in der gleichen Situation lebenden<br />
Angehörigen auszutauschen. So sehen sie, sie<br />
sind nicht allein mit ihrer eigenen Situation. ❑<br />
Informationen Fachkraft der<br />
Gerontopsychiatrie:<br />
Die Weiterbildung wird unter anderem am<br />
Institut für Soziale Berufe (IfSB) in Ravensburg<br />
berufsbegleitend angeboten und dauert ein<br />
Jahr. Aufnahmevoraussetzungen sind eine<br />
abgeschlossene Berufsausbildung als Altenpfleger,<br />
Krankenschwester oder Heilerziehungspfleger<br />
mit einer mindestens einjährigen<br />
Berufserfahrung.<br />
Die Weiterbildung umfasst theoretischen und<br />
praktischen Unterricht von mindestens 400<br />
Unterrichtsstunden. Die praktische Weiterbildung<br />
umfasst die Mitarbeit unter fachlicher<br />
Anleitung von mindestens 320 <strong>St</strong>unden auf<br />
einer gerontopsychiatrischen Einheit.<br />
Inhalte der Weiterbildung sind unter anderem<br />
der pflegerische Bereich (zum Beispiel Pflegemodelle<br />
und Pflegetheorien, Aspekte der<br />
Aktivierung), der medizinisch-therapeutische<br />
Bereich mit gerontopsychiatrischen Grundlagen,<br />
der sozialwissenschaftliche Bereich,<br />
rechtlicher Fachbereich (Pflegeversicherung,<br />
Heimgesetz) und angeleitete Projektarbeit.