Erfolg_Ausgabe Nr. 06 - 08 - Jun - Aug 2021
Die Zeitung "Erfolg" ist offizielles Organ des Schweizerischen KMU Verbandes
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50 Geistiges Eigentum
Ausgabe 6/8 Juni / August 2021 / ERFOLG
Wie Start-ups Investoren
mit Patenten für sich gewinnen
dazu sollte sich das Start-up aber auch mit den Lieferanten und möglichen
Konkurrenten befassen und sich dabei fragen, wie diese versuchen
könnten, das Patent zu umgehen. Um den Konkurrenten zuvor zu zukommen,
ist es beispielsweise denkbar, nicht nur das Produkt an sich, sondern
auch einzelne Komponenten mit einem Patent zu schützen. Je genauer
das Start-up seine Innovation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet,
desto präziser und effektiver wird auch das Patent.
Um überhaupt patentfähig zu sein, muss eine Erfindung
drei Kriterien erfüllen (sog. Schutzvoraussetzungen):
• Gewerbliche Anwendbarkeit: Die Erfindung muss auf einem beliebigen
gewerblichen Gebiet hergestellt oder benutzt werden können.
• Neuheit: Die Erfindung muss weltweit neu sein, sie darf also nicht
zum Stand der Technik gehören und noch nirgends schriftlich oder
mündlich beschrieben worden sein.
• Erfinderische Tätigkeit: Die Erfindung ist dann erfinderisch, wenn man
von einem Fachmann nicht erwarten kann, dass er ausgehend vom
bekannten Stand der Technik zur Erfindung gelangt wäre.
Autor: Werner Roshardt
Ein Start-up braucht nicht nur innovative Ideen und engagierte
Gründer, sondern auch Kapital. Das Startkapital können die Gründer
meist aus Ersparnissen und/oder ihrem persönlichen Netzwerk
auftreiben. Früher oder später brauchen sie für die Skalierung aber
professionelle Investoren. Diese für sich zu gewinnen, ist nicht einfach.
Maßgeschneiderte Patente können dabei entscheidend sein.
Ob ein innovatives Hightech-Produkt oder ein neuartiges Verfahren: Um
technische Erfindungen vor unerwünschter Nachahmung zu schützen
und gleichzeitig langfristig von ihnen zu profitieren, lohnt sich eine Patentanmeldung.
Insbesondere Start-ups können mit Patenten darüber
hinaus Investoren überzeugen, ihr Unternehmen mit Venture Capital zu
unterstützen. Denn ein Patent bietet Investoren wirtschaftliche Sicherheit
und gewährt dem Inhaber das befristete und räumlich begrenzte
Nutzungsmonopol an der Erfindung – die wirtschaftlich erfolgreiche Idee
kann damit von Konkurrenten weder kopiert, noch nachgeahmt werden.
Häufig unterliegen Start-ups dem Irrglauben, dass eine Patentanmeldung
für sie nicht in Frage kommt und diese darüber hinaus zu zeitaufwändig
und kostenintensiv ist. Vielfach fehlt auch schlichtweg das Wissen über
den Prozess und das richtige Vorgehen, sodass darauf verzichtet wird, sich
näher mit einem Patentschutz zu beschäftigen. Dabei lassen sich mit einer
sorgfältig ausgearbeiteten Patentierungsstrategie die Kosten gleichmäßßig
verteilen – und fachlich kann ein erfahrener Patentanwalt Unterstützung
bieten, sodass Start-ups nicht völlig auf sich allein gestellt sind.
Was sollte das Start-up patentieren und welche
Voraussetzungen müssen für eine Patentanmeldung erfüllt sein?
Je nachdem, um was für eine Erfindung es sich handelt, können Patente
für neuartige Produkte, Produkte mit neuen Funktionen, Komponenten
und Bauteilen oder Verfahrensweisen, Verwendungen oder Arbeitsprozesse
beantragt werden. Ein Start-up sollte sich darauf konzentrieren, den
Nutzen zu schützen, den seine Innovation dem Kunden bringt. Zusätzlich
Wann sollte das Patent angemeldet werden?
Die neuen Ideen müssen zum Patent angemeldet sein, bevor das Startup
sie nach aussen trägt. Gerade Start-ups möchten möglichst schnell erfahren,
ob sich Kunden für ihr Produkt oder Verfahren interessieren. Doch
das kann gefährlich sein, wenn etwa die Innovation vor der Patentanmeldung
auf einer Messe präsentiert wird. Denn wie bereits erwähnt, ist die
Neuheit der Erfindung eine zentrale Voraussetzung für den Patentschutz.
Aber auch schon ein offenes Gespräch mit potenziellen Kunden kann problematisch
sein. In diesem Fall hilft eine Geheimhaltungsvereinbarung
(non-disclosure agreement), die es Start-ups erlaubt, die Erfindung unter
dem Schutz einer Geheimhaltung mit externen Partnern zu beleuchten,
ohne die patentrechtliche Neuheit zu gefährden.
Wer sollte das Patent anmelden?
Gerade, wenn externe Kooperationspartner involviert sind, ist für Startups
die Verlockung gross, die vergleichsweise hohen Patentkosten zu sparen
und den Kooperationspartner zum Patentanmelder zu machen. Doch
hier gilt: Das Start-up selbst sollte sich um den Patentschutz kümmern
und sich als Anmelder eintragen lassen. Nur das gewährleistet, dass Startups
die bestmögliche Kontrolle über die eigenen Innovationen behalten.
Wenn als Erfinder nicht nur die Gründer oder Angestellten des Start-ups
beteiligt sind, sondern auch externe Ingenieure, kann es sein, dass die Erfindung
nicht allein dem Start-up gehört. In solchen Situationen kann das
Start-up versuchen, die Rechte vom externen Ingenieur zu erwerben. Unter
Umständen hat es aber zu Beginn nicht die finanziellen Mittel, um den
externen Erfinder freizukaufen. Dann kann die finanzielle Abgeltung über
eine sogenannte Royalty – also eine Gebühreneinnahme aus der Verwertung
des geistigen Eigentums – gelöst werden, die erst bei Vermarktung
des Produkts zu zahlen ist.
Wie läuft der Prozess zum Erreichen des Patentschutzes ab?
In der Schweiz gelten diese Etappen von der Erfindung bis zum erteilten
Patent:
1. Die Anmeldung enthält den Antrag auf ein Patent sowie die technischen
Unterlagen. Das IGE (Eidgenössisches Institut für Geistiges
Eigentum, Schweiz) prüft die Anmeldung zunächst formal und
veröffentlicht die Anmeldung nach 18 Monaten, wenn alle
Bedingungen erfüllt sind.