Erfolg_Ausgabe Nr. 06 - 08 - Jun - Aug 2021
Die Zeitung "Erfolg" ist offizielles Organ des Schweizerischen KMU Verbandes
Die Zeitung "Erfolg" ist offizielles Organ des Schweizerischen KMU Verbandes
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Ausgabe 6/8 Juni / August 2021 / ERFOLG Geistiges Eigentum
51
2. Bei der Sachprüfung prüft das IGE später, ob die technischen Unter
lagen die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Hierzu zählen Technizität,
Ausschlussgründe, Offenbarung, Klarheit, Einheit und Form.
3. Das Patent wird erteilt und veröffentlicht, wenn alle Voraussetzungen
erfüllt sind. Es gilt für Liechtenstein und die Schweiz.
4. Der Rechtsstand des Patents wird im IGE-Register eingetragen und
auf Swissreg publiziert.
5. Ein erteiltes Patent wirkt maximal zwanzig Jahre lang, die Laufzeit
beginnt mit dem Tag der Anmeldung.
Wie sollte das Start-up beim Patentieren vorgehen?
Das Start-up sollte eine Anmeldestrategie wählen, die möglichst viele Optionen
offen hält und die Kosten zeitlich tendenziell nach hinten schiebt.
Das Fundament eines guten Patents bildet eine sorgfältig und weitsichtig
formulierte Patentschrift. Was am Anfang versäumt wird, kann nicht mehr
nachgeholt werden, denn das Patentrecht lässt spätere Nachbesserungen
nicht mehr zu. Die Patentschrift enthält eine exakte Beschreibung der Innovation
und Erklärung, worauf sich die Patentansprüche beziehen sollen.
Die Ansprüche sind hierbei präzise zu formulieren und die technischen
Merkmale exakt anzugeben. Das Start-up sollte das Patent üblicherweise
zunächst in dem Land anmelden, wo es seinen Sitz hat. Damit ist auf kostengünstige
Art das Prioritätsdatum des Patents fixiert. Ausgehend von
der Erstanmeldung erhalten Start-ups das sogenannte Prioritätsrecht.
Das bedeutet, dass innerhalb von 12 Monaten in beliebigen anderen
Ländern der Patentschutz beantragt werden kann. Die Anmeldung eines
europäischen Patents gilt für bis zu 38 Staaten der Europäischen Patentorganisation.
Ein internationales Patent gilt für bis zu 152 internationale
Vertragsstaaten der PCT (Patent Cooperation Treaty). So schnell die Erstanmeldung
erledigt ist, so lang ist der Weg zu erteilten Patenten in den
verschiedenen Ländern. Eine Patentschrift lässt sich zwar innerhalb weniger
Wochen schreiben und einreichen. Bis zur Patenterteilung dauert es
aber typischerweise mehrere Jahre. Für Start-ups hat das allerdings drei
entscheidende Vorteile:
1. Die hohen Kosten für das Patent verteilen sich über meh¬rere Jahre.
2. Die wirtschaftliche Entwicklung kann abgewartet werden, bevor über
Schutzoptionen entschieden werden muss.
3. Das Start-up erhält ausreichend Zeit, um die Wettbewerber zu
beobachten und falls nötig die Patentansprüche anzupassen.
Zusammen mit einem Patentanwalt kann das Start-up eine Roadmap für
die Patentierung erstellen und entscheiden, bis wann Zusatzanmeldungen
für Verbesserungen eingereicht werden sollten, wann und in welchen
weiteren Ländern das Patent angemeldet werden soll und wie viel Widerstand
bei Patentierungseinwänden des Prüfers geleistet werden soll.
Umfassende Recherche ist das A und O
Unerlässlich ist eine umfassende Recherche bei der Patentanmeldung.
Kennen Start-ups den Stand der Technik und haben einen Überblick über
bereits bestehende Schutzrechte, können sie ermessen, ob eine Erfindung
auch wirklich patentfähig ist. Eine Schutzrechtsrecherche kostet zwar Zeit,
Energie und auch Geld. Aber Start-ups können vermeiden, Arbeit in Erfindungen
oder Entwicklungen zu investieren, die bereits in der Patentliteratur
zu finden sind bzw. fremde Schutzrechte verletzen. In den verschiedenen
Datenbanken – wie denen der DPMA (Deutsches Patent- und
Markenamt), IGE oder EPO (Europäisches Patentamt) – kann eine Eigenrecherche
in der Patentliteratur durchgeführt werden. Auch professionelle
Rechercheure und Patentanwälte unterstützen bei der Recherche. Zudem
bieten die verschiedenen Patentämter die Möglichkeit, für eine kostenpflichtige
Recherche: In der Schweiz etwa die «Begleitete Patentrecherche»
des IGE und in Deutschland der Rechercheantrag nach §43 PatG des
DPMA. Darüber hinaus können Start-ups bei der ersten Anmeldung einen
Antrag auf amtliche Prüfung des Neuheitsstatus stellen, der etwa zehn
Monate dauert und nach der Anmeldung erfolgt. Das Patentamt übernimmt
und ersetzt allerdings nicht die eigenständige Neuheitsrecherche.
Fazit: Start-ups, die ihr Unternehmen auf Basis einer innovativen Idee
gegründet haben, können langfristig davon profitieren, diese Innovation
patentieren zu lassen und damit auch Investoren zu überzeugen. Ein Patent
bietet sowohl dem Start-up als auch dem Investor langfristige Sicherheit
und Stabilität. Die Innovation kann exklusiv verwendet werden, was
Konkurrenten an der Nutzung oder Nachahmung hindert. Zudem besteht
die Möglichkeit, über die Lizenzierung eines patentierten Verfahrens eine
zusätzliche Einnahmequelle zu generieren.
Autor: Werner Roshardt ist Diplom-Physiker und Patentanwalt bei Keller
Schneider Patent- und Markenanwälte AG (www.kellerschneider.com).
Aus seiner mehr als 30-jährigen Erfahrung als Patentanwalt vor dem Europäischen
Patentamt und anderen weltweit wichtigen Patentämtern
kennt er die kritischen Stellen eines Patentierungsprozesses und hat bereits
viele Start-ups erfolgreich beraten. Besondere Expertise hat er zudem
in Design- und Markenrecht sowie Lizenzverträgen.
Keller Schneider Patent- und Markenanwälte AG (Zürich)
Telefon 043 430 32 32 · www.kellerschneider.com
Anzeige