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Geschäftsbericht 2020

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Im Gespräch mit Heinz Trüssel<br />

15<br />

«Das Spital Bülach<br />

brachte mich zurück<br />

ins Leben»<br />

Heinz Trüssel war Anfang April <strong>2020</strong> einer der<br />

ersten Covid-19-Patienten auf der Intensivstation<br />

des Spitals Bülach. Wie es ihm ein Jahr später<br />

geht und was er im Spital erlebt hat, erzählt er<br />

hier.<br />

Am Donnerstag, 2. April <strong>2020</strong>, wurde Heinz Trüssel<br />

von seiner Enkelin ins Spital Bülach gefahren. «Ich<br />

hatte bereits seit einigen Tagen hohes Fieber, war<br />

entkräftet und konnte meinen Alltag nicht mehr<br />

bewältigen», beschreibt der 79-Jährige seinen Gesundheitszustand<br />

vor dem Eintritt ins Spital. Vier<br />

Wochen lang kämpfte er auf der Intensivstation um<br />

sein Leben. Viermal pausierte sein Herzschlag. «Wir<br />

dachten einige Male, dass er die Nacht nicht mehr<br />

überlebt, und informierten seine Angehörigen, damit<br />

sie sich von ihm verabschieden können», sagt Beatrice<br />

Koelliker, Pflegeleiterin auf der Intensivstation. «Unser<br />

Team hat mit ihm mitgelitten.»<br />

Heinz Trüssel kann sich an seinen vierwöchigen<br />

Aufenthalt auf der Intensivstation nur noch vage<br />

erinnern: «Ich war nicht mehr fähig, zwischen Realität<br />

und Fiktion zu unterscheiden. In meinem Kopf herrschte<br />

ein Durcheinander.» An etwas erinnert sich der<br />

gelernte Maschinenschlosser sehr gut: An die Himbeer-<br />

Glace, die ihm eine Pflegefachfrau servierte, als er<br />

wieder zu sich gekommen war. «Sie war das Beste,<br />

was ich je in meinem Leben gegessen habe», erzählt<br />

er und strahlt dabei über beide Ohren. Auch die<br />

Gespräche mit der Pflegeleiterin Beatrice Koelliker<br />

sind ihm im Gedächtnis geblieben: «Bei ihrem Schwiegervater<br />

in Zürich hatte ich vor vielen Jahren mein<br />

erstes Modellflugzeug gekauft. Er führte dort ein<br />

Modellbaugeschäft. Die Welt ist klein!»<br />

Fürsorgliches Personal und sensationelles Essen<br />

Nach seinem IPS-Aufenthalt wurde Trüssel noch eine<br />

Woche auf der Bettenstation behandelt. «Ich wurde<br />

gut betreut, Tag und Nacht war immer jemand für<br />

mich da. Das Personal hat mir jeden Wunsch erfüllt»,<br />

berichtet er. Zudem sei das Essen köstlich gewesen.<br />

«Die Menüs konnte ich mir wie in einem Hotel zusammenstellen,<br />

und die Portionen waren so gross, dass<br />

ich anschliessend nur noch halbe Portionen bestellte»,<br />

sagt er schmunzelnd. Die Köchinnen und Köche<br />

verständen ihr Handwerk genauso gut wie die Ärztinnen<br />

und Ärzte und die Pflegefachpersonen.<br />

Im Anschluss an seinen Spitalaufenthalt verbrachte<br />

Heinz Trüssel zwei Wochen in einer Rehaklinik, da er<br />

nicht mehr laufen konnte. «Zuerst konnte ich mich nur<br />

mit dem Rollator fortbewegen, und es hiess, ich müsse<br />

zwei Monate bleiben», schildert Heinz Trüssel seine<br />

damalige Situation. «Um die Rehaklinik verlassen zu<br />

können, musste ich es schaffen, einmal ohne Gehhilfe<br />

ums Gebäude zu laufen. Ich biss die Zähne zusammen<br />

und lief ‹was gisch, was hesch› ums Gebäude. Tränen<br />

kullerten mir über die Wangen. Aber wenn man nach<br />

Hause will, dann will man nach Hause.»<br />

Wieder daheim und zurück im Leben<br />

Der Ärztliche Leiter der Intensivstation, Dr. med. Bernd<br />

Yuen, organisierte einige Wochen später ein Treffen<br />

mit Heinz Trüssel und allen Beteiligten auf der Intensivstation.<br />

«Es ist immer ein sehr freudiger Moment,<br />

wenn uns ehemalige Patienten auf der Intensivstation<br />

besuchen und wir sehen können, wie gut sie sich<br />

erholt haben und wieder aktiv im Leben stehen. An<br />

einem so positiven Verlauf teilhaben zu dürfen, gibt<br />

uns Zuversicht und Kraft für die künftige Betreuung von<br />

schwerstkranken Personen», sagt Dr. med. Bernd Yuen.<br />

Zwei Wochen, nachdem Heinz Trüssel wieder zu<br />

Hause im Rafzerfeld war, setzte er sich aufs Velo. Und<br />

einige Tage später war der begeisterte Aviatiker bereits<br />

wieder mit einem Modellflugzeug unterwegs. Neben<br />

der Fliegerei geht er mehrmals täglich mit seinem<br />

Hund Fly spazieren. «Ich bin froh, dass ich wieder so<br />

leben darf wie zuvor. Ich bin dem ganzen Personal des<br />

Spitals Bülach unendlich dankbar. Es hat mich zurück<br />

ins Leben gebracht», betont Heinz Trüssel.

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