18 Im Gespräch mit Dr. theol. Claudia Graf, Leiterin Seelsorge «Für uns war immer klar: Jetzt erst recht!» Die Pandemie und interne Krisen verlangten dem Seelsorgeteam viel ab. Dennoch schafften es Dr. theol. Claudia Graf, Daniel Burger-Müller und Béatrice Heller-Wessa, ein interprofessionelles Care Team aufzubauen. Wenn Claudia Graf an das bewegte Jahr <strong>2020</strong> zurückdenkt, kommen gemischte Gefühle in ihr hoch. Das Spital Bülach befand sich organisatorisch, personell und finanziell in einer schwierigen Situation. Die interne Situation verunsicherte viele Mitarbeitende. Gleichzeitig verlangte ihnen Covid-19 eine hohe Flexibilität und einen überdurchschnittlichen Einsatz ab. Der reduzierte Kontakt zu Gebärenden, Kranken und sterbenden Personen erschwerte die Situation zudem für alle. Wenn ein langer Atem benötigt wird Mitten in diesen bewegten Zeiten waren Claudia Graf und ihr Team der Spitalseelsorge eine Art Fels in der Brandung. Mitarbeitende, Angehörige sowie Patientinnen und Patienten waren immer wieder froh, bei der Spitalseelsorge ein offenes Ohr, einen fundierten Austausch oder Trost zu finden. Das Corona- und Krisenjahr <strong>2020</strong> verlangte einen langen Atem. «Die Ansprüche an uns stiegen und die Anzahl Anfragen nahmen zu. Für uns war immer klar: Jetzt erst recht! Wir müssen und wollen für die Menschen da sein, die unsere Dienste benötigen», so Claudia Graf. «Aber als Spitalseelsorgerin bin ich auch nur ein Mensch. Die teilweise unabsehbare Situation zehrte an den Nerven, war belastend und brauchte unsere Energiereserven auf», berichtet sie. Denn die interne Krise und die Pandemie seien ja noch zusätzlich zu den ohnehin sehr schwierigen Schicksalen und belastenden Geschichten von Patientinnen und Patienten sowie Angehörigen hinzugekommen. Doch inmitten der schwierigen Situation gab es auch ermutigende Lichtblicke. Schöne Momente und Solidarität Wer denkt, dass dieses herausfordernde Jahr nur Trauer und Leid auslöste, der irrt laut Claudia Graf: «Es war eine Freude zu sehen, wie die gegenseitige Solidarität unter den Mitarbeitenden Früchte trug und die Kultur unseres Hauses positiv beeinflusste. Der Gemeinschaftsgeist widerspiegelte sich in der professionellen Arbeitsweise und in der familiären Atmosphäre im Spital Bülach. Manchmal war es ein gemeinsames Aushalten von Ohnmacht oder Frustration und Wut. Das war sowohl für Mitarbeitende als auch für Patientinnen, Patienten und Angehörige spürbar», führt Claudia Graf aus. Es sei das Miteinander, das stets Kraft gegeben habe, diese und weitere Situationen zu meistern. Psychosoziale Krisenintervention Gemeinsam heisst: miteinander – füreinander. Dieser Grundsatz verkörperte für Claudia Graf und ihr Team gleichzeitig einen Leitspruch, eine Art Motivation und gewissermassen den Ehrgeiz, um trotz der kräftezehrenden Zeit eine wichtige Organisation zu etablieren: das interne Care Team. Bei dringendem Bedarf an psychosozialer Unterstützung steht den Mitarbeitenden, Angehörigen sowie Patientinnen und Patienten nun ein interprofessionelles Team zur Verfügung. Dieses kann während 365 Tagen und rund um die Uhr aufgeboten werden, wenn Menschen aus dem seelischen Gleichgewicht geraten und mit Ereignissen oder Lebensumständen konfrontiert sind, die sie im Moment nicht selbstständig bewältigen können. «Das Care Team ist ein Herzensprojekt von mir. Ich bin stolz und dankbar, dass wir diesen wichtigen Schritt im Spital Bülach gemacht haben und so einen wertvollen Beitrag für unsere Patientinnen, Patienten und Mitarbeitenden leisten können», verdeutlicht Claudia Graf. Das Team der Spitalseelsorge setzt sich 2021 aus Dr. theol. Claudia Graf, Daniel Burger-Müller und Rahel Graf Zehnder (neu) zusammen. Sie sind von der reformierten und der katholischen Kirche des Kantons Zürich angestellt.
Wie Dr. theol. Claudia Graf die Pandemie erlebt hat, sehen Sie in einem Video. Scannen Sie dazu den QR-Code.