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<strong>sporting</strong>-Lars: Bahnrad<br />
Rennhärte für<br />
Tokio<br />
Sieht schon mal cool aus: Leon bei der Einkleidung für Tokio.<br />
© Fotos: Leon Rohde<br />
Wenn <strong>sporting</strong> hamburg ein<br />
Fahrrad-Sonderheft rausbringt,<br />
dann darf da natürlich Leon Rohde<br />
nicht fehlen. Leon (26) ist Hamburgs<br />
Olympia-Teilnehmer im Radsport,<br />
auf der Bahn, in der Vierer Mannschaftsverfolgung.<br />
Unser Treffen war für eine gemeinsame lockere Radausfahrt geplant,<br />
doch auf gut deutsch gesagt ist Leon noch richtig „im Arsch“, weshalb<br />
er lieber noch frei machen möchte. Er ist gerade von einer Rundfahrt<br />
aus Polen zurück, wo er mit dem Bahnvierer und den beiden Ersatzmännern<br />
im Profifeld als Team Deutschland gestartet ist. „Ich bin die<br />
ganze Zeit am Anschlag gefahren, das Profil der Strecke war sehr bergig,<br />
da sind kleine, leichte Fahrer im Vorteil. Aber um richtig Rennhärte zu<br />
sammeln, war die Tour genau richtig“, sagt Leon. Rennhärte ist das<br />
richtige Stichwort, normalerweise kämpfen die Bahnradsportler wie jede<br />
andere Sportart vor den Zielwettkämpfen auf Worldcups gegeneinander,<br />
jeder Sportler kann seine Leistungsfähigkeit einschätzen und diese<br />
mit den anderen Nationen vergleichen. Dieser Vergleich fehlt Leon<br />
so gut wie komplett, denn seit März 2020 gab es lediglich ein Rennen<br />
auf dem Oval in der Halle, alle anderen internationalen Wettkämpfe<br />
sind ausgefallen, und für das letzte Kräftemessen bei der EM in Minsk<br />
Ende Juni hat der Bund Deutscher Radfahrer (BRD) seine Mannschaft<br />
zu Recht aufgrund der politischen Situation zurückgezogen.<br />
So war das letzte und einzige Bahnevent mit dem Vierer im Mai in<br />
Hongkong. „Es war sehr bizarr, wir sind von der Ankunft bis zum Abflug<br />
eigentlich nur in Quarantäne gewesen. Vom Flughafen wurden wir abgeholt,<br />
es ging direkt ins Hotel. Das Essen bekamen wir auf die Zimmer,<br />
die konnten wir nur verlassen, wenn der Fahrstuhl für uns angestellt<br />
wurde, und dann führte der Weg mit einem Extra-Shuttle direkt zur<br />
Halle“, beschreibt Leon. „Der Vergleich dort im echten Wettkampf tat<br />
gut, es waren nur nicht alle Nationen am Start, deshalb wird es bei<br />
den Olympischen Spielen schon spannend werden, wie wir als Vierer<br />
leistungsmäßig liegen.“ Das Ziel für seine ersten Olympischen Spiele<br />
ist gesteckt, das kleine Finale erreichen und dort um Bronze mitfahren<br />
wäre sein Traum. Insgesamt sind acht Mannschaften qualifiziert, Dänemark,<br />
Großbritannien und Australien sind die großen Favoriten. Um<br />
das kleine Finale oder auch eine Bronze-Medaille zu erreichen, muss<br />
wahrscheinlich der deutsche Rekord 3:50 min auf 4.000 m geknackt<br />
werden, alles andere ist zu langsam im internationalen Vergleich. Wie<br />
das geht, den deutschen Rekord zu knacken, das hat Leon schon<br />
einmal mit dem Vierer bewiesen, deshalb ist er sehr zuversichtlich.<br />
Die nächsten Wochen bis zum Start verbringt Leon größtenteils im<br />
Mannschaftstraining auf der Bahn in Frankfurt an der Oder, Finetuning.<br />
Spezifische Intervalle, Wechsel und Tempohärte stehen auf dem Programm.<br />
Der Vierer ist ein Mannschaftswettbewerb durch und durch,<br />
da muss man sich bis auf den Millimeter auf den anderen verlassen<br />
können, sonst liegt der Vierer auf der Bahn – daran muss neben der<br />
Fitness gefeilt werden. „Ich freue mich auf die Olympischen Spiele, für<br />
einen Sportler ist es das Größte, auch wenn die Spiele dieses Jahr etwas<br />
anders sein werden, die Abreise nach unserem Wettkampf muss zum<br />
Beispiel schon 48 Stunden danach erfolgen“, bedauert Leon ein wenig.<br />
Dennoch, die Vorfreude merkt man ihm an. Und das Gefühl, das er mit<br />
der Einkleidung und allem, was jetzt kommt, verspürt, kann ich nur<br />
zu gut nachempfinden, eine mega Zeit, das weiß ich aus Erfahrung.<br />
Als Letztes kann ich Leon noch seine Lieblings-Trainingstour in Hamburg<br />
entlocken: Beim Anleger Teufelsbrück geht’s los, über die Dörfer Richtung<br />
Elmshorn bis nach Brunsbüttel, dort einmal ums Kraftwerk und dann<br />
am Deich mit Blick auf die grasenden Schafe komplett zurück. „Ist zwar<br />
etwas länger, aber den Wechsel von den Dörfern auf dem Hinweg zum<br />
Deich auf dem Rückweg, den finde ich sehr schön, bei der Tour kann ich<br />
entspannen“, lacht er.<br />
Für die Fahrradstadt<br />
Hamburg wünscht er<br />
sich noch mehr große<br />
Fahrstraßen und<br />
ein entspannteres<br />
Miteinander auf den<br />
Straßen, gegenseitige<br />
Rücksichtnahme.<br />
Dem kann ich mich<br />
nur anschließen. Also,<br />
Leon, hau rein und<br />
viel Erfolg für Tokio.<br />
4<br />
Leons Lieblings-Trainingsstrecke in Hamburg: von Teufelsbrück nach Brunsbüttel und auf anderem Weg zurück.