Der Turmbau am Heumarkt
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Dr. Werner F. Grebner
Der Turmbau am Heumarkt
–
Die Vorgänge von 2008
bis heute
Inhaltsverzeichnis
Einleitung .................................................................................................................. 3
Wie das Areal am Heumarkt an den „Investor Tojner“ gelangt ist ....................... 4
Das Areal am Heumarkt ........................................................................................ 4
Der Wiener Stadterneuerungsfonds .................................................................... 4
Der Verkauf des Areals am Heumarkt ................................................................. 5
Die Buntes Wohnen Immobilienverwaltungs GesmbH ...................................... 6
Die Lothringerstraße 22 Projektentwicklungs Gmbh ......................................... 7
Die WertInvest ....................................................................................................... 7
Das Hotel InterContinental ................................................................................... 8
Das Flächenwidmungs- und Bauverfahren für das Areal am Heumarkt .............. 9
Die Umweltverträglichkeitsprüfung für das Areal am Heumarkt ........................ 12
Der CV - das Beziehungsnetzwerk des DDr. Michael Tojner .............................. 14
Die Strafverfahren gegen DDr. Michael Tojner bzw. andere rund um das
Heumarkt-Projekt .................................................................................................... 15
Die Buntes Wohnen – Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft mbh ................ 15
Die Causa Mag. Christoph Chorherr .................................................................. 17
Die Causa Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter ............................................ 18
Fazit und Ausblick .................................................................................................. 19
2
Einleitung
Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, dem Leser einen leicht fasslichen Überblick über
die Geschichte des bis jetzt nur geplanten „Turmbaus am Heumarkt“ zu geben.
Die Relevanz dieses Themas ergibt sich aus dem unmittelbar drohenden Verlust des
„Prädikates Weltkulturerbe“ für die Wiener Innenstadt, das die UNESCO Wien am 13.
Dezember 2001 verliehen hat.
Gleich nach der Verleihung geriet das Welterbeprädikat durch das ebenfalls im 3.
Bezirk in der Pufferzone der Welterbezone gelegene Hochhausprojekt bei Wien-Mitte
in Gefahr.
In bemerkenswerter Weise gleicht sich die Argumentation des roten Wiener Rathauses
von damals mit den heutigen Aussagen: „Darüber hinaus besteht - dies ist zu
wiederholen - heute ein Rechtsanspruch der Bauträger auf die Realisierung des
Projektes. Eine Verhinderung des Projekts ist im Rahmen der rechtsstaatlichen
Handlungsspielräume weder dem Bund, noch dem Land und der Gemeinde möglich.“ 1
Im Unterschied zur damaligen Situation, bei der sich das Genehmigungsverfahren des
Projektes „Wien-Mitte“ mit der Verleihung des Welterbeprädikates überschnitten hat,
hat die Stadt Wien beim Heumarkt die entsprechenden Flächenwidmungen für einen
Hochhausbau trotz Kenntnis der Kriterien der UNESCO beschlossen.
Das Projekt Wien-Mitte wurde dann trotz des gültigen Flächenwidmungsplanes
entsprechend der Höhenvorgaben der UNESCO umgeplant und welterbeverträglich
gemacht. Es wird sich zeigen, ob dies beim „Turmbau am Heumarkt“ nicht ebenfalls
gelingen wird.
In beiden Fällen waren und sind die FPÖ-Wien und Landstraße die politischen
Speerspitzen im Kampf gegen die Hochhäuser und für das Stadtbild und damit das
Weltkulturerbe!
Eine weitere Bedeutung gewinnt dieses Bauvorhaben durch die Strafverfahren, die
mittlerweile gegen den Investor Tojner, den Grünpolitiker Chorherr und den Ex-
Justizminister Brandstetter sowie Sektionschef Pilnacek im Zusammenhang mit dem
Projekt am Heumarkt geführt werden.
1
Siehe: https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/projekte/wienmitte/weltkulturerbe.html
3
Wie das Areal am Heumarkt an den „Investor Tojner“
gelangt ist
Das Areal am Heumarkt
Das gegenständliche, 9.727 m² große, Areal am Heumarkt mit der Adresse 1030
Wien, Am Heumarkt 4/Johannesgasse 28A/Lothringerstraße 22, besteht aus den
Grundstücken Nr. 993/15 mit einer Fläche von 245 m² (öffentlicher Durchgang) und
Nr. 993/8 (Bauland) mit einer Fläche von 9.482 m².
Am 26. Februar 1960 wurde der Pachtvertrag des Wiener Eislaufvereines (WEV) über
das Grundstück Nr. 993/8 im Zuge des Neubaus des Hotels InterContinental um 99
Jahre bis 31. Dezember 2058 verlängert. Dort unterhält der WEV seine 6.000 m² große
Kunsteisfläche. In den Sommermonaten wird sie an “Sand in the City“ vermietet, die
dort Gastronomie und Unterhaltung anbieten.
Für die Randbebauung entlang des Heumarktes galt Bauklasse III, für diejenige
entlang der Lothringerstraße Bauklasse I (bis 4,5m Gebäudehöhe). Für die
„Freizeitfläche“ im Ausmaß von 7.100 m², auf der sich im Winter die Eisfläche befindet,
gab es laut Flächenwidmungsplan überhaupt keine Bebauungsbestimmungen, sodass
diese 7.100 m² überhaupt nicht bebaubar waren.
Begrenzt wird das Grundstück auf der einen Seite durch das Hotel InterContinental,
auf der andern Seite durch das Konzerthaus. 2
Der Wiener Stadterneuerungsfonds
Der ursprüngliche Eigentümer des Areals, auf dem der Wiener Eislaufverein im Winter
seinen Eislaufplatz betreibt, war der „Wiener Stadterweiterungsfonds“.
Dieser im Innenministerium angesiedelte Fonds wurde 1858 zur Finanzierung der
öffentlichen Repräsentationsbauten wie Staatsoper, Burgtheater, Kunst– und
Naturhistorisches Museum oder die Neue Burg entlang der neu geschaffenen
Ringstraße errichtet.
Finanziert wurden diese Bauten durch Parzellierung und Verkauf der Glacis-Gründe,
auf denen sich die ehemaligen Stadtbefestigungsanlagen befunden haben. Diese
wurden von der Heeresverwaltung an den Fonds übertragen.
Oberstes Organ des Fonds war der Innenminister, der zugleich auch oberstes
Aufsichtsorgan für den Fonds war. Er ernannte das Kuratorium, das sich aus drei
hochrangigen Beamten des Innenministeriums zusammensetzte. Das Kuratorium war
für die Veräußerung von Fondsvermögen, also auch der Liegenschaft am Heumarkt,
zuständig.
2
https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Wiener_Stadterweiterungsfonds.pdf
4
Der ebenfalls vom Innenminister bestellte Geschäftsführer war bloß für die Abwicklung
der laufenden Geschäfte und die Vertretung des Fonds nach Außen zuständig.
2017 wurde der Wiener Stadterweiterungsfonds dann aufgelöst.
Der Verkauf des Areals am Heumarkt
Bereits in den 1980iger Jahren erwog das Innenministerium den Verkauf der
Liegenschaft am Heumarkt, die damals mit € 16,7 Mio. im pachtfreien und mit € 3,63
Mio. mit dem Pachtvertrag für den WEV bewertet wurde. Damals galt gemischtes
Baugebiet Bauklasse IV für das Areal.
Im Jahr 2006 wurde eine Machbarkeitsstudie für die Verwertung des Areals erstellt mit
Berücksichtigung der Vorgaben des Weltkulturerbes und einer angenommenen
Bestandsfreiheit.
2007 wurde ein neues Bewertungsgutachten erstellt, das bei aufrechtem Pachtvertrag
einen Wert von € 1,51 Mio. und bei Bestandsfreiheit einen Wert von € 40,35 Mio.
ergab!
Am 5.9.2007 wurden sechs mögliche Interessenten, die bereits vorher ihr Interesse an
der Liegenschaft bekundet hatten, schriftlich zur Angebotslegung eingeladen. Am
21.11.2007 wurden sodann drei Varianten zur Auswahl gestellt:
Variante 1: Kaufpreis bei bestehender Sach- und Rechtslage
Variante 2: Anbot mit der Verpflichtung zur Nachbesserung des Kaufpreises, sofern
die Liegenschaft innerhalb der nächsten fünf Jahre ab Kaufvertragsabschluss
bestandsfrei wird
Variante 3: Anbot mit der Verpflichtung zur Nachbesserung, sofern die Liegenschaft
darüber hinaus innerhalb der nächsten zehn Jahre eine Widmungsänderung
dahingehend erfährt, dass sie zumindest zu einem weiteren Drittel auf Wohngebiet
oder gemischtes Baugebiet umgewidmet wird
Variante 1 erhielt ein Angebot in der Höhe von € 9 Mio., die anderen Varianten €13,5
bzw. 15,3 Mio. Daher wurde durch den externen Berater empfohlen, die Variante 1 zur
endgültigen Ausschreibungsvariante zu machen.
Am 7.3.2008 wurde durch die MA 21A eine bis 2011 geltende Bausperre für das
gesamte Areal inklusive Hotel InterContinental und Konzerthaus in die Wege geleitet.
Die den Fonds beratende Liegenschaftsverwertungsgesellschaft empfahl daraufhin,
die Variante 1 weiterzuverfolgen. Am 12.3.2008 wurden die Bieter eingeladen, bis 15.
April bei einem Notar schriftlich ihre Gebote für die Variante 1 mit einer Gültigkeit bis
zum 30.6.2008 zu hinterlegen – das höchste Gebot lautete nun auf € 4,2 Mio., das
nächste auf € 4 Mio.
5
Da eine Sitzung des Fonds mit den verbliebenen drei Bietern und dem WEV zu keiner
Verbesserung der Angebote führte, wurde das Grundstück schließlich am 4.6.2008
verkauft. 3
Innenminister war vom 11.1.2007 bis zum 30.6.2008 Günther Platter (ÖVP).
Die Buntes Wohnen Immobilienverwaltungs GesmbH
Erworben wurde das Grundstück um € 4,2 Mio. von der Buntes Wohnen
Immobilienverwaltungs GesmbH 4 .
Diese ist eine Tochterunternehmung der „Buntes Wohnen – Gemeinnützige
Wohnbaugesellschaft m.b.H.“
Der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Buntes Wohnen – Gemeinnützige
Wohnbaugesellschaft m.b.H. bis Februar 2011 war Rechtsanwalt Dr. Franz
Guggenberger, Partner und Leiter des Wiener Büros der RA-Kanzlei Hasch &
Partner, ein Vertrauter und Geschäftspartner von DDr. Michael Tojner 5 .
Einfaches Aufsichtsratsmitglied war der Rechtsanwalt Dr. Peter Wittmann. Er war von
1993–97 Bürgermeister von Wr. Neustadt, von 1997-2000 Staatssekretär im
Bundeskanzleramt und von 2000–2019 Nationalratsabgeordneter für die SPÖ.
Eigentümerin der Buntes Wohnen – Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft m.b.H. war
wiederum die Privatstiftung zur Förderung der Wissenschaft und universitären
Forschung. Sie wurde am 5. Dezember 2005 von der Firma „Ein- und Verkauf
Andreas-Conrad Billroth GmbH“ errichtet.
Im ersten Stiftungsvorstand saßen:
- die Rechtsanwälte Franz Guggenberger (heute immer noch im Vorstand, der nun aus
drei Personen besteht) und Alexander Hasch, Partner in der RA-Kanzlei Hasch &
Partner, beide Tojner-Vertraute,
- der SPÖ-Politiker Dr. Peter Wittmann, der im Auftrag von Tojner Lobbytätigkeit für
Buntes Wohnen und den WEV beim damaligen Wohnbaustadtrat Michael Ludwig
durchführen sollte – so in einem Aktenvermerk vom 2.9.2009 festgehalten 6 ,
3
Gegen die zuständigen Beamten des Innenministeriums im Fondsdirektorium wurde ein
Strafverfahren auch wegen dieses Grundstücksverkaufes durchgeführt. Sie wurden am 2.7.2020
freigesprochen. Siehe: https://www.derstandard.at/story/2000118460292/stadterweiterungsfondsangeklagte-zur-gaenze-freigesprochen
4
Im Internet kursiert auf Basis eines Artikels in der Presse die UBM Realitätenentwicklungs AG,
damals ein Tochterunternehmen der Porr AG und der CA Immo AG als Käuferin – siehe:
https://www.diepresse.com/384338/immobilien-porr-tochter-kauft-eislaufverein
5
https://kurier.at/chronik/wien/naechster-bautraeger-aus-tojners-umfeld-im-visier/400424936
6
https://www.derstandard.at/story/2000122088602/ehrenkreuz-heumarkt-bootslizenz-wie-tojnerlobbyieren-liess
6
- der Tojner-Vertraute Herbert Herdlicka (Obmann der „Wiener Tafel“, die von der
Wertinvest und der Varta AG unterstützt wird; an der Communications Laboratories
Telekommunikations Dienstleistungs GmbH mit 3,87% beteiligt, gemeinsam mit
DDr. Michael Tojner und mehreren diesem zuzurechnenden Beteiligungsfirmen;
neben anderen ist auch Mag. Wilhelm Hemetsberger mit 8,27% beteiligt).
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geht in einem
Kontoöffnungsantrag davon aus, dass sowohl die Mittel für die Gründung dieser
Stiftung als auch die zur Übernahme der Buntes Wohnen – Gemeinnützige
Wohnbaugesellschaft m.b.H. von DDr. Michael Tojner stammten. 7
Der Kauf des Areals am Heumarkt durch eine Tochtergesellschaft einer
gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft wurde im Jahr 2009 in einem Prüfbericht des
„Revisionsverbands des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen“ als „für eine
gemeinnützige Vereinigung mit ‚nicht vertretbaren Risiken verbunden’“ 8 kritisiert.
Die Lothringerstraße 22 Projektentwicklungs Gmbh
Die Buntes Wohnen Immobilienverwaltungs GesmbH wird am 2.2.2011 in die
„Lothringerstraße 22 Projektentwicklungs GmbH“ umbenannt, und erhält neue
Eigentümer:
55% halten Rechtsanwalt Dr. Bernhard Steindl, ebenfalls Partner in der RA-Kanzlei
Hasch & Partner und zu 45% die T.A.G. Privatstiftung, die Andreas Adami
Privatstiftung und die GT Privatstiftung. 9
Der Firmensitz befindet sich am Kohlmarkt 5, 10 derselben Adresse, an der auch die
Privatstiftungen angesiedelt sind.
Die WertInvest
Im Juni 2012 übernimmt Tojner den 55% Anteil des RA Dr. Bernhard Steindl an der
Lothringerstraße 22 Projektentwicklungs GmbH.
Dies offenbar über die Beteiligungsverwaltungsfirma WertInvest Park Holding
GmbH, die in einem Artikel aus dem Jahr 2017 als 55% Anteilseignerin genannt wird. 11
Diese steht wieder zu 100% im Eigentum der WertInvest Immobilien Beta GmbH die
ihrerseits zu 100% im Eigentum von DDr. Michael Tojner steht. 12
7
https://www.dossier.at/dossiers/aktuelles/das-konto-des-masterminds/
8
https://kurier.at/chronik/wien/pruefer-kritisieren-heumarkt-deal/400429927
9
https://www.ralist.at/en/press/category/heumarkt-causa/2
10
https://www.kompany.com/p/at/310599p
11
http://www.semiosis.at/2017/03/07/wiener-bauen-in-rot-die-renditeerwartungen-des-investors-amheumarktareal/
12
https://www.firmenabc.at
7
Die restlichen 45% sollen an die „Tecto“ Gruppe gegangen sein. Aktuell gibt es vier
Firmen mit dem Namen „Tecto“ im Firmenwortlaut, die alle an der Adresse 1010 Wien,
Kohlmarkt 5 ihren Sitz haben und an denen die Andreas Adami Privatstiftung und die
GT Privatstiftung beteiligt sind. 13
Die T.A.G. Privatstiftung ist im firmenabc im Internet nicht mehr auffindbar. Ihre Stifter
werden aber in einem profil-Artikel genannt: Detlev Neudeck, Andreas Adami, Thomas
Gruber und Herbert Tüchler, die samt ihren Stiftungen und Firmen pauschal als „Tecto“
bezeichnet werden. 14
Das Hotel InterContinental
Im März 2012 kauft Michael Tojner gemeinsam mit JP Immobilien das Hotel
InterContinental, indem um € 50 Mio. ein Anteil von 99,986 Prozent an der Danube
Hotel-Betriebsgesellschaft m.b.H., die das Hotel InterContinental Wien über einen
Hotelmanagementvertrag mit der InterContinental-Gruppe gemeinsam kontrolliert,
erworben wurde. 15 Die Zustimmung der Bundeswettbewerbsbehörde erfolgte April/Mai
2012. An diesem Projekt hat Tojner laut eigener Aussage fünf Jahre lang, also seit
2007, gearbeitet. 16
Aktuell wird das Hotel InterContinental von der WertInvest Hotelbetriebs GmbH
geführt.
Diese steht zu 16,01% im Eigentum der oben erwähnten WertInvest Park Holding
GmbH, zu 78,12% im Eigentum der Michael Tojner Finance-Beratung GmbH und
zu 5,87% im Eigentum der Brillant Immobilien Beteiligungs GmbH (ihr Sitz ist an
der Adresse der RA-Kanzlei Hasch & Partner, ihr Geschäftsführer ist seit 10.5.2012 17
der bereits oben erwähnte RA Dr. Franz Guggenberger). 18
Die Michael Tojner Finance-Beratung GmbH gehört zu 100% der WertInvest Park
Holding GmbH 19 , die ihrerseits zu 100% der WertInvest Immobilien Beta GmbH
gehört. Diese gehört wiederum zu 100% Michael Tojner. 20
13
https://www.firmenabc.at
14
https://www.profil.at/home/uebernahmekampf-wiener-basiliskenhaus-350300
15
https://solidbau.at/a/michael-tojner-kauft-wiener-intercontinental
16
https://www.diepresse.com/742664/hotel-intercontinental-geht-an-investor-michael-tojner
17
https://www.northdata.de/Guggenberger,+Franz/_p6531387308
18
https://www.firmenabc.at/wertinvest-hotelbetriebs-gmbh_Urx
19
https://www.firmenabc.at/wertinvest-park-holding-gmbh_KKRr#crefo
20
https://www.firmenabc.at/wertinvest-immobilien-beta-gmbh_IZQh
8
Das Flächenwidmungs- und Bauverfahren für das Areal am
Heumarkt
Mit der Übernahme der Grundstücke am Heumarkt galt die Hochhausrichtlinie, die für
diesen innerhalb der Kernzone des Weltkulturerbes gelegenen Bereich den Bau von
Hochhäusern ausschloss. Das sind in Wien laut Bauordnung Häuser mit einer
Bauhöhe von über 35 m.
Mit dem Übergang von Hotel InterContinental und dem Areal am Heumarkt wurde
folgender Prozess in Gang gesetzt: 21
Die Stadt Wien veranstaltete 2012 zwei „Hearings“ mit dem WEV, dem Konzerthaus,
dem Hotel InterContinental, dem Investor 22 , Vertretern des Magistrats und der Politik
(Stadtplanungsressort, Planungssprecher, Bezirke) sowie aus Architektur und
Städtebau sowie Denkmalschutz.
Darauf folgte ein mehrstufiges kooperatives Experten-Verfahren unter dem Vorsitz
von Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Rudolf Scheuvens mit dem Ziel, zu einer städtebaulichen
Rahmenplanung zu gelangen. Das Ergebnis einschließlich der Empfehlungen wurde
zu städtebaulichen Leitlinien zusammengefasst, die im April 2013 von der
Stadtentwicklungskommission (Mitglied der Planungssprecher der Grünen Thomas
Chorherr) zur Kenntnis genommen wurden.
Auf Basis des kooperativen Verfahrens sowie der städtebaulichen Leitlinien wurde von
der WertInvest Hotelbetriebs GmbH ein zweistufiger Architekturwettbewerb ausgelobt.
Das Preisgericht bestand aus Vertretern des Investors, der Politik, der Verwaltung und
nationalen und internationalen Fachleuten unter dem Vorsitz von Prof. Markus Allmann
aus Stuttgart. Am Ende der zweiten Wettbewerbsstufe wurde der Entwurf von Isay
Weinfeld aus Sao Paulo, Brasilien, Anfang Februar 2014 zum Sieger erklärt.
Im Anschluss wurde das Projekt im Konzerthaus ausgestellt. Das Hotel bekommt eine
neue Fassade und an seiner Rückseite soll ein 73 m hoher Wohnturm errichtet werden.
Das Investitionsvolumen wurde mit € 220 Mio. angegeben, mit einem Baubeginn
rechnete man 2016 und der Fertigstellung 2018. Mit der UNESCO rechnete man sich
eine Einigung betreffend der Höhe des Wohnturmes aus, der allerdings noch im
Gegensatz zu den Leitlinien für Wiener Hochhäuser stand. 23
Am 11.11.2014 wurde das neue „Fachkonzept Hochhäuser“ von der
Stadtentwicklungskommission zur Kenntnis genommen und am 19.12.2014 vom
Wiener Gemeinderat beschlossen. 24 Wesentlich daran ist, dass die Kernzone der
Weltkulturerbezone als Ausschlussgebiet für Hochhäuser entfallen ist. Diese können
nunmehr überall dort errichtet werden, wo sich für die Stadt ein „Mehrwert“ ergibt. Den
21
https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/projekte/wev/planerische-grundlagen.html
22
Dieser ist interessanterweise zweimal vertreten, da ihm ja das Hotel auch gehört
23
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140227_OTS0095/neugestaltung-des-arealsheumarktlothringerstrasse-architekt-isay-weinfeld-brasilien-sieger-des-architekturwettbewerbs-bild
24
https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/strategien/step/step2025/fachkonzepte/hochhaeuser/
9
Mehrwert für den Investor Tojner hat die Zeitung Die Presse mit € 90 Mio. für die
obersten 6 Geschosse des Wohnturms errechnet. 25
Daraufhin erfolgte eine Machbarkeitsprüfung durch die MA 21. Aber noch kein
reguläres Flächenwidmungsverfahren. Da die Verhandlungen mit der UNESCO bzw.
deren Weltkulturerbebeirat Icomos kein grünes Licht für den 73-Meter-Turm ergaben,
sondern weiterhin die drohende Aberkennung des Weltkulturerbestatus drohte, wurde
am 13.5.2016 von der zuständigen Planungsstadträtin Vzbgm. Maria Vassilakou
(Grüne) eine „Nachdenkpause“ verkündet. Begründet wurde sie mit einer negativen
Stellungnahme des „Fachbeirates für Stadtplanung und Stadtgestaltung“ und der
fehlenden Zustimmung des WEV zum Projekt, da der Wohnturm auf dem von ihm
gepachteten Grundstück errichtet werden sollte. 26
Im Juni 2016 wurden von der MA 21 Univ.-Prof. Christoph Luchsinger und Dipl.-
Ing. Christof Schremmer mit der Moderation und Dokumentation eines
"Vermittlungsverfahrens" beauftragt. Teilnehmer waren der Investor Tojner, das
Architektenteam Isay Weinfeld und Vertreter der Stadt Wien. Bemerkenswerterweise
wurden zwar zwei Experten auf dem Gebiet „Stadt- und Kulturlandschaften
im UNESCO Welterbe“ beigezogen, aber keine Vertreter von Icomos, die für die
Beurteilung der Vereinbarkeit des Projektes mit dem Weltkulturerbe zuständig sind. 27
Am 12.12.2016 wurde das Ergebnis des „Vermittlungsverfahrens“ vorgestellt: der
Wohnturm wird auf 66 m reduziert, dafür wird das Hotelgebäude abgerissen und neu
errichtet. Der WEV erhält einen neuen Pachtvertrag auf 99 Jahre und die Kosten sollen
nun € 250 bis 300 Mio. betragen. 28 Seitens Icomos und UNESCO gab es weiterhin
kein Signal für die Vereinbarkeit dieser Neuplanung mit dem Weltkulturerbe sondern
seit Sommer 2016 die unveränderte Ankündigung, Wien auf die „Rote Liste des
gefährdeten Welterbes“ zu setzen.
In weiterer Folge wurde das den neuen Projektentwurf ermöglichende
Flächenwidmungsverfahren vorangetrieben:
Am 6.4.2017 beschloss die Bezirksvertretung Landstraße mit den Stimmen von SPÖ,
Grünen und Neos eine positive Stellungnahme des Bezirkes zum neuen
Flächenwidmungsplan für das Areal am Heumarkt. 29
25
https://www.diepresse.com/4651707/tanz-der-turme
26
https://www.derstandard.at/story/2000036917544/wiener-eislaufverein-stadt-genehmigt-turmprojekt-nicht
27
https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/projekte/wev/vermittlungsverfahren.html
28
https://www.meinbezirk.at/landstrasse/c-lokales/ende-der-nachdenkpause-bauprojekt-am-heumarktwird-niedriger_a1965568
29
https://www.meinbezirk.at/landstrasse/c-lokales/heumarkt-landstrasser-bezirksvertretungbefuerwortet-flaechenwidmung_a2082253
10
Am 1.6.2017 erfolgte im Wiener Gemeinderat der Beschluss des neuen
Flächenwidmungsplanes mit den Stimmen von SPÖ und Grünen. 30 Somit lagen die
rechtlichen Voraussetzungen für den Bau des Heumarktprojektes vor.
Daher setzte das UNESCO-Welterbekomitee die Wiener Innenstadt in seiner
jährlichen Sitzung am 6. Juli 2017 auf die „Rote Liste des gefährdeten Welterbes“.
Am 30.November 2018 wurde beim Magistrat der Stadt Wien die Baubewilligung
beantragt. 31
Mitte März 2019 wurde der Bericht einer Beobachtermission von UNESCO und
Icomos zum Weltkulturerbe veröffentlicht. Dieser sah keine Vereinbarkeit des
Welterbeprädikates mit dem Hochhausprojekt und verlangte eine Aussetzung aller
Planungsmaßnahmen für zwei Jahre. In dieser Zeit sollte ein welterbeverträgliches
Alternativkonzept erarbeitet werden. 32
Am 17.3.2019 verkündete der Wiener Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ) eine
erneute Nachdenkpause von zwei Jahren, in der keine Baumaßnahmen getätigt
werden. 33 Trotzdem erfolgte am 19. Dezember 2019 ein Grundstückstausch/-verkauf
zwischen Wertinvest und Gemeinde Wien, um damit die sogenannte
„Baureifgestaltung“ zu erreichen. 34
Am 18.12.2019 wurde eine Bauverhandlung abgehalten. Nach deren Abschluss
wurde seitens der Baubehörde festgehalten, dass das Projekt mit dem 66-Meter-Turm
an sich bewilligungsfähig ist, es aber dennoch keinen Baubescheid geben wird, da die
Frage einer etwaigen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) noch im Raum steht, über
die der Verwaltungsgerichtshof noch entscheiden muss.
Da das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof
aufschiebende Wirkung zuerkannt hat, muss bis zu einer derartigen Entscheidung
keine UVP durchgeführt werden. 35
Davon unabhängig wurde seitens des Wiener Landtagspräsidenten Woller
bekanntgegeben, dass auf den 66-Meter-Turm verzichtet werde, die entfallende
Kubatur aber anderweitig beim Hotel wettgemacht werden müsste. Seitens des
Projektwerbers WertInvest Hotelbetriebs GmbH hieß es, Architekt Weinfeld werde
erneut umplanen. Sollte das neue Projekt allerdings bis zum Herbst 2020 nicht von der
30
https://www.derstandard.at/story/2000058603745/heumarkt-mehrstuendige-debatte-im-vorfeld-derabstimmung
31
https://kurier.at/chronik/wien/heumarkt-laut-gericht-muss-uvp-durchgefuehrt-werden/400461016
32
https://kurier.at/chronik/wien/neuer-bericht-mit-heumarkt-turm-kein-welterbe-status/400437688
33
https://kurier.at/chronik/wien/wiener-heumarkt-kippt-bundesregierung-tojner-turm/400438126
34
https://www.fpoe-wien.at/news-detail/artikel/fuernkranz-zu-heumarkt-buergermeister-ludwig-mussendlich-handeln-anstatt-nur-zu-reden/
35
. Da das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof aufschiebende
Wirkung zuerkannt hat, steht der Erteilung einer Baubewilligung nichts im Wege!
11
UNESCO als welterbeverträglich eingestuft werden, werde das ursprüngliche Projekt
mit dem 66-Meter-Turm gebaut. 36
Wegen der Covid-19-Maßnahmen konnte jedoch die UNESCO-Sitzung im Juli 2020
nicht stattfinden und somit keine Entscheidung zu den neuen Plänen getroffen werden.
Anfang April 2021 wurde ein „Plan B“ für das Heumarktprojekt bekannt: der 66-Meter-
Turm soll wegfallen, dafür werden das Hotelgebäude sowie ein anschließendes
Kongresszentrum höher – und zwar 55 m. 37 Doch wenige Tage später wurde auch hier
eine Neuplanung, Plan C, verkündet – offenbar wegen negativer Rückmeldungen
hinsichtlich des Welterbes. 38
Am 6.5.2021 wurde in einer Enquete zum Welterbe im Wiener Rathaus ein
„Managementplan für die UNESCO-Welterbestätte Historisches Zentrum von Wien“
vorgestellt und diskutiert, der für die Erhaltung des Welterbeprädikates sorgen soll.
Zum gegenständlichen Projekt am Heumarkt wurde verlautet, dass die Höhe mit den
bisherigen 43 m des bestehenden Hotels InterContinental begrenzt werden würde. 39
Auch im Juli 2021 wird es wegen der Covid-19-Maßnahmen voraussichtlich keine
UNESCO-Sitzung zum Weltkulturerbe geben.
Die Umweltverträglichkeitsprüfung für das Areal am
Heumarkt
Nachdem Kritiker des Projektes auch kritisiert hatten, dass in diesem Fall eine UVP
durchzuführen wäre, stellte die WertInvest Hotelbetriebs GmbH am 17.10.2017 bei der
dafür zuständigen Wiener Landesregierung den Antrag auf Erlassung eines
Feststellungsbescheides, dass eine UVP nicht erforderlich sei.
Am 16.10.2018 entschied die Wiener Landesregierung als UVP-Behörde, dass keine
UVP durchzuführen ist. Gegen diesen Bescheid erhoben zehn Nachbarn des Areals
am Heumarkt sowie eine Umweltorganisation Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht. 40
Da der Verhandlungsverlauf vor dem Bundesverwaltungsgericht in Richtung einer
Notwendigkeit einer UVP zeigte, zog die WertInvest Hotelbetriebs GmbH ihren Antrag
36
https://www.derstandard.at/story/2000112523017/heumarkt-hochhaus-soll-nicht-umgesetzt-werden
37
https://wien.orf.at/stories/3098561/
38
https://www.meinbezirk.at/landstrasse/c-lokales/auf-plan-b-folgt-plan-c_a4580117
39
https://wien.orf.at/stories/3102669/
40
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bvwg/BVWGT_20190409_W104_2211511_1_00/BVWGT_2019
0409_W104_2211511_1_00.html
12
wieder zurück, was normalerweise zu einer Beendigung des Verfahrens geführt hätte.
Nicht so in diesem Fall.
Am 9.4.2019 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass eine
Umweltverträglichkeitsprüfung im vereinfachten Verfahren nach dem UVP-Gesetz
durchzuführen ist.
Dagegen hat die WertInvest Hotelbetriebs GmbH Beschwerde beim
Verfassungsgerichtshof unter anderem wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes
erhoben. Dieser hat mit Beschluss vom 1.10.2019 die Beschwerde abgelehnt. 41
In einem Aufforderungsschreiben der EU-Kommission an die Bundesregierung im
Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens im November 2019 stellte sich die EU-
Kommission hinter die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes und kritisierte
in diesem Zusammenhang die Regeln des österreichischen UVP-Gesetzes als der EU-
Richtlinie nicht genügend zu entsprechen. 42
Im Dezember 2019 wurde in öffentlichen Quellen letztmals über die zur UVP noch
ausstehende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes berichtet. Bis zu dieser
Entscheidung muss allerdings keine UVP durchgeführt werden, da das
Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt hat. 43
41
https://www.vfgh.gv.at/medien/Heumarkt-
Projekt__VfGH_lehnt_Behandlung_der_Beschwerd.de.php
42
https://www.derstandard.at/story/2000111523764/auch-eu-kommission-sieht-uvp-pflicht-fuerheumarkt-projekt
43
https://wien.orf.at/stories/3018612/
13
Der CV - das Beziehungsnetzwerk des DDr. Michael Tojner
Das einzige offengelegte Beziehungsnetzwerk Michael Tojners ist seine Zugehörigkeit
zum CV-Cartellverband, und zwar zur „Bajuwaria“, die aus der im 3. Bezirk in der
Pfarre St. Rochus ansässigen Mittelschülerverbindung „Frankonia“ hervorgegangen
ist. 44 Prominente Verbindungsbrüder Tojners aus der „Bajuwaria“ sind: 45
Thomas Klestil (1932–2004), Österreichischer Bundespräsident von 1992 bis 2004
(ÖVP)
Hans Magenschab (* 1939), Journalist, Pressesprecher Bundespräsident Klestils
Franz Korinek (1907–1985), Politiker, Finanzminister 1963/64 (ÖVP), Vater des
VfGH Präsidenten Karl Korinek
Peter Marboe (* 1942), Politiker und von 1991 bis 2001 Wiener Kulturstadtrat (ÖVP)
Josef Taus (* 1933), Industrieller (MTH AG – u.a. Libro, Pagro), Manager (Vorstand
Girozentrale) und Politiker – ÖVP-Obmann 1975-79
Claus Raidl (* 1942), Vorstandsvorsitzender der Böhler-Uddeholm AG (1991-2010)
und Präsident der Oesterreichischen Nationalbank (2008-2018)
Peter Layr (* 1953), von 1999 Mitglied des Vorstandes und von 2011 bis 2017
Vorstandsvorsitzender der EVN AG
Ernst Wolfram Marboe (1938–2012), Journalist und von 1984 bis 1993
Programmintendant des ORF
Gerhard Weis (1938–2019), von 1998 bis 2001 Generalintendant des ORF
Georg Starzer (*1957), GD-Stv der Raiffeisen Landesbank OÖ bis 2017, im Buwog
Prozess zu 3 Jahren verurteilt 46
Dazu kommt Tojners Strafverteidiger, Ex-Justizminister, Universitätsprofessor und
ehemaliger Richter am Verfassungsgerichtshof, Dr. Wolfgang Brandstetter aus der
CV-Verbindung „Norica“, wobei beide einander offenbar schon seit Kindertagen
kennen. 47
44
https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Tojner und http://www.bajuvaria.at/ueber-uns/
45
https://de.wikipedia.org/wiki/KAV_Bajuvaria_Wien und
http://www.dobusch.net/pub/jour/200305art.pdf
46
https://www.nachrichten.at/wirtschaft/die-hauptdarsteller-im-buwog-prozess;art15,3328828
47
https://www.derstandard.at/story/2000124517621/die-justiz-zielt-mitten-ins-schwarze-was-die-faellebluemel
14
Die Strafverfahren gegen DDr. Michael Tojner bzw. andere
rund um das Heumarkt-Projekt
Die Buntes Wohnen – Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft mbh
Im Jahr 2010 verlegt die Buntes Wohnen – Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft
m.b.H. ihren Sitz von Wien nach Linz, der sich an derselben Adresse wie das Linzer
Büro der Rechtsanwaltskanzlei Hasch & Partner befand. 48
Am 19.1.2011 wird die Sitzverlegung ins Burgenland nach Eisenstadt beschlossen,
der entsprechende Eintrag im Firmenbuch erfolgte am 5.2.2011. 49 Neuer Vorsitzender
des Aufsichtsrates wurde RA Michael Franz Sauerzopf, sein Bruder Hans Peter
Sauerzopf wurde ebenfalls Aufsichtsratsmitglied. Es sind die Söhne des
ehemaligen stv. Landeshauptmanns des Burgenlands Franz Sauerzopf (ÖVP). 50
Derartige Sitzverlegungen bedürfen seit der Novelle 2016 des WGG
(Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz) der Zustimmung der Landesregierung. 51
Mit 17.2.2011 wurde die „Buntes Wohnen“ in „Pannonia Wohnbau GmbH“
umbenannt.
Auf Basis eines Sonderprüfungsberichtes des Revisionsverbandes entzog die
burgenländische Landesregierung unter LH Niessl (SPÖ) als zuständige
Aufsichtsbehörde der Pannonia Wohnbau GmbH am 27.6.2012 die
Gemeinnützigkeit. 52
Die Pannonia Wohnbau GmbH musste dem Land Burgenland für den Entzug der
Gemeinnützigkeit eine Geldleistung in Höhe von € 5,952 Mio. zahlen. Diese dient
dazu, der Bauvereinigung die durch die Gemeinnützigkeit erlangten Vorteile nach
deren Entziehung nicht zu belassen. Gemäß § 36 WGG idF 2006 ist die Geldleistung
so zu bemessen, dass sich kein höherer Vorteil als bei Ausscheiden der Gesellschafter
oder Auflösung der Bauvereinigung ergibt. Die Basis für die Berechnung dieser
Geldleistung bildet die Bilanz des der Entziehung vorausgegangenen
Geschäftsjahres .53
Zwischenzeitig wurde auf Basis des Revisionsberichtes durch das Land Burgenland
eine Sachverhaltsdarstellung bei der StA Eisenstadt eingebracht. Das Verfahren
48
https://www.nachrichten.at/wirtschaft/wirtschaftsraumooe/Marode-Wohnbaufirma-uebersiedeltenach-Linz;art467,521272
49
http://www.bgld-landtag.at/fileadmin/user_upload/XXII_GP/TO/TO07/TO07_Zahl_22-74.pdf
50
https://www.nachrichten.at/wirtschaft/wirtschaftsraumooe/Dubiose-Wohnbaufirma-wird-genaugeprueft;art467,572942
51
https://www.uibk.ac.at/unternehmensrecht/unternehmensrecht/mitarbeiter/lebenslaufe/schopper_walc
h_zrb_03_2017.pdf
52
http://www.bgld-landtag.at/fileadmin/user_upload/XXII_GP/TO/TO07/TO07_Zahl_22-74.pdf
53
https://rdb.manz.at/document/ris.vwght.JWT_2016050074_20161213L00
15
wurde an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien abgetreten, die es
im Jahr 2013 eingestellt hat.
Am 10.10.2014 wird die Pannonia Wohnbau GmbH – vormals Buntes Wohnen –
infolge Liquidation aus dem Firmenbuch gelöscht. 54
Im April 2019 erfolgte eine Sachverhaltsdarstellung des Amtes der
burgenländischen Landesregierung bei der Wirtschafts- und
Korruptionsstaatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Entziehung der
Gemeinnützigkeit und der daraus resultierenden Geldleistung. Die Basis dieser
Sachverhaltsdarstellung bildet ein Gutachten der RA Kanzlei Dax Wutzlhofer und
Partner.
Offenbar durch eine zu niedrige Bewertung der Liegenschaften der Pannonia
Wohnbau GmbH soll es zu einer um ca. € 55 Mio. zu geringen Geldleistung im
Rahmen der Aberkennung der Gemeinnützigkeit gekommen sein. 55
Ein im Mai 2020 vorgelegter Bericht über eine Sonderprüfung des Entzuges der
Gemeinnützigkeit auch bei der Pannonia Wohnbau GmbH und der damit verbundenen
Festlegung der Geldleistung führte zu folgenden Feststellungen des Burgenländischen
Landesrechnungshofes 56 :
- dass kein Immobiliensachverständiger zur Bewertung der Liegenschaften und
damit der Ermittlung der stillen Reserven beigezogen wurde
- dass dies zur Ermittlung der Geldleistung erforderlich gewesen wäre
- dass der Verzicht der Gesellschaft auf stille Reserven in der Höhe von € 14,3
Mio. bei einem Liegenschaftsverkauf in Wien unberücksichtigt geblieben ist,
obwohl dem Land durch einen Sonderprüfungsbericht des Revisionsverbandes
bekannt
- dass die endgültige Geldleistung durch eine vom Land beauftragte
Wirtschaftsprüfungskanzlei ermittelt wurde, ohne darzulegen, wie sie zu dem
von ihr ermittelten Betrag gekommen ist
Aktuell wird gegen Tojner wegen der Pannonia Wohnbau GmbH und zweier weiterer
ehemals gemeinnütziger Wohnbaugesellschaften wegen Untreue und Betrugs
ermittelt (Aktenzahl: 63 St1/19x). 57
54
http://www.bgld-landtag.at/fileadmin/user_upload/XXII_GP/TO/TO07/TO07_Zahl_22-74.
55
https://www.diepresse.com/5615606/burgenland-erstattet-weitere-anzeige-gegen-investor-tojner
und: https://kurier.at/chronik/oesterreich/erneute-anzeige-gegen-michael-tojner/400471753
56
http://www.bgld-landtag.at/fileadmin/user_upload/XXII_GP/TO/TO07/TO07_Zahl_22-74.pdf
57
https://burgenland.orf.at/stories/3101307/ und https://www.trend.at/wirtschaft/ex-justizministerbrandstetter-visier-wksta-11907998
16
Die Causa Mag. Christoph Chorherr
Chorherr war seit 1996 für die Grünen im Wiener Gemeinderat, davon fünf Jahre
Stadtrat, sieben Jahre Klubobmann und von 2011 bis 2019 stv. Vorsitzender im
Ausschuss für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung sowie von 2015 bis 2019 im
Ausschuss für Stadtentwicklung und seit 2011 Planungssprecher der Grünen. 58
Die Grünen stellten ab der Koalition mit der SPÖ im Jahr 2010 die Vizebürgermeistern
und Stadträtin für Stadtentwicklung Maria Vassilakou, die bis zu ihrem Ausscheiden
2019 für Flächenwidmungen ressortzuständig war.
Wegen dieser Funktionen wurde Christoph Chorherr ein maßgeblicher Einfluss auf
Flächenwidmungen durch den Wiener Gemeinderat zugeschrieben.
Über den 2004 gegründeten Verein S2ARCH (Social and Sustainable Architecture) -
Verein für soziale und Nachhaltige Architektur, dessen Vorstand er bis 2018 war,
gründete und finanzierte Chorherr seit 2008 in der Republik Südafrika die „Ithuba Wild
Coast-Schule“ in Port Edward und das „Ithuba Community College Johannesburg“. 59
Finanziert wurden diese Projekte nicht nur über Subventionen der Stadt Wien in der
Höhe von € 550.000,- bis zum Jahr 2016 sondern auch über private Spender. Aus der
in Wien tätigen Immobilienbranche stammen:
- Signa Holding GmbH des Immobilieninvestors René Benko € 100.000,-
- Immobilienentwickler Günter Kerbler € 25.000,- 60
In den Jahren 2011 und 2012 spendete die Firma Ithuba Capital AG je € 100.000,-.
Das bemerkenswerte daran ist, dass das Unternehmen, bis es 2009 von Mag. Wilhelm
Hemetsberger übernommen wurde, Montana Capital AG hieß und Michael Tojner
gehört hat, der bis 2013 mit 10% Eigentümer und Aufsichtsratsmitglied blieb. 61 Der
Namenswechsel erfolgte deshalb, um Lizenzgebühren an den Verein S2Aarch für
„Ithuba“ zahlen zu können, die steuerlich als Betriebsausgabe anerkannt wurden. 2010
wurde S2arch in die Spendenliste des Finanzministeriums aufgenommen, wodurch
diese steuerlich absetzbar wurden. 62
Wie oben gezeigt, ist Michael Tojner auch heute noch mit Mag. Wilhelm Hemetsberger
gemeinsam an der Communications Laboratories Telekommunikations
Dienstleistungs GmbH beteiligt.
Ende Oktober 2017 erfolgte eine Sachverhaltsdarstellung an die Wirtschafts- und
Korruptionsstaatsanwaltschaft durch die RA-Kanzlei List gemeinsam mit der Initiative
58
https://www.meineabgeordneten.at/Abgeordnete/Christoph.Chorherr und:
https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/wien-politik/405147_Wiener-Gruene-verlieren-ihre-
Planungsexpertin-Sabine-Gretner.html
59
https://www.eu-infothek.com/charity-fuerst-dr-christoph-chorherr-auch-gruene-vogerl-zwitschern/
60
https://kurier.at/chronik/wien/chorherr-spendenliste-mit-beigeschmack/294.285.357
61
https://www.wertinvest.at/en/press/press-releases/stellungnahme-von-michael-tojners-anwalt-zurcausa-chorherr
und: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20171031_OTS0039/ithuba-capitalunterstellungen-entbehren-jeglicher-grundlage
62
https://www.derstandard.at/story/2000066899179/heumarkt-chorherr-kuendigt-rechtliche-schritte-an
17
Stadtbildschutz. Bekannt wurden die Ermittlungen durch eine freiwillige Nachschau der
WKStA bei der MA 21 (Flächenwidmungen). 63
Ermittelt wird gegen Chorherr wegen der Vorwürfe des Amtsmissbrauchs und der
Bestechlichkeit, gegen die Spender wegen Bestechung. 64 Insgesamt sind es nun 44
Beschuldigte, gegen die ermittelt wird, zu Beginn der Untersuchungen waren es acht. 65
Auch in diesem Verfahren wird gegen Tojner als Beschuldigter ermittelt, und zwar
unter der Aktenzahl 63 St13/17. 66
Die Causa Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter
Der Richter am Verfassungsgerichtshof, Strafverteidiger und Universitätsprofessor
Brandstetter wurde 2013 als Justizminister vom damaligen ÖVP-Obmann und
Vizekanzler Michael Spindelegger als Justizminister in die Regierung geholt. Beide
verbindet die Mitgliedschaft in der CV-Verbindung „Norica“. 67
Am 10.2.2021 wurde bei Michael Tojner eine Hausdurchsuchung im Rahmen des
Strafverfahrens wegen der gemeinnützigen Baugesellschaften durchgeführt. Und im
Rahmen dieser Hausdurchsuchung habe es einen Zufallsfund in der Causa
Chorherr/Heumarkt gegeben, die dazu geführt hat, dass Wolfgang Brandstetter
ebenfalls als Beschuldigter geführt wird. 68
Konkret geht es um den Vorwurf, dass eine bei Tojner im Juni 2019 durchgeführte
Hausdurchsuchung verraten worden wäre. Und zwar über die Kette Sektionschef
Pilnacek im Justizministerium an den Tojner-Verteidiger Brandstetter. 69
Ein weiterer Vorwurf betrifft seine Zeit als Justizminister, nämlich dass Brandstetter
Tojner über den Verfahrensstand in der Causa Chorherr in Kenntnis gesetzt hätte. 70
63
https://www.derstandard.at/story/2000108685759/ermittlungen-im-wiener-magistrat-wegen-causachorherr-bestaetigt
64
https://wien.orf.at/stories/3037360/
65
https://exxpress.at/die-affaere-chorherr-eskaliert-bereits-44-beschuldigte-jahrelange-haft-droht/
66
https://www.trend.at/wirtschaft/ex-justizminister-brandstetter-visier-wksta-11907998
67
https://www.profil.at/oesterreich/der-rechtskraeftige-wolfgang-brandstetter-justizminster-langem-
376155
68
https://www.trend.at/wirtschaft/ex-justizminister-brandstetter-visier-wksta-11907998
69
https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2094425-Die-Erschuetterung-vor-dem-
Politbeben.html und: https://zackzack.at/2021/02/27/wenn-die-heute-kommen-ganz-ruhig-bleibenchats-belasten-oevp-brandstetter-schwer/
70
https://www.derstandard.at/story/2000124517621/die-justiz-zielt-mitten-ins-schwarze-was-die-faellebluemel
18
Fazit und Ausblick
Zusammenfassend kann man über dieses Bauprojekt folgendes sagen:
Im Innenministerium (ÖVP) wollte man den Stadterweiterungsfonds auflösen, da er
seinen Zweck schon längst erfüllt hatte. Daher sollten sämtliche in seinem Besitz
befindlichen Liegenschaften veräußert werden, so auch das Areal auf dem Heumarkt.
Dieses Areal wird von der Tochtergesellschaft der gemeinnützigen Baugesellschaft
„Buntes Wohnen“ erworben. Die „Buntes Wohnen“ stand ihrerseits im Eigentum einer
Privatstiftung, die von den Anwälten (darunter ein SPÖ-Politiker) und einem
Geschäftspartner des mit exzellenten ÖVP-Kontakten versehenen Investors Tojner
stand.
In der Folge übernahm Tojners Immobilienunternehmen „Wertinvest“ diese
Gesellschaft und damit die Liegenschaft.
Der Flächenwidmungsplan zum Erwerbszeitpunkt ließ an dieser Liegenschaft keine
gewinnbringenden Verwertungsmaßnahmen zu.
Das SPÖ-geführte Wiener Rathaus zeigte sich einer Neugestaltung des Areals und
einer entsprechenden Änderung der Flächenwidmung gegenüber aufgeschlossen.
Der in Stadtplanungsfragen maßgebende Grünpolitiker Chorherr bekam von einem
Unternehmen eines Geschäftspartners des Investors Tojner namhafte Spenden und
rechtlich nicht notwendige Lizenzgebühren für einen von ihm gegründeten Verein.
Die für die Änderung der Flächenwidmung zuständige Vizebürgermeisterin von den
Grünen setzte die erforderlichen Maßnahmen, aufgrund derer das Projekt umgesetzt
werden konnte: die Änderung der Flächenwidmung und die Aufhebung des Verbotes
von Hochhausbauten in der Welterbezone.
Im Rahmen von Strafverfahren, die gegen den Investor Tojner in anderem
Zusammenhang wegen der Übernahme weiterer gemeinnütziger
Wohnbaugesellschaften geführt werden, zeigen sich Bezüge zum Hochhausprojekt.
In einem Strafverfahren, das gegen den - nunmehr ehemaligen - Grünpolitiker
Chorherr wegen Flächenwidmungen geführt wird, wird auch wegen des
Heumarktprojektes ermittelt.
Da die Stadt Wien (SPÖ) Investor Tojner laut eigener Aussage das „Comittment“ 71
gegeben hatte, das Heumarktprojekt inklusive Hochhausturm umsetzen zu können,
stellt sich die Frage, ob es in diese Richtung ebenfalls Ermittlungen seitens der WKStA
geben und wird und ob Konsequenzen aus den bisherigen Ermittlungen gezogen
werden?
71
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200109_OTS0013/initiative-denkmalschutz-zuheumarkt-gefeilsche-ums-weltkulturerbe-ein-unmoralisches-angebot-der-stadt-wien-an-die-unesco
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