07.07.2021 Aufrufe

Leseprobe Dorfbuch Wattenberg – Geschichte und Identität

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

WATTEN<br />

BERG<br />

Herausgegeben von der<br />

Gemeinde <strong>Wattenberg</strong><br />

1


2


WATTENBERG<br />

DORFBUCH<br />

mit viel <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Identität</strong><br />

3


Alle Rechte vorbehalten<br />

© 2021<br />

Berenkamp Buch- <strong>und</strong> Kunstverlag<br />

Wattens<br />

www.berenkamp-verlag.at<br />

ISBN 978-3-85093-411-4<br />

Bildnachweis<br />

Falls nicht anders angeführt, zeichnet der Autor/die Autorin des jeweiligen Kapitels für die<br />

Abbildungen verantwortlich. Viele Bilder wurden von Privatpersonen zur Verfügung gestellt,<br />

manche Quellen sind leider unbekannt. Einige alte Fotografien sind in der Qualität beeinträchtigt;<br />

sie wurden wegen ihrer historischen Bedeutung trotzdem ins Buch aufgenommen.<br />

Zur Illustration des <strong>Wattenberg</strong>er <strong>Dorfbuch</strong>s trugen bei: Anton <strong>und</strong> Josefine Haag, Irmgard<br />

Schafferer, Archiv Gemeinde <strong>Wattenberg</strong>, Hansjörg Bader, Museum Wattens, Hansjörg<br />

Schmadl, David Prem, Stefan Schafferer, Anni Bachmann, Konrad Steinlechner, Franz<br />

Schmadl, Hugo Heumader, Barbara Haag-Erler, Hannes Erler, Werner Schuldes, Gerhard Folie,<br />

Gerald Aichner, Herbert Bauer, Österreichisches B<strong>und</strong>esheer, Peter Gstrein, Hans Steiner<br />

<strong>und</strong> Manfred Waroschitz.<br />

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;<br />

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<br />

http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />

4


WATTENBERG<br />

DORFBUCH<br />

mit viel <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Identität</strong><br />

5


INHALTSVERZEICHNIS<br />

11 Vorwort Landeshauptmann Günther Platter<br />

12 Vorwort Landesrat Johannes Tratter<br />

13 Vorwort Bürgermeister Franz Schmadl<br />

15 Die Gemeinde<br />

19 Bevölkerungsentwicklung <strong>und</strong> Gemeindegrenzen<br />

19 Entwicklung der Bevölkerungszahl in <strong>Wattenberg</strong>,<br />

Wattens <strong>und</strong> Vögelsberg<br />

20 Gemeindegrenzen<br />

20 Anmerkungen zur Bevölkerungsentwicklung<br />

25 Gewässer<br />

31 Geologie<br />

31 Der Nordteil des Wattentals<br />

33 Der Südteil des Wattentals<br />

35 Der Weg zum heutigen Landschaftsbild<br />

38 Gedanken zur Hydrogeologie<br />

43 Flora, Fauna & Jagd<br />

43 Flora<br />

47 Fauna<br />

48 Jagd <strong>und</strong> Fischerei<br />

51 Gemeindewappen<br />

53 Bürgermeister<br />

55 Verdienstvolle Gemeindebürger<br />

57 <strong>Geschichte</strong><br />

57 Die Zeitspanne bis 1955<br />

60 Gr<strong>und</strong>herren <strong>und</strong> Untertanen<br />

61 Weistümer<br />

62 Erste Darstellungen <strong>und</strong> Schilderungen<br />

65 Die Landesverteidigung<br />

66 Die Gr<strong>und</strong>entlastung von 1848<br />

67 Der Anschluss <strong>und</strong> die Zeit bis 1945<br />

69 Das Fremdenbuch der Gemeinde <strong>Wattenberg</strong><br />

72 Neubeginn<br />

75 Wichtige Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

82 Der Schalenstein auf der Wazalm<br />

6


85 Der Franziszeïsche Kataster<br />

91 Die Bauernhöfe<br />

91 Güter <strong>und</strong> Bauernhöfe sowie deren Besitzer von 1627 bis heute<br />

118 Die Erbhöfe<br />

118 Das Inventar eines Bauernhauses vor nahezu 200 Jahren<br />

124 Über die Ernährung vor 200 Jahren<br />

127 Vom Bauerndorf zur Pendlergemeinde<br />

131 Freizeit- <strong>und</strong> Nebenwohnsitze<br />

135 Bildungseinrichtungen<br />

135 Volksschule<br />

148 Kindergarten<br />

150 Die Schule in Walchen (1954<strong>–</strong>1959)<br />

151 Kinderkrippe<br />

153 Wanderbare Kultur <strong>–</strong> Kapellen, Kleindenkmäler <strong>und</strong> Gassen<br />

154 Kirchengeschichte <strong>und</strong> Kirchweg nach Kolsass<br />

155 Die Kirchen von Wattens<br />

158 Die elf Kapellen am <strong>Wattenberg</strong><br />

160 Der selige Pater Jakob Gapp <strong>und</strong> der Kirchweg<br />

161 Hirschlandkapelle<br />

164 Normer Kapelle<br />

167 Schulhauskapelle<br />

168 Schmieder Kapelle<br />

170 Steindler Kapelle<br />

173 Wach-Kapelle<br />

175 Rieder Kapelle<br />

177 Felder Kapelle<br />

180 Spiltener Kapelle<br />

187 Soldatenkirchlein<br />

191 Gipfelkreuz am Mölsberg<br />

195 Ins Tal hinein<br />

195 Bis zum Gasthof Hanneburger<br />

197 Vergangen <strong>und</strong> vergessen … Gaststätten im oberen Wattental<br />

197 Gasthaus Hubertus<br />

198 Gasthaus Walchen<br />

201 Lizumerhof<br />

7


205 Die Almen im Wattental<br />

205 Pofers-Alm<br />

206 Außermelang-Alm<br />

207 Lizum-Alm<br />

209 Möls-Alm<br />

212 Waz-Alm<br />

217 Walchen-Lizum<br />

218 Das hintere Wattental <strong>–</strong> Ein Streifzug durch die Jahrh<strong>und</strong>erte<br />

218 Von Jägern, Sennern <strong>und</strong> Knappen<br />

219 Die Ankunft der Touristen <strong>und</strong> Soldaten<br />

221 Schicksalshafte Entscheidungsjahre<br />

221 Die gute Zukunft liegt im Heute<br />

222 Die Wilde Lizum <strong>–</strong> Kleinod <strong>und</strong> Bergparadies<br />

226 Truppenübungsplatz Lizum-Walchen<br />

226 Geografische Lage, Nutzung, Besitzverhältnisse<br />

227 Historische Entwicklung/Zusammenfassung<br />

227 Phase bis 1938 (Anschluss)<br />

228 Phase Anschluss bis Kriegsende<br />

229 Phase Kriegsende bis Staatsvertrag 1955<br />

229 Phase Staatsvertragsabschluss bis Gegenwart<br />

231 Militärische Bedeutung <strong>und</strong> Tätigkeiten des TÜPl<br />

237 Der Bergbau am <strong>Wattenberg</strong><br />

237 Allgemeine Bemerkungen zum Bergbau an sich<br />

239 Die Bergwerke am <strong>Wattenberg</strong><br />

246 Andere Bergbaue beziehungsweise Bergbauversuche im Wattental<br />

255 Holzkohle<br />

263 Mühlen<br />

271 Die Materialseilbahn ins Lager Walchen<br />

275 Die Kraftwerke am Wattenbach<br />

275 Das erste Kraftwerk „Außerachen“<br />

278 Kraftwerk in der Hagenau<br />

278 Kraftwerk „Innerachen“<br />

278 Die Pittl-Säge<br />

278 Die verschiedenen Kraftwerke des<br />

Truppenübungsplatzes Lizum-Walchen<br />

279 Das Großkraftwerk der Firma Daniel Swarovski<br />

279 Kraftwerk Wattenbach-Mölsbach<br />

280 Trinkwasserkraftwerk der Gemeinde Wattens<br />

8


283 Brauchtum<br />

291 Sport<br />

291 Österreichische Jugendmeisterschaften<br />

292 Der Geierlauf<br />

296 Der Wildstättlift<br />

303 Kunst <strong>und</strong> Künstler<br />

303 Georg Karner<br />

305 Peter Felderer<br />

305 Hubert Finkenzeller<br />

305 Peter Sellemond<br />

311 Vereine<br />

311 Freiwillige Feuerwehr<br />

313 Musikkapelle<br />

316 Theaterverein<br />

319 Brauchtumsgruppe<br />

321 Sportverein Wattental<br />

324 Wattentaler Singkreis/Chor Pro Musica<br />

325 Elternverein<br />

326 Jungbauern<br />

328 Schellenschlager<br />

330 Bäuerinnen<br />

333 Ortsbauernschaft<br />

334 Herbergsucher<br />

335 LEWAL<br />

337 Braunviehzuchtverein I<br />

338 Braunviehzuchtverein II<br />

339 Rinderzuchtverein <strong>Wattenberg</strong><br />

339 Schafzuchtverein <strong>Wattenberg</strong><br />

343 Das Wattentaler Heimatlied<br />

345 Nachwort<br />

346 Autorenverzeichnis<br />

346 Abkürzungsverzeichnis<br />

347 Zur Entstehung dieses Buchs<br />

348 Vergelt’s Gott<br />

9


10


Günther<br />

PLATTER<br />

LAndeshauptmann von Tirol<br />

Sehr geehrte Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger<br />

der Gemeinde <strong>Wattenberg</strong>,<br />

liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser!<br />

Die Gemeinde <strong>Wattenberg</strong> blickt auf eine bemerkenswerte<br />

<strong>Geschichte</strong> zurück: Aus dem einstmaligen Almgebiet<br />

entwickelte sich eine Siedlung, die bis zum 17.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert durch die Gewinnung von Eisen <strong>und</strong> Kupfer<br />

industrielle Bedeutung erlangte <strong>und</strong> schließlich wieder<br />

zur Landwirtschaft zurückkehrte. Durch ihre Besinnung<br />

zum Ursprung <strong>und</strong> die vorteilhafte Lage mit<br />

Blick auf das Inntal gilt die Gemeinde heute als beliebte<br />

Tourismusdestination für Naturbegeisterte <strong>–</strong> im Winter<br />

wie im Sommer.<br />

Im vorliegenden Gemeindebuch wird diese <strong>Geschichte</strong><br />

mit Überlieferungen <strong>und</strong> Zeitzeugnissen sowie Bildern<br />

auf beeindruckende Art <strong>und</strong> Weise dokumentiert. Darin<br />

sind nicht nur die Besonderheiten <strong>Wattenberg</strong>s festgehalten,<br />

die Leserin beziehungsweise der Leser erhält<br />

zugleich einen Einblick in die Tiroler Kultur, die von<br />

den zahlreichen engagierten Mitgliedern im Vereinswesen<br />

der Gemeinde lebendig gehalten wird.<br />

Ich wünsche allen Leserinnen <strong>und</strong> Lesern dieses Gemeindebuchs<br />

gute Unterhaltung <strong>und</strong> viel Freude. Mein<br />

Dank gilt Bürgermeister Franz Schmadl sowie allen, die<br />

an der Entstehung dieses wertvollen Gemeindebuchs<br />

als ein Stück dokumentierte Zeitgeschichte beigetragen<br />

haben. Für die Zukunft wünsche ich den <strong>Wattenberg</strong>erinnen<br />

<strong>und</strong> <strong>Wattenberg</strong>ern alles Gute.<br />

Günther Platter<br />

Landeshauptmann von Tirol<br />

11


JOHANNES<br />

TRATTER<br />

LANDESRAT<br />

<strong>Wattenberg</strong> <strong>–</strong> lebenswerte Gemeinde<br />

mit historischem Erbe<br />

Wer sich in die vorliegende Publikation einliest, wird<br />

sofort erkennen, wie viel geschichtliches Interesse,<br />

Fleiß, Neugier <strong>und</strong> nicht zuletzt Liebe zur Heimat in<br />

die Erstellung dieser ersten Chronik der Gemeinde<br />

<strong>Wattenberg</strong> investiert wurden.<br />

Bereits die 2015 herausgegebene Broschüre mit dem Titel<br />

„Wanderbare Kultur“ verdient als aufschlussreicher<br />

Wegweiser durch das vielseitige kulturelle Erbe Beachtung,<br />

zeigt sie doch anhand einer „Erwanderung“ der<br />

insgesamt elf <strong>Wattenberg</strong>er Kapellen <strong>und</strong> Gassen, dass<br />

diese vergleichsweise kleine Landgemeinde einzigartig<br />

ist.<br />

Dabei wird eine besondere Qualität sichtbar, die auch<br />

die neue Chronik aufweist: die hohe Wertschätzung der<br />

eigenen <strong>Geschichte</strong>. Diese Haltung hat in <strong>Wattenberg</strong><br />

eine lange Tradition <strong>und</strong> drückt sich nicht nur in der<br />

Instandsetzung wertvoller Baukultur, sondern auch in<br />

der Pflege historischer Kenntnisse <strong>und</strong> Überlieferungen<br />

aus. Zahlreiche <strong>und</strong> sehr unterschiedliche Quellen wurden<br />

von den Verfassern genutzt, um diese umfassende<br />

Chronik zu erstellen. Mündlich überlieferte Inhalte,<br />

die Auswertung historischer Schriftstücke, gesammelte<br />

kommunale Aufzeichnungen aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

bis hin zur Befragung von Zeitzeugen <strong>und</strong> Aufnahme<br />

wichtiger Ereignisse <strong>und</strong> Errungenschaften unserer<br />

Tage führten letztlich zu einem Ergebnis, das für Einheimische<br />

sowie Besucherinnen <strong>und</strong> Besucher der Gemeinde<br />

von bleibendem Interesse ist.<br />

Ich beglückwünsche die Gemeinde <strong>Wattenberg</strong> <strong>und</strong><br />

alle, die zum Gelingen beigetragen haben, zu ihrem<br />

Werk. Der Chronik der Gemeinde <strong>Wattenberg</strong>, die in<br />

unzähligen, großteils ehrenamtlich erbrachten Arbeitsst<strong>und</strong>en<br />

entstanden ist, wünsche ich den verdienten<br />

Erfolg in Form interessierter Leserinnen <strong>und</strong> Leser, die<br />

den Wert dieser besonderen Publikation zu schätzen<br />

wissen.<br />

Johannes Tratter<br />

Landesrat<br />

12


franz<br />

schmadl<br />

bürgermeister<br />

Die Gemeinde <strong>Wattenberg</strong> <strong>–</strong><br />

in einem Buch mit viel <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Identität</strong><br />

Es freut mich außerordentlich, dass nun das erste <strong>Wattenberg</strong>er<br />

<strong>Dorfbuch</strong> erschienen ist <strong>und</strong> mit Interesse<br />

gelesen werden kann. Das vollendete Werk ist aus<br />

einem Team von engagierten <strong>Wattenberg</strong>erinnen <strong>und</strong><br />

<strong>Wattenberg</strong>ern in fast ausschließlich ehrenamtlicher<br />

Arbeit entstanden. Es erzählt in Wort <strong>und</strong> Bild von der<br />

Entwicklung <strong>Wattenberg</strong>s zur Pendler- <strong>und</strong> Wohnsitzgemeinde<br />

sowie vom wirtschaftlichen, kulturellen <strong>und</strong><br />

gesellschaftlichen Leben. Viele Eigenarten der Natur,<br />

des Standorts <strong>und</strong> der Traditionen sind darin beschrieben;<br />

ebenso die wertvolle <strong>und</strong> kleinstrukturierte Landwirtschaft,<br />

die nach wie vor das Landschaftsbild prägt.<br />

Die gesammelten Ereignisse <strong>und</strong> Aufzeichnungen<br />

unserer Gemeinde, die im Jahr 1267 erstmals urk<strong>und</strong>lich<br />

erwähnt wurde <strong>und</strong> seit Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

gemeindepolitisch organisiert ist, tragen zur wichtigen<br />

Auseinandersetzung mit der eigenen <strong>Geschichte</strong> bei.<br />

Viele in <strong>Wattenberg</strong> heimisch gewordene Bauern <strong>und</strong><br />

Arbeiter durchlebten jahrh<strong>und</strong>ertelang schwere Zeiten.<br />

Sie waren geprägt vom Überlebenskampf durch<br />

harte Arbeit. Kriege <strong>und</strong> Naturkatastrophen brachten<br />

zudem Entbehrungen, Verlust <strong>und</strong> Leid. Trotzdem fanden<br />

viele mit ihren Familien über Generationen hinweg<br />

auf dem <strong>Wattenberg</strong> ihre Heimat. Die Verwurzelung<br />

mit dem Heimatort entsteht wohl mehr durch gemeinsam<br />

erlebte Zeiten als allein durch Wohlstand. Es ist<br />

erstaunlich, wie viel Energie über Jahre hinweg für die<br />

Verbesserung der Lebensqualität <strong>und</strong> für die Weiterentwicklung<br />

unserer Berggemeinde eingesetzt wurde.<br />

Mit wenig verfügbaren finanziellen Mitteln versuchte<br />

man stets, das Bestmögliche zu erreichen.<br />

In den letzten 70 Jahren entstanden die meisten Vereine<br />

<strong>und</strong> Institutionen. Bis heute bereichern sie unser<br />

gesellschaftliches Leben. Dadurch bringen die verschiedenen<br />

Personen immer wieder ihre Talente in Kultur,<br />

Sport, Tradition, Sicherheit <strong>und</strong> viele andere Bereiche<br />

ein.<br />

Mit diesem Vorwort danke ich allen tatkräftigen Mitbürgerinnen<br />

<strong>und</strong> Mitbürgern, die in der Vergangenheit<br />

<strong>und</strong> in der Gegenwart für unsere lebenswerte <strong>und</strong><br />

gut entwickelte Gemeinde <strong>Wattenberg</strong> ihren Beitrag<br />

leisteten <strong>und</strong> leisten. Allen Autorinnen <strong>und</strong> Autoren,<br />

die zum Gelingen dieses Buchs beigetragen haben, gilt<br />

ebenfalls mein herzlichster Dank.<br />

Ich wünsche allen Leserinnen <strong>und</strong> Lesern viel Freude<br />

<strong>und</strong> interessante St<strong>und</strong>en mit dem ersten <strong>Wattenberg</strong>er<br />

Gemeindebuch.<br />

Mit den besten Grüßen<br />

Franz Schmadl<br />

Bürgermeister<br />

13


DAS WATTENTAL<br />

MIT WATTENBERG, WATTENS<br />

<strong>und</strong> Vögelsberg <strong>–</strong> von Gnadenwald aus gesehen<br />

14


die gemeinde<br />

Von Hansjörg Bader<br />

1.<br />

Die Gemeinde <strong>Wattenberg</strong> liegt im Wattental, das 20<br />

Kilometer östlich von Innsbruck ins Inntal mündet. Die<br />

1267 erstmals in einer Urk<strong>und</strong>e erwähnte Gemeinde erstreckt<br />

sich über 6.778 Hektar <strong>und</strong> ist damit eine der flächenmäßig<br />

größten Gemeinden des Bezirks. Sie grenzt im<br />

Norden an Wattens, im Osten an Kolsassberg, im Süden<br />

an Tux, Schmirn <strong>und</strong> Navis <strong>und</strong> im Westen an Volders<br />

(Volderberg). Das im Jahr 1980 verliehene Gemeindewappen<br />

zeigt einen Schüler mit Buch <strong>und</strong> Feder <strong>und</strong> nimmt<br />

damit Bezug auf die Tatsache, dass in <strong>Wattenberg</strong> bereits<br />

im Jahr 1524 ein Schulmeister tätig war. Er unterrichtete<br />

die Kinder der Bergknappen im 14. <strong>und</strong> 15. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

<strong>–</strong> <strong>und</strong> damit lange vor Einführung der allgemeinen Schulpflicht.<br />

Das Siedlungsgebiet von <strong>Wattenberg</strong> liegt auf der Ostseite<br />

des Tals auf 700 bis 1.300 Meter Seehöhe. Auf der<br />

gegenüberliegenden Talseite breiten sich die Höfe der ursprünglich<br />

selbstständigen Gemeinde Vögelsberg aus, die<br />

heute zu Wattens gehört.<br />

Im Talinneren erstreckt sich die Gemeinde über beide<br />

Talseiten <strong>und</strong> wird durch ausgedehnte Almflächen <strong>und</strong><br />

w<strong>und</strong>erschöne Zirbenwälder charakterisiert. Den Talschluss<br />

bildet die große Alm Lizum, die heute zum Teil<br />

auch Truppenübungsplatz Lizum-Walchen des Österreichischen<br />

B<strong>und</strong>esheers ist.<br />

Als eine der wenigen Tiroler Ortschaften besitzt <strong>Wattenberg</strong><br />

keine eigene Kirche, sondern ist pfarrlich mit Wattens<br />

verb<strong>und</strong>en. Viele liebevoll gepflegte Kapellen künden<br />

aber von der Frömmigkeit der Bewohner.<br />

Am Berg gibt es zahlreiche Bauernhöfe, die überwiegend<br />

nur mehr im Nebenerwerb bewirtschaftet werden. Der<br />

Großteil der Bevölkerung pendelt in den nahen Industrieort<br />

Wattens, weil die wenigen Betriebe am Berg kaum<br />

Arbeitsplätze bieten. Obwohl am <strong>Wattenberg</strong> nur knapp<br />

800 Menschen leben, hat sich ein überaus reges <strong>und</strong> identitätsstiftendes<br />

Vereinsleben entwickelt.<br />

Der Tourismus kann nur mit wenigen Nächtigungen aufwarten.<br />

Der <strong>Wattenberg</strong>, vor allem das Talinnere, gilt aber<br />

als Eldorado der Schitourengeher <strong>und</strong> Mountainbiker.<br />

15


WATTENBERG<br />

MIT BLICK INS UNTERINNTAL <strong>–</strong><br />

vom Glotzen aus gesehen<br />

16


DAS WATTENTAL IM WINTER.<br />

Blick in die Lizum mit Kalkwand, Pluderling <strong>und</strong><br />

Lizumer Sonnenspitze; im Vordergr<strong>und</strong> die Asten von Melang<br />

Mountainbiken auf der Strecke 519<br />

am Kapiglweg bei Pofers mit Blick<br />

auf den Vögelsberg <strong>und</strong> das Inntal<br />

17


WATTENBERG<br />

18


evölkerungsentwicklung<br />

<strong>und</strong> gemeindegrenzen<br />

Von Hansjörg Schmadl, Hansjörg Bader <strong>und</strong> Irmgard Schafferer<br />

2.<br />

ENTWICKLUNG DER BEVÖLKERUNGSZAHL IN<br />

WATTENBERG, WATTENS UND VÖGELSBERG<br />

Quellen für die folgenden Zahlen sind das Wattner Buch<br />

von 1958, dem die kirchlichen Zählungen (Pfarrarchiv<br />

Wattens) zugr<strong>und</strong>e liegen. Ab 1851 wurden die „Kanonischen<br />

Bücher“ geführt, ab 1939 die Unterlagen des Standesamts<br />

Wattens herangezogen, das auch für die Gemeinde<br />

<strong>Wattenberg</strong> zuständig war. Die weiteren statistischen<br />

Daten über die Bevölkerungszahlen (Registerzählung)<br />

sind über Statistik Austria abrufbar.<br />

Die beiden folgenden Abbildungen zeigen deutlich die<br />

Veränderung der Bevölkerungszahl der Gemeinde Wattens<br />

aufgr<strong>und</strong> der Industrialisierung. Wattens zählte um<br />

1920 120 Häuser <strong>und</strong> 1.915 Einwohner, im Jahr 2019 1.353<br />

Häuser <strong>und</strong> 7.938 Einwohner.<br />

19


Jahr<br />

<strong>Wattenberg</strong><br />

Wattens<br />

GEMEINDEGRENZEN<br />

Vögelsberg<br />

1715 575 789 164<br />

1749 527 742 157<br />

1766 514 723 153<br />

1781 551 776 164<br />

1790 543 765 162<br />

1800 476 672 142<br />

1837 418 710 118 1862 <strong>–</strong> erste<br />

1869 380 838 123<br />

Papiermaschine in<br />

der Papierfabrik<br />

1880 373 816 118 Wattens<br />

1890 341 874 110 1895: Daniel<br />

1900 394 968 113 Swarovski<br />

1910 402 1851 116 1918 stellt die<br />

1920 428 1915 116<br />

Papierfabrik unter<br />

Bunzl & Biach eine<br />

1923 425 2153 117 „Große Maschine“ auf.<br />

1934 430 3049 148<br />

1939 523 3195 139<br />

1948 476 4149 154<br />

1951 498 4364 142<br />

1961 442 5402 144<br />

1971 486 6249 130<br />

1981 518 6300 Wattens<br />

1991 562 6804 Wattens<br />

2001 715 7291 Wattens<br />

2011 714 7698 Wattens<br />

2019 741 7938 Wattens<br />

Seit 01. 01. 1974<br />

ist die Gemeinde<br />

Vögelsberg mit einer<br />

Fläche von 6,56 km²<br />

mit der Gemeinde<br />

Wattens zusammengeschlossen.<br />

Beginnend bei der Abzweigung Landesstraße/Kirchsteig<br />

(1) verläuft die Grenze schräg hinunter zum Wattenbach.<br />

Der Bach bildet dann in südlicher Richtung taleinwärts<br />

die Gemeindegrenze bis zur Einmündung des Schafbachs<br />

(2). Dann geht es steil hinauf bis zum Grat zwischen<br />

Glotzen <strong>und</strong> Largotzgipfel <strong>und</strong> dem Berggrat folgend<br />

hinein bis zur Naviser Sonnenspitze (4). Über Mölsjoch,<br />

Klammjoch, Lizumer Sonnenspitze, unterhalb des Reckner<br />

vorbei <strong>–</strong> der höchste Berg im Wattental steht nicht<br />

auf dem Gemeindegebiet <strong>–</strong> zieht die Grenze zum 2.857<br />

Meter hohen Geier (5). Dort treffen sich vier Gemeinden:<br />

Tux, Navis, Schmirn <strong>und</strong> <strong>Wattenberg</strong>. Vom Geier verläuft<br />

die Grenze wieder talaus, unterhalb der Kalkwand<br />

vorbei, hinauf zur Grauen Wand <strong>und</strong> dem Grat entlang<br />

bis zur nördlichsten Spitze des Wattentals, der Roten<br />

Wand (2.252 m, 6). Von dort fällt die Grenze wieder steil<br />

hinunter ins Tal, östlich vorbei an den Höfen Dax <strong>und</strong><br />

Wetschern bis annähernd zum Gartlachweg <strong>und</strong> erreicht<br />

dort den tiefsten Punkt des Gemeindegebiets. Den Gartlachweg<br />

entlang bis zur Landesstraße führt der Grenzverlauf<br />

weiter ans Feld von Obermölsern (7), hinunter zur<br />

Landesstraße <strong>und</strong> unterhalb von Riesen <strong>und</strong> dem Rieser-<br />

Rückfeld zum Ausgangspunkt Kirchsteig.<br />

Das Gemeindegebiet von <strong>Wattenberg</strong> erstreckt sich über<br />

eine Fläche von 67,86 Quadratkilometer; die maximale<br />

Länge misst ungefähr 16, die größte Ausdehnung von Ost<br />

nach West zirka fünf Kilometer.<br />

ANMERKUNGEN ZUR<br />

BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG<br />

Im Jahr 1715 lebten laut kirchlichen Angaben am <strong>Wattenberg</strong><br />

575 Menschen. So viele wurden erst wieder um das<br />

Jahr 1991 (562 Menschen) gezählt. Wie ist eine derartige<br />

Entwicklung erklärbar?<br />

Ein wesentlicher Gr<strong>und</strong> dürfte sein, dass vor allem von<br />

1600 an zahlreiche Höfe geteilt wurden <strong>und</strong> damit mehr<br />

Lebensraum für weitere Bewohner vorhanden war. Durch<br />

Rodung schuf man zusätzliches Acker- <strong>und</strong> Weideland.<br />

Des Weiteren nahm in dieser Zeit der Bau von Söllhäusern<br />

zu. Vielleicht handelte es sich bei deren Bewohnern teilweise<br />

um Knappen, die sich nach Ausbleiben des Bergsegens<br />

am Berg ansiedelten. Andererseits förderte der Staat<br />

die Gründung von Familien auch ärmerer Menschen beziehungsweise<br />

wurde diese noch nicht so erschwert wie<br />

in den folgenden Jahrh<strong>und</strong>erten. Ein Teil der Söllhäuser<br />

ist heute noch auszumachen. Die Bewohner dieser Unterkünfte,<br />

auch Keuschen genannt, konnten nur in äußerster<br />

Bescheidenheit <strong>und</strong> in Armut leben. Vielfach handelte es<br />

sich auch um weichende Bauernkinder, die diese Häuser<br />

bezogen, um heiraten zu können. Dabei war das Heiraten<br />

von der Zustimmung der Gemeinde (Ehekonsens) abhängig.<br />

Für die kirchliche Eheschließung benötigte der Pfarrer<br />

das Zeugnis der Gemeinde.<br />

Nachdem sich die Zahl der Bergbewohner von 1715 (575)<br />

bis 1790 (543) nur geringfügig verändert hatte, nahm sie<br />

im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert rapid ab <strong>–</strong> bis zur Zählung 1890 auf<br />

341 Menschen. Die Ursachen dafür sind verschiedener<br />

Natur: In den Kriegen gegen Napoleon mussten einige<br />

<strong>Wattenberg</strong>er ihr Leben lassen. Unmittelbar an die Bayernzeit<br />

folgte im Jahr 1816 ein Hungerjahr, wie man es in<br />

der <strong>Geschichte</strong> noch nie erlebt hatte. Aufgr<strong>und</strong> des Aus-<br />

20


7<br />

1<br />

6<br />

3<br />

2<br />

4<br />

DIE GRENZEN<br />

der Gemeinde <strong>Wattenberg</strong><br />

5<br />

21


22<br />

<strong>Wattenberg</strong> <strong>und</strong> Wattens in den Jahren 1924 <strong>und</strong> 2020


uchs des Vulkans Tambora auf einer Insel<br />

Indonesiens fand in diesem Jahr praktisch<br />

kein Sommer statt, weil die Sonne verdunkelt<br />

war. Die Ernten fielen weitgehend aus,<br />

der folgende Winter 1816/17 war extrem kalt;<br />

viele Menschen erfroren. Leider ist über Opferzahlen<br />

am <strong>Wattenberg</strong> nichts bekannt;<br />

sicher starben durch diese Naturkatastrophen<br />

vor allem Kinder <strong>und</strong> alte Menschen.<br />

Gleichzeitig nahm auch in Tirol das Wachstum<br />

der Städte zu, die Einwohnerzahlen zum<br />

Beispiel von Hall <strong>und</strong> Innsbruck stiegen im<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>ert deutlich an; leicht möglich,<br />

dass auch einige <strong>Wattenberg</strong>er in die Städte<br />

zogen. Und beim Bau der Unterinntal-Eisenbahn<br />

in den 1850er-Jahren fanden auch viele<br />

Menschen Arbeit.<br />

Der wichtigste Gr<strong>und</strong> aber war wohl die Änderung<br />

in der Einstellung der Behörden <strong>und</strong><br />

der Kirche zu Eheschließungen. Die Aufsplitterung<br />

der Größe der einzelnen Bauernhöfe<br />

suchte man zu verhindern, indem man<br />

die Heiratserlaubnis erschwerte. So ist überliefert,<br />

dass sich viele Bauernkinder aus dem<br />

Oberinntal im Jahr 1857 zur Auswanderung<br />

nach Südamerika (Pozuzo) entschlossen.<br />

Bereits auf der Überfahrt wurden auf dem<br />

Schiff 22 junge Paare getraut. Derartige große<br />

Aussiedlungsbewegungen sind vom <strong>Wattenberg</strong><br />

nicht bekannt, es müssen aber im Lauf<br />

der Jahre viele, insbesondere jüngere Personen<br />

ins Tal, vor allem nach Wattens, gezogen<br />

sein.<br />

Im Jahr 1995 zählte man <strong>–</strong> obwohl das neue<br />

Siedlungsgebiet Keilfeld ab 1972 entstanden<br />

war <strong>–</strong> erst 605 Bewohner. Ab 1995 erfolgte<br />

dann der Bau der Siedlung Birchach. Heute,<br />

am 1. Jänner 2020, leben 806 Menschen in<br />

<strong>Wattenberg</strong>, davon 745 mit Haupt- <strong>und</strong> 61<br />

mit Nebenwohnsitz. Luftbilder von <strong>Wattenberg</strong> <strong>und</strong> Wattens um 1950 <strong>und</strong> im Jahr 2016<br />

23


WATTENBERG<br />

Die Gemeinde <strong>Wattenberg</strong> liegt ca. 20 Kilometer östlich von Innsbruck <strong>und</strong> zählt 777 Einwohner (Stand 2020). Mit<br />

einer Fläche von 6.778 Hektar gehört <strong>Wattenberg</strong> flächenmäßig zu den größten Gemeinden des Bezirks Innsbruck-<br />

Land. 1267 erstmals urk<strong>und</strong>lich erwähnt, wird in diesem ersten <strong>Wattenberg</strong>-Buch die <strong>Geschichte</strong> bis ins Heute<br />

erzählt <strong>und</strong> aufbereitet. Ein bunter <strong>und</strong> abwechslungsreicher Streifzug über die Bauernhöfe von 1627 bis heute,<br />

über Kapellen, Kleindenkmäler, Almen, Mühlen, Kraftwerke bis zu Wirtschaft, Sport <strong>und</strong> Kunst lässt die Leser eintauchen<br />

in <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Gegenwart. Im Buch finden sich natürlich auch Berichte über das Brauchtum <strong>und</strong> die<br />

Vereine sowie über die Lizum mit dem Truppenübungsplatz.<br />

Schon um 1529, 250 Jahre vor Einführung der allgemeinen Schulpflicht, wurden Schüler <strong>und</strong> Bergknappen unterrichtet,<br />

was auch die Abbildung eines Schülers im Gemeindewappen erklärt. Die Entwicklung von der Bergbauerngemeinde<br />

zur modern strukturierten Wohnsitzgemeinde, der wirtschaftliche Wandel, das religiöse <strong>und</strong> kulturelle<br />

Leben sowie die landwirtschaftlichen Besonderheiten werden mit Hintergr<strong>und</strong>wissen <strong>und</strong> vielen Bildern dargestellt<br />

<strong>und</strong> erzählt.<br />

ISBN: 978-3-85093-411-4<br />

24<br />

www.berenkamp-verlag.at<br />

www.kraftplatzl.com

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!