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33-2021 Aktuell Obwalden

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AKTUELL<br />

IM ARCHIV<br />

Der Magen leer,die Schnauzevoll<br />

Vor einer Woche warfen wir den Blick<br />

auf das Kurhaus Friedenfels inWilen<br />

–und auf die Tatsache, dass die Gäste<br />

teils splitternackt herumliefen. Der Gründer<br />

und Leiter der Kuranstalt, Otto Rammelmeyer-Schönlin<br />

(1858-1941), sah sich aber<br />

mit viel gröberen Problemen konfrontiert. Er<br />

landetevor Gericht und wurde mehrfach verurteilt.<br />

Was war passiert? Keine besonders<br />

kluge Idee des gebürtigen Deutschen war es<br />

vielleicht, dass er sich in <strong>Obwalden</strong> als medizinischen<br />

Heiler und Experten der menschlichen<br />

Anatomie anpries, in Tatund Wahrheit<br />

aber eher über die Anatomie von Gebäuden<br />

Bescheid wusste. Otto Rammelmeyer war<br />

Architekt. Das hinderte ihn aber nicht daran,<br />

sich und seine Frau Martha als «erfahrene<br />

Ärzte» zu betiteln und imEigenverlag medizinische<br />

Schriften herauszugeben.<br />

Zwei Wochen lang nichts zu essen<br />

Auf der Speisekarte im «Friedenfels» stand<br />

vor allem Rohkost. Fleisch und Alkohol warenverboten.<br />

Zu Gast im Kurhaus war 1912<br />

ein Herr AlbertBroger aus Appenzell, der davor<br />

jahrelang unter starken Kopfschmerzen<br />

und psychischen Beschwerden gelitten hatte.<br />

Auf seiner Speisekarte im «Friedenfels»<br />

stand noch weniger. Genauer: gar nichts.<br />

Zwei Wochen lang kriegte Broger nichts<br />

zu essen. Dafür musste er täglich stundenlange<br />

Märsche absolvieren. Auch Luftbäder<br />

und Turnübungen gehörten dazu. Regelmässige<br />

Darmspülungen rundeten das Programm<br />

ab. Am 15. Tag seines Aufenthalts<br />

folgte die Erlösung: Albert Broger erhielt als<br />

fürstliches Festmahl zwei Äpfel. So zumindest<br />

geht es aus der Anklageschrift gegen<br />

Otto Rammelmeyer hervor. Dieser hatte<br />

nämlich die Anweisung eines richtigen Arztes<br />

ignoriert, wonach Broger höchstens<br />

zwei Tage im «Friedenfels» fasten soll.<br />

Nun könnte man meinen, Broger hätte<br />

die Obwaldner Kuranstalt nach den ersten<br />

paar Tagen fluchtartig verlassen wollen. Tat<br />

er aber nicht. Er blieb volle fünf Wochen.<br />

Voneiner «vorzüglichen Verpflegung» im Kurhaus<br />

konnten einige nur träumen. (Inserat von1915)<br />

Nicht aus einem Horrorfilm, sondern voneiner<br />

Werbepostkarte mit OttoRammelmeyerals Heiler.

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