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33-2021 Aktuell Obwalden

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Blick in den noblen Speisesaal<br />

im «Friedenfels». Werauf einer<br />

Rammelmeyer-Diät war,musste<br />

aber zuerst eine Weile hungern.<br />

(Bild aus privatem Archiv)<br />

Mehr noch: Er lobte bei seiner Abreise das<br />

Kurhaus über den grünen Klee und schrieb<br />

in einer Abschiedsnotiz anOtto Rammelmeyer<br />

infast verstörendem Enthusiasmus:<br />

«Heute verlasse ich Ihr Haus, meine Segensstätte,<br />

in einer masslosen Glückseligkeit,<br />

Lebensfrische und Freude, um wiederum<br />

als neugeborener Mensch die Erfüllung meiner<br />

Lebenspflichten aufzunehmen.» (Heute<br />

weiss man, dass Nahrungsentzug tatsächlich<br />

den Serotonin-Spiegel vorübergehend in<br />

die Höhe treiben kann. Salopp ausgedrückt:<br />

Mehr Serotonin bedeutet mehr Glück.)<br />

Mit 48 Kilo zu einemrichtigen Arzt<br />

Lange hieltBrogers Glück aber nicht an. Daheim<br />

überfielen ihn Schüttelfrost und starke<br />

Kopfschmerzen. Obwohl es ihm in den<br />

folgenden Wochen zusehends schlechter<br />

ging, hielt er sich laut eigenen Angaben<br />

an die von Rammelmeyer verordnete Rohkostdiät.<br />

Der 31-jährige Broger brachte<br />

gerade mal 48 Kilogramm auf die Waage.<br />

Am Weihnachtstag war er am Ende seiner<br />

Kräfte und suchte einen Arzt auf. Dieser<br />

stellte fest, dass Brogers Verdauungsorgane<br />

ziemlich malträtiertwaren. Zudemdiagnostizierte<br />

er eine psychischeErschöpfung<br />

und eine völlig einseitige Ernährung. Er verordnete<br />

Albert Broger eine dreiwöchige<br />

Bettruhe mit anständigem Essen, damit er<br />

wieder zuKräften kommt. Und siehe da:<br />

Albert Broger kam wieder zu Kräften, sein<br />

Gewicht stieg auf 58 Kilogramm.<br />

Nun aber kommt derZeitpunkt, an dem man<br />

sich fragen muss, ob nicht nur Otto Rammelmeyer,<br />

sondern auch Albert Broger ein<br />

Schräubchen locker hatte. Denn obwohl ihm<br />

sein Arzt kundgetan hatte, dass kürzlich ein<br />

junger Student nach einer Diätkur im «Friedenfels»<br />

gestorben sei, machte sich Broger<br />

erneut auf den Weg nach Wilen. Rammelmeyer<br />

begrüsste seinen ehemaligen Kurgast<br />

mitder Bemerkung, dass er zu dick und<br />

«überfüttert» sei. Sogleich verordnete Rammelmeyerdas,<br />

wasoffenbar immer half: eine<br />

Rohkostdiät. Nach einigen Tagen reiste Broger<br />

mitMagenkrämpfen wieder ab.<br />

Eherein Sektenhaus als ein Kurhaus?<br />

Alldies hinderte Broger aber nicht daran, sich<br />

ein Jahr später wieder im «Friedenfels» für<br />

eine Kur anzumelden –umdanach erneut<br />

festzustellen, dass sich sein Zustand verschlimmerte.<br />

Erst im Dezember 1914, nach<br />

drei Aufenthalten,hatte Broger die Schnauze<br />

voll von Diäten. Er verklagte Rammelmeyer<br />

und forderte 30 000 Franken Schadenersatz.<br />

Rammelmeyer habe sich, so die Begründung,<br />

unerlaubterweise als medizinischen<br />

Experten ausgewiesen und Anordnungen<br />

von richtigen Ärzten ignoriert. Ein medizinisches<br />

Gutachten liess keinen guten Faden<br />

an Rammelmeyers Methoden und sah im<br />

«Friedenfels» eher eine Sektenanstalt als<br />

ein medizinisches Kurhaus. Das Gutachten<br />

kam zum Schluss, dass man eine 14-tägige<br />

Fastenkur ohne jegliche ärztliche Aufsicht

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