POPSCENE September 09/21
Das total umsonste Popkulturmagazin.
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Vocalese-Trio mit zwei weiteren Sängerinnen.<br />
Die hatten während meiner Auszeit eine neue<br />
Sängerin verpflichtet. So war ich auf der Suche<br />
nach Mitstreitern und fand sie endlich in Hotel<br />
Bossa Nova.<br />
Mit Tilmann Höhn (Gitarre), Alexander Sonntag<br />
(Bass) und Wolfgang Stamm (Schlagzeug)<br />
verbinden Dich heute 16 Jahre und acht<br />
Alben. Auf welche Meilensteine dieser Karriere<br />
blickst Du gerne zurück?<br />
Natürlich sind alle unsere Alben Meilensteine für<br />
mich. Die Musik zusammen zu komponieren und<br />
zu einem Album zusammenzufassen ist ein harter<br />
kreativer Prozess. Wir beginnen mindestens<br />
1 1/2 Jahre im Voraus am Album zu arbeiten.<br />
Mittlerweile ist es das achte Album. Dies ist der<br />
eine Part, der andere ist, dass wir sind sehr gerne<br />
gemeinsam auf Tour sind.<br />
Weltmusik, World Jazz, oder wie würdest Du<br />
die Musik von Hotel Bossa Nova stilistisch<br />
einordnen und beschreiben, da den Einflüssen<br />
aus Brasilien nach wie vor eine große Rolle<br />
zukommt, oder?<br />
Tilmann Höhn: Eigentlich bedeuten diese ganzen<br />
Begriffe für uns überhaupt nichts. Bossa<br />
Nova hat den Weg in die Welt vor allem auch<br />
gefunden, weil er so erfolgreich in den USA war.<br />
Insofern hat der Bossa Nova noch nicht einmal<br />
brasilianische Einflüsse. Musik ist ohnehin keine<br />
nationale Institution. Indigene Einwohner Brasiliens<br />
haben sicher überhaupt kein Verhältnis zu<br />
Bossa Nova. Wir kämen uns auch sonderbar vor,<br />
würde man bayrische Volksmusik als Deutsch<br />
identifizieren würde. Wenn, dann ist Bossa Nova<br />
in einer bestimmten Zeit von einer bestimmten<br />
Gruppe um Tom Jobim in Rio entstanden, um<br />
dann über Amerika in der Welt. verbreitet zu<br />
werden. Es sind Musiker, Personen Rhythmen,<br />
Melodien und Harmonien, die eine Rolle spielen,<br />
der nationale oder geographische Ursprung ist<br />
uns im Grunde völlig gleichgültig.<br />
Liza da Costa: Wir spielen Bossa Nova, aber der<br />
ist schon viel jazziger als der klassische brasilianische<br />
Bossa Nova. Ich nenne unsere Musik<br />
gerne European Bossa Nova.<br />
10<br />
Gibt es eine Idee oder eine Art Motto für<br />
das Album mit seinen insgesamt 14 Titeln?<br />
Habt ihr als Band das ein oder andere Lieblingsstück<br />
darauf und wenn ja, warum?<br />
Tilmann Höhn: Wahrscheinlich hat jeder von uns<br />
ein anderes Lieblingsstück. Und es gab auch kein<br />
Motto oder eine thematische Idee. Uns ging es<br />
diesmal vielmehr um eine Arbeitsweise und eine<br />
Herangehensweise unsere Musik zu entwickeln,<br />
die bei diesem Album einfach anders war als bei<br />
den vorherigen Alben.<br />
Liza da Costa: Dieses Mal haben wir live im<br />
Studio an den Songs gearbeitet und gleich<br />
aufgenommen. So entstanden am Tag im Durchschnitt<br />
zwei Stücke. Keine Proben und keine<br />
Vorbereitungszeit. Es war eine sehr inspirierende<br />
Zusammenarbeit.<br />
Finden sich politische oder zumindest gesellschaftskritische<br />
Texte auf dem Album<br />
oder seht ihr Hotel Bossa Nova in erster Linie<br />
als Unterhaltungsband an?<br />
Tilmann Höhn: Die Frage suggeriert sonderbarerweise,<br />
dass sich beides ausschließen würde,<br />
was wir für relativ abwegig halten. Wenn Künstler<br />
etwas zu sagen haben und es aufrichtig<br />
verarbeiten ist dies immer eine undurchsichtige<br />
Melange aus Unterhaltung, politischem Statement,<br />
persönlichem Ausdruck und noch vielem<br />
mehr. Sich nicht zu gesellschaftlichen Dingen<br />
zu äußern ist auch ein gesellschaftliches Statement,<br />
insofern ist alle Kunst immer auch politisch.<br />
Aber eigentlich sind das keine primären<br />
Anliegen unserer Arbeit.<br />
Liza da Costa: Es gibt einige Songs, wie „Este<br />
Mundo (Our World)“ oder „Alegria Na Minha<br />
Horta (Happiness In My Garden)“ wo es um die<br />
Erhaltung der Natur geht und um das lebensspendende<br />
Wasser. Bei „Agora Sei (The Truth)“<br />
und „Cordoba Night“ geht um Verrat und Lieblosigkeit.<br />
Bei „Fazer O Que Eu Quero (Doing What<br />
I Like)“ und „Error Humanos (Human Errors)“<br />
geht es um das Erwachsenwerden, Veränderung<br />
und um Aufbruch. Die Message der Songs kann<br />
man durchaus in der Musik hören - auch ohne<br />
den Text.<br />
Text: Frank Keil | Bild: Reinhard Berg, Simon Hegenberg<br />
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