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Gebirgsfreund Nr. 3/2021

Eine unabhängige Vereinszeitschrift für Bergfreunde und Naturgenießer. Wir informieren mit einzigartigen Berichten und Aufnahmen und machen Lust auf Natur und das Erlebnis Berg. Vordergründig dabei sind immer die Themen Sicherheit und Naturbewusstsein.

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<strong>Gebirgsfreund</strong> | Umwelt Tourentipp & Naturschutz<br />

A2 stehe. Sonst bekam die Nordwand nur<br />

noch wenige Begehungen.<br />

(Direkte) Persönliche Bekanntschaft<br />

Im August 1991 war die „End“ in der<br />

Nordwand – gemessen an den zu dieser<br />

Zeit bewältigten Schwierigkeiten längst<br />

keine extreme Tour mehr. Rudi Melchart<br />

– in seinem nach eigener Aussage<br />

stärksten Bergjahr - und ich hatten uns<br />

bereits einige Tage im Gosaukamm aufgehalten<br />

um uns in klassischen und klassisch<br />

modernen Routen zu vergnügen. Bohrhaken<br />

waren damals, mit Ausnahme der<br />

Stände an der Däumlingkante, im ganzen<br />

Gebirgsstock Fehlanzeige. Wir „echten<br />

Alpinkletterer“ lästerten auch ausführlich<br />

über Bohrhakentouren. Bewaffnet waren<br />

wir mit den damals üblichen Textbeschreibungen<br />

aus Willi Ends Alpenvereinsführer<br />

– Topos waren unüblich.<br />

Zur End war der Zustieg schon damals<br />

kompliziert. Von der Hofpürglhütte hinauf<br />

zum Mützensockel, durch bröseliges<br />

Gelände zur Stuhllochscharte abseilen<br />

und dann noch eine Schuttrinne hinunter.<br />

Die Wand drüber war sehr respektanregend<br />

steil, die ersten eineinhalb Seillängen<br />

waren noch dazu brüchig. Was dann<br />

folgte war steile, raue und feste Genusskletterei<br />

bis zum Ringwulst. Die Haken in<br />

dieser Passage allerdings ließen Gedanken<br />

an Freikletterversuche im Keim ersticken<br />

– alt, locker, wacklig, rostig. Also zärtliche<br />

Behandlung der Fragmente und anstrengend<br />

technisch hinauf. Danach folgten<br />

15m ausgesetzter plattiger Quergang über<br />

der Kante ohne Zwischensicherung (wie<br />

kann man das ohne richtige Kletterschuhe<br />

klettern?) und schlussendlich genussvoll<br />

die abschließende Riesenverschneidung<br />

hinauf aufs Gipfeldach. Wir waren mit<br />

ausreichend mobilen Sicherungsgeräten,<br />

guten Kletterschuhen, Helm und leichten<br />

Seilen unterwegs – all diese feinen Errungenschaften<br />

standen den Erstbegehern<br />

nicht zur Verfügung. Am Gipfel waren<br />

wir uns ziemlich einig, dass wir mit der<br />

Ausrüstung der Erstbegeher keine Chance<br />

gehabt hätten. Der Respekt für die Eröffner<br />

schwerer Touren dieser Zeit steigt<br />

dann nahezu ins Unermessliche.<br />

Bergsturz –<br />

aber die Nordwand steht noch.<br />

1993 löste sich dann in der Süd- und<br />

Ostwand ein riesiger Bergsturz, der den<br />

größten Teil dieser Touren vernichtete.<br />

Der Grund dafür ist nicht etwa die<br />

Gesteinsqualität jener Teile der Bischofsmütze,<br />

an denen man tatsächlich klettert,<br />

sondern der Untergrund. Er besteht aus<br />

Dolomit und Haselgebirge mit einem<br />

relativ hohen Gipsanteil. Dieser beginnt<br />

bei starken Regenfällen zu quellen, und<br />

verursacht im darüberliegenden Deckgebirge<br />

jene Spannungen, die schließlich<br />

zum Abbruch großer Teile der Süd- und<br />

Ostwand führten.<br />

Ein großer Teil der Felsmassen stürzte<br />

auf die Stuhllochscharte und dann auch<br />

über die Einstiegsseillängen der „End“<br />

ins Stuhlloch. Im Wesentlichen wurde die<br />

Route aber vom Bergsturz nicht berührt.<br />

© Rudi Melchart<br />

Sanierung und die Nordwand heute<br />

Sowohl der Bergsturz, als auch die geänderten<br />

Anforderungen an sicheres Klettern<br />

bewegten Heinz Sudra, Hüttenwirt<br />

der Hofpürglhütte, und Hias Schreder, Urgestein<br />

der Annaberger Kletterszene 2009<br />

dazu, die Nordwand sanft zu sanieren.<br />

Entsprechend stecken heute an den Ständen<br />

und teilweise auch dazwischen einige<br />

Bohrhaken – Plaisirkletterei ist es dennoch<br />

keine geworden. Im vom Bergsturz<br />

betroffenen Gelände wurde die Linienführung<br />

nach rechts, in Richtung des Buhleinstiegs<br />

verlegt, und auch im Mittelteil<br />

wurden neue Felspartien eingebunden,<br />

die tendenziell etwas schwieriger als die<br />

Originallinie sind. Auch eine neue Variante<br />

über den Ringwulst wurde eingebohrt,<br />

die die oft feuchte Originallinie umgeht.<br />

Geblieben ist eine große, abgeschiedene<br />

24 | <strong>Gebirgsfreund</strong> | <strong>Nr</strong>. 3 / <strong>2021</strong>

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