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Arbeitsheft IK Training China 2014 Graz final-2

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"Hierarchien" als Lebensprinzip (I)

Zur Bedeutung von gesellschaftlichen Hierarchien in der alltäglichen und

beruflichen Kommunikation

Mit großer Wahrscheinlichkeit werden Sie in weiten Teilen Asiens auf Muster der

Kommunikation stoßen, die auf einer für Sie zunächst verborgenen Hierarchie der

Kommunikationspartner beruhen. In Zentral-, Ost-, Südost- und Südasien sind

derartige Hierarchien unterschiedlich stark ausgeprägt und für die einzelne Person

auch unterschiedlich bedeutsam für die Lebensbewältigung. Manche Kulturräume

erscheinen Ihnen vielleicht „konservativer“, stärker formell geprägt – evtl. Japan,

Singapur, Korea, Taiwan und Indien –, andere mögen Ihnen eher „locker“ anmuten –

etwa die VR China.

Ihre individuellen Kontakte im Alltag und Beruf unterliegen trotz aller vermuteten

Regelmäßigkeiten im jeweiligen Kulturraum einem hohen Maß an optionaler Vielfalt,

die Sie nur mit einem eigenen breiten Repertoire an Orientierungen und

Handlungsmustern meistern werden. Ihre Gesprächspartner können zur jüngeren

Generation (25-35 Jahre alt) gehören, Absolventen von sehr guten Universitäten sein,

über eine hoch individualistische Lebensplanung/-perspektive – mit klarer Orientierung

an materiellen Vorteilen – verfügen, gleichsam individualistisch in einer ansonsten

gruppenbezogenen Gemeinschaft leben. Es könnte sich aber auch um Personen im

Alter von 45-65 Jahren handeln, die dann mit großer Wahrscheinlichkeit in Teilen

anderen Kommunikationsmustern folgen – vermutlich stärker gruppenbezogen mit

klassischer Hierarchieorientierung. Hinzu kommt ein kulturell variabler Umgang mit der

Zuweisung von geschlechtsspezifischen Rollenmustern. Sie müssen in jedem Fall

variabel mit der möglichen optionalen Vielfalt umgehen können.

Wir schlagen Ihnen vor, zur flexiblen Kommunikation zunächst ein wichtiges Prinzip –

speziell chinesischsprachiger Gemeinschaften – zu akzeptieren, wenngleich es mit

Ihren Erfahrungen in der Heimatkultur vielleicht nur bedingt vereinbar erscheint:

Wenn sich zwei menschliche Wesen in einem sozialen Raum begegnen, gibt es

keine Gleichheit, vielmehr liegt ein hierarchisches Verhältnis vor (Asymmetrie).

Diese Gegebenheit hat Konsequenzen: Man sollten seinen „Standort“ kennen, damit

aber auch den des Gesprächspartners, somit auch den angemessenen Code zum

gegenseitigen Umgang. Dieser Code umfasst besonders in religions-gesteuerten

Gesellschaften sehr komplexe Strukturen und Prozesse, die sich auch nur bedingt dem

kulturfremden Gesprächsteilnehmer erschließen bzw. von ihm situationsgerecht

bedient werden.

Wenn Sie unsere These von der Bedeutung der Hierarchie als Steuerungsmoment für

menschliches Denken und Handeln akzeptieren, dann ergibt sich, dass die Effizienz

und Effektivität Ihrer Kommunikation in Ländern wie Indien, Korea, China und Japan

hochgradig vom Umgang mit derartigen Hierarchiemustern geprägt wird: Umgang mit

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Lob und Kritik, Mediation, Problemlöseverhalten,

Umgang mit Information, Umgang mit Zeit, mit Geschlecht, mit Körper(lichkeit), mit

Farben, Speisen, mit Behinderung usw., alles unterliegt in unterschiedlicher Intensität

einer hierarchie-orientierten Bewertung und daraus abgeleiteten Handlungsoptionen.

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