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Immer noch ANALOG

Warum werden Heilmittelerbringer bei der Digitalisierung weiter außen vor gelassen?

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№ 11/2020<br />

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zukunft-praxis<br />

<strong>Immer</strong> <strong>noch</strong><br />

<strong>ANALOG</strong><br />

Warum werden Heilmittelerbringer bei<br />

der Digitalisierung weiter außen vor gelassen?


8<br />

Optica live<br />

Wissen, was wichtig wird:<br />

Webinar zur neuen Heilmittelrichtlinie<br />

Was Heilmittelerbringer zur neuen<br />

Richtlinie wissen müssen.<br />

Melden Sie sich jetzt zu unserem kostenlosen Live- Webinar<br />

an und erfahren Sie alles über die neue Heilmittelrichtlinie.<br />

Worauf müssen Sie in Zukunft achten? Und wie funktioniert<br />

die neue Taxierung? Unsere Experten zeigen es Ihnen mit<br />

anschaulichen Beispielen und beantworten Ihre Fragen.<br />

Live-Webinar „Neue Heilmittelrichtlinie“<br />

7. Dezember, 18.00 Uhr | Dauer ca. 60 Minuten<br />

• Überblick zur neuen Heilmittelrichtlinie<br />

• wesentliche Änderungen für Heilmittelerbringer<br />

• Rezepte richtig taxieren mit dem neuen Muster 13<br />

• Tipps für die tägliche Praxis<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

seit Jahren wird davon geredet, dass die Therapeuten bei<br />

politischen Entscheidungen zu wenig berücksichtigt werden.<br />

Auch bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens scheint<br />

das so. Wenn zum 1. Januar die elektronische Patientenakte<br />

eingeführt wird, haben die Heilmittelerbringer darauf zunächst<br />

keinen Zugriff. In unserem Titelthema versucht unser Autor<br />

der Frage auf den Grund zu gehen, warum die Heilmittelerbringer<br />

wieder eine vergessene Zielgruppe zu sein scheinen.<br />

Beim Thema Digitalisierung geht es aber nicht nur darum,<br />

politische Hürden zu überwinden, sondern auch technologisch<br />

die richtigen Weichen zu stellen, sodass die Vernetzung<br />

zwischen den unterschiedlichen Akteuren im Gesundheitswesen<br />

einheitlich, einfach und sicher abläuft. Optica hat in den<br />

vergangenen drei Jahren reichlich Erfahrungen sammeln können.<br />

Diese werden in unsere Produkte, Dienstleistungen und<br />

Prozesse einfließen. Mit unserem Pilotprojekt zum E-Rezept in<br />

Hessen haben wir gezeigt, wie eine solche Lösung aussehen<br />

kann und dafür den dfg-Award erhalten. Leider hat es bei der<br />

Vergabe des Fachdienstes zum E-Rezept nicht zum Zusschlag<br />

der Gematik gereicht. Mit einer in qualitativer Hinsicht sehr<br />

hohen Bewertung erzielte Optica 4,12 von 5 möglichen Punkten<br />

und präsentierte der Gematik eine technisch versierte<br />

Lösung, die sich aber am Ende nicht gegen IBM durchsetzen<br />

konnte. Wir werden weiterhin die Zukunft mitgestalten. Als Ihr<br />

Abrechnungsdienstleister ist es unser großes Interesse, dabei<br />

die Heilmittelerbringer frühzeitig mit im Boot zu haben!<br />

Inhalt<br />

4<br />

Kompakt<br />

News und Meldungen<br />

8<br />

Allein auf weiter Flur<br />

Haben die Heilmittelerbringer bei der Digitalisierung<br />

des Gesundheitswesens wieder<br />

einmal das Nachsehen?<br />

14<br />

Bonus zum Gehalt<br />

Wie Praxisinhaber ihren Mitarbeitern Vergünstigungen<br />

unabhängig von einer Gehaltserhöhung<br />

zukommen lassen können.<br />

16<br />

Fragebogen: PRAXISnah<br />

Dieses Mal mit der Logopädin<br />

Esther Pelzer, Losheim am See<br />

18<br />

Kundeninformation<br />

Wissenswertes aus der Welt der Abrechnung<br />

19<br />

Standards<br />

Termine, Vorschau, Impressum<br />

Jetzt registrieren und Platz reservieren:<br />

www.optica.de/hmr-webinar<br />

Dr. Jochen Pfänder<br />

Optica-Geschäftsführer<br />

ZUKUNFT PRAXIS EDITORIAL3


THERAPIE<br />

IN ZAHLEN<br />

17 Jahre<br />

SOLLEN DIE MODELLKLAUSELN ZUR ERPROBUNG<br />

VON AKADEMISCHEN AUSBILDUNGSANGEBOTEN IN<br />

DER ERGO- UND PHYSIOTHERAPIE SOWIE DER LOGO-<br />

PÄDIE NUN DAUERN. Eingeführt 2009, gilt die Modellklausel<br />

nun schon elf Jahre und soll jetzt zum zweiten Mal<br />

verlängert werden – bis Ende 2026.<br />

44 €<br />

monatlich, und das steuerfrei in<br />

Form eines Einkaufsgutscheins,<br />

könnte EINE ATTRAKTIVE ZU-<br />

SATZLEISTUNG SEITENS DER<br />

ARBEITGEBER FÜR DIE MIT-<br />

ARBEITER IN IHREN PRAXEN<br />

SEIN. Mit solchen Zusatzleistungen<br />

können Arbeitgeber<br />

über die gedeckelten Gehälter<br />

hinaus ihre Attraktivität für gesuchte<br />

Fachkräfte erhöhen.<br />

46 Buchstaben<br />

60<br />

IMPFZENTREN SOLLEN LAUT<br />

DER IMPFSTRATEGIE DER<br />

BUNDESREGIERUNG<br />

DEUTSCHLANDWEIT AUFGE-<br />

BAUT WERDEN, um die Bevölkerung<br />

gegen SARS-COV2 zu<br />

impfen. Die Zentren sollen von<br />

den Bundesländern mit Hilfe<br />

niedergelassener Ärzte betrieben<br />

werden. Alten- und Pflegeheime<br />

werden von mobilen<br />

Impfteams versorgt.<br />

HAT DER NAME EINES NEUEN GESETZENTWURFS VON BUNDES-<br />

GESUNDHEITSMINISTER JENS SPAHN: Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz,<br />

kurz GVWG. Die 138 Seiten des Referentenentwurfs,<br />

der Änderungen an insgesamt 15 Gesetzen und Verordnungen<br />

umfasst, liegen den Verbänden seit dem 23. Oktober 2020 vor.<br />

48 Stunden<br />

SYMPTOMFREI SOLLTEN PERSONEN<br />

MINDESTENS SEIN, wenn sie Erkältungssymptome<br />

gezeigt haben, die auch auf eine<br />

Covid-19-Infektion hindeuten können.<br />

Erst dann sollten sie ihre Arbeit wiederaufnehmen,<br />

so die Empfehlung des Robert<br />

Koch-Instituts.<br />


RATGEBER RECHT<br />

LOGOPÄDIE DIGITAL<br />

Ausgezeichnete<br />

Therapie-Apps<br />

Das Münchner Start-up „neolexon“<br />

wurde für seine Logopädie-Apps<br />

mit dem „Digitalen<br />

Gesundheitspreis 2020“ von<br />

Novartis Deutschland ausgezeichnet.<br />

Die individualisierbare<br />

digitale Therapie unterstützt<br />

Patienten nach einer Hirnschädigung<br />

dabei, das Sprechen<br />

wieder zu erlernen. Die Idee<br />

zu „neolexon“ entstand 2014<br />

an der Ludwig-Maximilians-<br />

Universität in München. Die<br />

Sprachtherapeutinnen Dr.<br />

Mona Späth und Dr. Hanna<br />

Jakob wollten es Patienten<br />

ermöglichen, die erlernten logopädischen<br />

Inhalte zu Hause<br />

zu festigen und so schnellere<br />

Therapieerfolge zu erzielen.<br />

RAHMENVERTRAG<br />

Weiter im<br />

Schiedsverfahren<br />

Die vier großen Physiotherapieverbände haben<br />

am 9. November ihre Forderungen zum neuen<br />

Bundesrahmenvertrag gegenüber der Heilmittel-<br />

Schiedsstelle schriftlich begründet. Damit legen<br />

sie die Forderungen dar, bei denen während der<br />

vorherigen Verhandlungen keine Einigung erreicht<br />

wurde. Der GKV-Spitzenverband hat vier<br />

Wochen Zeit, darauf zu reagieren. Im Schiedsverfahren<br />

werden die Positionen zunächst<br />

schriftlich dargelegt, dann mündlich verhandelt<br />

und schließlich von Schiedspersonen entschieden.<br />

Diese sind Vertreter des GKV-Spitzenverbands<br />

und der für die Wahrnehmung der Interessen<br />

der Heilmittelerbringer maßgeblichen<br />

Spitzenorganisationen auf Bundesebene. Mehr<br />

dazu unter www.optica.de/rahmenvertrag<br />

PRAXIS-SUCHE<br />

Neue Suchmaschine<br />

Bei der Suche nach Ärzten ist „arzt-auskunft.de“ seit vielen<br />

Jahren etabliert. Der Betreiber „Stiftung Gesundheit“<br />

hat sein Angebot nun um eine Physiotherapeuten-Suchmaschine<br />

erweitert. Seit Oktober 2020 hilft die Physio-<br />

Praxis-Auskunft bei der Suche nach einer Praxis mit der<br />

passenden Spezialisierung. Zukünftig sollen auch Informationen<br />

zur Barrierefreiheit der Praxen ergänzt werden.<br />

„So finden Patienten die Praxis, die zu ihren ganz persönlichen<br />

Bedürfnissen passt“, sagt Stefan Winter, Vorstand und<br />

IT-Leiter der Stiftung Gesundheit. Die Stiftung erhebt derzeit<br />

die Angaben in den Praxen. www.physio-praxis-auskunft.de<br />

GESAGT<br />

Es ist zu befürchten, dass die<br />

Modellstudiengänge in den<br />

fünf Jahren einer weiteren<br />

Modellklausel so ausbluten,<br />

dass sie in Ermangelung von<br />

Studierenden einfach<br />

abgeschafft werden könnten.<br />

Hochschulverbund Gesundheitsfachberufe e. V.,<br />

in einer Stellungnahme zu den potentiell verlängerten Modellklauseln,<br />

11. November 2020<br />

Rechtswidrige<br />

Hausverbote?<br />

Rechtsanwalt Dr. Dr. Thomas Ruppel<br />

beschreibt, wann Praxen gegen ein<br />

unberechtigtes Hausverbot in Pflegeheimen<br />

vorgehen können.<br />

Der Markt um die Therapie in stationären Pflegeheimen<br />

ist umkämpft. Für Therapeuten, die in<br />

solchen Einrichtungen arbeiten, muss nämlich in<br />

der Praxis kein Behandlungsraum vorgehalten<br />

werden. <strong>Immer</strong> wieder sprechen Heimleitungen<br />

Hausverbote aus. Ähnlich wie in einem Mietshaus<br />

darf der Vermieter Gästen des Mieters –<br />

hier einem Therapeuten – jedoch nicht einfach<br />

den Zutritt verwehren. Es gilt der Grundsatz der<br />

Therapiefreiheit: Auch in Pflegeeinrichtungen<br />

darf der Patient selbst entscheiden, von wem er<br />

behandelt wird. Für ein Hausverbot müssen deshalb<br />

gewichtige Gründe vorliegen, bei denen die<br />

Rechte des Bewohners (Wohnungsgrundrecht,<br />

Therapiefreiheit, Selbstbestimmungsrecht) und<br />

des Heims abgewogen werden müssen. Berechtigt<br />

ist es bei einem schwerwiegenden objektiven<br />

Fehlverhalten. Ein einmaliges Fehlverhalten reicht<br />

nicht aus. Auch darf kein Verbot für eine ganze<br />

Praxis ausgesprochen werden, wenn sich lediglich<br />

ein Therapeut nicht korrekt verhalten hat. In<br />

diesen Fällen ist ein Hausverbot rechtswidrig, und<br />

die Praxis hat Anspruch darauf, dass es aufgehoben<br />

wird. Entspricht der Heimbetreiber dem nicht,<br />

kann gegen das Hausverbot geklagt werden.<br />

Mehr unter www.optica.de/hausverbot<br />

6 ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT7


DIGITALISIERUNG<br />

Allein auf<br />

weiter Flur<br />

Bei der Digitalisierung<br />

des Gesundheitswesens<br />

stehen<br />

Heilmittelerbringer in<br />

zweiter Reihe.<br />

Branchenverbände<br />

drängen darauf, sie<br />

besser einzubinden.<br />

TEXT: MARTIN SCHMITZ-KUHL<br />

In diesem Beitrag<br />

1.<br />

2021 wird das Jahr der<br />

Telematikinfrastruktur<br />

2.<br />

Physiotherapeuten können<br />

ab Juli mitmachen.<br />

3.<br />

Eine konsequente Einbindung aller<br />

Heilmittelerbringer wird gefordert.<br />

Die Digitalisierung<br />

des deutschen Gesundheitswesens<br />

hat Fahrt aufgenommen.<br />

Mittlerweile<br />

sind nahezu alle<br />

Ärzte, Apotheken<br />

und auch die Krankenhäuser<br />

an die Telematikinfrastruktur<br />

(TI) angebunden. Dieses digitale Kommunikationsnetz<br />

soll die unterschiedlichen<br />

Akteure miteinander verbinden und ihnen<br />

ermöglichen, schneller und einfacher untereinander<br />

zu kommunizieren und medizinische<br />

Daten sowie Rezepte auszutauschen.<br />

Die nächste Stufe in diesem Digitalisierungsprozess<br />

steht schon unmittelbar bevor: Zum<br />

1. Januar 2021 müssen alle Krankenkassen<br />

ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte<br />

anbieten, die ein zentrales Element<br />

der TI darstellt. Diese Akte ist eine digitale<br />

Dokumentensammlung unter der Kontrolle<br />

der Versicherten. Sie kann zum Beispiel Impfund<br />

Mutterpass oder die Erkrankungs- und Be-<br />

ZUKUNFT PRAXIS TITEL9


handlungshistorie enthalten. Auf diese Daten<br />

innerhalb der TI lässt sich dann ausschließlich<br />

mit der elektronischen Gesundheitskarte der<br />

Patienten und dem Heilberufsausweis der Ärzte<br />

sowie einer Institutionskarte zugreifen.<br />

„Nach jahrelanger Lethargie geht es endlich<br />

mit großen Schritten voran“, freut sich<br />

Ariane Schenk, die für Gesundheitsthemen<br />

zuständige Referentin beim Digitalverband<br />

Bitkom stellvertretend für die ganze Branche.<br />

Die Freude ist nicht ungetrübt. Denn ein Akteur<br />

des deutschen Gesundheitswesens bleibt<br />

auch diesmal wieder weitgehend außen vor: die<br />

Heilmittelerbringer. „Damit die neuen Möglichkeiten<br />

in ganzer Breite bei den Patienten<br />

ankommen, ist es wichtig, dass künftig auch<br />

weitere Heilberufe entsprechende Angebote<br />

machen können“, fordert Schenk. Dafür müssten<br />

auch alle Heilmittelerbringer Zugriff auf<br />

die elektronische Patientenakte erhalten. „Dies<br />

muss unbedingt in einer der nächsten Ausbaustufen<br />

geschehen.“<br />

Dies fordern neben der Bitkom auch andere<br />

Verbände - vom Bundesverband Gesundheits-<br />

IT bis hin zur Deutschen Gesellschaft für Telemedizin.<br />

(Ein Interview mit deren Vorstandsvorsitzenden<br />

Prof. Dr. Gernot Marx finden Sie<br />

1.7.<br />

2021<br />

ist der Stichtag für<br />

Physiotherapeuten,<br />

an dem sie sich an<br />

die TI anschließen<br />

können.<br />

online unter www.optica.de/dgtelemed.)<br />

Auch die Bundesregierung stimmt dem zu.<br />

„Ziel ist, dass sich alle Leistungserbringer an<br />

die Telematikinfrastruktur anschließen“, stellte<br />

sie auf Antwort einer „Kleinen Anfrage“ aus<br />

der FDP-Fraktion erst kürzlich wieder klar. Es<br />

sei „ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung,<br />

dass alle Berufsgruppen im Gesundheitswesen<br />

die Vorteile der Digitalisierung für die<br />

Kommunikation untereinander nutzen können.“<br />

Was den Zeithorizont angeht, bleibt die<br />

Regierung indes vage. Einen konkreten Zeitplan<br />

gibt es einzig für die Physiotherapeuten.<br />

Diese sollen sich ab dem 1. Juli kommenden<br />

Jahres mit einem eigenen Heilberufsausweis<br />

sowie einer Praxiskarte an die TI anschließen<br />

können.<br />

Staatsvertrag über elektronisches<br />

Gesundheitsberuferegister<br />

Die TI-Betreibergesellschaft Gematik gibt sich<br />

zuversichtlich, was Starttermin und die notwendige<br />

Authentifizierungsmöglichkeit angehen,<br />

weist zugleich aber auch auf die im Vorfeld<br />

<strong>noch</strong> zu bewältigenden Hürden hin. Denn die<br />

Gesundheitsministerkonferenz hat sich zwar<br />

INTERVIEW<br />

„Als gleichberechtigte Partner<br />

wahrgenommen werden“<br />

Sind Heilmittelerbringer in Sachen Digitalisierung eine<br />

vergessene Zielgruppe? Fragen an SEBASTIAN ZILCH, den<br />

Geschäftsführer des Bundesverbands Gesundheits-IT (bvitg).<br />

Welche Rolle spielen Heilmittelerbringer in Ihrem<br />

Verband?<br />

Eine große! Wir sind überzeugt, dass die Digitalisierung<br />

im Gesundheitswesen im Sinne eines<br />

sektorübergreifenden digitalen Versorgungsprozesses<br />

nur dann gelingen kann, wenn alle Akteure<br />

und Berufsgruppen daran beteiligt werden – nicht<br />

nur die medizinischen. Vor rund einem Jahr haben<br />

wir deshalb eine eigene Arbeitsgruppe zum Thema<br />

„Sonstige Leistungserbringer“ gegründet. Diese<br />

beschäftigt sich explizit mit der Frage, wie diese<br />

Gruppen innerhalb unseres Verbands und<br />

darüber hinaus mehr ins Bewusstsein gelangen<br />

und als gleichberechtigte Partner wahrgenommen<br />

werden können.<br />

E-Medikationsplan<br />

Notfalldaten-<br />

Management<br />

KIM<br />

Telematikinfrastruktur<br />

Versichertenstammdaten-<br />

Management<br />

Die Telematikinfrastruktur<br />

(TI)<br />

vernetzt alle Akteure<br />

des Gesundheitswesens<br />

im<br />

Bereich der Gesetzlichen<br />

Krankenversicherung<br />

und gewährleistet<br />

sicheren Informationsaustausch.<br />

Was wäre zu tun, damit das auch passiert?<br />

Anfang des Jahres haben wir dazu ein Positionspapier<br />

mit konkreten Maßnahmen herausgebracht.<br />

Zentral ist für uns dabei eine gesetzlich geregelte<br />

Anbindung an die Telematikinfrastruktur bis 2022.<br />

Sie soll als Datenautobahn alle Akteure des Gesundheitswesens<br />

sicher vernetzen. Natürlich verbunden<br />

mit Regelungen, wie die notwendigen Investitionen<br />

refinanziert werden können. Zudem<br />

fordern wir darin, dass papiergebundene Verfahren<br />

konsequent durch elektronische ersetzt werden,<br />

begleitet von einer entsprechenden Fortbildung<br />

des betroffenen Personals. Darüber hinaus<br />

sehen wir auch bei den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

und bürokratischen Vorgaben Handlungsbedarf,<br />

damit digitale Innovationen möglichst gut<br />

gedeihen können.<br />

Wie kann man die Digitalisierung für diese Zielgruppe<br />

selbst interessant machen?<br />

Ein aktuelles Beispiel ist die Telemedizin: Dank Videosprechstunden<br />

können während der Corona-Pandemie<br />

in vielen Fällen Therapien fortgesetzt<br />

werden – sofern die Krankenkassen das zulassen.<br />

Vielversprechend ist aber auch der Einsatz digitaler<br />

Lösungen in den teils sehr arbeitsintensiven<br />

Verwaltungsprozessen, etwa in der Abrechnung.<br />

Eine bessere Vernetzung inklusive der Möglichkeit<br />

einer elektronischen Verordnung wäre hier auf jeden<br />

Fall von Vorteil. Nicht zuletzt wird zukünftig die<br />

Möglichkeit des Zugriffs auf eine elektronische<br />

Patientenakte die Arbeit von Heilmittelerbringern<br />

positiv verändern. —<br />

10 ZUKUNFT PRAXIS TITEL ZUKUNFT PRAXIS TITEL11


IN KOOPERATION MIT<br />

Heilmittelerbringer<br />

sollten sich beim<br />

Thema Digitalisierung<br />

und Telemedizin<br />

aktiver positionieren<br />

und deutlicher zum<br />

Ausdruck bringen,<br />

was sie wollen.<br />

Prof. Dr. Gernot Marx<br />

Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft<br />

für Telemedizin (dgtelemed)<br />

auf die Einrichtung eines gemeinsamen elektronischen<br />

Gesundheitsberuferegisters<br />

(eGBR) verständigt, und der dafür nötige<br />

Staatsvertrag soll <strong>noch</strong> in diesem Jahr ratifiziert<br />

werden. Damit ist der Prozess jedoch<br />

nicht abgeschlossen. „Erst wenn der Staatsvertrag<br />

über den eGBR unterzeichnet wurde<br />

und in Kraft tritt, können die organisatorischen<br />

Schritte unternommen werden, dass<br />

eine Institution oder Instanz für die fachliche<br />

Prüfung der Physiotherapeutenrolle beauftragt<br />

wird und eine nachgelagerte Instanz<br />

oder ein Dienstleister damit beauftragt wird,<br />

die haptischen Karten zu produzieren und zu<br />

vertreiben“, so eine Sprecherin der Gematik.<br />

Mittlerweile scheinen sich die Berufsverbände<br />

nicht mehr damit abfinden zu wollen, in<br />

Sachen Digitalisierung abgehängt zu werden.<br />

Wie beim Thema Teletherapie drängen Sie inzwischen<br />

deutlich offensiver auf Berücksichtigung<br />

„auf Augenhöhe“, wie es Ute Repschläger,<br />

die Vorsitzende des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände<br />

(SHV), formuliert: „Wir fordern<br />

vehement eine konsequentere Einbindung<br />

aller Heilmittelberufe in die Telematikinfrastruktur.“<br />

—<br />

Weg in die digitale<br />

Abrechnungswelt<br />

Damit die Digitalisierung des Gesundheitswesens<br />

Fahrt aufnehmen kann, reichen gesetzliche Voraussetzungen<br />

nicht aus. Selbst wenn sich alle Heilmittelerbringer<br />

an die TI anschließen können, müssen die<br />

technischen Weichen richtig gestellt sein. Heißt, es<br />

muss ein sicherer, transparenter und einfacher Datenverkehr<br />

zwischen Patienten, Ärzten, Apothekern,<br />

Pflegekräften und Heilmittelerbringern erfolgen.<br />

Für die Gematik als Betreibergesellschaft der TI stehen<br />

die Entwicklung und der Betrieb des E-Rezepts im<br />

Mittelpunkt ihrer aktuellen Aktivitäten. Sie hatte deshalb<br />

europaweit einen Wettbewerb zur Vergabe des<br />

Fachdienstes E-Rezept ausgelobt, an dem auch Optica<br />

zusammen mit Partnerunternehmen teilgenommen hatte.<br />

Mit einer technisch versierten Lösung konnten die<br />

Stuttgarter bis in die Endrunde einziehen. Optica hat<br />

damit sein Know-how rund um den Ausbau der komplexen<br />

Telematikinfrastruktur im deutschen Gesundheitswesen<br />

bestätigt, auch wenn den Zuschuss letztlich<br />

die Zur Rose-Tochter eHealth-Tec und der IT-Konzern<br />

IBM erhielten.<br />

Optica engagiert sich vor allem, um für seine Kunden und<br />

durch seine entsprechenden Produkte in Zukunft eine<br />

vernetzte und transparente Versorgung der Patienten<br />

entlang der gesamten Behandlungskette zu ermöglichen.<br />

In der Digitalisierung der Rezeptabrechnung hat<br />

sich der Abrechnungsdienstleister in den vergangenen<br />

Jahren eine Expertise erarbeitet, die die Stuttgarter zu<br />

Beginn des Jahres mit dem erfolgreichen Launch des<br />

E-Rezepts in Hessen unter Beweis gestellt haben.<br />

Erst kürzlich wurde das Projekt „MORE – Mein Online-Rezept“<br />

mit dem renommierten dfg-Award ausgezeichnet.<br />

In dem Gemeinschaftsprojekt zum E-Rezept<br />

in Hessen unter Federführung der Kassenärztlichen<br />

Vereinigung Hessen wurde der gesamte Versorgungsund<br />

Abrechnungsprozess digitalisiert. Die Erfahrungen<br />

fließen derzeit in ein weiteres Teilprojekt ein, das im<br />

nächsten Jahr an den Start gehen soll und zum Ziel hat,<br />

auch die Heilmittelverordnung für Physiotherapeuten<br />

und andere Heilmittelerbringer elektronisch verfügbar<br />

zu machen: „MOVE – Meine Online-Verordnung“.<br />

Mehr unter www.optica.de/gematik<br />

THERAPEUTENWISSEN<br />

Karussell im Kopf<br />

Plötzlich eintretender heftiger Drehschwindel mit Übelkeit, manchmal<br />

Erbrechen, Gangunsicherheit und Falltendenz zu einer Seite –<br />

Personen mit diesen Symptomen haben eine Neuritis vestibularis.<br />

Physiotherapeuten können helfen, die Symptome zu mildern.<br />

ei der Neuritis vestibularis<br />

handelt es sich um den Ausfall<br />

eines Gleichgewichtsorgans,<br />

der durch einen akut einsetzenden,<br />

Tage bis Wochen andauernden<br />

Drehschwindel charakterisiert ist. Die<br />

Patienten berichten von Übelkeit,<br />

manchmal Erbrechen, Gangunsicherheit<br />

und einer einseitigen Falltendenz.<br />

Verstärkt wird der Schwindel<br />

durch Kopf- und Körperbewegungen,<br />

und er nimmt ab, wenn die Personen<br />

liegen und den Kopf ruhig halten. Das<br />

Gehör ist nicht betroffen.<br />

Die Neuritis vestibularis zählt neben<br />

dem benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel<br />

(BPLS) und dem<br />

Morbus Menière zu den häufigsten<br />

peripher-vestibulären Schwindelsyndromen.<br />

Die jährliche Inzidenz beträgt<br />

3,5 auf 100.000 Personen und<br />

umfasst sieben Prozent aller Schwindelformen<br />

(Strupp, 2009).<br />

Obwohl der Name der Erkrankung<br />

auf eine Entzündung hinweist, handelt<br />

es sich um den Ausfall eines<br />

Gleichgewichtsorgans. Eine mögliche<br />

Ursache ist die Reaktivierung eines<br />

Herpes-simplex-Virus HSV-1, die zu<br />

einem entzündeten N. vestibularis<br />

führt. Da der Nerv in einem K<strong>noch</strong>enkanal<br />

verläuft, entsteht durch die<br />

Schwellung eine Kompression des<br />

Blutgefäßes, wodurch es zu einer<br />

Ischämie kommt. In der Regel betrifft<br />

es den oberen Anteil des N. vesti-<br />

Plötzlicher Drehschwindel, der sich durch<br />

Bewegung verstärkt und im Liegen abnimmt:<br />

Neuritis vestibularis (Symbolbild).<br />

bularis, wodurch es eher zu einer<br />

partiellen als zu einer vollständigen<br />

Schädigung des Vestibularorgans<br />

kommt. In den ersten Stunden des Ereignisses<br />

empfiehlt die DGN-Leitlinie<br />

„Schwindel“ die Gabe von Kortison.<br />

Dies führt zu einer Abschwellung des<br />

N. vestibularis und damit zu einer Revaskularisation<br />

– das Innenohr wird<br />

wieder durchblutet. In den ersten<br />

drei Tagen können auch vestibulär<br />

dämpfende Medikamente (Betahistin)<br />

oder Medikamente gegen Übelkeit<br />

gegeben werden. Diese Medikamente<br />

sollten die Patienten nicht länger<br />

als drei Tage einnehmen, da diese<br />

die zentrale Kompensation hemmen.<br />

Weil sich die Neuritis vestibularis<br />

unterschiedlich auswirkt, muss der<br />

Physiotherapeut problemorientiert<br />

und befundbasiert behandeln. Durch<br />

die Therapie lässt sich die Funktion<br />

des Vestibularorgans nicht wiederherstellen.<br />

Das Training dient der<br />

zentralen Kompensation, man versucht<br />

also, das zentrale Netzwerk<br />

auszugleichen. Dazu gehören folgende<br />

Therapiebausteine:<br />

• Training der Blickstabilisation<br />

• Förderung der vestibulären<br />

Habituierung<br />

• Motivation zu dosierten<br />

Alltagsaktivitäten<br />

• Gleichgewichtstraining<br />

gegen die Falltendenz<br />

Im Verlauf nach einer Neuritis vestibularis<br />

kann es zu Lagerungsschwindel,<br />

zu Benommenheits- oder Schwankschwindel<br />

kommen. Diese müssen<br />

gesondert befundet und behandelt<br />

werden. Auch eine Polyneuropathie<br />

kann sich ungünstig auf die Erholung<br />

auswirken. Hat sich der Patient das<br />

Fixieren von Punkten im Alltag angeeignet,<br />

sollte er seine visuelle Abhängigkeit<br />

stufenweise mit Übungen und<br />

Verhaltensänderungen abbauen.<br />

Literatur:<br />

Strupp M, Brandt T. Vestibular neuritis.<br />

Semin Neurol 2009; 29: 509-19<br />

doi:10.1055/s-0029-1241040<br />

12 ZUKUNFT PRAXIS TITEL


Was Mitarbeitern<br />

Freude macht<br />

Gehälter in der Therapiebranche sind an die Zuwendungen<br />

der Krankenkassen gebunden, daher lassen sie sich nicht<br />

beliebig erhöhen. Doch Zusatzleistungen sind möglich.<br />

Und davon gibt es mehr, als viele Praxisinhaber denken.<br />

W<br />

enn es darum geht, abseits einer Gehaltserhöhung<br />

die Leistungen ihrer Mitarbeiter zu<br />

honorieren, werden manche Praxisinhaber<br />

kreativ. Möglichkeiten gibt es viele: „Wir bieten unseren<br />

Mitarbeitern einen Gesundheitszuschuss von 500 Euro<br />

pro Jahr an“, berichtet Lars Hermes, einer der Geschäftsführer<br />

von Theralingua. Mit ihren acht Standorten in<br />

Hamburg, Norderstedt und Berlin gehört die Praxis für<br />

Logopädie zu den größeren ihrer Branche. „Unsere Mitarbeiter<br />

können den Gesundheitszuschuss nutzen, um<br />

einen Yogakurs, eine Rückenschule, Raucherentwöhnung<br />

oder Ähnliches zu besuchen.“ Die Anbieter der Kurse<br />

TEXT: CHARLOTTE SCHMITZ<br />

müssen zertifiziert sein, dann ist der Zuschuss für den<br />

Mitarbeiter steuerfrei.<br />

Allerdings sei der Zuspruch bisher zurückhaltend.<br />

„Vielleicht ist es den Mitarbeitern zu kompliziert, einen<br />

Kurs herauszusuchen und zu absolvieren“, mutmaßt<br />

Hermes. Er hat eigens einen Workshop besucht, um sich<br />

über mögliche zusätzliche Gehaltsbestandteile zu informieren.<br />

Denn er wollte die Leistung seiner Angestellten<br />

besser honorieren, aber dabei innerhalb der Möglichkeiten<br />

einer logopädischen Praxis bleiben. „Wir zahlen<br />

einen Fahrtkostenzuschuss für jeden“, erklärt Lars Hermes.<br />

50 Euro erhält jeder Mitarbeiter, unabhängig davon,<br />

ob er mit dem Rad oder dem Auto kommt und ob er in der<br />

Nähe der Praxis oder weit entfernt lebt. „Der Fahrtkostenzuschuss<br />

ist für den Empfänger teilweise steuerfrei“,<br />

betont Hermes. Der zu versteuernde Anteil hängt von der<br />

jeweiligen Entfernung zum Arbeitsplatz ab. Einen weiteren<br />

Bonus, den Hermes seinen Mitarbeitern einräumt, ist<br />

ein Zuschuss zur betrieblichen Altersvorsorge. „Davon<br />

merken die Mitarbeiter im Moment nichts, aber später<br />

im Leben wird das wichtiger“, erklärt der Theralingus-<br />

Geschäftsführer. Er möchte, dass seine Therapeuten gut<br />

abgesichert sind.<br />

Gutscheine als steuerfreie<br />

Zuwendungen<br />

Kurzzeitig hatte Hermes erwogen, Essensgutscheine einzuführen.<br />

Doch die Anbieter der Gutscheine behielten<br />

eine Provision für sich, sodass nicht das gesamte Geld, das<br />

Theralingua dafür aufwendet hätte, bei den Mitarbeitern<br />

auch angekommen wäre. Gutscheine für ein Essen im<br />

Wert von 3,30 Euro täglich gelten als Sachwerte, die der<br />

Mitarbeiter steuerfrei erhalten kann. Der Arbeitgeber<br />

versteuert pauschal 25 Prozent des Werts – dies kommt<br />

oft günstiger als eine entsprechende Gehaltserhöhung.<br />

Neben Essensgutscheinen sind auch Einkaufsgutscheine<br />

in einer Höhe bis zu 44 Euro pro Monat steuerfrei. Diese<br />

kann man in vielen Onlineshops einlösen.<br />

Weitgehend unbekannt scheint <strong>noch</strong> die Möglichkeit,<br />

dass der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern eine Erholungsbeihilfe<br />

zahlt. Pro Kalenderjahr können 156 Euro pro Arbeitnehmer<br />

sowie weitere Beträge für dessen Ehepartner<br />

und Kinder gewährt werden, ohne dass darauf Steuern<br />

anfallen. Fortbildungen können ebenfalls bezuschusst<br />

werden, sofern der Inhalt der Qualifizierung in einem<br />

Zusammenhang mit der aktuellen Tätigkeit steht.<br />

Kinderbetreuung<br />

bezuschussen<br />

In vielen Gemeinden ist die Kinderbetreuung<br />

sehr kostspielig. Arbeitgeber können einen Zuschuss<br />

zahlen, egal ob die Kinder in eine Kita<br />

oder zu einer Tagesmutter gehen. Eine Betreuung<br />

durch Familienmitglieder zu Hause kann<br />

jedoch nicht bezuschusst werden. Der Arbeitgeberzuschuss<br />

ist nicht gedeckelt. Die Kinder<br />

müssen jünger als sechs Jahre sein. Ein Arbeitgeberzuschuss<br />

zu den Kosten für die Kinderbetreuung<br />

kann es Angestellten erleichtern, wieder<br />

ins Berufsleben zurückzukehren.<br />

Neben Zuschüssen sind auch Sachleistungen möglich:<br />

So können Arbeitgeber ihren Angestellten E-Bikes, E-Scooter<br />

oder E-Autos sowie Hybridmodelle, die für die Arbeit<br />

benötigt werden, auch in ihrer Freizeit überlassen. Die E-<br />

Mobilität wird derzeit mit üppigen staatlichen Zuschüssen<br />

gefördert. Achtung, hier muss ein Überlassungsvertrag die<br />

Grundlage der Vereinbarung sein. Gleiches gilt für die private<br />

Nutzung von Dienst-Handys und Laptops.<br />

Angesichts der Einkommenssteuersätze ist für viele<br />

Angestellte eine Zusatzleistung günstiger als eine Gehaltserhöhung,<br />

von der netto nicht viel übrig bleibt.<br />

„Wenn ich zum Beispiel 100 Euro brutto mehr an Lohn<br />

zahle, kommt bei vielen Mitarbeiterinnen nur 50 Euro<br />

an – je nach Steuerklasse“, rechnet Lars Hermes vor. Er<br />

ist froh, für Theralingua andere Lösungen gefunden zu<br />

haben, und sieht auch ein positives Feedback der Angestellten.<br />

Allerdings geht er davon aus, dass er damit<br />

niemanden überzeugen kann, sich bei ihm zu bewerben.<br />

„Für die Gewinnung geeigneter Kandidaten setze ich lieber<br />

auf eine gute Atmosphäre in der Praxis – das spricht<br />

sich herum“, betont Hermes. —<br />

Lesen Sie mehr zum Thema im Online-Interview mit der<br />

Logopädin und Fachwirtin im Sozial und Gesundheitswesen<br />

Ann-Kathrin Schäfer unter www.optica.de/schaefer.<br />

Die Überlassung von<br />

E-Autos, E-Bikes und<br />

andere Elektrofahrzeugen<br />

an die Mitarbeiter<br />

wird derzeit vom Staat<br />

üppig bezuschusst.<br />

14 ZUKUNFT PRAXIS THEMA ZUKUNFT PRAXIS THEMA 15


Kollegen über die Schulter schauen und voneinander lernen:<br />

Unter diesem Motto werden hier die Besonderheiten anderer<br />

Praxen gezeigt. Diesmal im Gespräch: ESTHER PELZER. Die<br />

Logopädin hat eine Praxis im saarländischen Losheim am See.<br />

Das Erste, was Sie morgens machen:<br />

Ich fahre mit dem Auto in die Praxis.<br />

Gerne würde ich die Hausbesuche<br />

mit dem Fahrrad anfahren, aber wir<br />

sind im ländlichen Raum und es ginge<br />

zu viel Zeit verloren. Dem Team<br />

steht ein E-Bike zur Verfügung, das<br />

gerne für kurze Entfernungen genutzt<br />

werden kann.<br />

Was ist in Ihrer Praxis anders als in<br />

anderen Praxen?<br />

Ich habe für die Praxis ein Wohnhaus<br />

mit großem Garten gekauft und umgebaut<br />

– sehr gemütlich mit privatem,<br />

einladendem Charakter und nicht so<br />

steril, wie es viele andere Praxen<br />

sind. Das ist gerade für die Kinder, die<br />

zu uns kommen, sehr schön.<br />

Arbeiten Sie schwerpunktmäßig<br />

mit Kindern?<br />

Ich selbst nicht. Mein Schwerpunkt<br />

sind Patienten mit neurologischen<br />

Störungen, die Kinder mit anderen<br />

Störungsbildern sind eher bei meinen<br />

drei Mitarbeiterinnen.<br />

Wie wird Ihr Team zum Dreamtam?<br />

Wir arbeiten als große Familie zusammen.<br />

Ich bin zwar verantwortlich,<br />

aber im Team sind wir alle auf<br />

Augenhöhe, und jeder arbeitet auch<br />

sehr selbständig und eigenverantwortlich.<br />

Praxis-Outfit oder Freestyle?<br />

Wir tragen Berufsbekleidung, also<br />

Polohemden mit unserem Logo. Das<br />

hat etwas mit Identifikation mit dem<br />

Beruf und mit der Praxis zu tun. Aber<br />

auch aus Hygienegründen finde ich<br />

das besser gegenüber dem Tragen<br />

von Privatkleidung.<br />

Wie gehen Sie mit dem Fachkräftemangel<br />

um?<br />

Das ist für uns tatsächlich ein großes<br />

Problem, für das ich auch keine<br />

Patentlösung zu bieten habe. Das<br />

eher ländliche Einzugsgebiet trägt<br />

nicht dazu bei, dass hier freie ausgebildete<br />

Logopädinnen und Logopäden<br />

auf dem Arbeitsmarkt sind.<br />

Manchmal hilft es, Praktikanten<br />

frühzeitig an die Praxis zu binden,<br />

aber das gelingt natürlich auch<br />

nicht immer.<br />

Warum ist das so schwierig?<br />

Weil die Arbeit in einer größeren Einrichtung<br />

für viele Logopäden einfach<br />

attraktiver erscheint, allein schon<br />

wegen der Arbeitszeiten. Wenn<br />

abends ein Patient zu uns kommt,<br />

können wir ihn nicht einfach wegschicken.<br />

Da muss man seinen Beruf<br />

schon sehr lieben, um sich darauf<br />

einzulassen. Auf der anderen Seite:<br />

Eigentlich will ich auch nur solche<br />

Mitarbeiter haben, die ihren Beruf<br />

richtig lieben.<br />

Wie machen Sie Ihre Praxis regional<br />

bekannt?<br />

Die Praxis gibt es seit 2003 mit ihrem<br />

Standort in Losheim am See.<br />

Dadurch haben wir uns bereits einen<br />

hohen Bekanntheitsgrad erworben.<br />

Wie gestalten Sie die Mittagspause?<br />

Wenn es möglich ist, treffen wir uns,<br />

um gemeinsam eine Pause zu machen.<br />

Das kommt allerdings nicht so<br />

häufig vor, weil ja jeder seine Termine<br />

hat.<br />

Workoholic auf einer Skala von 1<br />

bis 10?<br />

Man kann mich schon als Workoholic<br />

bezeichnen, also mindestens 8. Aber<br />

das ist einfach mein Naturell – kombiniert<br />

mit einem gewissen Helfersyndrom,<br />

das dazu führt, dass ich<br />

immer wieder einen Patienten in den<br />

Kalender reinschiebe, wenn er mich<br />

braucht, selbst wenn der Kalender<br />

eigentlich schon voll ist.<br />

Karteikarte oder Praxis-EDV – wie<br />

digital ist Ihre Praxis?<br />

Ich bin da wohl eher so ein alter<br />

Hase. Von der Abrechnung bis zur<br />

Dokumentation ist bei uns alles <strong>noch</strong><br />

sehr analog.<br />

Ich würde die<br />

Vergütungen<br />

für alle Heilmittelerbringer<br />

erhöhen, aber<br />

auch anders<br />

gestalten.<br />

Wie stehen Sie dann zur elektronischen<br />

Verordnung?<br />

Wenn sie käme, würde ich mich natürlich<br />

umstellen. Ich gehöre einfach<br />

zu den Menschen, die so etwas<br />

erst machen, wenn sie es müssen.<br />

Aber dann würde ich es bestimmt<br />

irgendwann sehr zu schätzen wissen.<br />

Nur vor der Umstellung graut<br />

es mir immer.<br />

Facebook, Twitter oder Instagram?<br />

Die nutze ich gar nicht.<br />

Wie bleiben Sie fachlich up-to-date?<br />

Vor allem durch Fortbildungen, die<br />

hoffentlich dann auch bald wieder<br />

starten werden. Denn mit diesen digitalen<br />

Formaten konnten wir alle im<br />

Team nicht so viel anfangen.<br />

Gesundheitsminister für einen Tag?<br />

Was würden Sie machen?<br />

Ich würde die Vergütungen für alle<br />

Heilmittelerbringer erhöhen, aber<br />

auch anders gestalten – nämlich<br />

nach Schweregrad staffeln. Wenn ich<br />

sehe, was beispielsweise ein Logopäde<br />

bekommt, der einen Schluckpatienten<br />

betreut – mit all den damit<br />

verbundenen Risiken und der Verantwortung<br />

–, dann ist das einfach nicht<br />

in Ordnung. Auch im Vergleich zu<br />

anderen Berufen, wie dem des Physiotherapeuten<br />

und Ergotherapeuten.<br />

Noch einmal auf Start – würden Sie<br />

alles <strong>noch</strong> mal genauso machen?<br />

Ja, auf jeden Fall, weil ich diesen Beruf<br />

lieben gelernt habe. Zudem kommt<br />

mir mein erster Beruf als Zahnarzthelferin<br />

fachlich sehr zugute.<br />

Therapeut auch nach Feierabend?<br />

Ja. Ich bin auch <strong>noch</strong> abends, wenn<br />

ich zu Hause bin, für gewisse Patienten<br />

da. Manchmal lege ich meine<br />

Telefontermine sogar ganz bewusst<br />

auf die Zeit nach 20 Uhr, weil ich da<br />

etwas mehr Zeit und Ruhe habe. Eigentlich<br />

gehört nur der Sonntag mir<br />

und meinem Mann.<br />

16 ZUKUNFT PRAXIS THEMA ZUKUNFT PRAXIS THEMA 17


INFORMIERT<br />

Aktuelles aus der Welt<br />

der Abrechnung von<br />

Heilmitteln<br />

WEBINAR<br />

Fragen und Antworten<br />

zur neuen<br />

Heilmittelrichtlinie<br />

Kommt sie oder kommt sie nicht? Zum 1. Januar 2021 soll<br />

die neue Heilmittelrichtlinie in Kraft treten. Alle Beteiligten<br />

versprechen sich davon deutliche Vereinfachungen bei<br />

der Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln. Doch<br />

was ändert sich konkret? Und wie wird zukünftig taxiert?<br />

Das alles erklären die Experten von Optica in einem Live-<br />

Webinar am Montag, 7. Dezember 2020, um 18 Uhr.<br />

Registrieren Sie sich jetzt und sichern Sie sich Ihren Platz:<br />

www.optica.de/hmr-webinar<br />

Service &<br />

Wissen<br />

Rahmenvertrag:<br />

Wie geht es weiter?<br />

Die maßgeblichen Verbände der<br />

Physio- und Ergotherapeuten haben<br />

die Verhandlungen zum Rahmenvertrag<br />

in Teilen für gescheitert erklärt<br />

und haben ihre Forderungen<br />

ausführlich begründet. Jetzt übernimmt<br />

die Schiedsstelle. Was sind<br />

die nächsten Schritte? Das erfahren<br />

Sie hier:<br />

www.optica.de/rahmenvertrag<br />

COVID-19 FAQ<br />

Der Lockdown ist wieder da. Und<br />

die Regelungen bezüglich der Abrechnung<br />

und den Unterbrechungsfristen<br />

haben sich auch mehr als<br />

einmal geändert. Da den Überblick<br />

zu behalten ist gar nicht so leicht.<br />

Deshalb hat Optica alle aktuellen<br />

Informationen in einem übersichtlichen<br />

FAQ für Sie zusammengefasst:<br />

www.optica.de/covid-faq<br />

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Patienten: Hygienesysteme sowie<br />

verschiedene Arten von Gesichtsschutz,<br />

Handschuhen oder Desinfektionsmitteln<br />

finden Sie in<br />

unserem Online-Shop. Schauen<br />

Sie doch einmal vorbei:<br />

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Termine<br />

Deutscher Wirbelsäulenkongress virtuell<br />

9. bis 11. Dezember 2020<br />

www.dwg-kongress.de/<br />

TheraPro Stuttgart<br />

5. bis 7. Februar 2021, Messe Stuttgart<br />

www.messe-stuttgart.de<br />

Therapie Leipzig<br />

11. bis 13. März 2021<br />

www.therapie-leipzig.de<br />

FIBO 2021<br />

8. bis 11. April 2021<br />

www.fibo.com/de/<br />

World Physiotherapy Kongress 2021 online<br />

8. bis 10. April 2021<br />

congress.physio/2021<br />

Verschoben<br />

auf 28. –<br />

30.01.2022<br />

Impressum<br />

Zukunft Praxis, Ausgabe 11/2020<br />

(Erscheinungsweise: monatlich)<br />

Herausgeber:<br />

Optica Abrechnungszentrum Dr. Güldener GmbH<br />

Marienstraße 10, 70178 Stuttgart<br />

Vertreten durch die Geschäftsführer Konrad<br />

Bommas, Markus Kinkel und Dr. Jochen Pfänder<br />

Telefon: 0711 99373-2000, Telefax: 0711 99373-2025<br />

E-Mail: info@optica.de<br />

Optica-Redaktion: Fabian Maier (V.i.S.d.P.)<br />

Verlag: FAZIT Communication GmbH, Frankenallee 71 – 81,<br />

60327 Frankfurt am Main<br />

Konzept: Jan Philipp Rost, Martin Schmitz-Kuhl,<br />

Christiane Zimmer<br />

Art-Direktion: Oliver Hick-Schulz<br />

Produktion: Anabell Krebs<br />

Text: Michael Hasenpusch, Charlotte Schmitz,<br />

Martin Schmitz-Kuhl, Christiane Zimmer<br />

Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH,<br />

Mörfelden-Walldorf<br />

Fotografie:<br />

Titel + S.3: Kristina Shlimovich/iStock, S.3: Optica, S. 5:<br />

sorbetto/iStock, S. 6/7: seb_ra/iStock, S.8/9: ljubaphoto/<br />

iStock, S.10: Gematik GmbH, S. 11: privat, S.13: gawrav/iStock,<br />

S.14: porcorex/iStock, S.15: mmphoto/AdobeStock,<br />

S.16/17: Optica, S.18: Optica, S.19: Stockfotos-MG/iStock<br />

Abo-Bestellung: zukunft-praxis@optica.de,<br />

Jahresabonnement 85,00 Euro für 12 Ausgaben,<br />

Einzelverkauf 7,80 Euro. Für Optica-Kunden und ausgewählte<br />

Interessenten kostenlos; Registrierung unter<br />

www.optica.de/zukunft-praxis<br />

Hinweis: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit der Texte wird<br />

entweder die männliche oder weibliche Form von personenbezogenen<br />

Haupt wörtern gewählt. Dies impliziert keine<br />

genderspezifische Benachteiligung.<br />

Vorschau<br />

Zukunft Praxis Ausgabe 12/2020<br />

Fragen zur Abrechnung?<br />

Unser Kundenservice antwortet Ihnen persönlich.<br />

Einfach unter 0711 99373-2000 anrufen oder eine<br />

E-Mail schreiben: kundenservice@optica.de.<br />

Damit wir schnell und gezielt helfen können, geben Sie<br />

bitte Ihre Kundennummer an.<br />

Ihr Optica-Team<br />

HEILMITTELRICHTLINIE Derzeit ist wieder ungewiss,<br />

ob sie zum 1. Januar 2021 tatsächlich in Kraft tritt: Die<br />

neue Heilmittelrichtlinie. Auch der bundeseinheitliche<br />

Rahmenvertrag ist <strong>noch</strong> im Schiedsverfahren. Wir haben<br />

den<strong>noch</strong> Praxisinhaber und Verbände gefragt, was sie<br />

sich von der neuen Richtlinie erhoffen.<br />

18 ZUKUNFT PRAXIS FRAGEBOGEN ZUKUNFT PRAXIS FRAGEBOGEN19


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