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Standpunkte 3 Oktober 2021

Mitglieder-Magazin von NORDMETALL

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Standpunkte

Das Magazin von Nr. 3 / Oktober 2021 / 38. Jahrgang www.meinarbeitgeberverband.de

Kieler Spitzen

Wirtschaft trifft Politik bei EDUR

Plus: Corona

als Innovationsbooster


Hier kommt

das Gegenstück

Foto: Rolf Dunkel

Braut oder Bräutigam?

Hier ist die eine Hälfte der neuen Korvette „Karlsruhe“ auf dem Weg zu ihrer

Heirat. Das Vorderschiff wurde bei German Naval Yards in Kiel gebaut,

das Achterschiff auf der Peene-Werft in Wolgast. Beide Teile werden nun

bei Blohm & Voss in Hamburg zusammengefügt, im Fachjargon heißt

das „verheiratet“. Danach beginnt die Bewaffnung, unter anderem mit

Raketenwerfern und Torpedoabschuss-Einrichtungen. Auf der „Karlsruhe“

werden 61 Soldatinnen und Soldaten Dienst tun. Der geringe Tiefgang

von 3,4 Metern, die Geschwindigkeit von mehr als 26 Knoten und die gute

Manövrierbarkeit machen die Korvetten der Braunschweig-Klasse zu

beliebten Marineschiffen. DJ


STANDPUNKT NR. EINS

Dr. Nico Fickinger,

Hauptgeschäftsführer

NORDMETALL

Wahlkämpfe und Tarifrunden haben so manches gemeinsam: In der Öffentlichkeit

wird zäh und oft lautstark um Positionen und gesellschaftliche

Mehrheiten gerungen. Man versucht, in den Medien zu punkten und die

Glaubwürdigkeit der gegnerischen Argumente zu erschüttern. Doch spätestens

wenn sich die Türen hinter den Verhandlungsparteien schließen, ist

nicht mehr Polemik gefragt, sondern Pragmatismus, Vertrauen und Kreativität.

Es gilt, eine gemeinsame Sicht auf die Dinge zu finden und Lösungsansätze

zu entwickeln:

Wie könnte eine auch auf andere Staaten übertragbare

Blaupause für Prosperität im Klimawandel aussehen?

Wie lassen sich Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit

auch in den Sozialversicherungen verankern?

Kann der Staat die Transformation beschleunigen

und unterstützen, ohne selbst zum Akteur und Bürokratieverursacher

zu werden? Mit welchem Narrativ ließe sich Lust auf eine Zukunft

machen, in der nachhaltige Wirtschaftspolitik made in Germany zum

neuen Exportschlager wird?

Ökologie und

Ökonomie

versöhnen

Die Tatsache, dass gerade die Jung- und Erstwähler auf Gelb und Grün setzten,

zeigt, von wem sie sich die stärksten Erneuerungsimpulse erhoffen. Wenn es

Grünen und Liberalen gelingt, Ökologie und Ökonomie zu versöhnen, staatlichen

Anschub und unternehmerische Freiheit in eine faire Balance zu bringen

sowie Ideen dahingehend zu entwickeln, wie die Leistungsfähigkeit der

Wirtschaft und des Sozialstaats gestärkt werden können, dann wäre das nicht

der schlechteste Auftakt für die anstehende Regierungsbildung.

Die neue Koalition sollte sich auf wesentliche Zukunftsaufgaben konzentrieren

und den Rest mutig dem Tagesgeschäft überlassen. Es kommt in der Politik

sowieso oft anders, als man denkt. Wenn genug Vertrauen und Verbindlichkeit

vorhanden sind, lassen sich auch unerwartete Herausforderungen

meistern – ganz wie im Tarifgeschäft. Ohne eine gemeinsame Grundüberzeugung

bringt jedoch auch der dickste Koalitionsvertrag unser Land nicht

nach vorn. Das hat die GroKo leider hinlänglich bewiesen.

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

3


3

2021

Titel

Bundestagswahl 2021

Die norddeutschen M+E-Arbeitgeber haben den 77 frisch gewählten Abgeordneten

aus dem Norden ihre Wünsche ins politische Lastenheft für

den 20. Deutschen Bundestag geschrieben – im Rahmen der Debattenreihe

„NORDMETALL vor Ort“ in Kiel und Bremen sowie klassisch in Briefform. S. 6

Plus

Innovationsschub

Pandemie setzt

Potenziale frei

Papierlose Büros, virtuelle Wartungen,

Onlinetrainings – die Coronapande mie

hat in der norddeutschen M+E-

Industrie eine Modernisierungswelle

ausgelöst. Drei Unternehmen gewähren

einen Einblick. S. 18

Fotos: RATOCA/Shutterstock, Christian Augustin

4 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Termin beim Chef

Emissionsarme

weycor-Radlader

Klaus Brunkhorst führt den Baumaschinenhersteller

Atlas Weyhausen

aus Wildeshausen seit 2008. S. 48

NORDMETALL-Stiftung

Klassikfestivals

und die Jugend

Wer junges Publikum anlocken will,

muss sich etwas einfallen lassen.

15 Musikfestivals auf dem Weg. S. 28

Verband

Mehrwert Verband

Folge 65: Aus- und Fortbildungszentrum Rostock 35

Wir für Sie

Folge 34: Unsere Fachleute für KI – Marco Swyter und Laura Tönnsen 40

Tarif Update

Verfall übergesetzlichen Urlaubs 58

Thema

Lieferkettenmanagement

Was KMU von Konzernen lernen können 14

Reportage

Hitzler Werft unter neuer Flagge 22

Fachgespräch

Andrea Martin, Leiterin des IBM Watson Center 44

Rubriken

Fotos: Christian Augustin, Jakob Stolz, Holger Martens

Made in Northern Germany – Gusseisen-Reparaturen 32

INSM – Aus der Hauptstadt 34

Menschen und Meldungen 36

Grafik des Monats 39

Termine 41

Panorama – Von der Nordsee ins All 43

Cartoon / Wirtschaftszitat 57

Treffpunkt Nord 52

Kontakt zu NORDMETALL 59

Mein Standpunkt – Bildmächtig 60

Personenregister / Impressum 61

Kurz vor Schluss / Standpunkte-Podcast 62

„Ich lese Standpunkte“ – Dr. Stefan Rudolph 63

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

5


Titelstory

Hier die Highlights

anschauen

NORDMETALL vor Ort

in Kiel

Die säuberlich aufgeräumte, in grau gehaltene Werkshalle der

EDUR-Pumpenfabrik in Kiel-Wellsee lieferte den passenden Rahmen:

Sachlich-nüchtern debattierten vier schleswig-holsteinische

Spitzenpolitiker Mitte September untereinander und mit Unternehmerinnen

und Unternehmern in der vierten und letzten Runde der

Reihe „NORDMETALL vor ORT – Wirtschaft trifft Politik“.

Hausherrin Frederike Holdhof begrüßte die Bundestagsabgeordneten

Wolfgang Kubicki (FDP; zugeschaltet aus

Berlin) und Johann Wadephul (CDU), den grünen Parteivorsitzenden

Robert Habeck und den SPD-Politiker Ralf

Stegner mit einer klaren Botschaft: „Ich glaube, dass

wir die Komfortzone, in der wir uns in Deutschland und

Europa eingerichtet haben, besser schnell als langsam

verlassen müssen“, mahnte die Familienunternehmerin

in vierter Generation mit Blick auf Klima- und Strukturwandel.

EDUR leiste seinen Beitrag dazu, etwa durch die

Anwendung von Kreiselpumpen in Elektrolyseanlagen

zur Wasserstofferzeugung. Sorgen bereite ihr aber die

Frage, wie sich deutsche Unternehmen auf dem wichtigen

chinesischen Markt behaupten können, der von Peking

immer mehr abgeschottet werde. Ebenso bedenklich

sei die politische Tendenz, mit neuen oder höheren

Steuern und immer mehr Bürokratie Unternehmen in

Deutschland stärker belasten zu wollen.

NORDMETALL-Vizepräsident Robert Focke griff den

Ball in seinem Impulsstatement vor den – Coronabedingt

– wenigen Unternehmerinnen und Unternehmern

in der Halle und den bis zu 9400 Zuschauern auf Youtube

auf: „Unflexible Arbeitszeitregeln und steigende Arbeitskosten,

wachsende Steuer- und Abgabenlasten, immer

höhere Umweltstandards und ein sich beschleunigender

Strukturwandel, löchrige Lieferketten oder ein

engmaschiges Lieferkettengesetz, und dann noch die

Bewältigung der Coronapandemie“ – dieser Strauß an

Herausforderungen lasse manche Unternehmerinnen

und Unternehmer darüber nachdenken, ob sich eine

Produktion in Deutschland auch künftig halten lasse.

Statt weiterer Belastungen brauche es Entlastungen und

Fotos: Christian Augustin

6 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Frederike Holdhof, Geschäftsführerin der

EDUR-Pumpenfabrik, sorgt sich um die Stellung

deutscher Unternehmen auf dem zunehmend

abgeschotteten chinesischen Markt.

mehr Respekt der Politik vor der grundgesetzlich geschützten

unternehmerischen Freiheit, so der Geschäftsführer

des Lübecker Maschinenbauers Baader.

Grünen-Chef Robert Habeck, der im Wahlkreis Schleswig-Flensburg

als Direktkandidat antrat und das Mandat

am Wahlsonntag auch holte, warb für die Chancen,

die im Strukturwandel der Industrie stecken:

„Deutschland hat eine Innovations-, Investitions- und

Wachstumsschwäche. Die entscheidende Frage derzeit

ist also, wie schaffen wir Wachstum, das die Produkte

der Zukunft in Deutschland und Europa herstellt? Direkte

Investitionszuschüsse und Klimaschutzverträge

werden uns in den kommenden zehn Jahren ein Wirtschaftswunder

Klimaneutralität bescheren.“ Dafür

müsse der Staat entsprechend finanziell gerüstet sein.

FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki widersprach seinem

Duzfreund Robert sofort: Nicht der Staat sei der Zukunftstreiber,

sondern der Markt, die Wirtschaft und

besonders die Industrie: „Wir müssen auf Technologieoffenheit

und unternehmerische Kreativität setzen. In

der Pandemie haben wir gelernt: Ohne eine starke Wirtschaft

könnten wir all das nicht leisten, was wir auf den

Weg gebracht haben. Es kommt darauf an, dirigistischen

Aufwand von den Unternehmen fernzuhalten,

um sie im wirtschaftlichen Miteinander nicht zu behindern.“

Es brauche nicht mehr Staat, sondern einen besseren

Staat, so der Bundestagsvizepräsident, der an der

Spitze der liberalen Landesliste auch in den 20. Deutschen

Bundestag einzog.

Ralf Stegner, am Debattentag noch SPD-Landtagsabgeordneter,

am Wahlsonntag dann erfolgreicher Direktkandidat

im Wahlkreis Pinneberg, teilte die Sichtweise

des Liberalen gar nicht: „Der Markt funktioniert nicht

überall. Wenn wir eine 200 Jahre alte Industrie mit fossilen

Energieträgern zu einer funktionierenden Industrie

gesellschaft umbauen wollen, die auch noch die

Klima ziele einhält, dann können wir nicht zugucken,

ob die Wirtschaft das alleine hinbekommt. Wir müssen

aktiv etwas für die Forschung, für die Verkehrswende

und für die erneuerbaren Energien tun.“

Das sei im Grundsatz nicht falsch, erwiderte Johann

David Wadephul, stellvertretender Vorsitzender der

NORDMETALLL-Vizepräsident Robert Focke (Nordischer

Maschinenbau Rud. Baader) fordert mehr Respekt der

Politik vor der vom Grundgesetz geschützten unternehmerischen

Freiheit.

Missbrauch bei Werkverträgen oder Zeitarbeit

bekämpft man nicht, indem man die Instrumente

verbietet, mahnt Dr. Nico Fickinger, NORDME-

TALL-Hauptgeschäftsführer.

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

7


Erwartet ein „Wirtschaftswunder

Klimaneutralität“: Dr. Robert

Habeck MdB (Bündnis 90/Die Grünen).

Plädiert für Technologieoffenheit

und unternehmerische Kreativität:

Wolfgang Kubicki MdB (FDP).

CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus Kiel-Molfsee, der

sein Direktmandat in Rendsburg-Eckernförde am

Wahlsonntag verlor, aber über die Landesliste in den

neuen Bundestag einzog. Gleichwohl gelte: „Wenn wir

die Wirtschaft wieder in Schwung bringen wollen, müssen

wir Unternehmerinnen und Unternehmer entlasten:

Wir werden keine Vermögenssteuer einführen und

für eine gleichbleibende Erbschaftssteuer sorgen. Was

wir aber vor allem schaffen müssen, ist ein einfacheres

Steuersystem, das bessere Kontrollen ermöglicht“, so

Wadephul.

Auf notwendige Entlastungen und bessere Rahmenbedingungen

pochten in der anschließenden Diskussion

zwischen Wirtschaftsvertretern und Politikern unter

anderem Cathrin Kohnke, NORDMETALL-Vorstandsmitglied

und Director HR bei Stryker Trauma in Kiel,

sowie NORDMETALL-Hauptgeschäftsführer Dr. Nico

Fickinger: „Den Unternehmen Kettenbefristungen zu

Stellt sich gegen Steuererhöhungen und

die Wiedereinführung der Vermögenssteuer:

Dr. Johann Wadephul MdB (CDU).

„Der Markt funktioniert nicht überall“, ist Dr. Ralf

Stegner MdB (SPD) überzeugt und setzt auf staatliche

Regulierung statt auf unternehmerische Freiheit.

Fotos: Xxxxxxxxxxxx Xxxxxxxxxxx

8 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


NORDMETALL-Vorständin Cathrin

Kohnke (Stryker Trauma) will von den

Politikern wissen, was die Parteien für die

Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität

deutscher Unternehmen tun werden.

EDUR-Geschäftsführer Thomas Naß (r.)

stellt seine Werkshalle in Kiel-Wellsee für

„NORDMETALL vor Ort“ zur Verfügung. Hier

im Gespräch mit Dr. Jörg Mutschler (VDMA).

Die Schleswig-Holsteinische Landeszeitung vom

14.9.2021 berichtet ausführlich.

verbieten und als Staat gleichzeitig aus Kostengründen

im Juli die Lehrkräfte rauszuschmeißen, die man im

September wieder einstellt – da frage ich mich: Wie

passt das zusammen?“, so der Arbeitgebervertreter.

Eine schlüssige Antwort blieb ihm trotz der sachlichengagierten

Beiträge in der eineinhalbstündigen

Debatte verwehrt. Alexander Luckow

Gut besuchtes Hybridformat: In der Coronakonform

besetzten EDUR-Werkshalle verfolgen rund

20 Gäste „NORDMETALL vor Ort“. Im Netz kamen

noch weitere 9400 Politikinteressierte hinzu.

Fotos: Christian Augustin

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

9


NORDMETALL vor Ort

in Bremen

Hier die Highlights

anschauen

Es heißt, die Menschen aus Bremen seien hanseatisch unterkühlt.

Doch davon war in der emotional-engagierten Debatte der Bremer Bundestagsabgeordneten

und -kandidaten mit Unternehmern wenig zu spüren.

Lutz Oelsner, Präsident der Unternehmensverbände im

Land Bremen und langjähriger NORDMETALL-Vizepräsident,

stimmte Politiker und YouTube-Publikum im

Haus der Industrie auf die Wünsche der Wirtschaft ein:

Bürokratieabbau, Kostenmoratorium und ein flexibleres

Arbeitsrecht seien in den nächsten vier Jahren

vorrangig, so der Gestra-Aufsichtsrat. Uwe Schmidt,

SPD-Bundestagsabgeordneter aus Bremerhaven, zeichnete

ein positives Bild der Industrieproduktion „made

in Bremen“: Mit den Seehäfen, der Auto- oder Raumfahrtindustrie

und neuen Wasserstoffprojekten sei die

Weser-Metropole bestens aufgestellt. Das wollte

Stellt sich in Bremen gegen die Produktion

von Rüstungsgütern: Nachwuchspolitiker

Christian Gerlin (Die Linke).

Kennt politische

Hemmnisse

aus eigener

Erfahrung:

NORDMETALL-

Präsident und

Familienunternehmer

Folkmar

Ukena.

Fotos: Christian Augustin

10 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Dringend nötig: Dr. Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer

von NORDMETALL, fordert eine

Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts.

Erwartet große Vorteile von einem

vom Markt festgesetzten CO 2 -Preis:

Dr. Volker Redder MdB (FDP).

Setzt sich gegen

linke Ideologien

zur Wehr und hält

nichts von einer

Rückkehr der

Vermögenssteuer:

Thomas Röwekamp

MdB (CDU).

Für staatliche

Leitplanken

statt starrer

Regeln plädiert

NORDMETALL-

Geschäftsführer

Cornelius Neumann-Redlin.

CDU-Spitzenkandidat Thomas Röwekamp so nicht stehen

lassen: Gerade die durch Corona besonders getroffene

bremische Wirtschaft dürfe nicht durch „linke

Ideologie“ geschädigt werden, neue und höhere Steuern

seien „Gift“. Michael Labetzke, grüner Bundestagskandidat

in Bremerhaven, sah die wirtschaftliche Zukunft

vor allem in der Aufstellung eines „klimaneutralen

Hafens“, der linke Nachwuchspolitiker Christian Gerlin

gar im „Einschreiten“ gegen Rüstungsproduktion in der

Stadt. FDP-Spitzenkandidat Volker Redder kritisierte

das „linke Denken von Unternehmern als Ausbeuter“,

stattdessen müssten liberalere Gesetze flexiblere Arbeitsbeziehungen

zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite

ermöglichen. NORDMETALL-Präsident

Folkmar Ukena und NORDMETALL-Vorstand Michael

Winkler unterstützten diese Position später in die Debatte,

die Cornelius Neumann-Redlin, Geschäftsführer

der NORDMETALL-Bezirksgruppe Unterweser, so zusammenfasste:

„Der Staat soll die Leitplanken der sozialen

Marktwirtschaft regeln, nicht mehr.“ Luc

Macht sich im Bund stark für Bremen als

Industriestandort: der langjährige Bundestagsabgeordnete

Uwe Schmidt MdB (SPD)

aus Bremerhaven.

Beschwört einen

Industriepakt für

Transformation

und Klimaschutz:

Michael Labetzke

(Bündnis 90/Die

Grünen).

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

11


Nach der Wahl:

Post für viele

neue Köpfe

NORDMETALL macht Politik: Die norddeutschen

M+E-Arbeitgeber wenden sich gemeinsam mit ihrem

Schwesterverband AGV NORD im Zuge ihrer politischen

Interessenvertretung jetzt verstärkt und regelmäßig an

ihre norddeutschen Bundestagsabgeordneten. Der AGV

NORD-Vorsitzende Julian Bonato (MHG Heiztechnik)

machte im Frühjahr den Auftakt mit einem Schreiben

zur Stärkung der Tarifautonomie. NORDMETALL-

Hauptgeschäftsführer Dr. Nico Fickinger thematisierte

im Jahresverlauf gegenüber den Volksvertretern unter

anderem die neuen Lasten, die der Unternehmerschaft

durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die

Novellierung des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes

drohen. Vor und direkt nach der Bundestagswahl

schrieb er den Parlamentsangehörigen die Wünsche der

norddeutschen M+E-Arbeitgeber ins politische Lastenheft

des 20. Deutschen Bundestages.

„Eine neue Bundesregierung muss die Wettbewerbsfähigkeit

unserer Unternehmen stärken. Nur dann können

wir den Strukturwandel bewältigen und möglichst

viele Arbeitsplätze im Norden zukunftsfest machen“,

heißt es in dem Schreiben an 77 neu oder wiedergewählte

Abgeordnete. Dazu sei eine langfristige Deckelung

der Sozialversicherungsbeiträge auf maximal

40 Prozent nötig. Steigende Sozialabgaben ließen

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weniger Netto

vom Brutto, machten Arbeit noch teurer und Investitionen

in Deutschland unattraktiver. Langfristig engten sie

den finanziellen Spielraum kommender Generationen

und Regierungen ein, so die Mahnung der norddeutschen

M+E-Arbeitgeber.

„Außerdem brauchen wir eine gerechte Steuerpolitik,

die auf Eingriffe in die Substanz und höhere Lasten für

all jene verzichtet, die schon jetzt den größten finanziellen

Beitrag zum Gemeinwesen leisten“, so Fickinger weiter.

Neue Belastungen würden Investitionen und

Innovationen in Deutschland lähmen und wären Gift

für die wirtschaftliche Erholung nach Corona – ganz

abgesehen von der Bürokratie, die neue Steuern und

Abgaben mit sich brächten.

Schließlich sei ein an die EU-Arbeitszeitrichtlinie angepasstes

Arbeitszeitrecht überfällig. Mit einer zulässigen

Höchstarbeitszeit, die sich nicht mehr auf den Tag,

sondern auf die Woche bezieht, könnten Arbeitgeber

und Arbeitnehmer die Arbeitszeit im Wochenverlauf

variabel nach individuellen Bedürfnissen gestalten.

„Familien und Betriebe werden es ihnen danken“, so die

Botschaft von NORDMETALL und AGV NORD.

Gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ betonte Fickinger,

dass „ein Blick in die Wahlprogramme der Par-

12 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


„Die Unternehmerinnen

und Unternehmer im

Norden vertrauen auf

Ihre Unterstützung!“

– mit diesen Worten

richteten sich NORD-

METALL und AGV

NORD Ende September

an die frisch

gewählten norddeutschen

Abgeordneten

des 20. Deutschen

Bundestages.

teien der Mitte lehrt, dass diese Ziele wohl eher in einer

Jamaikakoalition erreichbar scheinen, vielleicht aber

auch in einer Ampelkonstellation umsetzbar sind“.

Nach der Wahlschlappe der CDU und den Erfolgen von

SPD, Grünen und FDP bei der Bundestagswahl hat sich

die Adressatenliste der NORDMETALL-Briefe im ganzen

Norden kräftig verändert: Die Union verlor sieben

Bundestagsmandate in den fünf norddeutschen Ländern,

davon drei in den Flächenländern, darüber hinaus

21 ihrer vormals 31 Direktmandate. Prominente Neuzugänge

unter den direkt im Wahlkreis gewählten Abgeordneten

sind zum Beispiel der Grünen-Co-Vorsitzende

Robert Habeck, der in Flensburg-Schleswig zum ersten

Mal einen schleswig-holsteinischen Bundestagswahlkreis

für die Grünen holte, der ehemalige SPD-Vize

Ralf Stegner, der der CDU den Wahlkreis Pinneberg

abnahm, und der ehemalige Hamburger Justizsenator

Till Steffen, der für die Grünen Hamburg-Eimsbüttel

gewann.

Über bremische Landeslisten neu in das Parlament kamen

unter anderem Thomas Röwekamp (CDU) und

Volker Redder (FDP), über die Hamburger CDU-Liste

vertreten erstmals Franziska Hoppermann, über die

FDP-Liste Michael Kruse und Ria Schröder die norddeutschen

Interessen in Berlin. Ihre Direktmandate

verteidigten die stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende

Gitta Connemann im Wahlkreis Unterems

und die verteidigungspolitische Sprecherin der

SPD, Siemtje Möller, in Friesland-Wilhelmshaven.

Ebenso direkt wiedergewählt wurde die frühere Staatsministerin

Aydan Özoğuz in Hamburg-Wandsbek für

die SPD. Über ihre Landeslisten erneut nach Berlin geschickt

wurden der Hamburger CDU-Landesvorsitzende

Christoph Ploß und sein Parteifreund Christoph

de Vries sowie der Staatsminister im Auswärtigen Amt

Niels Annen für die SPD. In Schleswig-Holstein lösten

unter anderem Wolfgang Kubicki (FDP) und Johann

Wadephul (CDU) per Listenmandat das Ticket in die

Bundeshauptstadt, in Mecklenburg-Vorpommern Philipp

Amthor (CDU), Hagen Reinhold (FDP), Claudia

Müller (Grüne) und Dietmar Bartsch (Linke), in Niedersachsen

für die Liberalen Christian Dürr.

„Wir werden den Dialog mit den norddeutschen Bundestagsabgeordneten

fortsetzen und intensivieren, besonders

mit denen, die sich mit Arbeit und Soziales,

Wirtschaft und Energie beschäftigen“, kündigt Fickinger

an. „Wer auch immer Deutschland in den nächsten

vier Jahren regiert: Die Industrie, besonders unsere Metall-

und Elektroindustrie, wird im Mittelpunkt der Veränderungen

durch Dekarbonisierung, Digitalisierung

und demografischen Wandel stehen. Unsere Unternehmerinnen

und Unternehmer wollen all dies gemeinsam

mit der Politik und dem Sozialpartner erfolgreich gestalten,

damit der Norden ein industrieller Schwerpunkt

in Deutschland bleibt.“

Alexander Luckow

Kontinuität in Schwerin

Lars Schwarz, Präsident der Vereinigung der

Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern

(VU), hat der alten und voraussichtlich neuen

Ministerpräsidentin im Nordosten zum Wahlerfolg

gratuliert: „Glückwunsch an die SPD und vorneweg der

Spitzenkandidatin Manuela Schwesig. Mit diesem

Erfolg nimmt die Verantwortung der Ministerpräsidentin

für unser Land zu. Er ist Auftrag und Verpflichtung

zugleich. Die amtierende und künftige Regierungschefin

hat als Landesvorsitzende der stärksten

Partei den klaren Auftrag der Wählerschaft erhalten,

eine stabile Koalitionsregierung der Mitte zu bilden.

Experimente verträgt unser Land nicht. Wir brauchen

jedoch einen echten Aufbruch, der Perspektiven und

verlässliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in

MV garantiert. Die künftige Landesregierung wird nur

mit der Wirtschaft und nicht gegen sie erfolgreich für

unser Land arbeiten können."

Schwesig hat die Wahl zwischen einer Neuauflage der

rot-schwarzen Koalition in Schwerin, einem für Mecklenburg-Vorpommern

neuen Bündnis zwischen SPD,

FDP und Grünen oder einer Rückkehr zur rot-roten

Regierung früherer Jahre. Luc

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

13


Lieferkettenmanagement

Drum prüfe,

wer sich …

Informieren, lautet das Gebot der Stunde. Bis

2023/2024 haben Unternehmen Zeit, den Anforderungen

des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG)

gerecht zu werden. Wie sich betroffene Unternehmen

darauf vorbereiten und was KMU von ihnen lernen können.

„Man sollte immer alle Seiten betrachten und gemeinsam

überlegen, wie man ein solches Gesetz realistisch

umsetzen kann“, sagt Bernd Schichold. Er ist oberster

Risikomanager des Halbleiterherstellers Nexperia Germany

und spricht vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

(LkSG). Am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt

veröffentlicht, tritt das Gesetz über die unternehmerischen

Sorgfaltspflichten in Lieferketten am 1. Januar

2023 in Kraft. Eine Zusammenarbeit mit Unternehmen,

die die in Deutschland geltenden Standards nicht einhalten,

verbietet sich dadurch. Allein die Kenntnis davon,

dass beispielsweise Menschenrechte oder Umweltstandards

missachtet werden, und das eigene, deutsche

Unternehmen nichts dagegen tut, kann vom Bundesamt

für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit

einer Geldstrafe von bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen

Jahresumsatzes bestraft werden.

„Kein Pappenstiel“, findet Schichold. Seine Aufgabe ist

es, das vom Gesetz geforderte Risikomanagement bei

Nexperia Germany zu implementieren. Ein Kick-off-

Meeting mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Einkauf,

dem Lieferketten- und Umweltmanagement und

der Rechtsabteilung hat der Betriebswirt bereits organisiert.

Jetzt gilt es zu prüfen, welche LkSG-Vorgaben Nexperia

bereits durch globale Maßnahmen umsetzt. „Als

Unternehmen innerhalb eines börsennotierten Konzerns

sind wir unter Compliance-Gesichtspunkten seit

Langem dazu verpflichtet, nachzuweisen, dass wir unsere

Lieferanten nach bestimmten Standards auswählen“,

sagt Schichold. So gebe es bereits seit Langem einen

Supplier Code of Conduct, es würden regelmäßig

Audits durchgeführt und vor allem setze Nexperia auf

langfristige, vertrauensvolle Lieferantenbeziehungen,

so Schichold. Das ist es auch, was der Risikomanager

anderen Unternehmen rät: sich frühzeitig bei Verbänden,

Wirtschaftsprüfern und Rechtsberatern darüber

zu informieren, was bis 2023 alles getan werden muss,

und daraufhin den gesamten Lieferantenstamm genau

unter die Lupe zu nehmen (Unternehmenspflichten aus

dem LkSG siehe Kasten auf Seite 16).

Audit-Anbieter werden profitieren

Holger Petersen, Professor für Nachhaltigkeitsmanagement

an der NORDAKADEMIE, erwartet, dass Unternehmen

ihre Zulieferer – auch kleine Betriebe – künftig

noch häufiger auf einen Code of Conduct verpflichten

und Selbstauskünfte verlangen werden. „Je nach Kundenanzahl

kann das jede Menge Papierkram bedeuten“,

sagt Petersen. Er vermutet deshalb, dass von dieser Entwicklung

in erster Linie Plattformen wie EcoVadis oder

Illustration: Red monkey/Shutterstock

14 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Integrity Next profitieren werden. Diese Anbieter erstellen

Nachhaltigkeitsrankings für Unternehmen, indem

sie Selbstauskünfte von Lieferanten sammeln und

die entsprechenden Nachweise anfordern. Einmal auf

diese Weise geprüft, können die Lieferanten ihre Bewertung

auch anderen Kunden zugänglich machen.

Für diesen Weg hat sich der Intralogistikhersteller

Jungheinrich entschieden. Ein elementarer Baustein

seiner Unternehmensstrategie 2025+: das Sustainable

Supply Chain Management, also die Nachhaltigkeit in

der Lieferkette. „Von jeher ist der Nachhaltigkeitsgedanke

für Jungheinrich charakteristisch“, sagt Nachhaltigkeitsmanager

Fabian Henkel. Seit 60 Jahren produziert

das Unternehmen Elektrofahrzeuge. Seit fünf

Jahren geht der Konzern Nachhaltigkeit strategisch an.

Sämtliche Lieferanten werden hinsichtlich ökologischer,

ökonomischer und sozialer Kriterien risikoklassifiziert

– und zwar schon seit 2018, also bereits vor dem

Ringen um das LkSG. „Anbieter wie Integrity Next unterstützen

uns mit ihrem ausgefeilten Online-Self-

Assessment“, sagt Henkel. So konnte Jungheinrich im

vergangenen Jahr mehr als 500 Lieferanten hinsichtlich

ihrer Ansprüche an Arbeitssicherheit, ihres Energiemanagements,

ihrer Einhaltung von Menschenrechten

und Umweltschutzstandards auch entlang ihrer eigenen

Lieferketten analysieren. Zusammen machen

diese zertifizierten Lieferanten mehr als 50 Prozent des

weltweiten Einkaufsvolumens von Jungheinrich aus.

„Jetzt geht es darum, unseren Risikoanalyseprozess an

die Anforderungen des LkSG anzupassen“, sagt Henkel.

Dafür wurden interdisziplinäre Projektteams gebildet,

die den bestehenden Beschwerdemechanismus, den

Lieferantenkodex und das Lieferantenhandbuch unter

die Lupe nehmen, ebenso wie die Self-Assessments und

Fotos: Nexperia, Jungheinrich

Bernd Schichold

Leiter Interne Kontrolle

Nexperia Germany

Fabian Henkel

Nachhaltigkeitsmanager

Jungheinrich

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

15


Unternehmenspflichten aus

dem LkSG

Geltungsbereich: Von 2023 an unterliegen alle

Unternehmen mit Sitz in Deutschland, die mehr als

3.000 Mitarbeiter beschäftigen, dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

(LkSG). Ein Jahr später sind

auch hiesige Unternehmen betroffen, die 1.000 Mitarbeiter

und mehr beschäftigen.

Um ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen, müssen

Unternehmen ein Risikomanagement betreiben, das

die Beschäftigung eines Menschenrechtsbeauftragten,

die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens

und die Veröffentlichung einer Grundsatzerklärung

über die eigene Menschenrechtsstrategie (inkl.

Präventionsmaßnahmen) vorsieht. Zudem muss

das Unternehmen einmal pro Jahr die Risiken von

Verstößen gegen Menschenrechte und Umweltschutzstandards

analysieren und bei Hinweisen auf

Verstöße unverzüglich Abhilfemaßnahmen einleiten.

Die einmal im Jahr anzufertigende Dokumentation

müssen die Unternehmen sieben Jahre lang für mögliche

Kontrollen des Bundesamtes für Wirtschaft und

Ausfuhrkontrolle (BAFA) vorhalten.

Tipps für KMU:

• Informations- und Unterstützungsangebote

auf dem zentralen Online-Portal der Bundesregierung

www.wirtschaft-menschenrechte.de

• Informationsportal

www.business-humanrights.org/

• Kostenlose Erstberatung durch das Helpdesk für

Wirtschaft & Menschenrechte der Bundesregierung

www.wirtschaft-entwicklung.de/wirtschaft-menschenrechte

• Online-Tools des Helpdesk für Wirtschaft & Menschenrechte:

„CSR Risiko-Check“

www.wirtschaft-entwicklung.de/wirtschaft-menschenrechte/csr-risiko-check

und „KMU-Kompass“

www.wirtschaft-entwicklung.de/wirtschaft-menschenrechte/kmu-kompass

• Branchendialoge des Bundesministeriums für Arbeit

und Soziales (BMAS) zur Umsetzung menschenrechtlicher

Sorgfaltspflichten. Für weitere Informationen

E-Mail an: branchendialoge@bmas.bund.de.

• Unternehmensforum Nachhaltigkeit an der

NORDAKADEMIE für Partnerunternehmen der privaten

Hochschule. Kontakt: Prof. Dr. Michael Lühn

michael.luehn@nordakademie.de, Tel.: 04121 4090-411

Maximilian Schnippering

Team Lead Supply Chain

Sustainability and Competence

Management

Siemens Gamesa Renewable Energy

die in- und extern durchgeführten Audits. Auch das Kapitel

Menschenrechte im jährlich erscheinenden Nachhaltigkeitsbericht

soll deutlich erweitert werden. Das

alles geschieht mit der ausdrücklichen Fürsprache des

Vorstands, dem das Nachhaltigkeitsteam seit wenigen

Monaten direkt unterstellt ist.

Auf strategische Partnerschaften setzen

Kleineren Firmen empfiehlt Henkel zunächst „in die Organisation

hineinzuhorchen“ und sich zudem die Maßstäbe

der Kunden an Sorgfalt und Nachhaltigkeit vor

Augen zu führen. In einem zweiten Schritt sollte dann

ein interdisziplinäres Team aus Einkaufs-, Complianceund

Rechtsabteilung sowie Umwelt- und Arbeitsschutzbeauftragten

einen Lieferantenkodex aufsetzen.

Einen solchen Supplier Code of Conduct gibt es bei Siemens

Gamesa Renewable Energy bereits seit mehreren

Jahren – auch wenn der Windkraftanlagenhersteller in

seiner jetzigen Form, nach Ausgründung aus dem Siemens-Konzern

und Fusion mit dem spanischen Unternehmen

Gamesa Corporación Tecnológica, erst seit 2017

besteht. Wie nachhaltig Siemens Gamesa aufgestellt ist

– und wie erfolgreich die Arbeit von Maximilian Schnippering

ist, Team Lead Supply Chain Sustainability and

Competence Management –, verfolgen Kunden und Finanzmärkte

genau. Das Unternehmen ist an der spanischen

Börse gelistet. Ein Grund, warum eine verantwortungsvolle

Unternehmensführung (Governance) samt

Einhaltung von Sorgfaltspflichten (Due Dilligence) und

Umwelt- und Sozialstandards für Siemens Gamesa das

Rückgrat sämtlicher Einkaufsaktivitäten bildet.

Schnippering empfiehlt KMU, sich eine Lieferantenbasis

aufzubauen, von der sie wissen, wie nachhaltig und

sorgfältig sie arbeitet. Siemens Gamesa

selbst hat rund 19.000 Lieferanten

weltweit, die ein Einkaufsvolumen

von mehr als sieben Milliarden

Euro ausmachen.

Zusammenarbeit ist für

Schnippering das entscheidende

Stichwort: „Ohne Kollaboration

kann Nachhaltig-

Fotos: Siemens Gamesa, thyssenkrupp Marine Systems

16 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Katrin Möller

Fremdpersonaleinsatz-Beauftragte

thyssenkrupp Marine System

keit nicht funktionieren“, ist der Einkäufer überzeugt.

„Wir sind es, die gemeinsam mit unseren Geschäftspartnern

eine Veränderung erreichen können.“

NORDAKADEMIE-Professor Holger Petersen geht davon

aus, dass solche strategischen Partnerschaften

dazu führen werden, dass sich die Anzahl der Lieferanten,

mit denen Unternehmen zusammenarbeiten, künftig

reduziert. „Mittelständische Unternehmen werden

sich vor diesem Hintergrund fragen müssen, ob Global

Sourcing für sie noch attraktiv ist“, sagt Petersen. Einen

Rückzug deutscher Unternehmen aus risikobehafteten

Regionen wie Afrika, China oder Indien sei künftig

auch aus finanziellen Gründen nicht ausgeschlossen.

Erik Wessels erwartet, dass – unter anderem ausgelöst

durch das LkSG – Lieferanten künftig höhere Anforderungen

erfüllen müssen, unabhängig von ihrer Größe.

Wessels ist Leiter des Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte,

das die Bundesregierung 2017 im Zuge des „Nationalen

Aktionsplans“ (NAP) ins Leben gerufen hat. Seitdem

hat das zehnköpfige Team mehr als 1.200 kosten

lose Erstberatungen durchgeführt und eine Vielzahl an

Informationsveranstaltungen für Unternehmen organisiert.

„Wir sehen auch einen deutlichen Anstieg der

Anfragen von KMU“, sagt Wessels. „Viele haben bereits

ein solides Umwelt- und Sozialmanagementsystem. Es

fehlt ihnen dann aber etwa an einer systematischen

Risikoanalyse, die alle Menschenrechtsaspekte abdeckt

– hier kann man priorisieren und das Verfahren Schritt

für Schritt weiter ausbauen.“ Auf diese Weise würde

menschenrechtliche Sorgfalt systematisch in das Kerngeschäft

der Unternehmen integriert, hofft Wessels

(weitere Tipps siehe Kasten links).

Während Wessels davon überzeugt ist, dass das LkSG

durch „klare und umsetzbare Anforderungen für Sorgfaltspflichten

von Unternehmen Rechtssicherheit für

Betriebe und Betroffene“ schaffe, enthält das Gesetz für

Katrin Möller von thyssenkrupp Marine Systems in Kiel

zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe. Allein das Wort

„angemessen“ taucht 19-mal im elf Seiten umfassenden

LkSG auf. „Diese unbestimmten Rechtsbegriffe bedürfen

einer Auslegung. Noch sorgen die Anforderungen

an Sorgfaltspflichten von Unternehmen eher für Rechts-

unsicherheit“, sagt die Fremdpersonaleinsatz-Beauftragte

der thyssenkrupp Marine Systems. Die Kieler orientieren

sich unter anderem am Nachhaltigkeitsmanagement

ihres Essener Mutterkonzerns – etwa an

dessen Supplier Code of Conduct (SCoC). Die Zeit bis zum

Inkrafttreten des LkSG Anfang 2023 wollen Möller und

ihre Kollegen vom Procurement Performance Management

nutzen, „um sich hinsichtlich der Überprüfung

der Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards in der

Lieferkette gut aufzustellen. Darüber hinaus muss festgelegt

werden, wie mit Verstößen gegen Menschenrechte

und Umweltschutz umzugehen ist.“

thyssenkrupp Marine Systems hat bereits – ähnlich wie

die Kollegen von Jungheinrich – einen Teil der Risikoanalyse

an externe Anbieter wie Integrity Next vergeben.

Sustainability-Audits auf Basis des SCoC würden

von einer Fremdfirma im Auftrag der thyssenkrupp Marine

Systems durchgeführt, so Möller. Essenzielle

Schritte für die überprüfbare Einhaltung der Sorgfaltspflichten

seien getan. Darauf möchte Möller nun systematisch

aufbauen. Birte Bühnen

NORDMETALL engagiert sich

• Veranstaltungen: Am 20.04. und 22.09.2021

diskutierten zahlreiche Mitgliedsunternehmen

untereinander und mit dem NORDMETALL-Experten

Anton Bauch zum Thema.

• Abgeordnetenbriefe: Mit Bundestagsabgeordneten

von CDU/CSU und FDP entsponn sich ein

Briefwechsel über Haftungsfragen und bürokratische

Lasten.

• Anhörungen: Hauptgeschäftsführer Dr. Nico

Fickinger brachte die Position der norddeutschen

M+E-Arbeitgeber im April 2021 in eine Anhörung in

den Schleswig-Holsteinischen Landtag ein.

• Standpunkte-Podcast: Im Juli 2021 warnte der

Hauptgeschäftsführer in seinem Politik-Podcast vor

den Folgen des LkSG.

• Medienecho: Präsident Folkmar Ukena warnte im

„Weser-Kurier“ und im Radiosender SWR2 vor zusätzlichen

Belastungen der Wirtschaft, ebenso Vizepräsident

Robert Focke in den „Kieler Nachrichten“.

Weitere Informationen bei:

Anton Bauch, Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)

Telefon: 040 6378-4227

E-Mail: bauch@nordmetall.de

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

17


Thema

Innovations-

booster

Corona

Vom papierlosen Büro über virtuelle Wartungsarbeiten

bis hin zu Online-Trainings für Servicekräfte –

die innovationsfreudige M+E-Industrie hat durch

die Pandemie einen weiteren Modernisierungsschub

erhalten. Wir haben uns in drei norddeutschen

Unternehmen umgesehen.

Corona habe einen „brutalen Modernisierungsschub“

eingeleitet, sagt Axel Weidner, Geschäftsführer des

Ventil- und Industriearmaturenherstellers Mankenberg

in Lübeck (siehe „Standpunkte“ 2/2017). Das

200-Mitarbeiter-Unternehmen besteht seit 1885 und

Weidner führt als Urenkel des Firmengründers Gustav

Mankenberg den Betrieb in vierter Generation. Tradition

gehört beim Mittelständler gewissermaßen zur

Firmen-DNA. Was aber keinesfalls bedeutet, dass das

Unternehmen verstaubt ist. Ganz im Gegenteil. Mankenberg

geht ständig neue Wege, sei es in der Fertigung,

im Vertrieb oder der Azubiakquise. Schon 2010 wurde

die Firma für ihre Modernisierungs- und Innovationsaktivitäten

mit dem Großen Preis des Mittelstands ausgezeichnet

und 2019 erneut dafür nominiert. Immer

wieder nehmen Beschäftigte an Qualifizierungen teil,

wie beispielsweise an der Reihe „Digitaler Strukturwandel“

des Arbeitgeberverbands NORDMETALL (siehe

„Standpunkte“ 1/2021). Doch die umwälzenden Veränderungen

in jüngster Vergangenheit führt der Firmenchef

auf Corona zurück.

Brutaler Modernisierungsschub

„Zunächst einmal ist es unsere Verpflichtung, die Belegschaft

zu schützen und dabei zugleich den Betrieb aufrechtzuerhalten“,

sagt Weidner. „Deshalb haben wir sehr

schnell reagiert, als es darum ging, Abstands-,

Hygiene- und Maskenregeln einzuführen und unsere Arbeitsprozesse

den erschwerten Pandemiebedingungen

anzupassen.“ So wurde die gesamte Belegschaft in vier

18 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Fotos: RATOCA/Shutterstock, Mankenberg

Kohorten aufgeteilt, damit sich möglichst wenige Menschen

möglichst selten begegnen. Dort, wo sinnvoll und

durchführbar, etablierte Mankenberg mobiles Arbeiten.

„Alle kaufmännischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

und einige Fertigungsplaner und -steuerer haben im

Homeoffice gearbeitet“, sagt Personalleiterin Britta Hennings,

„das hat gut geklappt und bewährt sich bis heute.“

Voraussetzung dafür, dass die Beschäftigten ihren Arbeitsplatz

zumindest temporär in die eigenen vier

Wände verlegen konnten, war die Realisierung des papierlosen

Büros. „Das haben wir konsequent und flächendeckend

durchgezogen“, berichtet Weidner und

fügt an: „Vorher hatten wir aber bereits eine intensive

Digitalisierungsoffensive mit rund 50 Einzelprojekten

im gesamten Unternehmen gestartet, sodass uns dieser

Schritt am Ende nicht allzu schwerfiel.“

Britta Hennings

Personalleiterin

Mankenberg in Lübeck

Papierloses Büro realisiert

Containerweise entsorgten die Mankenberg-Mitarbeiter

Hängeregister, Hauspost, Aktenordner und Papierberge.

Durch die „analoge Entrümpelung“ veränderte

sich auch zwangsläufig die Zusammenarbeit. Fast alles

läuft nun über Videokonferenz-Tools. Auch die Kommunikation

mit den Kunden wurde digitalisiert, im

Webshop gibt es einen Produkt-Konfigurator, und ein

neues digitales Kundenportal bietet jederzeit und überall

Informationen und Dokumentationen über die Produkte

des Unternehmens.

Weidner nennt die Veränderungen revolutionär, erklärt

freimütig, dass Corona sein Unternehmen „zeitweise

vor sich hergetrieben“ habe. Rückblickend bewertet er

die Entwicklung als gleichermaßen positiv für das Unternehmen

und die Belegschaft. „Unsere Effektivität

hat sich verbessert und der Zusammenhalt ist stärker

geworden“, berichtet er. Dennoch werde auch Mankenberg,

sobald es die Pandemielage erlaubt, zumindest in

der Fertigung wieder zu alten Präsenzarbeitsbedingungen

zurückkehren. „Wir wollen die Produktion wieder

in eine neue Normalität zurückführen“, sagt der Chef.

Mobiles Arbeiten ist für zahlreiche Mitarbeiterinnen

und Mitarbeiter der Hanseatic Power Solutions (HPS)

aus Norderstedt inzwischen zur neuen Normalität geworden.

Das Unternehmen vor den Toren Hamburgs ist

einer der führenden deutschen Anbieter für Steuerungstechnik

in der Energieerzeugung und -verteilung

sowie in der Notstromversorgung. Es fertigt mit rund

80 Beschäftigten komplexe Schalt- und Steuerungsanlagen

für Kunden in aller Welt. Für die kaufmännische

Belegschaft hatte HPS gleich zu Beginn der Pandemie

die Möglichkeit zur Arbeit von zu Hause aus angeboten.

Michael Grenz, kaufmännischer Leiter, sagt: „Wir haben

unsere Leute mit der nötigen Hardware ausgerüstet

und es ihnen überlassen, ob sie Homeoffice nutzen oder

nicht.“ Nicht alle hätten die neue Art des Arbeitens als

positiv empfunden. „Vor allem der Kontakt zu den Kollegen

fehlt doch einigen“, erklärt er. Einige Mitarbeiter

Arbeitsplätze beim Lübecker Ventilhersteller Mankenberg:

Sie funktionieren jetzt überwiegend papierlos und sind den

Infektionsschutzbedingungen entsprechend eingerichtet.

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

19


Ferndiagnose per Viewpoint-System-Brille: Servicetechniker

von HPS nutzen die Smart Glasses zur Unterstützung von Wartungsarbeiten

auf der gesamten Welt – ganz ohne Reiserisiko.

wollen Wohnen und Arbeiten trennen, aber: „Mobiles

Arbeiten ist jetzt auch bei uns ein Thema und das ist der

wichtigste Schub, den Corona ausgelöst hat“, sagt Grenz.

Smart Glasses optimieren Service

Eine weitere technologische Innovation haben die Norderstedter

ebenfalls pandemiebedingt eingeführt. Sie

nutzen zur Fernwartung und zum Einsatz ihrer Servicetechniker

auf der ganzen Welt eine sogenannte Viewpoint-System-Brille.

Die Smart Glasses sind über eine

Datenleitung mit der HPS-Zentrale verbunden. Der Experte

in Norderstedt sieht über die Kamera der Smart

Glasses dasselbe wie der Servicemitarbeiter vor Ort und

kann ihm beispielsweise im Bild genau die Schaltstellen

markieren, an denen er ansetzen soll.

HPS-Geschäftsführer Bernd Mähnss erklärt: „Die Pandemie

hat bei uns den entscheidenden Impuls ausgelöst,

verstärkt in den Remote Support zu investieren. So

bieten wir unseren Kunden auch auf Distanz und ohne

das Risiko einer Reise den bestmöglichen Service.“ Die

Technik kann zum Wettbewerbsvorteil werden, denn

die smarte Brille spart Zeit, Reisekosten und personelle

Ressourcen. Mähnss: „Während sich unsere Experten

früher häufig schon bei Kleinigkeiten auf die Reise gemacht

haben, sind mit der Viewpoint-Brille nun schnelle

Ferndiagnosen möglich und wir können unsere Einsätze

effizienter planen.“ Für die Zukunft beabsichtigt

das Unternehmen, auch Schulungen mit Smart Glasses

anzubieten. So können Videos von bestimmten Prozessen

oder komplizierteren Wartungsarbeiten aufgenommen

und den Kunden zur Verfügung gestellt werden.

Reisen während der Pandemie will auch das Trainingsteam

des Windkraftanlagenbauers Nordex Energy vermeiden.

Deshalb wurden zahlreiche Trainingseinheiten

digitalisiert und auf Online-Trainings umgestellt.

Der internationale Windanlagenhersteller mit Hauptsitz

in Hamburg beschäftigt weltweit rund 8.500 Mitarbeiter,

davon allein 2.500 Servicetechniker. Die riesigen

Nordex-Anlagen produzieren in Europa, den USA, Südamerika,

Indien und Australien Strom. Sie haben teilweise

einen Rotordurchmesser von 150 Metern und die

Firmenzirkel startet neu durch

Link zum Video

NORDMETALL und das Institut für angewandte

Arbeitswissenschaft (ifaa) nehmen von nun

an verstärkt Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsprojekte

unter die Lupe.

Er unterstützt Betriebe mit wissenschaftlichen

Methoden bei der Verbesserung der betrieblichen

Abläufe: der Firmenzirkel des Arbeitgeberverbands

NORDMETALL und des Instituts für angewandte

Arbeitswissenschaft (ifaa). „Während der Pandemie

waren unsere Aktivitäten auf Eis gelegt, weil wir eine

Kernaktivität, nämlich den Besuch in den einzelnen

Unternehmen, nicht realisieren konnten“, sagt Alexander

Matthes, der als Fachmann für Arbeitsorganisation

bei NORDMETALL die Firmenzirkel-Reihe betreut.

Nach einer Auftaktveranstaltung folgen jeweils vier

Module, verteilt über einen Zeitraum von rund einem

halben Jahr. Sie finden in der Regel in den teilnehmenden

Unternehmen statt. Seit Herbst dieses Jahres

ist der Firmenzirkel wieder aktiv. Die teilnehmenden

Unternehmen widmen sich Digitalisierungs- und

Nachhaltigkeitsthemen. „Es handelt sich dabei überwiegend

um typische Corona-Projekte, die mobiles

Arbeiten und Digitalisierung zum Thema haben“, sagt

Matthes. Er hofft, dass die Pandemielage künftig

eine problemlose Durchführung der Veranstaltungen

erlaubt und ruft Verbandsunternehmen bereits jetzt

dazu auf, sich für die im zweiten Halbjahr 2022 startende

Firmenzirkel-Runde anzumelden.

Weitere Informationen bei:

Alexander Matthes

Tel.: 040 6378-4265

E-Mail: matthes@nordmetall.de

Foto: Hanseatic Power Solutions

20 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Der Windkraftanlagenbauer

Nordex schult sein Servicepersonal

seit Beginn der

Pandemie online: Trainer

werden etwa von Kameras

begleitet, während sie an

Umrichtern arbeiten.

Fotos: Nordex

Gondeln mit Generatoren für mehrere Megawatt Leistung

befinden sich in 160 Metern Höhe. Klar, dass das

Unternehmen für den Aufbau, die Montage, die

Wartung und Instandhaltung dieser technisch anspruchsvollen

Großanlagen speziell geschultes und

trainiertes Personal benötigt.

Für Schulungen hat das Unternehmen in Hamburg seine

Global Technical Academy aufgebaut. Hier arbeiten

rund zwei Dutzend Expertinnen und Experten gemeinsam

mit externen Trainern daran, kontinuierlich mehrere

tausend Nordex-Kräfte auf der ganzen Welt zu schulen.

Allein im Jahr 2020 haben 30 Trainer rund 4.000

interne Teilnehmer fortgebildet. Dabei ist die Palette der

Schulungen sehr weit gefasst. Typische Trainings beziehen

sich auf alle Komponenten der Windkraftanlagen:

vom Brandmeldesystem über Steuerungs-Hard- und

-Software bis hin zu Frequenzumrichtern. Außer Grundlagen-

und Auffrischungsschulungen für Nordex-

Beschäftigte und Subunternehmer werden spezifische

Trainingsmodule für Nordex-Kunden angeboten.

80 Prozent der Trainings digitalisiert

Manuela Thede, Trainingskoordinatorin der Global

Technical Academy, erklärt, dass einige grundlegende

Trainings für das sichere Arbeiten an Windturbinen,

wie etwa Arbeiten in der Höhe, natürlich nicht online

absolviert werden können. „Aber zahlreiche Komponententrainings

haben wir komplett digitalisiert. So

haben wir beispielsweise Umrichter-Schulungen so eingerichtet,

dass unsere Trainer in der Akademie an den

Umrichtern arbeiten und dabei von Kameras begleitet

werden. Derart können die Teilnehmer in aller Welt sehen,

was im Einzelnen gemacht werden muss.“ Umgekehrt

gibt es für kleinere, versandfähige Komponenten

Manuela Thede

Trainingskoordinatorin

Nordex in Hamburg

wie die Brandmeldeanlage aber auch kleine Teilnehmergruppen

am Trainingsobjekt vor Ort und die Trainer

sind aus Hamburg online zugeschaltet.

Fast 80 Prozent der von der Academy angebotenen Trainings

wurden vollständig oder teilweise digitalisiert.

„Wir setzen auch verstärkt auf neue Trainingsmethoden

wie Blended Learning, das heißt, es werden verschiedene

Schulungsarten wie Webinare, E-Learning,

Präsenztraining, Lernen in der Praxis und Selbstlernen

innerhalb eines Trainings kombiniert", berichtet Thede.

Die Pandemie sei zwar nicht die Initialzündung für

die zunehmende Verlagerung der Trainings in die

Online-Welt gewesen, aber sicher ein Beschleunigungsfaktor,

meint die Trainingskoordinatorin. Inzwischen

überprüfe die Global Technical Academy, welche Trainings

auch nach der Pandemie weiter online stattfinden

sollen und welche Schulungen mit anderen Methoden

besser durchgeführt werden könnten. Die Vorteile von

Webinaren und E-Learnings seien jedoch nicht von der

Hand zu weisen: Lange und zeitintensive Reisen entfallen,

die Mitarbeiter könnten flexibler und schneller an

die Trainings herangeführt werden und der Ressourcenaufwand

werde minimiert. „Wir legen Wert auf

kundenorientierte und kosteneffiziente Trainings.

Dabei hilft die Digitalisierung enorm und insofern hat

die Pandemie uns einen signifikanten Schub gegeben“,

resümiert Thede. Lothar Steckel

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

21


Doppelspitze: Marek Klimenko (r.), der seit 31 Jahren für Hitzler tätig war, übernahm die Werft gemeinsam mit seinem Sohn Kai.

Als sich im März 2021 der Containerriese „Ever Given“

im Suezkanal verkeilte, war die Not groß. Die Passage

zwischen Rotem Meer und Mittelmeer zählt zu den

wichtigsten Wasserstraßen der Erde, rund zehn Prozent

des Welthandels laufen durch den Kanal. Und plötzlich

war alles tagelang blockiert.

Umso größer war die Freude, als es schließlich gelang,

den Havaristen freizuschleppen. Mehrere Schlepper kamen

dabei zum Einsatz, und einer davon war die „ALP

Guard“, ein 24.500 PS starkes Spezialschiff, das in

Cuxhaven gebaut und von der Hitzler Werft in Lauenburg

konstruiert worden war. „Natürlich haben wir die

Bilder gespannt im Fernsehen verfolgt“, erzählt Marek

Klimenko, unter dessen Leitung die Konstruktion in

Lauenburg stattgefunden hatte. „Ich dachte, ich traue

meinen Augen nicht. Wenn man elf Monate lang intensiv

an so einem Projekt arbeitet, erkennt man so ein

Schiff auf den ersten Blick.“

Foto: Christian Augustin

22 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Unter

neuer

Flagge

Eigentümerwechsel bei

der Hitzler Werft –

der Lauenburger Betrieb

wurde vom Chefkonstrukteur

und seinem Sohn

übernommen.

Heute, 13 Jahre nach dem Stapellauf der „ALP Guard“,

arbeitet Klimenko immer noch auf der Hitzler Werft,

aber mittlerweile unter anderen Vorzeichen: als Chef.

Denn Anfang März 2021 übernahm der 58-Jährige den

kompletten Betrieb, gemeinsam mit seinem Sohn Kai

(26). Die Betriebsversammlung, auf der die Neuigkeit

verkündet wurde, werde er nie vergessen, erzählt Marek

Klimenko. Der bisherige Besitzer Franz C. Hitzler hatte

früh mit der Suche nach einer passenden Nachfolgelösung

begonnen, aber es war schwieriger als gedacht.

Insgesamt dauerte die Suche mehr als acht Jahre.

Zahlreiche Investoren waren interessiert

„Die Investoren gaben sich die Klinke in die Hand“, sagt

Klimenko. „Im Gespräch waren ganz unterschiedliche

Ideen, doch viele passten einfach nicht.“ Die einen Interessenten

wollten lediglich bestimmte Teile der Werft

erhalten, die anderen schielten auf die Immobilie und

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

23


Komponentenbau in der Werfthalle:

Das Deckshaus der „Chicago“ wurde

separat gebaut (Foto rechts) und per

Kran auf das emissionsarme Planierschiff

aufgesetzt (Foto unten).

hatten vor, auf dem Gelände nahe der Lauenburger Kanalbrücke

Wohnungen zu errichten. Irgendwann begannen

auch die Klimenkos, sich mit dem Thema zu

befassen. „Wir hörten, dass der Betrieb verkauft werden

soll“, erzählen sie bei einem Gang über das Werftgelände.

„Gleichzeitig wuchs damit allerdings auch bei uns

und den anderen Kollegen die Sorge, dass das Neubaugeschäft

früher oder später eingestellt würde.“

Also nahmen sie 2019 erste Gespräche mit den Banken

auf und sondierten die Lage. Und offenbar sprang der

Funke über, jedenfalls reagierten die Ansprechpartner

in der Kreditabteilung positiv. Klimenko: „Im Herbst

2020 gab die Bank dann ihr Okay, und Ende Februar war

alles in trockenen Tüchern. Seit Anfang März leiten wir

die Werft nun als Doppelspitze.“

Maritime Weltneuheit in der Pipeline

Eine gute Nachricht, auch für die rund 50 Beschäftigten

des Unternehmens. Sie haben aktuell richtig gut zu tun

und müssen keinen Kahlschlag befürchten. Ein Auftrag,

der bereits in der Pipeline ist, dürfte international

für große Aufmerksamkeit sorgen, handelt es sich doch

um eine echte Weltneuheit. Die Werft soll für die Firma

Wallaby Boats aus Kappeln das weltweit erste Arbeitsschiff

mit Federung bauen.

Klingt komisch, ist aber so. Das Prinzip der Konstruktion

ist ebenso einfach wie effektiv: Mithilfe eines Federungssystems

soll die Fahrt für die Passagiere sicherer

und angenehmer werden, Seekrankheit soll demnach

der Vergangenheit angehören.

Den Kooperationsvertrag unterschrieben die beiden

Unternehmen im Beisein von Wirtschaftsminister

Bernd Buchholz (FDP). „Das Start-up Wallaby Boats

zeigt einmal mehr, wie innovativ und wettbewerbsfähig

unser Mittelstand im echten Norden ist. Es freut

mich sehr, dass hier das weltweit erste Boot seiner Art

gebaut wird“, so der Minister.

Das Prinzip „gefederte Katamarane“ ist nicht neu und

stammt aus Australien: Nauti-Craft baut bereits Boote

solcher Art, Wallaby Boats überträgt das System jetzt

erstmals auf die kommerzielle Schifffahrt.

Bei Wallaby sind die Rümpfe des Katamarans vom Brü-

Fotos: Christian Augustin

24 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Maßarbeit von Hand:

Deckshaus und Schiffsrumpf

wurden von der Hitzler Werft

in Lauenburg getrennt

voneinander gebaut. Deshalb

konnte der Neubau viel

schneller fertiggestellt

werden als üblich.

ckendeck, dem „Chassis“, getrennt und über vier Federbeinkonstruktionen

mit diesem verbunden. Genutzt

werden sollen die Boote hauptsächlich für den

Crew-Transport in der Offshore-Industrie und für Lotsen.

Dank der ausgefeilten Technik ist es möglich, den Einfluss

des Seegangs auf die Personen an Bord um mindestens

40 Prozent zu reduzieren. Das macht den Überstieg

der Techniker auf Offshore-Windkraftanlagen oder der

Lotsen auf Frachtern erheblich komfortabler und sicherer.

Der Prototyp soll bereits Anfang des zweiten Quartals

2022 in Lauenburg vom Stapel laufen.

Danach wird sich zeigen, ob das Konzept funktioniert,

denn das Schiff soll künftig Servicepersonal und Techniker

zu den EnBW-Windparks „Baltic 1“ und „Baltic 2“

auf der Ostsee bringen. Anschließend soll der innovative

Zubringer in den rauen Gewässern der Nordsee und

des Ärmelkanals getestet werden.

Ähnlich ungewöhnlich ist ein anderer aktueller Auftrag:

der rund 25 Meter lange Neubau, der im Auftrag

der Flotte Hamburg entsteht und schon weitgehend fertig

ist. Es handelt sich um ein sogenanntes Planierschiff

mit „Schlickpflug“, das bei ablaufendem Wasser liegen

Schwerer Brocken: Das

fertige Deckshaus des

Planierschiffs hat ein Gesamtgewicht

von 25 Tonnen.

Um diesen schweren Decksaufbau

mit dem Kran auf

den Schiffsrumpf heben zu

können, wurden vorher extra

Laschen angeschweißt.

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

25


Funkenflug im Maschinenraum: Flexarbeiten

vor der Installation des Hybridantriebs der

„Chicago“ (Foto oben). Das Schiff eignet sich

auch für Messfahrten. Daher hat sie einen

runden Schacht, durch den das Echolot und

andere Instrumente heruntergelassen werden

(Foto links).

gebliebenen Schlick aus den flacheren Bereichen des

Hafens dorthin ziehen soll, wo die Baggerschiffe ihn

ohne großen Aufwand beseitigen können.

Alternative Antriebe immer wichtiger

Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass das Sediment im

Gegensatz zur ansonsten üblichen Wasserinjektion

nicht übermäßig aufgewirbelt wird. Davon profitieren

nicht nur die Fische, sondern auch alle anderen Lebewesen,

die sich mittlerweile wieder in der Elbe tummeln.

Auch mit anderen Merkmalen kann die „Chicago“ ökologisch

punkten. Sie ist mit einem Hybridmotor und einem

leistungsstarken Batteriepack ausgestattet und

kann damit im Hafengebiet weitgehend emissionsfrei

arbeiten. Die Akkus können sowohl in den Pausen an

der Ladestation als auch während des Einsatzes mithilfe

des bordeigenen Stroms geladen werden.

Kai Klimenko: „Die Nutzung alternativer Antriebstechniken

wird perspektivisch immer wichtiger, auch in der

maritimen Welt. Insofern freut es uns sehr, dass wir mit

unserem Hybridantrieb zeigen können, was technisch

und wirtschaftlich möglich ist.“

Der 26-Jährige hat Betriebswirtschaft studiert und ist

damit eine perfekte Ergänzung zu seinem technisch begabten

Vater, der vor 31 Jahren aus Polen nach Deutschland

kam und Schiffbauer mit Leib und Seele ist.

Gelernt hat er sein Handwerk auf einer Werft in Gdansk,

dem früheren Danzig. Der polnische Betrieb wurde Anfang

der 1980er-Jahre weltweit bekannt, weil der Elektriker

Lech Walesa dort die Gewerkschaft Solidarność

gründete. Sie hatte entscheidenden Einfluss auf die politische

Wende in Polen und auf das Ende des Kommunismus

in den Ländern Osteuropas.

Als die Grenzen schließlich offen waren, ging Marek

Klimenko 1990 nach Deutschland und landete in Lauenburg.

„Dort habe ich in der Hitzler Werft sofort eine

Arbeit als Schleifer bekommen“, erzählt er. „Dafür bin

ich noch heute dankbar.“

Doch Marek Klimenko war ehrgeizig und machte

schnell Karriere. Nach Stationen im Modellbau, als Konstrukteur

und Projektleiter wurde er schließlich Leiter

des Konstruktionsbüros. Dass er nun nach 31 Jahren

zum Geschäftsführer und Inhaber geworden ist, sieht

Marek Klimenko als „Krönung meines Lebenswerks“.

Die Übernahme der Werft war für ihn kein Investment,

sondern eine Herzensangelegenheit.

Fotos: Christian Augustin

26 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Gefederter Katamaran:

Die Ferderbeinkonstruktion

des Start-ups

Wallaby Boats aus

Kappeln im Modell.

Präsentation mit Minister:

Bernd Buchholz (FDP, 2. von

links) mit Marek und Kai

Klimenko und Wallaby-

Vertretern bei der Vorstellung

des Schiffmodells.

Ähnlich sieht es Sohn Kai. „Wir haben von Franz C. Hitzler

nicht nur ein spannendes Unternehmen übernommen,

sondern vor allem Verantwortung für die 50 Kollegen,

die hier arbeiten und meinen Vater alle persönlich

kennen. Wir fühlen uns den Traditionen der Werft verpflichtet

und der Stadt Lauenburg eng verbunden.“

Die beiden Klimenkos sind übrigens nicht das einzige

Vater-Sohn-Gespann bei Hitzler. Da die Fluktuation in

der Belegschaft vergleichsweise gering ist, sind viele

Mitarbeiter schon seit Jahrzehnten dabei. Und gleich

drei Kollegen haben inzwischen auch einen Sohn, der

auf der Werft mitanpackt. Clemens von Frentz

Geschützt vor Wind

und Wetter: Die

große Halle der

Hitzler Werft liegt

direkt am südlichen

Ufer der Elbe in

Lauenburg.

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

27


Stiftung

Mit Musik

in die Zukunft

Die Förderung klassischer Musik steht bei der NORDMETALL-

Stiftung ganz oben auf der Agenda. Auf deren Einladung arbeiten

seit 2019 jedes Jahr bis zu 15 Musikfestivals in ganz Norddeutschland

gemeinsam daran, junge Menschen an der Weiterentwicklung

des Klassikbetriebes zu beteiligen.

Der Termin Ende Oktober im Schloss Hasenwinkel in

Mecklenburg-Vorpommern steht bei den Mitarbeiterinnen

und Mitarbeitern ausgewählter norddeutscher

Musikfestivals fest im Kalender. Keiner hätte beim ersten

Treffen vor zwei Jahren in Schwerin gedacht, dass

sie sich einmal so entschlossen gemeinsam auf den Weg

machen würden. So heterogen die Institutionen im

„Netzwerk Norddeutsche Musikfestivals“ auch sind,

so sehr eint sie die gemeinsame Herausforderung:

Jugendliche und junge Erwachsene mit ausgefeilten

Angeboten für klassische Musik zu begeistern. Das

Netzwerk zum Wissenstransfer für Strategien, mit denen

neue Konzertbesucher angelockt werden können,

wurde von der NORDMETALL-Stiftung initiiert. Es bewährt

sich auch in einer Zeit, in der die gesamte Konzertlandschaft

nie zuvor erlebte Einschnitte erfährt.

Hannah Bregler, zuständig für die Konzertplanung

beim „Schleswig-Holstein Musik Festival“ (SHMF) und

„JazzBaltica“, blickt auf die vergangenen achtzehn

Monate zurück: „Die schnelle und kompetente Unterstützung

der NORDMETALL-Stiftung gleich zu Beginn

der Pandemie war ein wichtiger Impuls in diesen unsicheren

Zeiten. Da noch niemand wusste, wie sich die

Situation entwickelt, unter welchen Umständen und

wann überhaupt wieder Veranstaltungen möglich waren,

war der Austausch zwischen den Festivals auf Initiative

der NORDMETALL-Stiftung eine wichtige Säule.“

Mit dem Festivalteam konzentrierte sich Bregler auf die

Chancen in der Krise, agierte flexibel und probierte

Neues aus: Aufführungen open air auf mobilen und festen

Bühnen oder im Virtuellen.

Auch für das junge Publikum machte sich die Kulturmanagerin

weiterhin stark, verschaffte Jugendlichen

Foto: Jakob Stolz

28 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Im Hamburger Gängeviertel mit Musik, Workshops und künstlerischem

Rahmenprogramm gestartet, dann wegen des wachsenden Erfolgs auf den

Club „Hafenklang“ ausgewichen, führte das „feel.jazz“-Festival in diesem Jahr

eine verkleinerte Open-Air-Version im Oberhafen durch. Die Band „Skilbeck“

in Aktion (v. l. n. r.): Leon Saleh, Max Boehm, Max Rademacher.

Hannah Bregler vom Schleswig-Holstein

Musik Festival (SHMF) probierte viel Neues

aus, organisierte Open-Air-Aufführungen

auf mobilen und festen Bühnen und hat

das junge Publikum dabei im Blick.

Den Podcast „Was läuft?“ erstellte

Schülerin Mette Helbig (Foto u.)

zusammen mit Moritz Lücke und

Louis Bertram für das SHMF zum

diesjährigen Schwerpunkt-Komponisten

Franz Schubert.

Fotos: SHMF

bei der „JazzBaltica“ trotz Corona-Beschränkungen

Zugang zum Set eines ZDF-Konzertmitschnitts. So

konnten die jugendlichen „Schreibmatrosen“ Musikerinnen

und Musiker auf Abstand befragen, journalistische

Erfahrungen sammeln und professionell angeleitet

in den „Lübecker Nachrichten“ berichten. Beim

SHMF streamten wiederum andere Jugendliche Videoanleitungen

für den Instrumentenbau für Kinder.

Social Media im Kulturbetrieb

„Im Netzwerk konnten wir unkompliziert Erfahrungen

austauschen, beispielsweise zu Hygienekonzepten oder

Sitzplänen. Und wir gaben uns hilfreiche Anregungen

zu digitalen Arbeitstools und der Verwendung von Social

Media im Kulturbereich“, sagt Bregler.

Junge Menschen erleben die aus der Pandemie erwachsene

Unsicherheit als besonders belastend. Deshalb

haben Kulturinstitutionen gerade jetzt den wichtigen

Auftrag, diese Zielgruppe anzusprechen und einzubinden.

Nichts ist ermutigender und befreiender als zu spüren,

dass man selbst mit seinen Ideen und Fähigkeiten

etwas bewirken und gestalten kann. Klassische Musikbetriebe

brauchen verstärkt diesen jungen, unverstellten

Blick auf ihre Arbeit, um auch diese Zielgruppe

adäquat einladen zu können.

Drei Spezialistinnen reichern den internen Erfahrungsaustausch

des Netzwerks an. So ist Katharina von Radowitz

vom „Netzwerk Junge Ohren“ aus Berlin mit ihrer

langjährigen Expertise für Musikvermittlung von Anfang

an als Moderatorin und Impulsgeberin mit dabei.

Die britische Beraterin Julie Aldridge brachte spannende

Beispiele aus dem internationalen Musiksektor mit:

Wie verhalten sich einzelne Zielgruppen? Wer kommt

unter welchen Umständen zuerst zurück, wer zuletzt,

wer gar nicht mehr? Dabei wurde auch besprochen, welchen

Einfluss das Ticketkaufverhalten einzelner Zielgruppen

auf den Festivalbetrieb hat und welche Modelle

besonders wirksam sind, um den Bedarf junger Menschen

zu berücksichtigen. Elena Kountidou vom Konzerthaus

Berlin tauschte mit dem Netzwerk erfolgreiche

Strategien für das Social-Media-Marketing aus. Mit

ihrem Team erprobt sie Vermittlungskonzepte für klassische

Musik im digitalen Raum, darunter auch einige

Projekte in Augmented und Virtual Reality.

Über die Festivalsaison hinaus geht der „Schönberger

Musiksommer“ und arbeitet mit Jugendlichen an einem

neuen Konzept, das tief in Schule hineinwirkt. Gemeinsam

mit dem Ernst-Barlach-Gymnasium startet das

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

29


Coronakonformer Check-in bei den „Gezeitenkonzerten“:

Trotz wenigen Plätzen und eines Stammpublikums mit Vorkaufsrechten

besuchte vermehrt junges Publikum das Festival.

Team einen Piloten, der das Wahlplichtfach „Musikbusiness“

auf den Stundenplan setzt. Im Rahmen des

Schulunterrichts werden Jugendliche gezielt ausgebildet,

beim „Schönberger Musiksommer“ Konzerte für

junges Publikum zu organisieren. Seit 35 Jahren fest

verwurzelt in der Konzertlandschaft, ist das Festival in

der Zusammenarbeit mit Schulen in Nordwestmecklenburg

routiniert. Doch das ist neu: „Musikbusiness“ umfasst

alle Aspekte, die bei einem Konzertvorhaben von

Bedeutung sind. Begleitet und angeleitet werden die

Schülerinnen und Schüler von Profis aus den Bereichen

Grafik und Design, Fotografie und Video, Konzertmanagement

und Organisation.

Sie lernen Berufsfelder kennen, entwickeln unternehmerisches,

projekt- und zielgruppenorientiertes Verständnis

und kommen in direkten Kontakt mit klassischer

Musik. Am Schuljahresende wird ein Abschlusskonzert

die Handschrift der jungen Menschen tragen.

Junges Kulturmanagement

Auch die Körperschaft Ostfriesische Landschaft spricht

seit Jahren mit ihren „Gezeitenkonzerten“ junges Publikum

an. Ähnlich wie der „Schönberger Musiksommer“

in Mecklenburg-Vorpommern regt das Team aus Aurich

Schülerinnen und Schüler dazu an, das Künstlermanagement,

die Werbung sowie die Vorbereitung eigener

Konzertformate zu übernehmen – hier allerdings

nicht im Rahmen des Schulunterrichts, sondern mithilfe

von Projekten wie „TONALi“.

Darüber hinaus sollen alle Plätze und Preiskategorien

in den etwa dreißig Konzerten für junge Menschen bis

27 Jahre erschwinglich und erreichbar sein. Dem Veranstalter

gelingt es, auch durch die Unterstützung der

NORDMETALL-Stiftung, von Jahr zu Jahr mehr der vergünstigten

Plätze für 5,50 Euro an die jungen Besucherinnen

und Besucher zu vergeben. Das ist ein enormer

Erfolg – insbesondere, da zeitweilig auch mit besten

Hygienekonzepten die Konzertsäle nur zu dreißig bis

vierzig Prozent ausgelastet werden durften.

Jazzmusik für die eigene Generation

Das Hamburger „feel.jazz“-Festival ist eine der jüngsten

Organisationen im „Netzwerk Norddeutsche Musikfestivals“.

Dabei ist nicht nur die Gründung vor fünf Jahren

gemeint, sondern vor allem das Team junger Kulturmanagerinnen

und -manager, das sich bereits während

des Studiums für den Jazz stark machte. Gemeinsam

wollen sie Jazzmusik über alle Sinne erfahrbar machen

und auf die Bedürfnisse ihrer Generation eingehen.

Dabei erreichen sie mit großem Erfolg Jazz-unerfahrenes

Publikum. Gerade in diesem Jahr ist der Druck auf

die ehrenamtlichen Organisatoren durch ein verkleinertes

Team, Planungsunsicherheiten und den unbeeinflussbaren

„Faktor Wetter“ groß. Die wachsende

„feel.jazz“-Community erreicht die Initiative vor allem

über Facebook und Instagram. Auf diesen Kanälen

spiegelt sich Begeisterung darüber wider, dass das

zweitägige Format überhaupt stattfindet, wenn auch

nicht als rauschendes Nachterlebnis, sondern nach

Fotos: Jakob Stolz, Gezeiten Festival

Jung, musikalisch und engagiert:

Das Organisationsteam des „feel.

jazz“-Festivals (v. l. n. r.): Carolin Eberle,

Nadine Schwalbe, Julia Meggle und

Jennifer Schmid.

30 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Fotos: Oliver Röckle, Pablo Castagnola, Julie Aldridge, Karte: Mirja Tschakarov

den Hygienebestimmungen mit kleinem Publikum, am

Nachmittag beginnend.

Partnerschaftliche Struktur mit Weitblick

Seit 2020 fordert die NORDMETALL-Stiftung verstärkt

ein, Vermittlung und Besucherfokussierung als Querschnittsthemen

in den Kulturinstitutionen zu etablieren,

Beziehungen mit dem Publikum neu zu gestalten

und mehr Diversität zu ermöglichen. Gleichzeitig bietet

die Stiftung eine Allianz im Transformationsprozess

an. Damit verfolgt sie nicht nur das definierte Ziel, sondern

lernt im gemeinsamen Handeln den Bedarf der

Förderpartner besser kennen, stärkt die Entwicklung

neuer Arbeitsformen und wandelt sich selbst als lernende

Organisation. „Nahbar, wertebasiert und verlässlich

möchten wir das ,Netzwerk Norddeutsche Musikfesti-

Katharina von Radowitz, Geschäftsführerin

beim „Netzwerk Junge Ohren“, vernetzt

mit ihrem Team Musikvermittlerinnen und

-vermittlern in der D-A-CH-Region. Das

Netzwerk steht für Musik am Puls der

Gesellschaft und setzt sich mit Beratungsangeboten

und Projekten wie dem „Junge

Ohren Preis“ für mehr Diversität, Inklusion

und Interdisziplinarität im Musikleben ein.

Kammermusikfest Sylt

SCHLESWIG-

HOLSTEIN

JazzBaltica

vals‘ gestalten, das wiederum innovationsbereite Personen

in ihrem jeweiligen Vorhaben stärkt“, sagt Kirsten

Wagner, Geschäftsführerin der NORDMETALL-Stiftung.

„In Kooperation mit anderen Institutionen, aber

auch in engem Austausch mit der Kulturpolitik, sucht

die Stiftung nach Synergien und Hebelwirkungen, um

so bestmöglich zukunftsweisend und nachhaltig wirken

zu können.“ Katja Gondert

Als Spezialistin für Business

Models, Marketing und Audience

Development sowie Organisationsentwicklung

hilft Julie

Aldridge Organisationen dabei,

ihr Publikum besser zu erreichen.

Gemeinsam diskutierte das Netzwerk,

welche innovativen Piloten

übertragbar sind und welche

Details angepasst oder weiterentwickelt

werden müssen.

Für „#konzertZUhaus“

wurde Elena Kountidous

Kommunikationsabteilung

des Konzerthauses Berlin

2020 mit dem Deutschen

Preis für Onlinekommunikation

ausgezeichnet.

Auf Einladung gibt sie im

Netzwerk ihre Erfahrungen

mit erfolgreichem Social-

Media-Marketing weiter.

Schleswig-Holstein Musikfestival

Raritäten der Klaviermusik

Musikfreunde Kiel

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Festspiele Mecklenburg-Vorpommern

Orgelspiele Mecklenburg-Vorpommern

Gezeitenkonzerte

International Music

Festival Buxtehude

HAMBURG

feel.jazz Festival

Ensemble Resonanz

Usedomer Musiksommer

Schönberger Musiksommer

NIEDERSACHSEN UND BREMEN

Musikfest Bremen

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

31


32 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Northern

Made in Germany

Gusseisen-Reparaturen

1952

Metalock Engineering Germany – Norderstedt

Der Hidden Champion aus Norderstedt beherrscht eine einzigartige

Reparaturmethode für beschädigte Gusseisenteile, die selbst große Löcher

in Motorblöcken verschließt – und das ganz ohne Schweißen.

Fotos: Metalock

Autoliebhaber wissen: ein Mercedes-Benz 540K ist ein

ganz besonderer Schatz. Schade nur, wenn der Achtzylindermotor

dieses Oldtimers streikt. Frostschaden. Mit

vorgeschraubtem Blech nicht zu reparieren. Für die Spezialisten

von Metalock ist so ein Loch jedoch gar kein

Problem. Mithilfe ihres zertifizierten Kaltverfahrens

konnten sie das schmucke Gefährt aus den 1930er-Jahren

wieder in Gang bringen.

Metalock ist auf mobile mechanische Bearbeitung,

Schweißen, Kaltriegelverfahren und Überholung von

Produktionsmaschinen spezialisiert – und entwickelt

Tools und Techniken für Kunden auf der ganzen Welt.

Im Jahr 1952 als „Deutsche Metalock“ in Hamburg gegründet,

ist sie heute mit rund 200 Mitarbeiterinnen und

Mitarbeitern die größte Gesellschaft der Metalock Engineering

Gruppe. Die Firmenzentrale befindet sich schon

seit Jahrzenten in Norderstedt. Weitere Standorte gibt es

in Oberhausen, Bochum, Mannheim und München.

Im Bereich der sogenannten Metalock-Reparaturen

spielt das Unternehmen seine Erfahrung aus vielen

hundert Projekten der vergangenen Dekaden aus. Bereichsleiter

der Metalock-Reparaturen, Bernd Thiele,

erklärt das Wesentliche: „Für Risse oder Brüche, etwa in

Schiffsmotorblöcken oder Karosseriepressen, verwenden

wir ein Kaltriegelverfahren, das die schadhaften

Stellen in mehreren Arbeitsschritten komplett verschließt.

So kann die ursprüngliche Belastung wieder

in vollem Umfang auf die Bauteile wirken.“ Mithilfe einer

Bohrschablone werden Löcher quer zum Bruch- und

Rissverlauf gebohrt und anschließend mittels Druckluftmeißeln

miteinander verbunden. Dann werden in

die dafür eingebrachten Kettenbohrungen die sogenannten

Metalock-Riegel eingesetzt und verstemmt,

also kraft- und formschlüssig verbunden. Zusätzlich

werden entlang der Bruchlinie Gewindelöcher gebohrt,

welche dann mit Gewindestiften verschraubt werden.

„Für besonders große Schäden fertigen wir auch neue

Einsatzstücke, die mit demselben Verfahren eingearbeitet

werden“, fügt Thiele hinzu.

Zu den Kunden von Metalock zählen Konzerne, aber

auch mittelständische und kleine Unternehmen aus der

Automobil-, Stahl-, Zement-, Papier- und der chemischen

Industrie, aus dem Maschinenbau, der Energieversorgung

und der Schifffahrt.

Zu den umsatzstärksten Dienstleistungen des Unternehmens

gehört inzwischen die mobile mechanische

Bearbeitung. Metalock ist einer der wenigen Anbieter

weltweit. Vor Ort werden große Anlagen modernisiert

und gewartet. Dafür fliegt das Team oft auch mit einem

Hubschrauber an. So sind Reparaturen an schwer erreichbaren

Einsatzorten problemlos möglich. „Unsere

Kunden schätzen außer unserem fachlichen Wissen

und Können unsere Schnelligkeit und das Engagement

unserer Spezialisten – insbesondere deren Einsatzbereitschaft

rund um die Uhr, auch an Feiertagen!“, betont

Geschäftsführer Thomas Großgarten.

Coronabedingt verzeichnet Metalock derzeit vermehrt

Anfragen und Aufträge für Vor-Ort-Reparaturen im

Energiesektor. „Während der Coronakrise wurden

Instandsetzungen an systemrelevanten Energieanlagen

auf der ganzen Welt aufgeschoben“, erklärt Großgarten.

„Nun müssen diese unter hohem Zeitdruck bis

Ende des Jahres nachgeholt werden. Wir sind also gerade

sehr gut ausgelastet.“ Albina Stelle

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

33


AUS DER HAUPTSTADT

Die

im Einsatz für die Unternehmen

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) setzt sich seit mehr als

20 Jahren für ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ein, das auf Freiheit

und Verantwortung fußt. Getragen wird das Engagement von den Arbeitgeberverbänden

der Metall- und Elektroindustrie, darunter auch NORDMETALL.

Hier berichten wir über die aktuelle Arbeit.

INSM-Bildungsmonitor 2021:

Licht und Schatten im Norden –

Hamburg auf Platz 3

Die norddeutschen Bundesländer haben sich im

INSM-Bildungsmonitor 2021 recht unterschiedlich geschlagen.

Während Hamburg sich nunmehr auf den

dritten Platz vorgearbeitet hat dank deutlicher Verbesserungen

und Stärken etwa bei der Förderinfrastruktur,

ist Bremen Schlusslicht. Niedersachsen schafft es auf

den achten Platz, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern

direkt dahinter und Schleswig-Holstein auf Rang

11. Erstmals gab es im Rahmen des INSM-Bildungsmonitors

eine Befragung von Lehrkräften und Eltern, um die

Folgen der Coronapandemie auf das Lernen zu untersuchen.

Die norddeutschen Bundesländer waren wegen

relativ niedriger Coronainzidenzen im Frühjahr nicht

von Schulschließungen ab Mitte April 2021 aufgrund

der Bundesnotbremse betroffen. Das dürfte zum Teil erklären,

warum die Eltern in der Befragung durch das

Meinungsforschungsinstitut Civey vergleichsweise zufriedener

mit den Lernangeboten der Schulen ihrer Kinder

waren als der Bundesdurchschnitt. Ausreißer war

hier allerdings Mecklenburg-Vorpommern: Dort zeigten

sich fast 70 Prozent der befragten Eltern eher unzufrieden

oder sehr unzufrieden – gegenüber nur rund 40

Prozent in Hamburg. Die Befragung von Lehrkräften

zeigte, dass diese – bundesweit – fast zur Hälfte gravierende

Lernrückstände bei über der Hälfte der Schülerinnen

und Schüler feststellten. Wegen der Folgen der

Coronapandemie auf den Bildungsbereich sind daher

für die nächsten Jahre wohl Rückschläge zu erwarten.

34 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Fotos: Holger Martens

MEHRWERT VERBAND

Das AFZ Rostock im alten Fischereihafen ist Anziehungspunkt für Aus- und Weiterbildungswillige (kl. Foto) aus ganz Deutschland.

Folge 65: Aus- und Fortbildungszentrum Rostock

Vom Fischkombinat zur Fachkräfteschmiede

Auf dem Campus am Kai im alten Rostocker Fische reihafen

erinnert kaum noch etwas an das Fischkombinat,

den größten Hochseefischereibetrieb der DDR. Vor 30

Jahren, als NORDMETALL, das Aus- und Fortbildungszentrum

(AFZ) mit aus der Taufe hob, mag das anders

gewesen sein. Damals als Verein gestartet, hat sich das

AFZ innerhalb von nur drei Jahrzehnten zu einem modernen,

staatlich anerkannten Bildungszentrum mit

überregionaler Anziehungskraft entwickelt.

Wer heute den langen Gebäudekomplex an der Kaikante

besucht, taucht sofort ein in einen Kosmos aus mehr als

14 Bildungswelten – umfassende Angebote zur Fachkräftequalifizierung

für die maritime Wirtschaft, die

Offshore-Industrie, aber auch Handel und Logistik, Gastronomie

und Tourismus oder Gesundheit und Pflege.

In speziellen Werkstätten für Metall- und Elektrotechnik,

Pneumatik, Hydraulik oder Automatisierungstechnik

können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer

ihr theoretisches Wissen unmittelbar in der betrieblichen

Praxis erproben: Es wird programmiert, berechnet,

gelötet, gebohrt und gefräst – ganz gleich, ob in

Kursen zur Vorbereitung einer Berufsausbildung, zur

Einstiegsqualifizierung oder in einer Aus- und Fortbildung

bis hin zum Bachelor- und Master-Niveau. Mittlerweile

betreibt das AFZ Rostock auf seinem Campus am

Kai sogar ein eigenes Restaurant samt Hotelbetrieb.

Die Prioritäten von Geschäftsführerin Irmhild Düwel

sind während der Coronapandemie jedoch anders gelagert:

„Jungen Menschen eine berufliche Perspektive zu

bieten, liegt uns sehr am Herzen. Das gilt insbesondere

in diesen außergewöhnlichen Zeiten. Daher haben wir

innerhalb kurzer Zeit digitale Unterstützungsangebote

für junge Auszubildende geschaffen, in neue Technik

investiert und, wo es möglich war, auch den persönlichen

Austausch gefördert.“

Unermüdlich ermutigt Düwel Unternehmen, Ausbildung

als „Investition in die Zukunft“ zu begreifen. Das AFZ

Rostock und seine rund 100 Angestellten seien für viele

Firmen ein bewährter Navigationspunkt, um eigene

Fachkräfte weiterzuentwickeln und neue heranzubilden.

Nach wie vor ist NORDMETALL dem AFZ Rostock als Gesellschafter

verbunden und auch im Vorstand des

AFZ-Fördervereins aktiv. Von 2012 bis 2020 prägte der

frühere NORDMETALL-Präsident Thomas Lambusch

die Geschicke des Fördervereins als dessen Vorsitzender.

„Die Digitalisierung lässt neue Geschäftsmodelle

und Berufsbilder entstehen, alte verändern sich. Doch

eines bleibt: Die Ressource Bildung ist der entscheidende

Erfolgsfaktor der deutschen Wirtschaft“, begründet

er dieses langjährige Engagement. BiB

Kontakt:

Weitere Informationen bei

Irmhild Düwel (Geschäftsführerin)

Tel.: 0381 8017-0

E-Mail: afz@afz-rostock.de

Internet: www.afz-rostock.de

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

35


Menschen und Meldungen

Blei und Zink wieder vereint

Monatelang rang die Weser Metall GmbH um ihre Zukunft,

nun ist die Bleihütte unter Führung des Schweizer

Rohstoffkonzerns Glencore auf die neu gegründete

Firma Nordenham Metall übergegangen und soll nach

und nach mit dem bestehenden Glencore-Unternehmen

Nordenhamer Zinkhütte zusammenwachsen. Bevor

sich die beiden Schwermetallproduzenten im Jahr 2003

trennten, verband sie bereits eine 100-jährige gemeinsame

Geschichte, die nun nach 18 Jahren fortgesetzt wird.

In Nordenham entsteht jetzt ein großer Standort für die

Blei-, Zink- und Edelmetallverarbeitung mit rund 780

Beschäftigten. „Wir werden unsere bisherigen Standards

in allen Bereichen deutlich steigern: im Umweltschutz,

in der Arbeitssicherheit und auch in strukturellen

wie technologischen Fragen. Wir starten einen

echten Neuanfang“, sagt Koen Demesmaeker, Geschäftsführer

der Nordenham Metall. AS

Grüner Stahl

Hoher Energieaufwand, hoher CO 2 -Ausstoß – dieses

Grundmuster der Stahlerzeugung soll sich ändern.

Dazu gibt es jetzt staatliche Förderung für einen emissionsfreien

Erzeugungsprozess: Der Hamburger Standort

von ArcelorMittal erhält für den Bau der ersten

wasserstoffbasierten Produktionsanlage für „grünen“

Eisenschwamm, einem Vorprodukt von Stahl, 55 Million

en Euro von der Bundesregierung. „Seit die Menschheit

Stahl produziert, braucht sie dafür Kohle. Wir helfen

dabei, dass das künftig mit Wasserstoff aus Windund

Sonnenstrom gelingt. Die Bundesregierung wird

die Stahlindustrie bei der Transformation nicht alleine

lassen“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze

(SPD) bei ArcelorMittal. Die Herstellung von Stahl

ohne CO 2 -Emissionen erfolgt mithilfe von Elektrolichtbogenöfen,

die mit erneuerbarem Strom betrieben werden.

Anstelle von Erdgas wird Wasserstoff für die Reduktion

von Eisenerz verwendet. „Mit der geplanten

Anlage werden wir erstmals in der Lage sein, 100.000

Tonnen direktreduziertes Eisen für die Stahlerzeugung

unter Verwendung von Wasserstoff zu produzieren –

und das bereits im Jahr 2025“, erklärte Dr. Uwe Braun,

Geschäftsführer von ArcelorMittal Hamburg. AS

Fotos: Clemens von Frentz, Martina Buchholz

36 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Gute Stimmung

in Rastede

Es war eine ganz knappe Entscheidung beim traditionsreichen

Reitturnier in Rastede. Das Stechen um den NORD-

METALL-Preis entschied Mario Stevens vom RUFV Lastrup

e. V. mit seinem Pferd Marlou für sich. NORDME-

TALL-Präsident Folkmar Ukena gratulierte dem Sieger

und überreichte den Preis. Das Publikum des 72. Oldenburger

Landesturniers erwartete nach der coronabedingten

Absage im letzten Jahr nun wieder ein hochklassiges und

abwechslungsreiches Programm. Auch Corona auflagen wie

die begrenzte Zuschauerzahl sowie Abstands- und Hygieneregeln

taten der guten Stimmung keinen Abbruch. DJ

Fotos: Katja Weritz, M. Jürgensen, Dirk Heitkötter

Jubiläum in

Schenefeld

Um als reiner Lohnfertiger 75-jähriges Jubiläum feiern

zu können, muss man hervorragende Qualität

liefern. Groth Feinwerktechnik aus Schenefeld gelingt

das. Der Zerspanungsbetrieb mit mehr als 100

Beschäftigten wird in dritter Generation von Familie

Runde geführt. Die Geschäftsführerin Meike Runde

leitet das Unternehmen seit 20 Jahren und betont

die enorme Wichtigkeit der Ausbildung für den Unternehmenserfolg.

„In der Fertigung haben wir die

Hälfte aller Mitarbeiter selbst ausgebildet, das ist bei

unserem hohen Anspruch auch enorm wichtig“, so

Runde, die viel Wert darauf legt, Potenziale bei ihren

Beschäftigten zu erkennen und zu fördern. Der Erfolg

gibt ihr Recht: Groth plant einen Erweiterungsbau

auf dem Firmengelände. DJ

Seltene Ehrung

Seit 50 Jahren arbeitet Dieter Kubitschke bei M. Jürgensen

im schleswig-holsteinischen Sörup. Am 1. August

1971 begann er bei dem Schleudergussspezialisten,

jetzt konnte die „goldene“ Betriebszugehörigkeit gefeiert

werden. Lächelnd erzählt Kubitschke von der Empfehlung

seiner Lehrer, er solle doch besser arbeiten gehen,

statt weiter die Schulbank zu drücken. Das tat er

und startete nach einer Betriebsbesichtigung bei M.

Jürgensen als Dreher-Lehrling. In seiner Freizeit baut er

an ferngesteuerten LKW im Maßstab 1:14 mit echtem

Getriebe. 50 Jahre im Betrieb, heute eher eine Seltenheit

und deshalb auch Anlass für Stolz und Freude bei M.

Jürgensen. DJ

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

37


Menschen und Meldungen

Größter Auftrag

So ein Projekt gab es für thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) noch

nie: In Kooperation mit dem norwegischen Industriepartner Kongsberg

hat TKMS einen Auftrag für den Bau von sechs U-Booten vom Typ 212

CD erhalten. Die Auftragsübergabe fand am Werftstandort in Kiel mit

dem deutschen Verteidigungsstaatssekretär Benedikt Zimmer und

der norwegischen Staatssekretärin Tone Skogen statt. Dr. Alexander

Orellano (r.), TKMS-Geschäftsführer, hob die gute Zusammenarbeit

hervor: „Die deutsch-norwegischen 212CD-Verträge sind ein Meilenstein

in der langen Geschichte unseres Unternehmens und ein enormer

Schritt in die Zukunft. Wir schlagen ein neues Kapitel modernster

U-Boot-Technologie mit erhöhter Einsatzverfügbarkeit und gleichzeitig

reduzierten Kosten über den gesamten Lebenszyklus auf.“ Der 5,5 Milliarden

Euro schwere Großauftrag umfasst die Auslieferung von vier je

73 Meter langen, 10 Meter breiten und 13 Meter hohen U-Booten an die

norwegische Marine und zwei an die deutsche Marine. Der Bau des ersten

Unterseebootes wird im Jahr 2023 starten, die deutsche Marine soll

ihre Exemplare 2032 und 2034 in Dienst stellen. AS

Aufbau in Rostock

Die Meyer Werft plant in Rostock ein neues

Kompetenzzentrum für Spezialschiffe.

An der Warnow sollen besonders innovative

Lösungen für zeitgemäßen Schiffbau

entwickelt werden, etwa klimafreundliche

Antriebe und nachhaltige Lösungen

zur Schiffsnachrüstung. „Im ersten

Schritt möchten wir rund 50 Ingenieure

gewinnen“, so Malte Poelmann, Mitglied

der Geschäftsleitung Meyer Werft.

„Es ist eine Investition in die Zukunft des

gesamten Schiffbaustandortes Deutschland.

Unsere Wahl für Rostock ergibt sich

aus dem maritimen Know-how der Region

mit einem starken Netzwerk.“ Mecklenburg-Vorpommerns

Ministerpräsidentin

Manuela Schwesig (SPD) freute

sich bei einem Besuch auf der Neptun

Werft über die Gründung: „Diese Entscheidung

stärkt den maritimen Standort

Rostock und damit Mecklenburg-Vorpommern

insgesamt. Das macht Hoffnung

für die Zukunft.“ DJ

Fotos: Meyer Werft, thyssenkrupp Marine Systems

38 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Tarifbindung

in Deutschland

GRAFIK DES MONATS

M+E-Industrie: Starke Tarifbindung in den alten Bundesländern

Anteil tarifgebundener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Herst. v. Metallerzeugnissen

8 %

25 %

Herst. v. EDV-Geräten, el. Erzeugnissen

Reparatur v. Maschinen u. Ausrüstungen

k.A.

22 %

35 %

35 %

Maschinenbau

21 %

49 %

Herst. von elektrischen Ausrüstungen

18 %

56 %

Metallerzeugung und -bearbeitung

52 %

62 %

Straßenfahrzeugbau

53 %

69 %

Sonstiger Fahrzeugbau

38 %

71 %

0 10 20 30 40 50 60 70 80

alte Bundesländer

neue Bundesländer

Hoher Organisationsgrad in Großbetrieben*

Anteil tarifgebundener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

52 %

43 %

29 %

17 %

11 %

80 %

Illustration: Mirja Tschakarov

Betriebsgröße (Beschäftigte):

1-9 10-49 50-249 250-499 500-999 1000+

Quelle: DESTATIS 2021, Datenstand 2018

* über alle Branchen Deutschlands

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

39


WIR FÜR SIE

Folge 34:

Marco Swyter

Laura Tönnsen

Unsere Fachleute

für

Künstliche

Intelligenz

Foto: Christian Augustin / iStock NanoStockk

Für NORDBILDUNG

bringen Marco

Swyter und Laura

Tönnsen ihre Expertise

in das neue

Regionale Zukunftszentrum

Nord ein.

Kontakt:

Marco Swyter

Tel.: 040 6378-4209

E-Mail: swyter@

nordbildung.de

Laura Tönnsen

Tel.: 040 6378-4217

E-Mail: toennsen@

nordbildung.de

Wer sich kurz nach der Finanzkrise

von 2008 für ein Studium

der Soziologie und Volkswirtschaft

entschieden hat, muss vom Positiven

in Umbrüchen und Veränderungen

überzeugt gewesen sein. Marco Swyter ist

so ein Optimist mit dem Willen zum Wandel.

Seit April 2021 ist er beim Bildungsverbund

NORDBILDUNG Ansprechpartner

für das neue, vom Bundesministerium für

Arbeit und Soziales geförderte Konsortialpartnerprojekt

Regionales Zukunftszentrum

Nord (RZZ). Das Beratungsnetzwerk

will gezielt kleine und mittelständische

Unternehmen (KMU) in Norddeutschland

für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz

(KI) fit machen (ausführlicher Report

in „Standpunkte“ 4/2021).

„Mir war schon immer der Blick auf das

Gesamtgefüge wichtig – wie Gesellschaft

und Wirtschaft zusammen funktionieren“,

sagt der gebürtige Emder. Deshalb

hat sich der 31-Jährige nach zwei Jahren im

Konzernkosmos von Airbus 2019 für den

Wechsel zu NORDBILDUNG entschieden –

damals als Projektkoordinator für das

Digitalisierungsnetzwerk DigiNet.Air.

Sein Interesse an Technologien wie menschenzentrierter

KI, die den Menschen

nicht ersetzt, sondern unterstützt, leitet der

Scrum Master (agiler Projektmanager) unter

anderem von seinen quantitativen

VWL-Studien an Unis in Göttingen, Aarhus

(Dänemark) und Hamburg ab: „Auch KI basiert

letztlich auf Zahlen und Modellen.“

Interessen auszugleichen und alle Beteiligten

bei der Projektentwicklung mitzunehmen,

sei für ihn als Diversity-Trainer

selbstverständlich. Den Überblick behält

der passionierte Parkour-Läufer ohnehin.

Seit Mai 2021 an Swyters Seite: RZZ-Projektassistentin

Laura Tönnsen. Wie der Projektleiter

ist auch die studierte Betriebswirtin

ein Digital Native. Aufgewachsen in

Neumünster, mit Studienstationen in Marburg,

München, Bordeaux (Frankreich) und

Tartu (Estland) geht die 30-Jährige offen

und beherzt an neue Herausforderungen

heran – privat, wenn es um ihr „nachhaltiges

Badezimmer“ geht, und beruflich, wenn

sie sich mittels Podcasts, Zeitschriften, Bücher

und Netzrecherchen immer tiefer in

Anwendungsmöglichkeiten von KI hineingräbt

(KI-Fachgespräch siehe Seite 46).

„Während das rund 30-köpfige RZZ-Beraterteam

den KMU Fragen rund um KI inhaltlich

beantwortet, tritt NORDBILDUNG

vor allem als Moderator und Vernetzer an

– zwischen den Mitgliedsunternehmen

von NORDMETALL und AGV NORD, den

involvierten KI-Forschungseinrichtungen

und Bildungspartnern sowie den regionalen

Wirtschafts- und Sozialbehörden in

Bremen, Hamburg, Niedersachsen und

Schleswig-Holstein“, beschreibt Tönnsen

ihre und Swyters Rolle. Jederzeit ansprechbar

sind beide für alle KI-interessierten

Mitgliedsunternehmen – immer auf der

Suche nach Anwendungsbeispielen für KI

in der unternehmerischen Praxis. BiB

40 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Termine von NORDMETALL,

NORDMETALL-Stiftung und AGV NORD

TERMINE

Mitgliederversammlung, Treffen zum Netzwerken, Informationsveranstaltungen zu Arbeitsrecht,

Bildungsfragen oder der Stiftungsarbeit — die norddeutschen Industrieverbände NORDMETALL und AGV NORD

sowie die NORDMETALL-Stiftung bieten ein reichhaltiges Angebot.

Nähere Informationen zu Anmeldung, Ablauf, Referenten, kurzfristigen Änderungen sowie weitere Termine

finden Sie auf unserer Homepage unter www.meinarbeitgeberverband.de/veranstaltungen.

Derzeit finden wöchentlich Corona-Telefonkonferenzen statt. Die Termine finden Sie ebenfalls auf

unserer Website.

Oktober

01.10.21 Infoveranstaltung ZUKUNFTSPOOL.me:

Der Personalpool

01.10.21 Kurzsession ZUKUNFTSPOOL.me:

Online-Bewerberplattform für Azubis

05.10.21 Infoveranstaltung Manteltarifvertrag Modul III

(HH/SH/MV) – Vergütung, Ausschlussfristen

07.10.21 Infoveranstaltung Manteltarifvertrag Modul IV

(gesamt) – Urlaub, Freistellung

digital

digital

digital

digital

NM / AGV

NM / AGV

NM

NM

14.10.21 Netzwerk Ausbildung Bremen digital NM / AGV

14.10.21 Informationsveranstaltung Weiterbildung in der

ME-Industrie: eine arbeitsrechtliche und arbeitsmarktpolitische

Betrachtung

18.10.21 Politiktour „Ausbildung rockt!“ Metall- und Elektroindustrie

in Hamburg erleben bei Philips

20.10.21 Infoveranstaltung: Unterstützungsinstrument

AsA flex der Bundesagentur für Arbeit

für Ausbildungsbetriebe zur Stärkung der Ausbildung

digital

hybrid

Hamburg

digital

NM / AGV

NM / AGV

NM / AGV

28.10.21 Firmenzirkel Modul I digital NM / AGV

28.10.21 Symposium „QplusAlter“ – Neue Ansätze für

passgenaue Unterstützungsstrukturen

digital

NM-Stiftung

November

08.11.21 Politiktour „Ausbildung rockt!“ Metall- und Elektroindustrie

in Bremen erleben bei Gestra

10.11.21 44. Martinsgans Arbeitgebergipfel –

digital und in Präsenz

11.11.21 Informationsveranstaltung Entgeltrahmentarifvertrag

– Grundlagen §§ 2-5 ERA

16.11.21 Informationsveranstaltung Abschlussprüfungen

in KuG

hybrid

Bremen

hybrid

Grand Hotel Elysée Hamburg

digital

digital

NM / AGV

NM

NM / AGV

NM / AGV

18. + 19.11.21 Ausbildungskonferenz abgesagt neuer Termin im 1. Quartal 2022 NM / AGV

25.11.21 Firmenzirkel Modul II digital NM / AGV

25.11.21 Science Café Exzellenz-Netzwerk MINT-Schule

Hamburg und Maritimes Zentrum Elbinsel

Thema: Mobilität der Zukunft?

Maritimes Zentrum Elbinsel der

Stadtteilschule Wilhelmsburg

Hamburg

NM-Stiftung

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

41



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Foto: Harren & Partner (Gosa)

Von der Nordsee ins All

Anfang September fiel der Startschuss für den Bau einer mobilen Raketenplattform in

der Nordsee. Vier europäische Raketenhersteller vereinbarten eine Zusammenarbeit mit

der German Offshore Spaceport Alliance (GOSA). Die Unternehmen – Skyrora (Großbritannien),

T-Minus (Niederlande) sowie HyImpulse und Rocket Factory aus Deutschland –

planen eine schwimmende Plattform, um Kleinsatelliten ins All zu schießen. Angedacht

ist ein Spezialschiff mit Startrampe, Heimathafen soll Bremerhaven sein. Die erste

Rakete soll bereits 2023 abheben. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier unterstützt

das Projekt. „Kleinsatelliten gehört die Zukunft“, so Altmaier. „Deshalb wollen wir

im Bundeswirtschaftsministerium eine New-Space-Kleinsatelliten-Initiative auf den

Weg bringen.“ Nach einer vom Wirtschaftsministerium initiierten Erhebung sollen in

dieser Dekade über 15.000 Satelliten ins All gebracht werden, 90 Prozent davon werden

Kleinsatelliten sein. CvF

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

43


Fachgespräch:

Ein Experte mit vielen verschiedenen

Themen im Spezialbereich,

den er oder sie vertreten – das ist

das Szenario des Standpunkte-

Fachgesprächs. Wir drucken es im

unregelmäßigen Wechsel mit dem

Debattenformat „Face to Face“.

Unsere Expertin diesmal: Andrea

Martin (53), seit Juli 2019

Leiterin des IBM Watson Center

in München und international

renommierte Fachfrau für Künstliche

Intelligenz (KI).

Andrea Martin

… leitet das IBM Watson Center in München und die IBM Kundencenter

in der EMEA-Region. Sie war Mitglied der Enquetekommission

für Künstliche Intelligenz (KI) beim Deutschen

Bundestag, aktuell arbeitet sie im Bayerischen KI-Rat mit.

Als IBM Distinguished Engineer beschäftigt sie sich schon lange

mit KI. Langjährige Erfahrung und ein globales Netzwerk liefern

ihr immer wieder wichtige Impulse für die Arbeit, die vielfältigen

Aufgaben in Verbänden und Gremien sowie für ihre Keynotes.

Martins Engagement ist auch extern anerkannt: So war sie z. B.

Managerin des Jahres (Markt & Technik 2020) und Woman of

the Year für technische Innovation bzw. Leadership (WIN-Awards

2017/2020). Andrea Martin ist diplomierte Wirtschaftsmathematikerin

von der Universität Karlsruhe.

Standpunkte: Die Chancen und Risiken

der KI sind längst nicht mehr nur ein großes

Thema in den Konzernen, sondern auch im

deutschen Mittelstand. Sie waren Beraterin

in der Enquetekommission des Bundestages

zu diesem Thema und beschäftigen sich seit

Jahren mit Künstlicher Intelligenz. Wie offen

ist die deutsche Wirtschaft für KI und

wie weit ist ihre Nutzung vorgedrungen?

Martin: Das Interesse ist ungebrochen, daran

hat auch Corona nichts geändert. Es gibt

ganz unterschiedliche Themenkomplexe,

mit denen die Firmen zu uns kommen: Da ist

etwa die Optimierung der Interaktion mit

Kunden oder mit Beschäftigten ein typi-

Foto: IBM

44 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


„Das zeigt: KI ist angekommen,

auch im deutschen

Mittelstand.“

scher Einstieg ins Thema. Das Zusammenspiel

Mensch-Maschine, virtuelle Assistenten,

auch Chatbots sind von großem Interesse.

Die KI-Funktionalitäten können bei der

Optimierung von Entscheidungsprozessen

sehr helfen, bei der Verarbeitung großer

Datenmengen, um neue Erkenntnisse zu

gewinnen. Das kommt natürlich besonders

in den Unternehmen oder Wirtschaftszweigen

zum Tragen, die forschungsintensiv

arbeiten. Wir wissen aus Untersuchungen,

dass mittlerweile 79 Prozent der deutschen

Unternehmen KI-Technologie einsetzen,

15 Prozent sich das vorstellen können. Und

von den Nutzerinnen und Nutzern sind

36 Prozent der Ansicht, dass es großen Spielraum

gibt, KI noch weiter einzusetzen. Das

zeigt: KI ist angekommen, auch im deutschen

Mittelstand.

Standpunkte: Wenn Sie das im internationalen

Maßstab vergleichen, wie steht die

deutsche Wirtschaft dann da? Ist Amerika

oder China uns nicht weit voraus?

Martin: Zum Teil ja. In manchen Ländern

ist die Kultur explorativer geprägt als bei

uns, man will Neues schneller ausprobieren,

um zu sehen, was es für Nutzen bringt. Aber

auch hierzulande sind viele Branchen ganz

vorn dabei, etwa die Finanzwirtschaft im

Bankenumfeld. Gleichwohl gibt es Länder,

die sind branchenweit schon deutlich über

den Experimentierstatus hinaus.

Standpunkte: Die Enquetekommission,

für die Sie ja als Sachverständige unterwegs

waren, hat empfohlen, KI-Förderprogramme

aufzulegen. Ist das schon geschehen oder

noch in der Planung?

Martin: Die Enquetekommission an sich

hat die Aufgabe gehabt, eine Bestandsaufnahme

zu machen und Empfehlungen an

Bundestag und Regierung zu geben. Es liegt

jetzt an der nächsten Regierung, diese Empfehlungen

auch umzusetzen. Wir brauchen

Impulse, um gerade kleineren Unternehmen

die Chancen von KI näherzubringen.

Standpunkte: Welche Beispiele können Sie

nennen, in denen KI erfolgreich implementiert

wurde?

Martin: Wir haben mit Siemens gemeinsam

einen Chatbot entwickelt, der die Kolleginnen

und Kollegen im Personalwesen

unterstützt, indem viele Abfragen automatisiert

beantwortet werden. Wo finde ich einen

Urlaubsantrag oder wie beantrage ich

Erziehungszeit? Solche Standardfragen werden

jetzt durch den virtuellen Assistenten

abgearbeitet. Die Nutzerinnen und Nutzer

dieses Chatbots sind mit den Auskünften

zufrieden, die HR-Mitarbeiter fühlen sich

entlastet, weil ihnen Routineaufgaben nicht

mehr Zeit wegnehmen. Sie empfinden diesen

Chatbot sogar eher als Kollegen, nicht

als Bedrohung, wie wir in einer Studie festgestellt

haben.

Standpunkte: Erleben Sie denn auch Fälle,

in denen Menschen Bedenken gegen den

KI-Einsatz haben, weil sie befürchten, überflüssig

zu werden?

Martin: Persönlich habe ich diese Erfahrung

noch nicht gemacht. Aber natürlich

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

45


„Wir sind so weit gegangen,

eine konkrete Vereinbarung

zum Thema Einführung von

KI-Anwendungen zu schließen

und einen sogenannten

KI-Ethikrat zu etablieren.“

gibt es in Unternehmen Debatten darüber,

wie ein KI-Einsatz auf die Belegschaft wirkt.

Da muss man ganz genau hinsehen und Fragen

beantworten: Wie werden Prozesse

durch KI verändert? Was hat das für Auswirkungen

auf die Menschen, die eine Rolle in

dem Prozess hatten und in Zukunft haben?

Was haben die für Skills? Was ist die Auswirkung

der neuen Lösung auf ihre tägliche Arbeit?

Wir haben dazu ein Framework zum

Thema „Human Friendly Automation“ entwickelt.

Hier geht es darum, den Mensch in

den Mittelpunkt zu stellen und ihn dort

auch bei der Einführung von KI zu lassen.

Standpunkte: Wie funktioniert das in der

betrieblichen Praxis?

Martin: Das geht nur im Miteinander. Jede

große Transformation muss auch die organisatorischen

Auswirkungen betrachten

und entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Zu Beginn steht die Frage: Wie verändert die

Technologie die Prozesse? Wie wirkt sie sich

auf die Menschen aus? Sie brauchen konkrete

Bewertungen, etwa zu den Zahlen der Betroffenen,

zur Veränderung in der Arbeitszeit.

Und dann gilt in Schulungen, in Workshops

die Mitarbeiter mitzunehmen, damit

die neue KI-Lösung auch akzeptiert wird.

Standpunkte: Wie sieht die Einbindung

des Betriebsrates aus?

Martin: Der Betriebsrat bei IBM ist in dieser

Beziehung sehr konstruktiv. Wir haben viele

Punkte gemeinsam diskutiert, etwa dass es

keine Diskriminierung geben darf, dass die

Datensicherheit gewährleistet ist. Wir sind so

weit gegangen, eine konkrete Vereinbarung

zum Thema Einführung von KI-Anwendungen

zu schließen und einen sogenannten

KI-Ethikrat zu etablieren. Da bin ich auch

Mitglied. Wir schauen uns jede KI-Anwendung

an, insbesondere die, die Mitarbeiterdaten

verwenden. Wir bewerten dann und analysieren:

Was macht die Anwendung, liegt sie

im Rahmen der gültigen Gesetze oder muss

sie gegebenenfalls gestoppt werden?

Standpunkte: Wo greifen Arbeitnehmerrechte

oder Datenschutz so stark ein, dass

ein KI-Projekt nicht geht?

46 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Als Leiterin des IBM

Watson Center ist

Andrea Martin eine

gefragte Keynote-

Speakerin. Ihre langjährige

Erfahrung

stellt sie auch gern

für die Arbeit in Verbänden

und Gremien

zur Verfügung.

Fotos: IBM

Martin: Ich will ein Beispiel nennen: Wenn

es darum geht, auf Basis von vergangenen

Leistungsbewertungen oder dokumentierten

Feedbackgesprächen eine Gehaltserhöhung

vorzuschlagen, dann ist das ein Fall,

wo wir sagen: Das sollte nicht automatisiert

geschehen, sondern da muss die Führungskraft

das letzte Wort haben.

Standpunkte: Die EU-Kommission hat eine

Verordnung zu KI angekündigt. Besteht hier

europaweiter Regelungsbedarf?

Martin: Es ist für mich in Ordnung, wenn

man auf Anwendungsfälle bezogen abwägt,

was KI im Rahmen unseres Wertesystems

soll und was nicht. Denken Sie an die

Gesichtserkennung: Sie lieferte zum Beispiel

im Rahmen der Strafverfolgung in den

USA oft unzuverlässige Ergebnisse zulasten

ethnischer Minderheiten. Da haben wir als

IBM entschieden, uns zurückzuziehen. Aber

natürlich macht Gesichtserkennung am

Flughafen bei der Passkontrolle Sinn. Das

heißt, wir sollten nicht die Technologie regulieren,

sondern die generellen Anwendungsgebiete.

Allerdings nicht zu rigoros,

denn das ist aus meiner Sicht nicht förderlich

für Innovationen.

Standpunkte: Kommen wir noch mal zurück

zur deutschen Wirtschaft: Wie weit

werden die Unternehmen in zehn Jahren mit

KI unterwegs sein?

Martin: KI wird dann auch nur eine weitere

Technologie im Digitalisierungsumfeld

sein. Wir werden neue Erkenntnisse aus den

Daten gewinnen können, die uns zum Beispiel

in der Materialforschung voranbringen.

Und das Verständnis wird gewachsen

sein, dass die Daten sach- und fachgerecht

gesammelt und aufbereitet werden müssen.

Das ist nämlich ein Punkt, an dem bisher

manche KI-Projekte scheitern. Ich bin sicher,

die deutsche Wirtschaft wird mehr Mut und

Risikobereitschaft aufbringen, um diese

Technologie einzusetzen, um Wettbewerbsvorteile

nicht zu verspielen.

Standpunkte: Wir danken Ihnen für das

Gespräch.

Alexander Luckow

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

47



Chef der Radlader: Klaus Brunkhorst,

Geschäftsführer der Atlas Weyhausen

GmbH, vor einem weycor-Produkt.

TERMIN BEIM CHEF

Klaus Brunkhorst

ATLAS WEYHAUSEN GMBH

Foto: Christian Augustin

„Ich bin kein Stadtmensch“, sagt Klaus

Brunkhorst und lässt die graublauen

Augen durchs Fenster auf den grünen

Außenbezirk von Wildeshausen nahe

Bremen schweifen. Warum? „Ich brauche

die Weite, ich muss weit gucken können“,

antwortet der 61-jährige Geschäftsführer

von weycor prompt, „Sie wissen

doch, der Norddeutsche sagt: Ich möchte

freitags schon sehen, wer sonntags zu

Besuch kommt.“

Sturmfest und erdverwachsen wie in der

Hymne Niedersachsens, erleben wir das

Landeskind Brunkhorst in seiner Firmenzentrale

von Atlas Weyhausen, so

der traditionelle Unternehmensname.

Und so sind auch die Baumaschinen, die

sie hier seit 50 Jahren herstellen: In den

Anfangsjahren wurden fünf unterschiedliche

Radlader-Typen gebaut. Zwischenzeitlich

umfasst die Palette 16 Typen

mit einem Dienstgewicht von bis zu

16 Tonnen, mit maximal 218 Pferdestärken

aus Deutz-Motoren und um die

12.000 Dekanewton Reiß- oder Schubkraft.

2004 kamen Tandemwalzen und

Walzenzüge dazu, die mit bis zu 14 Tonnen

Betriebsgewicht und 50 Prozent

Steigfähigkeit im wahrsten Sinne des

Wortes alles plattmachen. Mit Stolz zeigt

Brunkhorst auf ein großes Foto im Hintergrund.

„Das ist unsere neueste Errungenschaft.

2016 haben wir erstmalig

Radlader im Segment der 12 bis 15 Tonnen

auf der BAUMA in München vorgestellt.

Zwischenzeitlich werden auch diese

Radlader weltweit erfolgreich vermarktet.“

„Wir können als Mittelständler auch mit

den Weltkonzernen mithalten, die über

den Radlader und die Verdichtungstechnik

hinaus eine noch wesentlich breitere

Produktpalette anbieten“, betont der

Chef über 210 Mitarbeiter am Standort

und noch mal 310 im ungarischen

Kaposvár: „Weil wir flexibler und schneller

auf die Kundenwünsche eingehen

können als die ganz Großen.“ Das hat

den Stahlbauern in der Puszta nahe dem

Balaton genauso durch die Coronakrise

geholfen wie den Konstrukteuren und

Endfertigern in Wildeshausen. „Im

Frühjahr 2020 haben wir hier vier Wochen

den kompletten Lockdown gefahren,

nicht nur weil die Aufträge wegbrachen,

sondern auch, weil unter anderem

unser italienischer Zulieferer keine Achsen

mehr produzierte“, erinnert sich

Brunkhorst. Mit Kurzarbeit bis in den

August des letzten Jahres fraß die Pandemie

fast 30 Prozent des Umsatzes. Und

auch 2021 bleibt die Lage schwierig: „Vor

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

49


Fotos: Christian Augustin

„Innovation

war immer

unsere Stärke.“

allem die von Chips abhängigen Zulieferer

kommen nicht schnell genug hinterher,

daher stockt unsere Produktion und

zwischenzeitlich schieben wir einen

halben Monat Rückstand vor uns her“,

betont der Chef. Besserung sei aber in

Sicht und die Belegschaft ziehe in Sachen

größerer Flexibilität hervorragend

mit – wenn die Lieferketten es zulassen,

wird man die Delle gemeinsam mit

Mehrarbeit ausbügeln.

Eine Vielzahl an Chips steckt heute auch

in jeder Weycor-Baumaschine, Hightech

für Motoren, Hydraulik- und Ventilsteuerung.

„Innovation war immer unsere

Stärke“, betont der langjährige Chef. Die

ständige Erneuerung der Produktpalette

entspricht der Grundhaltung des Firmengründers:

Dr. Friedrich Weyhausen,

Ingenieur und Unternehmer aus Delmenhorst

bei Bremen, eröffnete schon

1965 eine moderne Maschinenfabrik in

Westerstede, in der Container-Wechselsysteme

gefertigt wurden. Am 15. Oktober

1970 begann im neu gebauten Wildeshausener

Werk die Produktion von

kompakten Radladern, nach der Wende

kam die ungarische Dependance dazu.

„Dr. Weyhausen holte mich 1991 vom

Controlling der Bremer Straßenbahn als

seinen persönlichen Assistenten ins

Haus“, erinnert sich der Kaufmann Klaus

Brunkhorst, der sich als gebürtiger Twistringer

in „Bremen und umzu“ bestens

auskennt. „Ich war so etwas wie das

Ziehkind dieses genialen Unternehmers,

wurde bald kaufmännischer Leiter.“

Nach einem Branchenwechsel mit Stationen

in Aurich und Bremen kehrte

Brunkhorst nach sieben Jahren 2008 als

Geschäftsführer nach Wildeshausen zurück.

Ende 2009 verstarb Dr. Friedrich

Weyhausen im Alter von 90 Jahren, seitdem

hält eine Familienstiftung die Anteile

des Unternehmens.

„Ich bin als neuer Chef 2008 und 2009

gleich mit den harten Folgen der Finanzkrise

konfrontiert worden. Wir hatten

Produktionseinbrüche von bis zu 50 Prozent

und mussten unseren Mitarbeiterstamm

um 30 Prozent reduzieren“, erinnert

sich Brunkhorst nicht ohne leichten

Schauder im sonst norddeutsch-klaren

Tonfall. Transparenz, gepaart mit einer

gewissen Strenge, diese „Kernpunkte

meiner Art zu führen“, wie er sagt, hät-

50 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


„In der Entwicklung von alternativen Antrieben

und emissionsreduzierten Techniken sind wir schon

weit vorangekommen.“

ten ihm schon damals durch die Krise

geholfen. Dass die aktuelle Krise überwunden

wird und bald vorbei ist, da ist er

sich sicher, nicht nur wegen des Übereinkommens

mit der Belegschaft.

„In den letzten 50 Jahren haben wir gemeinsam

viel geschafft. Damit das auch

in der Zukunft so bleibt, haben wir unsere

Ziele immer fest im Blick. Wir bauen

hier nebenan aktuell ein neues Innovationszentrum,

der Bürgermeister hat uns

bei den Genehmigungen sehr geholfen,

obwohl wir schon einen sehr hohen Flächenversiegelungsanteil

haben“, berichtet

Brunkhorst mit Freude.

Seit Jahren beschäftigt sich Atlas Weyhausen

mit der nachhaltigen Mobilität,

besonders in Sachen Entwicklung von

emissionsreduzierten und emissionsfreien

Antrieben. Die Weycor-Ingenieure

tüfteln schon länger an Elektroantrieben

für kleinere Radlader. Auf der Fachmesse

Bauma in München soll voraussichtlich

im Herbst 2022 der erste elektrisch

betriebene Typ vorgestellt werden. Bis

2025 wollen die Wildeshausener in Kooperation

mit der TU Darmstadt ihren

ganz großen Radladern beibringen, auch

mit synthetischen Kraftstoffen zu fahren

– viel Stoff zum Forschen in den neuen

vier Wänden.

„In der Entwicklung von alternativen

Antrieben und emissionsreduzierten

Techniken sind wir schon weit vorangekommen“,

betont Brunkhorst. Ihm ist es

wichtig, dass die nachhaltige Mobilität

in Deutschland entwickelt und produziert

wird. Weitere tiefgreifende Herausforderungen

für den Mittelstand liegen

vor allem im Bereich der autonomen

Steuerungssysteme. Auch soll der Ausbau

der Fertigungstiefe zur Stärkung der

Unternehmensgruppe beitragen. Aktuell

werden erste Hydraulik-Komponen-

ten für das Segment der kompakten Radlader

entwickelt, die Anfang nächsten

Jahres in die eigene Serienproduktion

einfließen sollen und auch Drittkunden

angeboten werden.

Klaus Brunkhorst sucht den Ausgleich

zum stressigen Geschäftsführer-Dasein

gern beim Singen. Oder in den niedersächsischen

Weiten, beim Joggen und

auf dem Fahrrad, gemeinsam mit seiner

Gattin, die eine Physiotherapiepraxis betreibt.

Dort arbeitet auch der längst erwachsene

Sohn, die Tochter arbeitet als

Hebamme. Die gesamte Familie ist in der

Region verwurzelt, keine Stadtmenschen,

sturmfest und erdverwachsen.

„Ich würde nicht anders leben wollen“,

sagt Klaus Brunkhorst zum Abschied.

Alexander Luckow

1971 startete die Produktion mit dem ersten hydrostatischen Radlader,

1998 folgten frische Konzepte für Ergonomie und Fahrerkabine, 2013

neue Abgassysteme für die Baufahrzeuge. 2020 machte das Unternehmen

coronabedingt nur 70 Millionen Euro Umsatz, 2022 wird der Wert

vor Corona von 100 Millionen angestrebt.

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

51


TREFFPUNKT NORD

UVHB-Präsident Lutz Oelsner zeigte

sich froh darüber, dass das Musikfest

2021 wieder stattfinden konnte.

Freuen sich auf einen musikalischen

Leckerbissen: Detlef Pauls (Dehoga

Bremen) mit seiner Gattin.

Erstklassiger Musikgenuss

mit Klönschnack

Mit Musik im Herzen gelingt vieles leichter. Das mögen sich auch die Gäste

des Musikfestes Bremen (MFB) gesagt haben. Am 17. September 2021

kamen rund 60 Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Verbandsvertreter

aus der Weserstadt und dem nordwestlichen Niedersachsen in

ausgelassen-beschwingter Stimmung zum Empfang von NORDMETALL

und den Unternehmensverbänden im Lande Bremen (UVHB) im Garten

der Glocke zusammen. Nach einleitenden Worten von UVHB-Präsident

Lutz Oelsner und Musikfest-Intendant Thomas Albert erfreuten sich die

Gäste am persönlichen Austausch – selbstverständlich coronakonform

– und einem erstklassigen Konzertabend mit Werken des russischen

Komponisten Sergej Prokofjew (1891-1953), interpretiert vom SWR

Symphonieorchester unter der Leitung des griechischen Stardirigenten

Teodor Currentzis. Im vergangenen Jahr musste das Musikfest Bremen

wegen der Coronapandemie abgesagt werden. Umso größer war nun die

Freude, Musik endlich wieder live erleben zu dürfen. BiB

Fotos: Michael Bahlo

Ausgelassenes Wiedersehen (v. l.): Dr. Michael Winkler

(Hella Fahrzeugkomponenten) nebst Gattin, Wolfgang Würst

(Ehrenmitglied des NORDMETALL-Vorstandes).

Liebhaberin der Schönen Künste: Kunsthistorikerin

und Kuratorin Dr. Dorothee

Hansen (Kunsthalle Bremen).

52 NORDMETALL Standpunkte 1 / 2020


Glückliche Gesichter (v. l.): Prof. Thomas

Albert (MFB), Wolfgang Würst (NORD-

METALL-Ehrenvorstand), Lutz Bauermeister

(ehem. NORDMETALL), Dr.-Ing.

Uwe Boeke (ehem. NORDMETALL),

Susanne Bauermeister, Johann Doden

(AGV Ostfreisland) nebst Gattin.

Mitgastgeber Cornelius Neumann-Redlin (l.,

UVHB) im Gespräch mit Bremens Innensenator

Ulrich Mäurer (SPD) und dessen Tochter.

Intendant Prof. Thomas Albert erläutert

das Programm des Abschlusskonzertes

„Currentzis & Prokofjew“.

Gelöste Stimmung (v. l.): Verena Nölle, Birgit van Aken

(Verband dt. Unternehmerinnen) nebst Gatte John van

Aken, Dr. Jens-Uwe Nölle (Kanzlei Nölle & Stoevesandt).

In Sektlaune (v. l.): Die erwartungsfrohen Konzertbesucher

Marcel Christmann (nordwindaktiv) mit Gattin, Dr. Joachim

Betker (Airbus Werk Bremen) ebenfalls nebst Gattin.

Applaudierten den Rednern im Garten

der Glocke: Claudia Hörbst, Ralf Stapp

(Bremer Aufbau-Bank).

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

53


Julia Funk (.) und Cindy Hardt stellen die

Netzwerkarbeit und die Qualität in den

Fokus der BWMV-Vorstellungsrunde.

Wie moderne Bildungsarbeit heute funktioniert,

erläutern Dr. Anton Parlow (l.)

und Dr. Luise Wolff vom BWMV.

Mögen es klischeefrei:

Lisanne Straka (DGB, l.)

und Dr. Cathleen Kiefert-

Demuth (Leitstelle

Gleichstellung).

Die Gäste genießen den persönlichen Austausch

und die entspannte Atmosphäre im

Schlossgarten von Hasenwinkel.

Brückenbauer in den Beruf (v.

l.): Thomas Besse (Agentur für

Arbeit), Dieter Gelzer (Cargill).

Den Arbeitsmarkt im Blick:

Dr. Sylvia Neu (BdW) und

Thomas Besse (Agentur für

Arbeit).

Von „Action Learning“ bis Virtual Reality: Bildungsangebote

des BWMV setzen auf moderne Methoden

und starke Partner. Thomas Radke (r., BdW) stellt das

Zukunftszentrum MV vor.

Brücken bauen: BWMV-Projektleiterin

Anika Barchfeld (l.) erläutert Dr. Nico

Fickinger (NORDMETALL) das Prinzip.

54 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Gemeinsamer Blick auf 30 Jahre BWMV:

Geschäftsführerin Susan Bach (l.) und Vorstandsvorsitzender

Thomas Lambusch (r.).

Stolz auf die Leistungen ihres

Teams: Susan Bach, BWMV-

Geschäftsführerin.

30 Jahre Bildungswerk

der Wirtschaft in MV

Zum Aperitif ein Bildungshäppchen, bitte: Rund 65 Gäste aus der

norddeutschen Bildungs-, Politik- und Wirtschaftsszene feierten am

22. September 2021 im Tagungshotel Schloss Hasenwinkel nahe

Schwerin den 30. Geburtstag des Bildungswerks der Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommern

(BWMV). Berufliche Orientierung, MINT-Bildung,

Fortbildungen, die Förderung Benachteiligter, Ausbildung 4.0 und vieles

mehr umspannen mittlerweile das Angebotsspektrum der wirtschaftsnahen

Institution. Livedemonstrationen und Kurzvorträge etwa zu

„Robotik in der Schule“, dem frühkindlichen Bildungsprojekt „Versuch

macht klug“ oder dem Ansatz „Agil Probleme lösen“ illustrierten eindrucksvoll

die facettenreiche Arbeit des BWMV. BiB

Fotos: Margit Wild

Der Vorstandsvorsitzende des BWMV,

Thomas Lambusch, begrüßt die Gäste.

Mitmachen und diskutieren: Die Gäste der

Geburtstagsfeier tauschten sich rege zu

den Bildungschancen im Norden aus.

Projektleiterin Melanie Dettmann

gab den Gästen einen anschaulichen

Einblick in ihre Arbeit beim BWMV.

„Versuch macht klug“: Experiment

mit Wasserflaschen

fasziniert nicht nur Kinder.

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

55


Hier geht’s

zum Mittschnitt

der

Veran stal tung

Mara Lindhorn vom Forschungs- und Entwicklungszentrum

der Fachhochschule Kiel

zeigte mittels Bilderkennung, was KI leistet.

Tobias Gürtler von IDALABS

führte in die Digitalisierung von

Geschäftsprozessen ein.

Digitale

Woche Kiel

Mit einem Disskussionspanel unter dem

Titel „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz

(KI) im Mittelstand – Herausforderungen

und Chancen“ hat sich das

Regionale Zukunftszentrum Nord (RZZ)

am 17. September 2021 auf der Digitalen

Woche Kiel präsentiert. Das RZZ Nord

begleitet kleine und mittelständische Unternehmen

(KMU) in Bremen, Hamburg,

Niedersachsen und Schleswig-Holstein

bei Fragen der Digitalisierung und KI. Es

berät kostenlos, sammelt Best Practices

und entwickelt Bildungsangebote. NORD-

METALL und AGV NORD sind über ihren

Bildungsverbund NORDBILDUNG am RZZ

Nord beteiligt. Mehr dazu in der Dezemberausgabe

von „Standpunkte“. BiB

Fotos: Thorsten Mischke

Nils Passau von Meteolytix

sprach über KI-gestützte

Verkaufsplanung.

Moderierten das Panel und stellten das RZZ Nord

vor (v. l.): Dipl.-Ing. Victor Rochow und Prof. Dr. Dirk

Semmann von der Technischen Akademie Nord.

Marco Swyter ist bei

NORDBILDUNG Projektleiter

für das RZZ Nord.

Das RZZ Nord ist ein sozialpartnerschaftliches

Projekt: Andreas

Hartkamp von Arbeit und Leben im

Dialog mit Laura Tönnsen.

56 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


WIRTSCHAFTSZITAT

Foto: imago stock&people GmbH

Johann Wolfgang

von Goethe

(1749 – 1832),

Deutscher

Dichterfürst

„Der Hypochonder

ist bald kuriert,

wenn euch das

Leben recht

kujoniert.“

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

57


TARIF UPDATE

Ob es um Tarifverträge, die geplante Einführung

eines Schichtsystems oder die Eingruppierung

von Beschäftigten geht – die NORDMETALL-

Abteilung „Tarifrecht und Arbeitsorganisation“

unterstützt kompetent und schnell. An dieser

Stelle antworten die erfahrenen Juristen und

Arbeitswissenschaftler auf aktuelle Fragen, die

aus dem Kreis der NORDMETALL-Mitgliedschaft

gestellt werden.

Foto: ImYanis/Shutterstock

Verfall übergesetzlichen Urlaubs

Urlaub – für viele die schönste Zeit im Jahr, doch in juristischer

Hinsicht ein überaus komplexes Thema. Insbesondere

durch die Rechtsprechung des Europäischen

Gerichtshofs (EuGH) wurden den Arbeitgebern in den

vergangenen Jahren immer wieder neue Vorgaben gemacht.

Ein Dauerbrenner der juristischen Fragestellungen

wurde nun durch das Bundesarbeitsgericht (BAG)

für unser Tarifgebiet in einem für Arbeitgeber positiven

Urteil entschieden: Bereits im Jahr 2009 stellte der

EuGH klar, dass der gesetzliche Urlaub (20 Tage bei einer

Fünftagewoche) bei einer Langzeiterkrankung nicht

zum Jahresende oder spätestens bis zum 31. März des

Folgejahres verfallen darf. Das BAG konkretisierte dies

nun und entschied, dass ein Verfall frühestens 15 Monate

nach Ende des Urlaubsjahres eintritt. Urlaubsansprüche

aus diesem Jahr würden bei einer entsprechend lang

andauernden Langzeiterkrankung damit erst zu Ende

März 2023 verfallen. Doch gilt das auch für den übergesetzlichen

Urlaub (10 Tage bei einer Fünftagewoche)?

Das BAG akzeptiert den früheren Verfall übergesetzlicher

Urlaubsansprüche nur dann, wenn in der tariflichen

Regelung entweder bei der Befristung und Übertragung

oder beim Verfall des Urlaubs zwischen gesetzlichem

Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub

unterschieden oder sich vom gesetzlichen Fristenregime

gelöst und eigenständige, vom Bundesurlaubsgesetz

(BurlG) abweichende Vereinbarungen getroffen

worden sind. Mit aktuellem Urteil (v. 29.09.2020, 9 AZR

364/19) hat das BAG nun eine ausreichende Differenzierung

in den Manteltarifverträgen (MTV) für die Tarifgebiete

Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein und

Mecklenburg-Vorpommern, Unterweser sowie nordwestliches

Niedersachsen bejaht. Es bezieht sich dabei

darauf, dass § 10 Ziff. 6.7 S. 1 MTV für die Übertragung

des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr regelt, dass

diese unter anderem nur bei Vorliegen „betrieblicher

Gründe“ statthaft ist, während § 7 Abs. 3 S. 2 BurlG eine

Übertragung bei Vorliegen „dringender betrieblicher

Gründe“ vorsieht. Damit werden in der tariflichen Regelung

die Anforderungen für eine Übertragung gesenkt.

Allerdings ist auch hier die neueste Rechtsprechung des

BAG (v. 07.07.2020, 9 AZR 245/19 und 9 AZR 401/19) zu

beachten. Danach ist das Hinweisschreiben für den Urlaubsverfall

grundsätzlich auch bei Langzeiterkrankten

zu erstellen. Die bisher einzig anerkannte Ausnahme

liegt dann vor, wenn es dem Beschäftigten bis zum 31.

März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres

allein aufgrund durchgehend bestehender

krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht möglich

war, den Urlaub zu nehmen. Dies betrifft aber nur den Urlaub

für Jahre, in denen der Arbeitnehmer durchgehend

arbeitsunfähig krank war und deshalb – unabhängig davon,

ob der Arbeitgeber seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten

erfüllt hat – überhaupt keinen Urlaub

nehmen konnte. So positiv das Urteil war – das BAG

entschied im September 2020 auch, dass das Hinweisschreiben

ebenso den übertariflichen Urlaub umfassen

muss. Und das bedeutet, dass die unterschiedlichen Verfallfristen

bei einer Langzeiterkrankung in diesem Hinweisschreiben

entsprechend beachtet werden müssen.

Bei Fragen zum Urlaubsrecht stehen Ihnen die Abteilungen

„Tarifrecht und Arbeitsorganisation“ sowie

„Arbeits-, Betriebsverfassungs- und Sozialrecht“ gern

zur Verfügung. kj

58 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


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Graf-Schack-Allee 10 a

19053 Schwerin

Tel.: 0385 6356-200

Geschäftsstelle Wilhelmshaven

c/o Arbeitgeber- und Wirtschafts verband

Jade e. V.

Virchowstraße 21

26382 Wilhelmshaven

Tel.: 04421 13939-0

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

59


MEIN STANDPUNKT

Bildmächtig

Politik lebt von Bildern. Besonders, wenn neue Zeiten heraufdämmern. So war das schon

zu Bismarcks Zeiten: Ein berühmtes Foto vom Herbst 1888 dokumentiert den Antrittsbesuch

des jungen Kaisers Wilhelm II. beim greisen Reichskanzler auf seinem Alterssitz in

Friedrichsruh nahe Hamburg. Lässig hält der Monarch seinen Gehstock, das Knie angewinkelt,

und schaut mit leicht affektiertem Gestus und forderndem Blick direkt in die

Kamera. Bismarck ist von der Seite eingefangen, stocksteif stützt er sich auf seine Gehhilfe

und blickt offenbar Wilhelm an – oder auch an ihm vorbei, man kann es nicht genau

erkennen. Ein ikonisches Bild, das mit seiner kalten Distanz vorausnimmt, was eineinhalb

Jahre später passiert: die Vertreibung des „Lotsen von Bord“. So betitelte damals das

britische Satiremagazin „Punch“ den Rausschmiss Bismarcks durch Wilhelm nach fast

28 Jahren an der Spitze Preußens und des Deutschen Reiches.

Vor gerade vier Jahren präsentierten sich auf dem Balkon des ehrwürdigen Reichstagspräsidentenpalais

in Berlin die Verhandlungsparteien des ersten Jamaika-Koalitionsversuchs

in ihren Gesprächspausen. Die Kanzlerin schon mal winkend, Hessens Ministerpräsident

Volker Bouffier Zigarillo rauchend, der damalige Grünen-Chef Cem Özdemir

mit breitem Lächeln, FDP-Chef Christian Lindner am Bildrand mit angespannter Miene.

Politiker-Gewusel in höchst unterschiedlichen Stimmungslagen gleich hinterm Reichstag,

kein gutes Omen für das, was folgte.

Wie anders mutet da der bildmächtige Auftakt zum ersten Gespräch für ein grün-gelbes

Bundesbündnis im Selfiezeitalter an: Locker streckt FDP-Generalsekretär Volker Wissing

das Handyobjektiv in die Luft, verhaltenes Lächeln bei ihm und Christian Lindner sowie

den grünen Co-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck. Dicht stehen sie

beieinander, mit offenen Hemdkragen in Weiß oder Schwarz die Herren, im

kleinen Schwarzen die Dame, umgeben von einem schlicht-weißen Flur. Ein

Teamtreffen in entspannter Atmosphäre, offenbar unter Vertrauten, das

könnte ein gutes Projekt werden, suggeriert das Bild. Fragt sich nur, ob zu dem

adretten Quartett eher ein freundlich lächelnder Rheinländer oder ein nüchtern

blickender Norddeutscher passt. Wir warten auf ein bildmächtiges

Quintett-Selfie, ganz dringend!

Alexander Luckow,

„Standpunkte“-

Chefredakteur

@

Sie erreichen mich unter: luckow@nordmetall.de

www.facebook.com/Nordmetall-News zu Politik und Wirtschaft

www.facebook.com/NORDMETALL

60 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


PERSONENREGISTER

IMPRESSUM

Standpunkte

Prof. Thomas Albert, S. 53, Musikfest Bremen GmbH

Julie Aldridge, S. 29, 31, Spezialistin für Business,

Marketing und Audience Development

Peter Altmaier MdB, S. 43, Bundeswirtschaftsminister,

CDU

Philipp Amthor MdB, S. 13, 62, CDU

Niels Annen MdB, S. 13, Staatsminister im auswärtigen

Amt, SPD

Susan Bach, S. 55, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V.

Anika Barchfeld, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft

MV e. V.

Dr. Dietmar Bartsch MdB, S. 13, 62, Fraktionsvorsitzender

Die Linke

Lutz Bauermeister, S. 53, ehem. NORDMETALL e. V.

Thomas Besse, S. 54, Agentur für Arbeit Neubrandenburg

Dr. Joachim Betker, S. 53 Airbus Operations GmbH

Dr.-Ing. Uwe Boeke, S. 53, ehem. NORDMETALL e. V.

Julian Bonato, S. 12, MHG Heiztechnik GmbH

Volker Bouffier MdL, S. 60, Ministerpräsident Hessen,

CDU

Dr. Uwe Braun, S. 36, ArcelorMittal Hamburg GmbH

Hannah Bregler, S. 28 f., Schleswig-Holstein Musik

Festival

Klaus Brunkhorst, S. 5, 49 ff., Atlas Weyhausen GmbH

Dr. Bernd Buchholz, S. 24, 26, Minister für Wirtschaft,

Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus SH, FDP

Marcel Christmann, S. 53, nordwindaktiv e. V.

Gitta Connemann MdB, S. 13, CDU

Teodor Currentzis, S. 52, SWR Symphonieorchester

Christoph de Vries MdB, S. 13, CDU

Koen Demesmaeker, S. 36, Nordenham Metall GmbH

Melanie Dettmann, S. 55, Bildungswerk der Wirtschaft

MV e. V.

Johann Doden, S. 53, Arbeitgeberverband für Ostfriesland

und Papenburg e. V.

Christian Dürr MdB, S. 13, FDP

Irmhild Düwel, S. 35, AFZ Aus- und Fortbildungszentrum

Rostock GmbH

Dr. Nico Fickinger, S. 3, 7 f., 11 ff., 54, NORDMETALL

e. V.

Robert Focke, S. 6 f., Vizepräsident NORDMETALL e. V.,

Nordischer Maschinenbau Rud. Baader GmbH & Co. KG

Julia Funk, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V.

Dieter Gelzer, S. 54, Cargill Deutschland GmbH

Christian Gerlin, S. 10 f., Die Linke

Thomas Großgarten, S. 33, Metalock Engineering

Germany GmbH

Tobias Gürtler, S. 56, IDALABS GmbH & Co. KG

Dr. Robert Habeck MdB, Titel, S. 6 ff., Co-Vorsitzender

Bündnis 90/Die Grünen

Dr. Dorothee Hansen, S. 52, Kunsthalle Bremen

Cindy Hardt, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft MV

e. V.

Andreas Hartkamp, S. 56, Arbeit und Leben SH

Fabian Henkel, S. 15 f., Jungheinrich AG

Britta Hennings, S. 19, Mankenberg GmbH

Franz C. Hitzler, S. 23, ehem. Hitzler Werft GmbH

Frederike Holdhof, S. 6 f., EDUR-Pumpenfabrik Eduard

Redlien GmbH & Co. KG

Franziska Hoppermann MdB, S. 13, CDU

Dr. Cathleen Kiefert-Demuth, S. 54, Leitstelle

Gleichstellung MV

Marek Klimenko, S. 22 ff., Hitzler Werft GmbH

Kai Pascal Klimenko, S. 22, 26, Hitzler Werft GmbH

Cathrin Kohnke, S. 8 f., Stryker Trauma GmbH

Elena Kountidou, S. 29, 31, Konzerthaus Berlin

Michael Kruse MdB, S. 13, FDP

Wolfgang Kubicki MdB, Titel, S. 6 ff., FDP, Bundestagsvizepräsident

Dieter Kubitschke, S. 37, M. Jürgensen GmbH & Co. KG

Michael Labetzke, S. 11, Bündnis 90/Die Grünen

Dipl.-Kfm. Thomas Lambusch, S. 35, 55, ehemaliger

NORDMETALL-Präsident

Mara Lindhorn, S. 56, Fachhochschule Kiel

Christian Lindner MdB, S. 60, FDP-Partei- und

Fraktionsvorsitzender

Bernd Mähnss, S. 20, Hanseatic Power Solutions

GmbH

Andrea Martin, S. 5, 44 f., IBM Watson Center

Dipl.-Ing. Alexander Matthes, S. 20, NORDMETALL

e. V.

Ulrich Mäurer, S. 53, Innensenator Freie Hansestadt

Bremen

Michael Grenz, S. 19, Hanseatic Power Solutions GmbH

Katrin Möller, S. 17, thyssenkrupp Marine Systems

GmbH

Siemtje Möller MdB, S. 13, 62, SPD

Claudia Müller MdB, S. 13, Bündnis 90/Die Grünen

Dr. Jörg Mutschler, S. 9, VDMA e. V.

Thomas Naß, S. 9, EDUR-Pumpenfabrik Eduard Redlien

GmbH & Co. KG

Dr. Sylvia Neu, S. 54, BdW gGmbH

Cornelius Neumann-Redlin, S. 11, 53, Die Unternehmensverbände

im Lande Bremen e. V., NORDMETALL e. V.

Dr. Jens-Uwe Nölle, S. 53, Nölle & Stoevesandt

Lutz Oelsner, S. 10, 52 f., Präsident Unternehmensverbände

im Lande Bremen e. V.

Dr.-Ing. Alexander Orellano, S. 38, thyssenkrupp

Marine Systems GmbH

Cem Özdemir MdB, S. 60, Bündnis 90/Die Grünen

Aydan Özoğuz MdB, S. 13, SPD

Dr. Anton Parlow, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft

MV e. V.

Nils Passau, S. 56, Meteolytix GmbH

Detlef Pauls, S. 52, Dehoga Bremen Landesverband

Bremen e. V.

Prof. Dr. Holger Petersen, S. 14 ff., NORDAKADEMIE

gemeinnützige AG

Dr. Christoph Ploß MdB, S. 13, CDU

Malte Poelmann, S. 38, MEYER WERFT GmbH &

Co. KG

Thomas Radke, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft

MV e. V.

Dr. Volker Redder MdB, S. 11, 13, FDP

Hagen Reinhold MdB, S. 13, FDP

Dipl.-Ing. Viktor Rochow, S. 56, Technische Akademie

Nord e. V.

Thomas Röwekamp MdB, S. 11, 13, CDU

Dr. Stefan Rudolph, S. 5, 63, Staatssekretär Wirtschaftsministerium

MV, CDU

Dipl.-Kffr. Meike Runde, S. 37, Groth Feinwerktechnik

GmbH & Co. KG

Bernd Schichold, S. 14 f., Nexperia Germany GmbH

Uwe Schmidt MdB, S. 10 f., SPD

Dr. Maximilian Schnippering, S. 16, Siemens Gamesa

Renewable Energy GmbH & Co. KG

Ria Schröder MdB, S. 13, FDP

Svenja Schulze MdB, S. 36, Bundesumweltministerin,

SPD

Lars Schwarz, S. 13, Präsident Vereinigung der Unternehmensverbände

für Mecklenburg-Vorpommern e. V.

Manuela Schwesig, S. 13, 38, Ministerpräsidentin

MV, SPD

Prof. Dr. Dirk Semmann, S. 56, Technische Akademie

Nord e. V.

Tone Skogen, S. 38, Norwegische Staatssekretärin

Ralf Stapp, S. 53, Bremer Aufbau-Bank

Dr. Till Steffen MdB, S. 13, Bündnis 90/Die Grünen

Dr. Ralf Stegner MdB, Titel, S. 6 ff., SPD

Mario Stevens, S. 37, RUFV Lastrup e. V.

Lisanne Straka, S. 54, DGB Bezirk Nord

Marco Swyter, S. 5, 40, 56, NORDBILDUNG gGmbH

Manuela Thede, S. 21, Nordex Engergy GmbH

Bernd Thiele, S. 33, Metalock Engineering Germany

GmbH

Laura Tönnsen, S. 5, 40, 56, NORDBILDUNG gGmbH

Dipl.-Ing. Folkmar Ukena, S. 10 f., 37, Präsident

NORDMETALL e. V., LEDA Werk GmbH & Co. KG

Birgit van Aken, S. 53, Verband dt. Unternehmerinnen

Katharina von Radowitz, S. 29, 31, Netzwerk Junge

Ohren

Dr. Johann David Wadephul MdB, S. 6 ff., 13, CDU

Dipl.-Ing. Axel Weidner, S. 18 f., Mankenberg GmbH

Erik Wessels, S. 17, Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte

Dr. Michael Winkler, S. 11, 52, Hella Fahrzeugkomponenten

GmbH

Dr. Volker Wissing MdB, S. 60, FDP

Dr. Luise Wolff, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft

MV e. V.

Wolfgang Würst, S. 52 f., ehem. NORDMETALL-

Stiftungsvorstand

Benedikt Zimmer, S. 38, Bundesministerium der

Verteidigung

Das Magazin von

NORDMETALL e. V., dem

M+E-Arbeitgeberverband

für Bremen, Hamburg,

Mecklenburg-Vorpommern,

das nordwestliche Niedersachsen

und Schleswig-Holstein.

Herausgeber:

Haus der Wirtschaft

Kapstadtring 10

22297 Hamburg

www.meinarbeitgeberverband.de

E-Mail: standpunkte@nordmetall.de

Verantwortlich im Sinne des

Presserechts:

Dr. Nico Fickinger,

Hauptgeschäftsführer

Chefredakteur:

Alexander Luckow (Luc)

Tel.: 040 6378-4231

E-Mail: luckow@nordmetall.de

Redaktion:

Birte Bühnen (BiB)

Tel.: 040 6378-5947

E-Mail: buehnen@nordmetall.de

Daniel Jakubowski (DJ)

Tel.: 040 6378-4258

E-Mail: jakubowski@nordmetall.de

Autoren: Katja Gondert (KG), Clemens von Frentz

(CvF), Dr. Nico Fickinger (nf), Kristin Jordanow (kj)

Lothar Steckel (LS), Albina Stelle (AS)

Art-Direktorin:

Birthe Meyer

Tel.: 040 6378-4822

E-Mail: meyer@nordwirtschaftsmedien.de

Produktion:

Druck:

CaHo Druckereibetriebsges. mbH

39. Jahrgang

Erscheinungsweise: zweimonatlich

Bezug: Kostenfrei für Mitgliedsunternehmen von

NORDMETALL und Sonderempfänger in Politik,

Wirtschaft, Verwaltung und Medien.

Das Magazin und alle in ihm veröffentlichten

Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Für

unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos

wird keine Haftung übernommen. Nachdruck und

Verbreitung des Inhalts nur mit ausdrücklicher

Genehmigung der Chefredaktion, mit Quellenangabe

und Zusendung eines Beleges an die

Redaktion. Vervielfältigungen von Teilen dieses

Magazins sind für den innerbetrieblichen Gebrauch

der Mitgliedsunternehmen gestattet. Die

mit dem Namen oder den Initialen des Verfassers

gekennzeichneten Beiträge geben die Meinung

des Verfassers, aber nicht unbedingt die Ansicht

des Herausgebers oder der gesamten Redaktion

wieder.

Titelfoto: Christian Augustin

3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte

61


KURZ VOR SCHLUSS

Willkommen

im Club!

Die Krise am Ausbildungsmarkt hat gezeigt, wie wichtig

eine gute Berufsorientierung gerade in Pandemiezeiten

ist. Mit dem Relaunch seiner Website kommt

nordbord, der Club für alle Kinder und Jugendlichen, die

das Tüfteln und Forschen lieben, gerade recht. Denn

nun sind Angebote zur Berufsorientierung unter einem

eigenen Menüpunkt gebündelt – etwa Bewerbungstrainings

und Eignungstests oder Beschreibungen von

rund 40 Berufsbildern der Metall- und Elektroindustrie.

In den neuen Specials stellt das Club-Team künftig aktuelle,

besondere brennende Themen ausführlich vor.

Den Anfang macht „MINT für Mädchen“, gleich mit passender

nordbord-Veranstaltung. Spannende Experimente

zum Anschauen und Ausprobieren sowie Repor-

Aufgemöbelt: Die nordbord-Webseite in frischer Optik und

mit neuen Menüpunkten.

tagen zum Lernen und Kennenlernen von Unternehmen

verbergen sich hinter Info2Go. Ein Video erklärt allen

Interessierten, warum sich eine nordbord-Mitgliedschaft

lohnt. An besonders gekennzeichneten Veranstaltungen

sollen künftig ganze Schulklassen teilnehmen

können. Entdecken auch Sie nordbord als Plattform,

um Ihr Unternehmen und Ihre Angebote zur

Berufsorientierung mehr als 1.500 Kindern und Jugendlichen

zu präsentieren. BiB

Standpunkte-Podcast

Der Politik-Podcast des Hauptgeschäftsführers der norddeutschen

Metall- und Elektro industrie Dr. Nico Fickinger.

t Thema: Bundestagswahl 2021

Bitte keine neuen Belastungen

Die Metall- und Elektroindustrie müsste allein in

diesem Jahr um 16 Prozent wachsen, damit das

Vor-Corona-Niveau von 2018 erreicht wird. Was die

norddeutschen Kandidatinnen und Kandidaten für

den Deutschen Bundestag tun wollen, um wieder

Schwung in die norddeutsche Wirtschaft zu bringen,

darüber hat NORMETALL vor der Bundestagswahl

unter anderem mit Siemtje Möller (SPD), Wolfgang

Kubicki (FDP), Philipp Amthor (CDU), Dietmar

Bartsch (Linke) und auch mit Robert Habeck (Grüne)

gesprochen. „Die Grünen haben sich stets offen für

den Weg gezeigt, wenn man das Ziel teilt“, resümiert

NORDMETALL-Hauptgeschäftsführer Dr. Nico Fickinger.

Doch Klimaschutz wird es nicht zum Nulltarif

geben. „Wenn wir diese eine Belastung kennen,

die den Unternehmen bevorsteht, dann darf es keine

weiteren Belastungen für die Wirtschaft geben –

also keine höheren Steuern auf Einkommen, Erbschaften

und Vermögen und auch keine weiteren

Einschränkungen der unternehmerischen Handlungsfähigkeit“,

fordert der Arbeitgebervertreter

von der neuen Koalition. Beide Folgen zur Bundestagswahl

2021 können Sie nachhören unter www.

meinarbeitgeberverband.de/politik-podcast. BiB

62 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021


Foto: Christian Augustin

Ich lese „Standpunkte“, weil ...

„... wir alle klug beraten sind, unsere

Metall- und Elektroindustrie als Wohlstandstreiber

stets aktuell im Blick

zu haben.“

Dr. Stefan Rudolph (CDU), Staatssekretär im

Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern


Schutzraum, weiß

Adress-Etikett

Talente

schmieden

oder

Stärken

fördern?

Beides!

Zweigleisig gegen die ewige Fachkräftesuche:

Mit neuen und alten Mitarbeitenden bilden Sie

die Zukunft Ihres Unternehmens selbst aus!

Ob duales Bachelorstudium für Ihren Nachwuchs,

Personalentwicklung mit einem Masterstudium

oder dem Master-Angebot als Recruiting-Hebel:

Zusammen mit der NORDAKADEMIE gewinnen

Sie die Fach- und Führungskräfte, die Sie brauchen!

Die NORDAKADEMIE ist die Hochschule

der Wirtschaft: getragen von Unternehmen und

gemacht für Unternehmen wie Ihrem.

Erfahren Sie mehr von Anette Rostock,

Ihrer Ansprechpartnerin aus unserer

Firmenbetreuung:

anette.rostock@nordakademie.de

Telefon: 04121 4090-154

www.nordakademie.de/partnerunternehmen

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