Standpunkte 3 Oktober 2021
Mitglieder-Magazin von NORDMETALL
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Standpunkte
Das Magazin von Nr. 3 / Oktober 2021 / 38. Jahrgang www.meinarbeitgeberverband.de
Kieler Spitzen
Wirtschaft trifft Politik bei EDUR
Plus: Corona
als Innovationsbooster
Hier kommt
das Gegenstück
Foto: Rolf Dunkel
Braut oder Bräutigam?
Hier ist die eine Hälfte der neuen Korvette „Karlsruhe“ auf dem Weg zu ihrer
Heirat. Das Vorderschiff wurde bei German Naval Yards in Kiel gebaut,
das Achterschiff auf der Peene-Werft in Wolgast. Beide Teile werden nun
bei Blohm & Voss in Hamburg zusammengefügt, im Fachjargon heißt
das „verheiratet“. Danach beginnt die Bewaffnung, unter anderem mit
Raketenwerfern und Torpedoabschuss-Einrichtungen. Auf der „Karlsruhe“
werden 61 Soldatinnen und Soldaten Dienst tun. Der geringe Tiefgang
von 3,4 Metern, die Geschwindigkeit von mehr als 26 Knoten und die gute
Manövrierbarkeit machen die Korvetten der Braunschweig-Klasse zu
beliebten Marineschiffen. DJ
STANDPUNKT NR. EINS
Dr. Nico Fickinger,
Hauptgeschäftsführer
NORDMETALL
Wahlkämpfe und Tarifrunden haben so manches gemeinsam: In der Öffentlichkeit
wird zäh und oft lautstark um Positionen und gesellschaftliche
Mehrheiten gerungen. Man versucht, in den Medien zu punkten und die
Glaubwürdigkeit der gegnerischen Argumente zu erschüttern. Doch spätestens
wenn sich die Türen hinter den Verhandlungsparteien schließen, ist
nicht mehr Polemik gefragt, sondern Pragmatismus, Vertrauen und Kreativität.
Es gilt, eine gemeinsame Sicht auf die Dinge zu finden und Lösungsansätze
zu entwickeln:
Wie könnte eine auch auf andere Staaten übertragbare
Blaupause für Prosperität im Klimawandel aussehen?
Wie lassen sich Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit
auch in den Sozialversicherungen verankern?
Kann der Staat die Transformation beschleunigen
und unterstützen, ohne selbst zum Akteur und Bürokratieverursacher
zu werden? Mit welchem Narrativ ließe sich Lust auf eine Zukunft
machen, in der nachhaltige Wirtschaftspolitik made in Germany zum
neuen Exportschlager wird?
Ökologie und
Ökonomie
versöhnen
Die Tatsache, dass gerade die Jung- und Erstwähler auf Gelb und Grün setzten,
zeigt, von wem sie sich die stärksten Erneuerungsimpulse erhoffen. Wenn es
Grünen und Liberalen gelingt, Ökologie und Ökonomie zu versöhnen, staatlichen
Anschub und unternehmerische Freiheit in eine faire Balance zu bringen
sowie Ideen dahingehend zu entwickeln, wie die Leistungsfähigkeit der
Wirtschaft und des Sozialstaats gestärkt werden können, dann wäre das nicht
der schlechteste Auftakt für die anstehende Regierungsbildung.
Die neue Koalition sollte sich auf wesentliche Zukunftsaufgaben konzentrieren
und den Rest mutig dem Tagesgeschäft überlassen. Es kommt in der Politik
sowieso oft anders, als man denkt. Wenn genug Vertrauen und Verbindlichkeit
vorhanden sind, lassen sich auch unerwartete Herausforderungen
meistern – ganz wie im Tarifgeschäft. Ohne eine gemeinsame Grundüberzeugung
bringt jedoch auch der dickste Koalitionsvertrag unser Land nicht
nach vorn. Das hat die GroKo leider hinlänglich bewiesen.
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
3
3
2021
Titel
Bundestagswahl 2021
Die norddeutschen M+E-Arbeitgeber haben den 77 frisch gewählten Abgeordneten
aus dem Norden ihre Wünsche ins politische Lastenheft für
den 20. Deutschen Bundestag geschrieben – im Rahmen der Debattenreihe
„NORDMETALL vor Ort“ in Kiel und Bremen sowie klassisch in Briefform. S. 6
Plus
Innovationsschub
Pandemie setzt
Potenziale frei
Papierlose Büros, virtuelle Wartungen,
Onlinetrainings – die Coronapande mie
hat in der norddeutschen M+E-
Industrie eine Modernisierungswelle
ausgelöst. Drei Unternehmen gewähren
einen Einblick. S. 18
Fotos: RATOCA/Shutterstock, Christian Augustin
4 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Termin beim Chef
Emissionsarme
weycor-Radlader
Klaus Brunkhorst führt den Baumaschinenhersteller
Atlas Weyhausen
aus Wildeshausen seit 2008. S. 48
NORDMETALL-Stiftung
Klassikfestivals
und die Jugend
Wer junges Publikum anlocken will,
muss sich etwas einfallen lassen.
15 Musikfestivals auf dem Weg. S. 28
Verband
Mehrwert Verband
Folge 65: Aus- und Fortbildungszentrum Rostock 35
Wir für Sie
Folge 34: Unsere Fachleute für KI – Marco Swyter und Laura Tönnsen 40
Tarif Update
Verfall übergesetzlichen Urlaubs 58
Thema
Lieferkettenmanagement
Was KMU von Konzernen lernen können 14
Reportage
Hitzler Werft unter neuer Flagge 22
Fachgespräch
Andrea Martin, Leiterin des IBM Watson Center 44
Rubriken
Fotos: Christian Augustin, Jakob Stolz, Holger Martens
Made in Northern Germany – Gusseisen-Reparaturen 32
INSM – Aus der Hauptstadt 34
Menschen und Meldungen 36
Grafik des Monats 39
Termine 41
Panorama – Von der Nordsee ins All 43
Cartoon / Wirtschaftszitat 57
Treffpunkt Nord 52
Kontakt zu NORDMETALL 59
Mein Standpunkt – Bildmächtig 60
Personenregister / Impressum 61
Kurz vor Schluss / Standpunkte-Podcast 62
„Ich lese Standpunkte“ – Dr. Stefan Rudolph 63
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
5
Titelstory
Hier die Highlights
anschauen
NORDMETALL vor Ort
in Kiel
Die säuberlich aufgeräumte, in grau gehaltene Werkshalle der
EDUR-Pumpenfabrik in Kiel-Wellsee lieferte den passenden Rahmen:
Sachlich-nüchtern debattierten vier schleswig-holsteinische
Spitzenpolitiker Mitte September untereinander und mit Unternehmerinnen
und Unternehmern in der vierten und letzten Runde der
Reihe „NORDMETALL vor ORT – Wirtschaft trifft Politik“.
Hausherrin Frederike Holdhof begrüßte die Bundestagsabgeordneten
Wolfgang Kubicki (FDP; zugeschaltet aus
Berlin) und Johann Wadephul (CDU), den grünen Parteivorsitzenden
Robert Habeck und den SPD-Politiker Ralf
Stegner mit einer klaren Botschaft: „Ich glaube, dass
wir die Komfortzone, in der wir uns in Deutschland und
Europa eingerichtet haben, besser schnell als langsam
verlassen müssen“, mahnte die Familienunternehmerin
in vierter Generation mit Blick auf Klima- und Strukturwandel.
EDUR leiste seinen Beitrag dazu, etwa durch die
Anwendung von Kreiselpumpen in Elektrolyseanlagen
zur Wasserstofferzeugung. Sorgen bereite ihr aber die
Frage, wie sich deutsche Unternehmen auf dem wichtigen
chinesischen Markt behaupten können, der von Peking
immer mehr abgeschottet werde. Ebenso bedenklich
sei die politische Tendenz, mit neuen oder höheren
Steuern und immer mehr Bürokratie Unternehmen in
Deutschland stärker belasten zu wollen.
NORDMETALL-Vizepräsident Robert Focke griff den
Ball in seinem Impulsstatement vor den – Coronabedingt
– wenigen Unternehmerinnen und Unternehmern
in der Halle und den bis zu 9400 Zuschauern auf Youtube
auf: „Unflexible Arbeitszeitregeln und steigende Arbeitskosten,
wachsende Steuer- und Abgabenlasten, immer
höhere Umweltstandards und ein sich beschleunigender
Strukturwandel, löchrige Lieferketten oder ein
engmaschiges Lieferkettengesetz, und dann noch die
Bewältigung der Coronapandemie“ – dieser Strauß an
Herausforderungen lasse manche Unternehmerinnen
und Unternehmer darüber nachdenken, ob sich eine
Produktion in Deutschland auch künftig halten lasse.
Statt weiterer Belastungen brauche es Entlastungen und
Fotos: Christian Augustin
6 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Frederike Holdhof, Geschäftsführerin der
EDUR-Pumpenfabrik, sorgt sich um die Stellung
deutscher Unternehmen auf dem zunehmend
abgeschotteten chinesischen Markt.
mehr Respekt der Politik vor der grundgesetzlich geschützten
unternehmerischen Freiheit, so der Geschäftsführer
des Lübecker Maschinenbauers Baader.
Grünen-Chef Robert Habeck, der im Wahlkreis Schleswig-Flensburg
als Direktkandidat antrat und das Mandat
am Wahlsonntag auch holte, warb für die Chancen,
die im Strukturwandel der Industrie stecken:
„Deutschland hat eine Innovations-, Investitions- und
Wachstumsschwäche. Die entscheidende Frage derzeit
ist also, wie schaffen wir Wachstum, das die Produkte
der Zukunft in Deutschland und Europa herstellt? Direkte
Investitionszuschüsse und Klimaschutzverträge
werden uns in den kommenden zehn Jahren ein Wirtschaftswunder
Klimaneutralität bescheren.“ Dafür
müsse der Staat entsprechend finanziell gerüstet sein.
FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki widersprach seinem
Duzfreund Robert sofort: Nicht der Staat sei der Zukunftstreiber,
sondern der Markt, die Wirtschaft und
besonders die Industrie: „Wir müssen auf Technologieoffenheit
und unternehmerische Kreativität setzen. In
der Pandemie haben wir gelernt: Ohne eine starke Wirtschaft
könnten wir all das nicht leisten, was wir auf den
Weg gebracht haben. Es kommt darauf an, dirigistischen
Aufwand von den Unternehmen fernzuhalten,
um sie im wirtschaftlichen Miteinander nicht zu behindern.“
Es brauche nicht mehr Staat, sondern einen besseren
Staat, so der Bundestagsvizepräsident, der an der
Spitze der liberalen Landesliste auch in den 20. Deutschen
Bundestag einzog.
Ralf Stegner, am Debattentag noch SPD-Landtagsabgeordneter,
am Wahlsonntag dann erfolgreicher Direktkandidat
im Wahlkreis Pinneberg, teilte die Sichtweise
des Liberalen gar nicht: „Der Markt funktioniert nicht
überall. Wenn wir eine 200 Jahre alte Industrie mit fossilen
Energieträgern zu einer funktionierenden Industrie
gesellschaft umbauen wollen, die auch noch die
Klima ziele einhält, dann können wir nicht zugucken,
ob die Wirtschaft das alleine hinbekommt. Wir müssen
aktiv etwas für die Forschung, für die Verkehrswende
und für die erneuerbaren Energien tun.“
Das sei im Grundsatz nicht falsch, erwiderte Johann
David Wadephul, stellvertretender Vorsitzender der
NORDMETALLL-Vizepräsident Robert Focke (Nordischer
Maschinenbau Rud. Baader) fordert mehr Respekt der
Politik vor der vom Grundgesetz geschützten unternehmerischen
Freiheit.
Missbrauch bei Werkverträgen oder Zeitarbeit
bekämpft man nicht, indem man die Instrumente
verbietet, mahnt Dr. Nico Fickinger, NORDME-
TALL-Hauptgeschäftsführer.
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
7
Erwartet ein „Wirtschaftswunder
Klimaneutralität“: Dr. Robert
Habeck MdB (Bündnis 90/Die Grünen).
Plädiert für Technologieoffenheit
und unternehmerische Kreativität:
Wolfgang Kubicki MdB (FDP).
CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus Kiel-Molfsee, der
sein Direktmandat in Rendsburg-Eckernförde am
Wahlsonntag verlor, aber über die Landesliste in den
neuen Bundestag einzog. Gleichwohl gelte: „Wenn wir
die Wirtschaft wieder in Schwung bringen wollen, müssen
wir Unternehmerinnen und Unternehmer entlasten:
Wir werden keine Vermögenssteuer einführen und
für eine gleichbleibende Erbschaftssteuer sorgen. Was
wir aber vor allem schaffen müssen, ist ein einfacheres
Steuersystem, das bessere Kontrollen ermöglicht“, so
Wadephul.
Auf notwendige Entlastungen und bessere Rahmenbedingungen
pochten in der anschließenden Diskussion
zwischen Wirtschaftsvertretern und Politikern unter
anderem Cathrin Kohnke, NORDMETALL-Vorstandsmitglied
und Director HR bei Stryker Trauma in Kiel,
sowie NORDMETALL-Hauptgeschäftsführer Dr. Nico
Fickinger: „Den Unternehmen Kettenbefristungen zu
Stellt sich gegen Steuererhöhungen und
die Wiedereinführung der Vermögenssteuer:
Dr. Johann Wadephul MdB (CDU).
„Der Markt funktioniert nicht überall“, ist Dr. Ralf
Stegner MdB (SPD) überzeugt und setzt auf staatliche
Regulierung statt auf unternehmerische Freiheit.
Fotos: Xxxxxxxxxxxx Xxxxxxxxxxx
8 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
NORDMETALL-Vorständin Cathrin
Kohnke (Stryker Trauma) will von den
Politikern wissen, was die Parteien für die
Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität
deutscher Unternehmen tun werden.
EDUR-Geschäftsführer Thomas Naß (r.)
stellt seine Werkshalle in Kiel-Wellsee für
„NORDMETALL vor Ort“ zur Verfügung. Hier
im Gespräch mit Dr. Jörg Mutschler (VDMA).
Die Schleswig-Holsteinische Landeszeitung vom
14.9.2021 berichtet ausführlich.
verbieten und als Staat gleichzeitig aus Kostengründen
im Juli die Lehrkräfte rauszuschmeißen, die man im
September wieder einstellt – da frage ich mich: Wie
passt das zusammen?“, so der Arbeitgebervertreter.
Eine schlüssige Antwort blieb ihm trotz der sachlichengagierten
Beiträge in der eineinhalbstündigen
Debatte verwehrt. Alexander Luckow
Gut besuchtes Hybridformat: In der Coronakonform
besetzten EDUR-Werkshalle verfolgen rund
20 Gäste „NORDMETALL vor Ort“. Im Netz kamen
noch weitere 9400 Politikinteressierte hinzu.
Fotos: Christian Augustin
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
9
NORDMETALL vor Ort
in Bremen
Hier die Highlights
anschauen
Es heißt, die Menschen aus Bremen seien hanseatisch unterkühlt.
Doch davon war in der emotional-engagierten Debatte der Bremer Bundestagsabgeordneten
und -kandidaten mit Unternehmern wenig zu spüren.
Lutz Oelsner, Präsident der Unternehmensverbände im
Land Bremen und langjähriger NORDMETALL-Vizepräsident,
stimmte Politiker und YouTube-Publikum im
Haus der Industrie auf die Wünsche der Wirtschaft ein:
Bürokratieabbau, Kostenmoratorium und ein flexibleres
Arbeitsrecht seien in den nächsten vier Jahren
vorrangig, so der Gestra-Aufsichtsrat. Uwe Schmidt,
SPD-Bundestagsabgeordneter aus Bremerhaven, zeichnete
ein positives Bild der Industrieproduktion „made
in Bremen“: Mit den Seehäfen, der Auto- oder Raumfahrtindustrie
und neuen Wasserstoffprojekten sei die
Weser-Metropole bestens aufgestellt. Das wollte
Stellt sich in Bremen gegen die Produktion
von Rüstungsgütern: Nachwuchspolitiker
Christian Gerlin (Die Linke).
Kennt politische
Hemmnisse
aus eigener
Erfahrung:
NORDMETALL-
Präsident und
Familienunternehmer
Folkmar
Ukena.
Fotos: Christian Augustin
10 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Dringend nötig: Dr. Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer
von NORDMETALL, fordert eine
Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts.
Erwartet große Vorteile von einem
vom Markt festgesetzten CO 2 -Preis:
Dr. Volker Redder MdB (FDP).
Setzt sich gegen
linke Ideologien
zur Wehr und hält
nichts von einer
Rückkehr der
Vermögenssteuer:
Thomas Röwekamp
MdB (CDU).
Für staatliche
Leitplanken
statt starrer
Regeln plädiert
NORDMETALL-
Geschäftsführer
Cornelius Neumann-Redlin.
CDU-Spitzenkandidat Thomas Röwekamp so nicht stehen
lassen: Gerade die durch Corona besonders getroffene
bremische Wirtschaft dürfe nicht durch „linke
Ideologie“ geschädigt werden, neue und höhere Steuern
seien „Gift“. Michael Labetzke, grüner Bundestagskandidat
in Bremerhaven, sah die wirtschaftliche Zukunft
vor allem in der Aufstellung eines „klimaneutralen
Hafens“, der linke Nachwuchspolitiker Christian Gerlin
gar im „Einschreiten“ gegen Rüstungsproduktion in der
Stadt. FDP-Spitzenkandidat Volker Redder kritisierte
das „linke Denken von Unternehmern als Ausbeuter“,
stattdessen müssten liberalere Gesetze flexiblere Arbeitsbeziehungen
zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite
ermöglichen. NORDMETALL-Präsident
Folkmar Ukena und NORDMETALL-Vorstand Michael
Winkler unterstützten diese Position später in die Debatte,
die Cornelius Neumann-Redlin, Geschäftsführer
der NORDMETALL-Bezirksgruppe Unterweser, so zusammenfasste:
„Der Staat soll die Leitplanken der sozialen
Marktwirtschaft regeln, nicht mehr.“ Luc
Macht sich im Bund stark für Bremen als
Industriestandort: der langjährige Bundestagsabgeordnete
Uwe Schmidt MdB (SPD)
aus Bremerhaven.
Beschwört einen
Industriepakt für
Transformation
und Klimaschutz:
Michael Labetzke
(Bündnis 90/Die
Grünen).
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
11
Nach der Wahl:
Post für viele
neue Köpfe
NORDMETALL macht Politik: Die norddeutschen
M+E-Arbeitgeber wenden sich gemeinsam mit ihrem
Schwesterverband AGV NORD im Zuge ihrer politischen
Interessenvertretung jetzt verstärkt und regelmäßig an
ihre norddeutschen Bundestagsabgeordneten. Der AGV
NORD-Vorsitzende Julian Bonato (MHG Heiztechnik)
machte im Frühjahr den Auftakt mit einem Schreiben
zur Stärkung der Tarifautonomie. NORDMETALL-
Hauptgeschäftsführer Dr. Nico Fickinger thematisierte
im Jahresverlauf gegenüber den Volksvertretern unter
anderem die neuen Lasten, die der Unternehmerschaft
durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die
Novellierung des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes
drohen. Vor und direkt nach der Bundestagswahl
schrieb er den Parlamentsangehörigen die Wünsche der
norddeutschen M+E-Arbeitgeber ins politische Lastenheft
des 20. Deutschen Bundestages.
„Eine neue Bundesregierung muss die Wettbewerbsfähigkeit
unserer Unternehmen stärken. Nur dann können
wir den Strukturwandel bewältigen und möglichst
viele Arbeitsplätze im Norden zukunftsfest machen“,
heißt es in dem Schreiben an 77 neu oder wiedergewählte
Abgeordnete. Dazu sei eine langfristige Deckelung
der Sozialversicherungsbeiträge auf maximal
40 Prozent nötig. Steigende Sozialabgaben ließen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weniger Netto
vom Brutto, machten Arbeit noch teurer und Investitionen
in Deutschland unattraktiver. Langfristig engten sie
den finanziellen Spielraum kommender Generationen
und Regierungen ein, so die Mahnung der norddeutschen
M+E-Arbeitgeber.
„Außerdem brauchen wir eine gerechte Steuerpolitik,
die auf Eingriffe in die Substanz und höhere Lasten für
all jene verzichtet, die schon jetzt den größten finanziellen
Beitrag zum Gemeinwesen leisten“, so Fickinger weiter.
Neue Belastungen würden Investitionen und
Innovationen in Deutschland lähmen und wären Gift
für die wirtschaftliche Erholung nach Corona – ganz
abgesehen von der Bürokratie, die neue Steuern und
Abgaben mit sich brächten.
Schließlich sei ein an die EU-Arbeitszeitrichtlinie angepasstes
Arbeitszeitrecht überfällig. Mit einer zulässigen
Höchstarbeitszeit, die sich nicht mehr auf den Tag,
sondern auf die Woche bezieht, könnten Arbeitgeber
und Arbeitnehmer die Arbeitszeit im Wochenverlauf
variabel nach individuellen Bedürfnissen gestalten.
„Familien und Betriebe werden es ihnen danken“, so die
Botschaft von NORDMETALL und AGV NORD.
Gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ betonte Fickinger,
dass „ein Blick in die Wahlprogramme der Par-
12 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
„Die Unternehmerinnen
und Unternehmer im
Norden vertrauen auf
Ihre Unterstützung!“
– mit diesen Worten
richteten sich NORD-
METALL und AGV
NORD Ende September
an die frisch
gewählten norddeutschen
Abgeordneten
des 20. Deutschen
Bundestages.
teien der Mitte lehrt, dass diese Ziele wohl eher in einer
Jamaikakoalition erreichbar scheinen, vielleicht aber
auch in einer Ampelkonstellation umsetzbar sind“.
Nach der Wahlschlappe der CDU und den Erfolgen von
SPD, Grünen und FDP bei der Bundestagswahl hat sich
die Adressatenliste der NORDMETALL-Briefe im ganzen
Norden kräftig verändert: Die Union verlor sieben
Bundestagsmandate in den fünf norddeutschen Ländern,
davon drei in den Flächenländern, darüber hinaus
21 ihrer vormals 31 Direktmandate. Prominente Neuzugänge
unter den direkt im Wahlkreis gewählten Abgeordneten
sind zum Beispiel der Grünen-Co-Vorsitzende
Robert Habeck, der in Flensburg-Schleswig zum ersten
Mal einen schleswig-holsteinischen Bundestagswahlkreis
für die Grünen holte, der ehemalige SPD-Vize
Ralf Stegner, der der CDU den Wahlkreis Pinneberg
abnahm, und der ehemalige Hamburger Justizsenator
Till Steffen, der für die Grünen Hamburg-Eimsbüttel
gewann.
Über bremische Landeslisten neu in das Parlament kamen
unter anderem Thomas Röwekamp (CDU) und
Volker Redder (FDP), über die Hamburger CDU-Liste
vertreten erstmals Franziska Hoppermann, über die
FDP-Liste Michael Kruse und Ria Schröder die norddeutschen
Interessen in Berlin. Ihre Direktmandate
verteidigten die stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende
Gitta Connemann im Wahlkreis Unterems
und die verteidigungspolitische Sprecherin der
SPD, Siemtje Möller, in Friesland-Wilhelmshaven.
Ebenso direkt wiedergewählt wurde die frühere Staatsministerin
Aydan Özoğuz in Hamburg-Wandsbek für
die SPD. Über ihre Landeslisten erneut nach Berlin geschickt
wurden der Hamburger CDU-Landesvorsitzende
Christoph Ploß und sein Parteifreund Christoph
de Vries sowie der Staatsminister im Auswärtigen Amt
Niels Annen für die SPD. In Schleswig-Holstein lösten
unter anderem Wolfgang Kubicki (FDP) und Johann
Wadephul (CDU) per Listenmandat das Ticket in die
Bundeshauptstadt, in Mecklenburg-Vorpommern Philipp
Amthor (CDU), Hagen Reinhold (FDP), Claudia
Müller (Grüne) und Dietmar Bartsch (Linke), in Niedersachsen
für die Liberalen Christian Dürr.
„Wir werden den Dialog mit den norddeutschen Bundestagsabgeordneten
fortsetzen und intensivieren, besonders
mit denen, die sich mit Arbeit und Soziales,
Wirtschaft und Energie beschäftigen“, kündigt Fickinger
an. „Wer auch immer Deutschland in den nächsten
vier Jahren regiert: Die Industrie, besonders unsere Metall-
und Elektroindustrie, wird im Mittelpunkt der Veränderungen
durch Dekarbonisierung, Digitalisierung
und demografischen Wandel stehen. Unsere Unternehmerinnen
und Unternehmer wollen all dies gemeinsam
mit der Politik und dem Sozialpartner erfolgreich gestalten,
damit der Norden ein industrieller Schwerpunkt
in Deutschland bleibt.“
Alexander Luckow
Kontinuität in Schwerin
Lars Schwarz, Präsident der Vereinigung der
Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern
(VU), hat der alten und voraussichtlich neuen
Ministerpräsidentin im Nordosten zum Wahlerfolg
gratuliert: „Glückwunsch an die SPD und vorneweg der
Spitzenkandidatin Manuela Schwesig. Mit diesem
Erfolg nimmt die Verantwortung der Ministerpräsidentin
für unser Land zu. Er ist Auftrag und Verpflichtung
zugleich. Die amtierende und künftige Regierungschefin
hat als Landesvorsitzende der stärksten
Partei den klaren Auftrag der Wählerschaft erhalten,
eine stabile Koalitionsregierung der Mitte zu bilden.
Experimente verträgt unser Land nicht. Wir brauchen
jedoch einen echten Aufbruch, der Perspektiven und
verlässliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in
MV garantiert. Die künftige Landesregierung wird nur
mit der Wirtschaft und nicht gegen sie erfolgreich für
unser Land arbeiten können."
Schwesig hat die Wahl zwischen einer Neuauflage der
rot-schwarzen Koalition in Schwerin, einem für Mecklenburg-Vorpommern
neuen Bündnis zwischen SPD,
FDP und Grünen oder einer Rückkehr zur rot-roten
Regierung früherer Jahre. Luc
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
13
Lieferkettenmanagement
Drum prüfe,
wer sich …
Informieren, lautet das Gebot der Stunde. Bis
2023/2024 haben Unternehmen Zeit, den Anforderungen
des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG)
gerecht zu werden. Wie sich betroffene Unternehmen
darauf vorbereiten und was KMU von ihnen lernen können.
„Man sollte immer alle Seiten betrachten und gemeinsam
überlegen, wie man ein solches Gesetz realistisch
umsetzen kann“, sagt Bernd Schichold. Er ist oberster
Risikomanager des Halbleiterherstellers Nexperia Germany
und spricht vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
(LkSG). Am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt
veröffentlicht, tritt das Gesetz über die unternehmerischen
Sorgfaltspflichten in Lieferketten am 1. Januar
2023 in Kraft. Eine Zusammenarbeit mit Unternehmen,
die die in Deutschland geltenden Standards nicht einhalten,
verbietet sich dadurch. Allein die Kenntnis davon,
dass beispielsweise Menschenrechte oder Umweltstandards
missachtet werden, und das eigene, deutsche
Unternehmen nichts dagegen tut, kann vom Bundesamt
für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit
einer Geldstrafe von bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen
Jahresumsatzes bestraft werden.
„Kein Pappenstiel“, findet Schichold. Seine Aufgabe ist
es, das vom Gesetz geforderte Risikomanagement bei
Nexperia Germany zu implementieren. Ein Kick-off-
Meeting mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Einkauf,
dem Lieferketten- und Umweltmanagement und
der Rechtsabteilung hat der Betriebswirt bereits organisiert.
Jetzt gilt es zu prüfen, welche LkSG-Vorgaben Nexperia
bereits durch globale Maßnahmen umsetzt. „Als
Unternehmen innerhalb eines börsennotierten Konzerns
sind wir unter Compliance-Gesichtspunkten seit
Langem dazu verpflichtet, nachzuweisen, dass wir unsere
Lieferanten nach bestimmten Standards auswählen“,
sagt Schichold. So gebe es bereits seit Langem einen
Supplier Code of Conduct, es würden regelmäßig
Audits durchgeführt und vor allem setze Nexperia auf
langfristige, vertrauensvolle Lieferantenbeziehungen,
so Schichold. Das ist es auch, was der Risikomanager
anderen Unternehmen rät: sich frühzeitig bei Verbänden,
Wirtschaftsprüfern und Rechtsberatern darüber
zu informieren, was bis 2023 alles getan werden muss,
und daraufhin den gesamten Lieferantenstamm genau
unter die Lupe zu nehmen (Unternehmenspflichten aus
dem LkSG siehe Kasten auf Seite 16).
Audit-Anbieter werden profitieren
Holger Petersen, Professor für Nachhaltigkeitsmanagement
an der NORDAKADEMIE, erwartet, dass Unternehmen
ihre Zulieferer – auch kleine Betriebe – künftig
noch häufiger auf einen Code of Conduct verpflichten
und Selbstauskünfte verlangen werden. „Je nach Kundenanzahl
kann das jede Menge Papierkram bedeuten“,
sagt Petersen. Er vermutet deshalb, dass von dieser Entwicklung
in erster Linie Plattformen wie EcoVadis oder
Illustration: Red monkey/Shutterstock
14 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Integrity Next profitieren werden. Diese Anbieter erstellen
Nachhaltigkeitsrankings für Unternehmen, indem
sie Selbstauskünfte von Lieferanten sammeln und
die entsprechenden Nachweise anfordern. Einmal auf
diese Weise geprüft, können die Lieferanten ihre Bewertung
auch anderen Kunden zugänglich machen.
Für diesen Weg hat sich der Intralogistikhersteller
Jungheinrich entschieden. Ein elementarer Baustein
seiner Unternehmensstrategie 2025+: das Sustainable
Supply Chain Management, also die Nachhaltigkeit in
der Lieferkette. „Von jeher ist der Nachhaltigkeitsgedanke
für Jungheinrich charakteristisch“, sagt Nachhaltigkeitsmanager
Fabian Henkel. Seit 60 Jahren produziert
das Unternehmen Elektrofahrzeuge. Seit fünf
Jahren geht der Konzern Nachhaltigkeit strategisch an.
Sämtliche Lieferanten werden hinsichtlich ökologischer,
ökonomischer und sozialer Kriterien risikoklassifiziert
– und zwar schon seit 2018, also bereits vor dem
Ringen um das LkSG. „Anbieter wie Integrity Next unterstützen
uns mit ihrem ausgefeilten Online-Self-
Assessment“, sagt Henkel. So konnte Jungheinrich im
vergangenen Jahr mehr als 500 Lieferanten hinsichtlich
ihrer Ansprüche an Arbeitssicherheit, ihres Energiemanagements,
ihrer Einhaltung von Menschenrechten
und Umweltschutzstandards auch entlang ihrer eigenen
Lieferketten analysieren. Zusammen machen
diese zertifizierten Lieferanten mehr als 50 Prozent des
weltweiten Einkaufsvolumens von Jungheinrich aus.
„Jetzt geht es darum, unseren Risikoanalyseprozess an
die Anforderungen des LkSG anzupassen“, sagt Henkel.
Dafür wurden interdisziplinäre Projektteams gebildet,
die den bestehenden Beschwerdemechanismus, den
Lieferantenkodex und das Lieferantenhandbuch unter
die Lupe nehmen, ebenso wie die Self-Assessments und
Fotos: Nexperia, Jungheinrich
Bernd Schichold
Leiter Interne Kontrolle
Nexperia Germany
Fabian Henkel
Nachhaltigkeitsmanager
Jungheinrich
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
15
Unternehmenspflichten aus
dem LkSG
Geltungsbereich: Von 2023 an unterliegen alle
Unternehmen mit Sitz in Deutschland, die mehr als
3.000 Mitarbeiter beschäftigen, dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
(LkSG). Ein Jahr später sind
auch hiesige Unternehmen betroffen, die 1.000 Mitarbeiter
und mehr beschäftigen.
Um ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen, müssen
Unternehmen ein Risikomanagement betreiben, das
die Beschäftigung eines Menschenrechtsbeauftragten,
die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
und die Veröffentlichung einer Grundsatzerklärung
über die eigene Menschenrechtsstrategie (inkl.
Präventionsmaßnahmen) vorsieht. Zudem muss
das Unternehmen einmal pro Jahr die Risiken von
Verstößen gegen Menschenrechte und Umweltschutzstandards
analysieren und bei Hinweisen auf
Verstöße unverzüglich Abhilfemaßnahmen einleiten.
Die einmal im Jahr anzufertigende Dokumentation
müssen die Unternehmen sieben Jahre lang für mögliche
Kontrollen des Bundesamtes für Wirtschaft und
Ausfuhrkontrolle (BAFA) vorhalten.
Tipps für KMU:
• Informations- und Unterstützungsangebote
auf dem zentralen Online-Portal der Bundesregierung
www.wirtschaft-menschenrechte.de
• Informationsportal
www.business-humanrights.org/
• Kostenlose Erstberatung durch das Helpdesk für
Wirtschaft & Menschenrechte der Bundesregierung
www.wirtschaft-entwicklung.de/wirtschaft-menschenrechte
• Online-Tools des Helpdesk für Wirtschaft & Menschenrechte:
„CSR Risiko-Check“
www.wirtschaft-entwicklung.de/wirtschaft-menschenrechte/csr-risiko-check
und „KMU-Kompass“
www.wirtschaft-entwicklung.de/wirtschaft-menschenrechte/kmu-kompass
• Branchendialoge des Bundesministeriums für Arbeit
und Soziales (BMAS) zur Umsetzung menschenrechtlicher
Sorgfaltspflichten. Für weitere Informationen
E-Mail an: branchendialoge@bmas.bund.de.
• Unternehmensforum Nachhaltigkeit an der
NORDAKADEMIE für Partnerunternehmen der privaten
Hochschule. Kontakt: Prof. Dr. Michael Lühn
michael.luehn@nordakademie.de, Tel.: 04121 4090-411
Maximilian Schnippering
Team Lead Supply Chain
Sustainability and Competence
Management
Siemens Gamesa Renewable Energy
die in- und extern durchgeführten Audits. Auch das Kapitel
Menschenrechte im jährlich erscheinenden Nachhaltigkeitsbericht
soll deutlich erweitert werden. Das
alles geschieht mit der ausdrücklichen Fürsprache des
Vorstands, dem das Nachhaltigkeitsteam seit wenigen
Monaten direkt unterstellt ist.
Auf strategische Partnerschaften setzen
Kleineren Firmen empfiehlt Henkel zunächst „in die Organisation
hineinzuhorchen“ und sich zudem die Maßstäbe
der Kunden an Sorgfalt und Nachhaltigkeit vor
Augen zu führen. In einem zweiten Schritt sollte dann
ein interdisziplinäres Team aus Einkaufs-, Complianceund
Rechtsabteilung sowie Umwelt- und Arbeitsschutzbeauftragten
einen Lieferantenkodex aufsetzen.
Einen solchen Supplier Code of Conduct gibt es bei Siemens
Gamesa Renewable Energy bereits seit mehreren
Jahren – auch wenn der Windkraftanlagenhersteller in
seiner jetzigen Form, nach Ausgründung aus dem Siemens-Konzern
und Fusion mit dem spanischen Unternehmen
Gamesa Corporación Tecnológica, erst seit 2017
besteht. Wie nachhaltig Siemens Gamesa aufgestellt ist
– und wie erfolgreich die Arbeit von Maximilian Schnippering
ist, Team Lead Supply Chain Sustainability and
Competence Management –, verfolgen Kunden und Finanzmärkte
genau. Das Unternehmen ist an der spanischen
Börse gelistet. Ein Grund, warum eine verantwortungsvolle
Unternehmensführung (Governance) samt
Einhaltung von Sorgfaltspflichten (Due Dilligence) und
Umwelt- und Sozialstandards für Siemens Gamesa das
Rückgrat sämtlicher Einkaufsaktivitäten bildet.
Schnippering empfiehlt KMU, sich eine Lieferantenbasis
aufzubauen, von der sie wissen, wie nachhaltig und
sorgfältig sie arbeitet. Siemens Gamesa
selbst hat rund 19.000 Lieferanten
weltweit, die ein Einkaufsvolumen
von mehr als sieben Milliarden
Euro ausmachen.
Zusammenarbeit ist für
Schnippering das entscheidende
Stichwort: „Ohne Kollaboration
kann Nachhaltig-
Fotos: Siemens Gamesa, thyssenkrupp Marine Systems
16 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Katrin Möller
Fremdpersonaleinsatz-Beauftragte
thyssenkrupp Marine System
keit nicht funktionieren“, ist der Einkäufer überzeugt.
„Wir sind es, die gemeinsam mit unseren Geschäftspartnern
eine Veränderung erreichen können.“
NORDAKADEMIE-Professor Holger Petersen geht davon
aus, dass solche strategischen Partnerschaften
dazu führen werden, dass sich die Anzahl der Lieferanten,
mit denen Unternehmen zusammenarbeiten, künftig
reduziert. „Mittelständische Unternehmen werden
sich vor diesem Hintergrund fragen müssen, ob Global
Sourcing für sie noch attraktiv ist“, sagt Petersen. Einen
Rückzug deutscher Unternehmen aus risikobehafteten
Regionen wie Afrika, China oder Indien sei künftig
auch aus finanziellen Gründen nicht ausgeschlossen.
Erik Wessels erwartet, dass – unter anderem ausgelöst
durch das LkSG – Lieferanten künftig höhere Anforderungen
erfüllen müssen, unabhängig von ihrer Größe.
Wessels ist Leiter des Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte,
das die Bundesregierung 2017 im Zuge des „Nationalen
Aktionsplans“ (NAP) ins Leben gerufen hat. Seitdem
hat das zehnköpfige Team mehr als 1.200 kosten
lose Erstberatungen durchgeführt und eine Vielzahl an
Informationsveranstaltungen für Unternehmen organisiert.
„Wir sehen auch einen deutlichen Anstieg der
Anfragen von KMU“, sagt Wessels. „Viele haben bereits
ein solides Umwelt- und Sozialmanagementsystem. Es
fehlt ihnen dann aber etwa an einer systematischen
Risikoanalyse, die alle Menschenrechtsaspekte abdeckt
– hier kann man priorisieren und das Verfahren Schritt
für Schritt weiter ausbauen.“ Auf diese Weise würde
menschenrechtliche Sorgfalt systematisch in das Kerngeschäft
der Unternehmen integriert, hofft Wessels
(weitere Tipps siehe Kasten links).
Während Wessels davon überzeugt ist, dass das LkSG
durch „klare und umsetzbare Anforderungen für Sorgfaltspflichten
von Unternehmen Rechtssicherheit für
Betriebe und Betroffene“ schaffe, enthält das Gesetz für
Katrin Möller von thyssenkrupp Marine Systems in Kiel
zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe. Allein das Wort
„angemessen“ taucht 19-mal im elf Seiten umfassenden
LkSG auf. „Diese unbestimmten Rechtsbegriffe bedürfen
einer Auslegung. Noch sorgen die Anforderungen
an Sorgfaltspflichten von Unternehmen eher für Rechts-
unsicherheit“, sagt die Fremdpersonaleinsatz-Beauftragte
der thyssenkrupp Marine Systems. Die Kieler orientieren
sich unter anderem am Nachhaltigkeitsmanagement
ihres Essener Mutterkonzerns – etwa an
dessen Supplier Code of Conduct (SCoC). Die Zeit bis zum
Inkrafttreten des LkSG Anfang 2023 wollen Möller und
ihre Kollegen vom Procurement Performance Management
nutzen, „um sich hinsichtlich der Überprüfung
der Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards in der
Lieferkette gut aufzustellen. Darüber hinaus muss festgelegt
werden, wie mit Verstößen gegen Menschenrechte
und Umweltschutz umzugehen ist.“
thyssenkrupp Marine Systems hat bereits – ähnlich wie
die Kollegen von Jungheinrich – einen Teil der Risikoanalyse
an externe Anbieter wie Integrity Next vergeben.
Sustainability-Audits auf Basis des SCoC würden
von einer Fremdfirma im Auftrag der thyssenkrupp Marine
Systems durchgeführt, so Möller. Essenzielle
Schritte für die überprüfbare Einhaltung der Sorgfaltspflichten
seien getan. Darauf möchte Möller nun systematisch
aufbauen. Birte Bühnen
NORDMETALL engagiert sich
• Veranstaltungen: Am 20.04. und 22.09.2021
diskutierten zahlreiche Mitgliedsunternehmen
untereinander und mit dem NORDMETALL-Experten
Anton Bauch zum Thema.
• Abgeordnetenbriefe: Mit Bundestagsabgeordneten
von CDU/CSU und FDP entsponn sich ein
Briefwechsel über Haftungsfragen und bürokratische
Lasten.
• Anhörungen: Hauptgeschäftsführer Dr. Nico
Fickinger brachte die Position der norddeutschen
M+E-Arbeitgeber im April 2021 in eine Anhörung in
den Schleswig-Holsteinischen Landtag ein.
• Standpunkte-Podcast: Im Juli 2021 warnte der
Hauptgeschäftsführer in seinem Politik-Podcast vor
den Folgen des LkSG.
• Medienecho: Präsident Folkmar Ukena warnte im
„Weser-Kurier“ und im Radiosender SWR2 vor zusätzlichen
Belastungen der Wirtschaft, ebenso Vizepräsident
Robert Focke in den „Kieler Nachrichten“.
Weitere Informationen bei:
Anton Bauch, Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)
Telefon: 040 6378-4227
E-Mail: bauch@nordmetall.de
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
17
Thema
Innovations-
booster
Corona
Vom papierlosen Büro über virtuelle Wartungsarbeiten
bis hin zu Online-Trainings für Servicekräfte –
die innovationsfreudige M+E-Industrie hat durch
die Pandemie einen weiteren Modernisierungsschub
erhalten. Wir haben uns in drei norddeutschen
Unternehmen umgesehen.
Corona habe einen „brutalen Modernisierungsschub“
eingeleitet, sagt Axel Weidner, Geschäftsführer des
Ventil- und Industriearmaturenherstellers Mankenberg
in Lübeck (siehe „Standpunkte“ 2/2017). Das
200-Mitarbeiter-Unternehmen besteht seit 1885 und
Weidner führt als Urenkel des Firmengründers Gustav
Mankenberg den Betrieb in vierter Generation. Tradition
gehört beim Mittelständler gewissermaßen zur
Firmen-DNA. Was aber keinesfalls bedeutet, dass das
Unternehmen verstaubt ist. Ganz im Gegenteil. Mankenberg
geht ständig neue Wege, sei es in der Fertigung,
im Vertrieb oder der Azubiakquise. Schon 2010 wurde
die Firma für ihre Modernisierungs- und Innovationsaktivitäten
mit dem Großen Preis des Mittelstands ausgezeichnet
und 2019 erneut dafür nominiert. Immer
wieder nehmen Beschäftigte an Qualifizierungen teil,
wie beispielsweise an der Reihe „Digitaler Strukturwandel“
des Arbeitgeberverbands NORDMETALL (siehe
„Standpunkte“ 1/2021). Doch die umwälzenden Veränderungen
in jüngster Vergangenheit führt der Firmenchef
auf Corona zurück.
Brutaler Modernisierungsschub
„Zunächst einmal ist es unsere Verpflichtung, die Belegschaft
zu schützen und dabei zugleich den Betrieb aufrechtzuerhalten“,
sagt Weidner. „Deshalb haben wir sehr
schnell reagiert, als es darum ging, Abstands-,
Hygiene- und Maskenregeln einzuführen und unsere Arbeitsprozesse
den erschwerten Pandemiebedingungen
anzupassen.“ So wurde die gesamte Belegschaft in vier
18 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Fotos: RATOCA/Shutterstock, Mankenberg
Kohorten aufgeteilt, damit sich möglichst wenige Menschen
möglichst selten begegnen. Dort, wo sinnvoll und
durchführbar, etablierte Mankenberg mobiles Arbeiten.
„Alle kaufmännischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
und einige Fertigungsplaner und -steuerer haben im
Homeoffice gearbeitet“, sagt Personalleiterin Britta Hennings,
„das hat gut geklappt und bewährt sich bis heute.“
Voraussetzung dafür, dass die Beschäftigten ihren Arbeitsplatz
zumindest temporär in die eigenen vier
Wände verlegen konnten, war die Realisierung des papierlosen
Büros. „Das haben wir konsequent und flächendeckend
durchgezogen“, berichtet Weidner und
fügt an: „Vorher hatten wir aber bereits eine intensive
Digitalisierungsoffensive mit rund 50 Einzelprojekten
im gesamten Unternehmen gestartet, sodass uns dieser
Schritt am Ende nicht allzu schwerfiel.“
Britta Hennings
Personalleiterin
Mankenberg in Lübeck
Papierloses Büro realisiert
Containerweise entsorgten die Mankenberg-Mitarbeiter
Hängeregister, Hauspost, Aktenordner und Papierberge.
Durch die „analoge Entrümpelung“ veränderte
sich auch zwangsläufig die Zusammenarbeit. Fast alles
läuft nun über Videokonferenz-Tools. Auch die Kommunikation
mit den Kunden wurde digitalisiert, im
Webshop gibt es einen Produkt-Konfigurator, und ein
neues digitales Kundenportal bietet jederzeit und überall
Informationen und Dokumentationen über die Produkte
des Unternehmens.
Weidner nennt die Veränderungen revolutionär, erklärt
freimütig, dass Corona sein Unternehmen „zeitweise
vor sich hergetrieben“ habe. Rückblickend bewertet er
die Entwicklung als gleichermaßen positiv für das Unternehmen
und die Belegschaft. „Unsere Effektivität
hat sich verbessert und der Zusammenhalt ist stärker
geworden“, berichtet er. Dennoch werde auch Mankenberg,
sobald es die Pandemielage erlaubt, zumindest in
der Fertigung wieder zu alten Präsenzarbeitsbedingungen
zurückkehren. „Wir wollen die Produktion wieder
in eine neue Normalität zurückführen“, sagt der Chef.
Mobiles Arbeiten ist für zahlreiche Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter der Hanseatic Power Solutions (HPS)
aus Norderstedt inzwischen zur neuen Normalität geworden.
Das Unternehmen vor den Toren Hamburgs ist
einer der führenden deutschen Anbieter für Steuerungstechnik
in der Energieerzeugung und -verteilung
sowie in der Notstromversorgung. Es fertigt mit rund
80 Beschäftigten komplexe Schalt- und Steuerungsanlagen
für Kunden in aller Welt. Für die kaufmännische
Belegschaft hatte HPS gleich zu Beginn der Pandemie
die Möglichkeit zur Arbeit von zu Hause aus angeboten.
Michael Grenz, kaufmännischer Leiter, sagt: „Wir haben
unsere Leute mit der nötigen Hardware ausgerüstet
und es ihnen überlassen, ob sie Homeoffice nutzen oder
nicht.“ Nicht alle hätten die neue Art des Arbeitens als
positiv empfunden. „Vor allem der Kontakt zu den Kollegen
fehlt doch einigen“, erklärt er. Einige Mitarbeiter
Arbeitsplätze beim Lübecker Ventilhersteller Mankenberg:
Sie funktionieren jetzt überwiegend papierlos und sind den
Infektionsschutzbedingungen entsprechend eingerichtet.
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
19
Ferndiagnose per Viewpoint-System-Brille: Servicetechniker
von HPS nutzen die Smart Glasses zur Unterstützung von Wartungsarbeiten
auf der gesamten Welt – ganz ohne Reiserisiko.
wollen Wohnen und Arbeiten trennen, aber: „Mobiles
Arbeiten ist jetzt auch bei uns ein Thema und das ist der
wichtigste Schub, den Corona ausgelöst hat“, sagt Grenz.
Smart Glasses optimieren Service
Eine weitere technologische Innovation haben die Norderstedter
ebenfalls pandemiebedingt eingeführt. Sie
nutzen zur Fernwartung und zum Einsatz ihrer Servicetechniker
auf der ganzen Welt eine sogenannte Viewpoint-System-Brille.
Die Smart Glasses sind über eine
Datenleitung mit der HPS-Zentrale verbunden. Der Experte
in Norderstedt sieht über die Kamera der Smart
Glasses dasselbe wie der Servicemitarbeiter vor Ort und
kann ihm beispielsweise im Bild genau die Schaltstellen
markieren, an denen er ansetzen soll.
HPS-Geschäftsführer Bernd Mähnss erklärt: „Die Pandemie
hat bei uns den entscheidenden Impuls ausgelöst,
verstärkt in den Remote Support zu investieren. So
bieten wir unseren Kunden auch auf Distanz und ohne
das Risiko einer Reise den bestmöglichen Service.“ Die
Technik kann zum Wettbewerbsvorteil werden, denn
die smarte Brille spart Zeit, Reisekosten und personelle
Ressourcen. Mähnss: „Während sich unsere Experten
früher häufig schon bei Kleinigkeiten auf die Reise gemacht
haben, sind mit der Viewpoint-Brille nun schnelle
Ferndiagnosen möglich und wir können unsere Einsätze
effizienter planen.“ Für die Zukunft beabsichtigt
das Unternehmen, auch Schulungen mit Smart Glasses
anzubieten. So können Videos von bestimmten Prozessen
oder komplizierteren Wartungsarbeiten aufgenommen
und den Kunden zur Verfügung gestellt werden.
Reisen während der Pandemie will auch das Trainingsteam
des Windkraftanlagenbauers Nordex Energy vermeiden.
Deshalb wurden zahlreiche Trainingseinheiten
digitalisiert und auf Online-Trainings umgestellt.
Der internationale Windanlagenhersteller mit Hauptsitz
in Hamburg beschäftigt weltweit rund 8.500 Mitarbeiter,
davon allein 2.500 Servicetechniker. Die riesigen
Nordex-Anlagen produzieren in Europa, den USA, Südamerika,
Indien und Australien Strom. Sie haben teilweise
einen Rotordurchmesser von 150 Metern und die
Firmenzirkel startet neu durch
Link zum Video
NORDMETALL und das Institut für angewandte
Arbeitswissenschaft (ifaa) nehmen von nun
an verstärkt Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsprojekte
unter die Lupe.
Er unterstützt Betriebe mit wissenschaftlichen
Methoden bei der Verbesserung der betrieblichen
Abläufe: der Firmenzirkel des Arbeitgeberverbands
NORDMETALL und des Instituts für angewandte
Arbeitswissenschaft (ifaa). „Während der Pandemie
waren unsere Aktivitäten auf Eis gelegt, weil wir eine
Kernaktivität, nämlich den Besuch in den einzelnen
Unternehmen, nicht realisieren konnten“, sagt Alexander
Matthes, der als Fachmann für Arbeitsorganisation
bei NORDMETALL die Firmenzirkel-Reihe betreut.
Nach einer Auftaktveranstaltung folgen jeweils vier
Module, verteilt über einen Zeitraum von rund einem
halben Jahr. Sie finden in der Regel in den teilnehmenden
Unternehmen statt. Seit Herbst dieses Jahres
ist der Firmenzirkel wieder aktiv. Die teilnehmenden
Unternehmen widmen sich Digitalisierungs- und
Nachhaltigkeitsthemen. „Es handelt sich dabei überwiegend
um typische Corona-Projekte, die mobiles
Arbeiten und Digitalisierung zum Thema haben“, sagt
Matthes. Er hofft, dass die Pandemielage künftig
eine problemlose Durchführung der Veranstaltungen
erlaubt und ruft Verbandsunternehmen bereits jetzt
dazu auf, sich für die im zweiten Halbjahr 2022 startende
Firmenzirkel-Runde anzumelden.
Weitere Informationen bei:
Alexander Matthes
Tel.: 040 6378-4265
E-Mail: matthes@nordmetall.de
Foto: Hanseatic Power Solutions
20 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Der Windkraftanlagenbauer
Nordex schult sein Servicepersonal
seit Beginn der
Pandemie online: Trainer
werden etwa von Kameras
begleitet, während sie an
Umrichtern arbeiten.
Fotos: Nordex
Gondeln mit Generatoren für mehrere Megawatt Leistung
befinden sich in 160 Metern Höhe. Klar, dass das
Unternehmen für den Aufbau, die Montage, die
Wartung und Instandhaltung dieser technisch anspruchsvollen
Großanlagen speziell geschultes und
trainiertes Personal benötigt.
Für Schulungen hat das Unternehmen in Hamburg seine
Global Technical Academy aufgebaut. Hier arbeiten
rund zwei Dutzend Expertinnen und Experten gemeinsam
mit externen Trainern daran, kontinuierlich mehrere
tausend Nordex-Kräfte auf der ganzen Welt zu schulen.
Allein im Jahr 2020 haben 30 Trainer rund 4.000
interne Teilnehmer fortgebildet. Dabei ist die Palette der
Schulungen sehr weit gefasst. Typische Trainings beziehen
sich auf alle Komponenten der Windkraftanlagen:
vom Brandmeldesystem über Steuerungs-Hard- und
-Software bis hin zu Frequenzumrichtern. Außer Grundlagen-
und Auffrischungsschulungen für Nordex-
Beschäftigte und Subunternehmer werden spezifische
Trainingsmodule für Nordex-Kunden angeboten.
80 Prozent der Trainings digitalisiert
Manuela Thede, Trainingskoordinatorin der Global
Technical Academy, erklärt, dass einige grundlegende
Trainings für das sichere Arbeiten an Windturbinen,
wie etwa Arbeiten in der Höhe, natürlich nicht online
absolviert werden können. „Aber zahlreiche Komponententrainings
haben wir komplett digitalisiert. So
haben wir beispielsweise Umrichter-Schulungen so eingerichtet,
dass unsere Trainer in der Akademie an den
Umrichtern arbeiten und dabei von Kameras begleitet
werden. Derart können die Teilnehmer in aller Welt sehen,
was im Einzelnen gemacht werden muss.“ Umgekehrt
gibt es für kleinere, versandfähige Komponenten
Manuela Thede
Trainingskoordinatorin
Nordex in Hamburg
wie die Brandmeldeanlage aber auch kleine Teilnehmergruppen
am Trainingsobjekt vor Ort und die Trainer
sind aus Hamburg online zugeschaltet.
Fast 80 Prozent der von der Academy angebotenen Trainings
wurden vollständig oder teilweise digitalisiert.
„Wir setzen auch verstärkt auf neue Trainingsmethoden
wie Blended Learning, das heißt, es werden verschiedene
Schulungsarten wie Webinare, E-Learning,
Präsenztraining, Lernen in der Praxis und Selbstlernen
innerhalb eines Trainings kombiniert", berichtet Thede.
Die Pandemie sei zwar nicht die Initialzündung für
die zunehmende Verlagerung der Trainings in die
Online-Welt gewesen, aber sicher ein Beschleunigungsfaktor,
meint die Trainingskoordinatorin. Inzwischen
überprüfe die Global Technical Academy, welche Trainings
auch nach der Pandemie weiter online stattfinden
sollen und welche Schulungen mit anderen Methoden
besser durchgeführt werden könnten. Die Vorteile von
Webinaren und E-Learnings seien jedoch nicht von der
Hand zu weisen: Lange und zeitintensive Reisen entfallen,
die Mitarbeiter könnten flexibler und schneller an
die Trainings herangeführt werden und der Ressourcenaufwand
werde minimiert. „Wir legen Wert auf
kundenorientierte und kosteneffiziente Trainings.
Dabei hilft die Digitalisierung enorm und insofern hat
die Pandemie uns einen signifikanten Schub gegeben“,
resümiert Thede. Lothar Steckel
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
21
Doppelspitze: Marek Klimenko (r.), der seit 31 Jahren für Hitzler tätig war, übernahm die Werft gemeinsam mit seinem Sohn Kai.
Als sich im März 2021 der Containerriese „Ever Given“
im Suezkanal verkeilte, war die Not groß. Die Passage
zwischen Rotem Meer und Mittelmeer zählt zu den
wichtigsten Wasserstraßen der Erde, rund zehn Prozent
des Welthandels laufen durch den Kanal. Und plötzlich
war alles tagelang blockiert.
Umso größer war die Freude, als es schließlich gelang,
den Havaristen freizuschleppen. Mehrere Schlepper kamen
dabei zum Einsatz, und einer davon war die „ALP
Guard“, ein 24.500 PS starkes Spezialschiff, das in
Cuxhaven gebaut und von der Hitzler Werft in Lauenburg
konstruiert worden war. „Natürlich haben wir die
Bilder gespannt im Fernsehen verfolgt“, erzählt Marek
Klimenko, unter dessen Leitung die Konstruktion in
Lauenburg stattgefunden hatte. „Ich dachte, ich traue
meinen Augen nicht. Wenn man elf Monate lang intensiv
an so einem Projekt arbeitet, erkennt man so ein
Schiff auf den ersten Blick.“
Foto: Christian Augustin
22 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Unter
neuer
Flagge
Eigentümerwechsel bei
der Hitzler Werft –
der Lauenburger Betrieb
wurde vom Chefkonstrukteur
und seinem Sohn
übernommen.
Heute, 13 Jahre nach dem Stapellauf der „ALP Guard“,
arbeitet Klimenko immer noch auf der Hitzler Werft,
aber mittlerweile unter anderen Vorzeichen: als Chef.
Denn Anfang März 2021 übernahm der 58-Jährige den
kompletten Betrieb, gemeinsam mit seinem Sohn Kai
(26). Die Betriebsversammlung, auf der die Neuigkeit
verkündet wurde, werde er nie vergessen, erzählt Marek
Klimenko. Der bisherige Besitzer Franz C. Hitzler hatte
früh mit der Suche nach einer passenden Nachfolgelösung
begonnen, aber es war schwieriger als gedacht.
Insgesamt dauerte die Suche mehr als acht Jahre.
Zahlreiche Investoren waren interessiert
„Die Investoren gaben sich die Klinke in die Hand“, sagt
Klimenko. „Im Gespräch waren ganz unterschiedliche
Ideen, doch viele passten einfach nicht.“ Die einen Interessenten
wollten lediglich bestimmte Teile der Werft
erhalten, die anderen schielten auf die Immobilie und
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
23
Komponentenbau in der Werfthalle:
Das Deckshaus der „Chicago“ wurde
separat gebaut (Foto rechts) und per
Kran auf das emissionsarme Planierschiff
aufgesetzt (Foto unten).
hatten vor, auf dem Gelände nahe der Lauenburger Kanalbrücke
Wohnungen zu errichten. Irgendwann begannen
auch die Klimenkos, sich mit dem Thema zu
befassen. „Wir hörten, dass der Betrieb verkauft werden
soll“, erzählen sie bei einem Gang über das Werftgelände.
„Gleichzeitig wuchs damit allerdings auch bei uns
und den anderen Kollegen die Sorge, dass das Neubaugeschäft
früher oder später eingestellt würde.“
Also nahmen sie 2019 erste Gespräche mit den Banken
auf und sondierten die Lage. Und offenbar sprang der
Funke über, jedenfalls reagierten die Ansprechpartner
in der Kreditabteilung positiv. Klimenko: „Im Herbst
2020 gab die Bank dann ihr Okay, und Ende Februar war
alles in trockenen Tüchern. Seit Anfang März leiten wir
die Werft nun als Doppelspitze.“
Maritime Weltneuheit in der Pipeline
Eine gute Nachricht, auch für die rund 50 Beschäftigten
des Unternehmens. Sie haben aktuell richtig gut zu tun
und müssen keinen Kahlschlag befürchten. Ein Auftrag,
der bereits in der Pipeline ist, dürfte international
für große Aufmerksamkeit sorgen, handelt es sich doch
um eine echte Weltneuheit. Die Werft soll für die Firma
Wallaby Boats aus Kappeln das weltweit erste Arbeitsschiff
mit Federung bauen.
Klingt komisch, ist aber so. Das Prinzip der Konstruktion
ist ebenso einfach wie effektiv: Mithilfe eines Federungssystems
soll die Fahrt für die Passagiere sicherer
und angenehmer werden, Seekrankheit soll demnach
der Vergangenheit angehören.
Den Kooperationsvertrag unterschrieben die beiden
Unternehmen im Beisein von Wirtschaftsminister
Bernd Buchholz (FDP). „Das Start-up Wallaby Boats
zeigt einmal mehr, wie innovativ und wettbewerbsfähig
unser Mittelstand im echten Norden ist. Es freut
mich sehr, dass hier das weltweit erste Boot seiner Art
gebaut wird“, so der Minister.
Das Prinzip „gefederte Katamarane“ ist nicht neu und
stammt aus Australien: Nauti-Craft baut bereits Boote
solcher Art, Wallaby Boats überträgt das System jetzt
erstmals auf die kommerzielle Schifffahrt.
Bei Wallaby sind die Rümpfe des Katamarans vom Brü-
Fotos: Christian Augustin
24 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Maßarbeit von Hand:
Deckshaus und Schiffsrumpf
wurden von der Hitzler Werft
in Lauenburg getrennt
voneinander gebaut. Deshalb
konnte der Neubau viel
schneller fertiggestellt
werden als üblich.
ckendeck, dem „Chassis“, getrennt und über vier Federbeinkonstruktionen
mit diesem verbunden. Genutzt
werden sollen die Boote hauptsächlich für den
Crew-Transport in der Offshore-Industrie und für Lotsen.
Dank der ausgefeilten Technik ist es möglich, den Einfluss
des Seegangs auf die Personen an Bord um mindestens
40 Prozent zu reduzieren. Das macht den Überstieg
der Techniker auf Offshore-Windkraftanlagen oder der
Lotsen auf Frachtern erheblich komfortabler und sicherer.
Der Prototyp soll bereits Anfang des zweiten Quartals
2022 in Lauenburg vom Stapel laufen.
Danach wird sich zeigen, ob das Konzept funktioniert,
denn das Schiff soll künftig Servicepersonal und Techniker
zu den EnBW-Windparks „Baltic 1“ und „Baltic 2“
auf der Ostsee bringen. Anschließend soll der innovative
Zubringer in den rauen Gewässern der Nordsee und
des Ärmelkanals getestet werden.
Ähnlich ungewöhnlich ist ein anderer aktueller Auftrag:
der rund 25 Meter lange Neubau, der im Auftrag
der Flotte Hamburg entsteht und schon weitgehend fertig
ist. Es handelt sich um ein sogenanntes Planierschiff
mit „Schlickpflug“, das bei ablaufendem Wasser liegen
Schwerer Brocken: Das
fertige Deckshaus des
Planierschiffs hat ein Gesamtgewicht
von 25 Tonnen.
Um diesen schweren Decksaufbau
mit dem Kran auf
den Schiffsrumpf heben zu
können, wurden vorher extra
Laschen angeschweißt.
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
25
Funkenflug im Maschinenraum: Flexarbeiten
vor der Installation des Hybridantriebs der
„Chicago“ (Foto oben). Das Schiff eignet sich
auch für Messfahrten. Daher hat sie einen
runden Schacht, durch den das Echolot und
andere Instrumente heruntergelassen werden
(Foto links).
gebliebenen Schlick aus den flacheren Bereichen des
Hafens dorthin ziehen soll, wo die Baggerschiffe ihn
ohne großen Aufwand beseitigen können.
Alternative Antriebe immer wichtiger
Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass das Sediment im
Gegensatz zur ansonsten üblichen Wasserinjektion
nicht übermäßig aufgewirbelt wird. Davon profitieren
nicht nur die Fische, sondern auch alle anderen Lebewesen,
die sich mittlerweile wieder in der Elbe tummeln.
Auch mit anderen Merkmalen kann die „Chicago“ ökologisch
punkten. Sie ist mit einem Hybridmotor und einem
leistungsstarken Batteriepack ausgestattet und
kann damit im Hafengebiet weitgehend emissionsfrei
arbeiten. Die Akkus können sowohl in den Pausen an
der Ladestation als auch während des Einsatzes mithilfe
des bordeigenen Stroms geladen werden.
Kai Klimenko: „Die Nutzung alternativer Antriebstechniken
wird perspektivisch immer wichtiger, auch in der
maritimen Welt. Insofern freut es uns sehr, dass wir mit
unserem Hybridantrieb zeigen können, was technisch
und wirtschaftlich möglich ist.“
Der 26-Jährige hat Betriebswirtschaft studiert und ist
damit eine perfekte Ergänzung zu seinem technisch begabten
Vater, der vor 31 Jahren aus Polen nach Deutschland
kam und Schiffbauer mit Leib und Seele ist.
Gelernt hat er sein Handwerk auf einer Werft in Gdansk,
dem früheren Danzig. Der polnische Betrieb wurde Anfang
der 1980er-Jahre weltweit bekannt, weil der Elektriker
Lech Walesa dort die Gewerkschaft Solidarność
gründete. Sie hatte entscheidenden Einfluss auf die politische
Wende in Polen und auf das Ende des Kommunismus
in den Ländern Osteuropas.
Als die Grenzen schließlich offen waren, ging Marek
Klimenko 1990 nach Deutschland und landete in Lauenburg.
„Dort habe ich in der Hitzler Werft sofort eine
Arbeit als Schleifer bekommen“, erzählt er. „Dafür bin
ich noch heute dankbar.“
Doch Marek Klimenko war ehrgeizig und machte
schnell Karriere. Nach Stationen im Modellbau, als Konstrukteur
und Projektleiter wurde er schließlich Leiter
des Konstruktionsbüros. Dass er nun nach 31 Jahren
zum Geschäftsführer und Inhaber geworden ist, sieht
Marek Klimenko als „Krönung meines Lebenswerks“.
Die Übernahme der Werft war für ihn kein Investment,
sondern eine Herzensangelegenheit.
Fotos: Christian Augustin
26 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Gefederter Katamaran:
Die Ferderbeinkonstruktion
des Start-ups
Wallaby Boats aus
Kappeln im Modell.
Präsentation mit Minister:
Bernd Buchholz (FDP, 2. von
links) mit Marek und Kai
Klimenko und Wallaby-
Vertretern bei der Vorstellung
des Schiffmodells.
Ähnlich sieht es Sohn Kai. „Wir haben von Franz C. Hitzler
nicht nur ein spannendes Unternehmen übernommen,
sondern vor allem Verantwortung für die 50 Kollegen,
die hier arbeiten und meinen Vater alle persönlich
kennen. Wir fühlen uns den Traditionen der Werft verpflichtet
und der Stadt Lauenburg eng verbunden.“
Die beiden Klimenkos sind übrigens nicht das einzige
Vater-Sohn-Gespann bei Hitzler. Da die Fluktuation in
der Belegschaft vergleichsweise gering ist, sind viele
Mitarbeiter schon seit Jahrzehnten dabei. Und gleich
drei Kollegen haben inzwischen auch einen Sohn, der
auf der Werft mitanpackt. Clemens von Frentz
Geschützt vor Wind
und Wetter: Die
große Halle der
Hitzler Werft liegt
direkt am südlichen
Ufer der Elbe in
Lauenburg.
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
27
Stiftung
Mit Musik
in die Zukunft
Die Förderung klassischer Musik steht bei der NORDMETALL-
Stiftung ganz oben auf der Agenda. Auf deren Einladung arbeiten
seit 2019 jedes Jahr bis zu 15 Musikfestivals in ganz Norddeutschland
gemeinsam daran, junge Menschen an der Weiterentwicklung
des Klassikbetriebes zu beteiligen.
Der Termin Ende Oktober im Schloss Hasenwinkel in
Mecklenburg-Vorpommern steht bei den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern ausgewählter norddeutscher
Musikfestivals fest im Kalender. Keiner hätte beim ersten
Treffen vor zwei Jahren in Schwerin gedacht, dass
sie sich einmal so entschlossen gemeinsam auf den Weg
machen würden. So heterogen die Institutionen im
„Netzwerk Norddeutsche Musikfestivals“ auch sind,
so sehr eint sie die gemeinsame Herausforderung:
Jugendliche und junge Erwachsene mit ausgefeilten
Angeboten für klassische Musik zu begeistern. Das
Netzwerk zum Wissenstransfer für Strategien, mit denen
neue Konzertbesucher angelockt werden können,
wurde von der NORDMETALL-Stiftung initiiert. Es bewährt
sich auch in einer Zeit, in der die gesamte Konzertlandschaft
nie zuvor erlebte Einschnitte erfährt.
Hannah Bregler, zuständig für die Konzertplanung
beim „Schleswig-Holstein Musik Festival“ (SHMF) und
„JazzBaltica“, blickt auf die vergangenen achtzehn
Monate zurück: „Die schnelle und kompetente Unterstützung
der NORDMETALL-Stiftung gleich zu Beginn
der Pandemie war ein wichtiger Impuls in diesen unsicheren
Zeiten. Da noch niemand wusste, wie sich die
Situation entwickelt, unter welchen Umständen und
wann überhaupt wieder Veranstaltungen möglich waren,
war der Austausch zwischen den Festivals auf Initiative
der NORDMETALL-Stiftung eine wichtige Säule.“
Mit dem Festivalteam konzentrierte sich Bregler auf die
Chancen in der Krise, agierte flexibel und probierte
Neues aus: Aufführungen open air auf mobilen und festen
Bühnen oder im Virtuellen.
Auch für das junge Publikum machte sich die Kulturmanagerin
weiterhin stark, verschaffte Jugendlichen
Foto: Jakob Stolz
28 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Im Hamburger Gängeviertel mit Musik, Workshops und künstlerischem
Rahmenprogramm gestartet, dann wegen des wachsenden Erfolgs auf den
Club „Hafenklang“ ausgewichen, führte das „feel.jazz“-Festival in diesem Jahr
eine verkleinerte Open-Air-Version im Oberhafen durch. Die Band „Skilbeck“
in Aktion (v. l. n. r.): Leon Saleh, Max Boehm, Max Rademacher.
Hannah Bregler vom Schleswig-Holstein
Musik Festival (SHMF) probierte viel Neues
aus, organisierte Open-Air-Aufführungen
auf mobilen und festen Bühnen und hat
das junge Publikum dabei im Blick.
Den Podcast „Was läuft?“ erstellte
Schülerin Mette Helbig (Foto u.)
zusammen mit Moritz Lücke und
Louis Bertram für das SHMF zum
diesjährigen Schwerpunkt-Komponisten
Franz Schubert.
Fotos: SHMF
bei der „JazzBaltica“ trotz Corona-Beschränkungen
Zugang zum Set eines ZDF-Konzertmitschnitts. So
konnten die jugendlichen „Schreibmatrosen“ Musikerinnen
und Musiker auf Abstand befragen, journalistische
Erfahrungen sammeln und professionell angeleitet
in den „Lübecker Nachrichten“ berichten. Beim
SHMF streamten wiederum andere Jugendliche Videoanleitungen
für den Instrumentenbau für Kinder.
Social Media im Kulturbetrieb
„Im Netzwerk konnten wir unkompliziert Erfahrungen
austauschen, beispielsweise zu Hygienekonzepten oder
Sitzplänen. Und wir gaben uns hilfreiche Anregungen
zu digitalen Arbeitstools und der Verwendung von Social
Media im Kulturbereich“, sagt Bregler.
Junge Menschen erleben die aus der Pandemie erwachsene
Unsicherheit als besonders belastend. Deshalb
haben Kulturinstitutionen gerade jetzt den wichtigen
Auftrag, diese Zielgruppe anzusprechen und einzubinden.
Nichts ist ermutigender und befreiender als zu spüren,
dass man selbst mit seinen Ideen und Fähigkeiten
etwas bewirken und gestalten kann. Klassische Musikbetriebe
brauchen verstärkt diesen jungen, unverstellten
Blick auf ihre Arbeit, um auch diese Zielgruppe
adäquat einladen zu können.
Drei Spezialistinnen reichern den internen Erfahrungsaustausch
des Netzwerks an. So ist Katharina von Radowitz
vom „Netzwerk Junge Ohren“ aus Berlin mit ihrer
langjährigen Expertise für Musikvermittlung von Anfang
an als Moderatorin und Impulsgeberin mit dabei.
Die britische Beraterin Julie Aldridge brachte spannende
Beispiele aus dem internationalen Musiksektor mit:
Wie verhalten sich einzelne Zielgruppen? Wer kommt
unter welchen Umständen zuerst zurück, wer zuletzt,
wer gar nicht mehr? Dabei wurde auch besprochen, welchen
Einfluss das Ticketkaufverhalten einzelner Zielgruppen
auf den Festivalbetrieb hat und welche Modelle
besonders wirksam sind, um den Bedarf junger Menschen
zu berücksichtigen. Elena Kountidou vom Konzerthaus
Berlin tauschte mit dem Netzwerk erfolgreiche
Strategien für das Social-Media-Marketing aus. Mit
ihrem Team erprobt sie Vermittlungskonzepte für klassische
Musik im digitalen Raum, darunter auch einige
Projekte in Augmented und Virtual Reality.
Über die Festivalsaison hinaus geht der „Schönberger
Musiksommer“ und arbeitet mit Jugendlichen an einem
neuen Konzept, das tief in Schule hineinwirkt. Gemeinsam
mit dem Ernst-Barlach-Gymnasium startet das
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
29
Coronakonformer Check-in bei den „Gezeitenkonzerten“:
Trotz wenigen Plätzen und eines Stammpublikums mit Vorkaufsrechten
besuchte vermehrt junges Publikum das Festival.
Team einen Piloten, der das Wahlplichtfach „Musikbusiness“
auf den Stundenplan setzt. Im Rahmen des
Schulunterrichts werden Jugendliche gezielt ausgebildet,
beim „Schönberger Musiksommer“ Konzerte für
junges Publikum zu organisieren. Seit 35 Jahren fest
verwurzelt in der Konzertlandschaft, ist das Festival in
der Zusammenarbeit mit Schulen in Nordwestmecklenburg
routiniert. Doch das ist neu: „Musikbusiness“ umfasst
alle Aspekte, die bei einem Konzertvorhaben von
Bedeutung sind. Begleitet und angeleitet werden die
Schülerinnen und Schüler von Profis aus den Bereichen
Grafik und Design, Fotografie und Video, Konzertmanagement
und Organisation.
Sie lernen Berufsfelder kennen, entwickeln unternehmerisches,
projekt- und zielgruppenorientiertes Verständnis
und kommen in direkten Kontakt mit klassischer
Musik. Am Schuljahresende wird ein Abschlusskonzert
die Handschrift der jungen Menschen tragen.
Junges Kulturmanagement
Auch die Körperschaft Ostfriesische Landschaft spricht
seit Jahren mit ihren „Gezeitenkonzerten“ junges Publikum
an. Ähnlich wie der „Schönberger Musiksommer“
in Mecklenburg-Vorpommern regt das Team aus Aurich
Schülerinnen und Schüler dazu an, das Künstlermanagement,
die Werbung sowie die Vorbereitung eigener
Konzertformate zu übernehmen – hier allerdings
nicht im Rahmen des Schulunterrichts, sondern mithilfe
von Projekten wie „TONALi“.
Darüber hinaus sollen alle Plätze und Preiskategorien
in den etwa dreißig Konzerten für junge Menschen bis
27 Jahre erschwinglich und erreichbar sein. Dem Veranstalter
gelingt es, auch durch die Unterstützung der
NORDMETALL-Stiftung, von Jahr zu Jahr mehr der vergünstigten
Plätze für 5,50 Euro an die jungen Besucherinnen
und Besucher zu vergeben. Das ist ein enormer
Erfolg – insbesondere, da zeitweilig auch mit besten
Hygienekonzepten die Konzertsäle nur zu dreißig bis
vierzig Prozent ausgelastet werden durften.
Jazzmusik für die eigene Generation
Das Hamburger „feel.jazz“-Festival ist eine der jüngsten
Organisationen im „Netzwerk Norddeutsche Musikfestivals“.
Dabei ist nicht nur die Gründung vor fünf Jahren
gemeint, sondern vor allem das Team junger Kulturmanagerinnen
und -manager, das sich bereits während
des Studiums für den Jazz stark machte. Gemeinsam
wollen sie Jazzmusik über alle Sinne erfahrbar machen
und auf die Bedürfnisse ihrer Generation eingehen.
Dabei erreichen sie mit großem Erfolg Jazz-unerfahrenes
Publikum. Gerade in diesem Jahr ist der Druck auf
die ehrenamtlichen Organisatoren durch ein verkleinertes
Team, Planungsunsicherheiten und den unbeeinflussbaren
„Faktor Wetter“ groß. Die wachsende
„feel.jazz“-Community erreicht die Initiative vor allem
über Facebook und Instagram. Auf diesen Kanälen
spiegelt sich Begeisterung darüber wider, dass das
zweitägige Format überhaupt stattfindet, wenn auch
nicht als rauschendes Nachterlebnis, sondern nach
Fotos: Jakob Stolz, Gezeiten Festival
Jung, musikalisch und engagiert:
Das Organisationsteam des „feel.
jazz“-Festivals (v. l. n. r.): Carolin Eberle,
Nadine Schwalbe, Julia Meggle und
Jennifer Schmid.
30 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Fotos: Oliver Röckle, Pablo Castagnola, Julie Aldridge, Karte: Mirja Tschakarov
den Hygienebestimmungen mit kleinem Publikum, am
Nachmittag beginnend.
Partnerschaftliche Struktur mit Weitblick
Seit 2020 fordert die NORDMETALL-Stiftung verstärkt
ein, Vermittlung und Besucherfokussierung als Querschnittsthemen
in den Kulturinstitutionen zu etablieren,
Beziehungen mit dem Publikum neu zu gestalten
und mehr Diversität zu ermöglichen. Gleichzeitig bietet
die Stiftung eine Allianz im Transformationsprozess
an. Damit verfolgt sie nicht nur das definierte Ziel, sondern
lernt im gemeinsamen Handeln den Bedarf der
Förderpartner besser kennen, stärkt die Entwicklung
neuer Arbeitsformen und wandelt sich selbst als lernende
Organisation. „Nahbar, wertebasiert und verlässlich
möchten wir das ,Netzwerk Norddeutsche Musikfesti-
Katharina von Radowitz, Geschäftsführerin
beim „Netzwerk Junge Ohren“, vernetzt
mit ihrem Team Musikvermittlerinnen und
-vermittlern in der D-A-CH-Region. Das
Netzwerk steht für Musik am Puls der
Gesellschaft und setzt sich mit Beratungsangeboten
und Projekten wie dem „Junge
Ohren Preis“ für mehr Diversität, Inklusion
und Interdisziplinarität im Musikleben ein.
Kammermusikfest Sylt
SCHLESWIG-
HOLSTEIN
JazzBaltica
vals‘ gestalten, das wiederum innovationsbereite Personen
in ihrem jeweiligen Vorhaben stärkt“, sagt Kirsten
Wagner, Geschäftsführerin der NORDMETALL-Stiftung.
„In Kooperation mit anderen Institutionen, aber
auch in engem Austausch mit der Kulturpolitik, sucht
die Stiftung nach Synergien und Hebelwirkungen, um
so bestmöglich zukunftsweisend und nachhaltig wirken
zu können.“ Katja Gondert
Als Spezialistin für Business
Models, Marketing und Audience
Development sowie Organisationsentwicklung
hilft Julie
Aldridge Organisationen dabei,
ihr Publikum besser zu erreichen.
Gemeinsam diskutierte das Netzwerk,
welche innovativen Piloten
übertragbar sind und welche
Details angepasst oder weiterentwickelt
werden müssen.
Für „#konzertZUhaus“
wurde Elena Kountidous
Kommunikationsabteilung
des Konzerthauses Berlin
2020 mit dem Deutschen
Preis für Onlinekommunikation
ausgezeichnet.
Auf Einladung gibt sie im
Netzwerk ihre Erfahrungen
mit erfolgreichem Social-
Media-Marketing weiter.
Schleswig-Holstein Musikfestival
Raritäten der Klaviermusik
Musikfreunde Kiel
MECKLENBURG-VORPOMMERN
Festspiele Mecklenburg-Vorpommern
Orgelspiele Mecklenburg-Vorpommern
Gezeitenkonzerte
International Music
Festival Buxtehude
HAMBURG
feel.jazz Festival
Ensemble Resonanz
Usedomer Musiksommer
Schönberger Musiksommer
NIEDERSACHSEN UND BREMEN
Musikfest Bremen
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
31
32 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Northern
Made in Germany
Gusseisen-Reparaturen
1952
Metalock Engineering Germany – Norderstedt
Der Hidden Champion aus Norderstedt beherrscht eine einzigartige
Reparaturmethode für beschädigte Gusseisenteile, die selbst große Löcher
in Motorblöcken verschließt – und das ganz ohne Schweißen.
Fotos: Metalock
Autoliebhaber wissen: ein Mercedes-Benz 540K ist ein
ganz besonderer Schatz. Schade nur, wenn der Achtzylindermotor
dieses Oldtimers streikt. Frostschaden. Mit
vorgeschraubtem Blech nicht zu reparieren. Für die Spezialisten
von Metalock ist so ein Loch jedoch gar kein
Problem. Mithilfe ihres zertifizierten Kaltverfahrens
konnten sie das schmucke Gefährt aus den 1930er-Jahren
wieder in Gang bringen.
Metalock ist auf mobile mechanische Bearbeitung,
Schweißen, Kaltriegelverfahren und Überholung von
Produktionsmaschinen spezialisiert – und entwickelt
Tools und Techniken für Kunden auf der ganzen Welt.
Im Jahr 1952 als „Deutsche Metalock“ in Hamburg gegründet,
ist sie heute mit rund 200 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern die größte Gesellschaft der Metalock Engineering
Gruppe. Die Firmenzentrale befindet sich schon
seit Jahrzenten in Norderstedt. Weitere Standorte gibt es
in Oberhausen, Bochum, Mannheim und München.
Im Bereich der sogenannten Metalock-Reparaturen
spielt das Unternehmen seine Erfahrung aus vielen
hundert Projekten der vergangenen Dekaden aus. Bereichsleiter
der Metalock-Reparaturen, Bernd Thiele,
erklärt das Wesentliche: „Für Risse oder Brüche, etwa in
Schiffsmotorblöcken oder Karosseriepressen, verwenden
wir ein Kaltriegelverfahren, das die schadhaften
Stellen in mehreren Arbeitsschritten komplett verschließt.
So kann die ursprüngliche Belastung wieder
in vollem Umfang auf die Bauteile wirken.“ Mithilfe einer
Bohrschablone werden Löcher quer zum Bruch- und
Rissverlauf gebohrt und anschließend mittels Druckluftmeißeln
miteinander verbunden. Dann werden in
die dafür eingebrachten Kettenbohrungen die sogenannten
Metalock-Riegel eingesetzt und verstemmt,
also kraft- und formschlüssig verbunden. Zusätzlich
werden entlang der Bruchlinie Gewindelöcher gebohrt,
welche dann mit Gewindestiften verschraubt werden.
„Für besonders große Schäden fertigen wir auch neue
Einsatzstücke, die mit demselben Verfahren eingearbeitet
werden“, fügt Thiele hinzu.
Zu den Kunden von Metalock zählen Konzerne, aber
auch mittelständische und kleine Unternehmen aus der
Automobil-, Stahl-, Zement-, Papier- und der chemischen
Industrie, aus dem Maschinenbau, der Energieversorgung
und der Schifffahrt.
Zu den umsatzstärksten Dienstleistungen des Unternehmens
gehört inzwischen die mobile mechanische
Bearbeitung. Metalock ist einer der wenigen Anbieter
weltweit. Vor Ort werden große Anlagen modernisiert
und gewartet. Dafür fliegt das Team oft auch mit einem
Hubschrauber an. So sind Reparaturen an schwer erreichbaren
Einsatzorten problemlos möglich. „Unsere
Kunden schätzen außer unserem fachlichen Wissen
und Können unsere Schnelligkeit und das Engagement
unserer Spezialisten – insbesondere deren Einsatzbereitschaft
rund um die Uhr, auch an Feiertagen!“, betont
Geschäftsführer Thomas Großgarten.
Coronabedingt verzeichnet Metalock derzeit vermehrt
Anfragen und Aufträge für Vor-Ort-Reparaturen im
Energiesektor. „Während der Coronakrise wurden
Instandsetzungen an systemrelevanten Energieanlagen
auf der ganzen Welt aufgeschoben“, erklärt Großgarten.
„Nun müssen diese unter hohem Zeitdruck bis
Ende des Jahres nachgeholt werden. Wir sind also gerade
sehr gut ausgelastet.“ Albina Stelle
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
33
AUS DER HAUPTSTADT
Die
im Einsatz für die Unternehmen
Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) setzt sich seit mehr als
20 Jahren für ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ein, das auf Freiheit
und Verantwortung fußt. Getragen wird das Engagement von den Arbeitgeberverbänden
der Metall- und Elektroindustrie, darunter auch NORDMETALL.
Hier berichten wir über die aktuelle Arbeit.
INSM-Bildungsmonitor 2021:
Licht und Schatten im Norden –
Hamburg auf Platz 3
Die norddeutschen Bundesländer haben sich im
INSM-Bildungsmonitor 2021 recht unterschiedlich geschlagen.
Während Hamburg sich nunmehr auf den
dritten Platz vorgearbeitet hat dank deutlicher Verbesserungen
und Stärken etwa bei der Förderinfrastruktur,
ist Bremen Schlusslicht. Niedersachsen schafft es auf
den achten Platz, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern
direkt dahinter und Schleswig-Holstein auf Rang
11. Erstmals gab es im Rahmen des INSM-Bildungsmonitors
eine Befragung von Lehrkräften und Eltern, um die
Folgen der Coronapandemie auf das Lernen zu untersuchen.
Die norddeutschen Bundesländer waren wegen
relativ niedriger Coronainzidenzen im Frühjahr nicht
von Schulschließungen ab Mitte April 2021 aufgrund
der Bundesnotbremse betroffen. Das dürfte zum Teil erklären,
warum die Eltern in der Befragung durch das
Meinungsforschungsinstitut Civey vergleichsweise zufriedener
mit den Lernangeboten der Schulen ihrer Kinder
waren als der Bundesdurchschnitt. Ausreißer war
hier allerdings Mecklenburg-Vorpommern: Dort zeigten
sich fast 70 Prozent der befragten Eltern eher unzufrieden
oder sehr unzufrieden – gegenüber nur rund 40
Prozent in Hamburg. Die Befragung von Lehrkräften
zeigte, dass diese – bundesweit – fast zur Hälfte gravierende
Lernrückstände bei über der Hälfte der Schülerinnen
und Schüler feststellten. Wegen der Folgen der
Coronapandemie auf den Bildungsbereich sind daher
für die nächsten Jahre wohl Rückschläge zu erwarten.
34 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Fotos: Holger Martens
MEHRWERT VERBAND
Das AFZ Rostock im alten Fischereihafen ist Anziehungspunkt für Aus- und Weiterbildungswillige (kl. Foto) aus ganz Deutschland.
Folge 65: Aus- und Fortbildungszentrum Rostock
Vom Fischkombinat zur Fachkräfteschmiede
Auf dem Campus am Kai im alten Rostocker Fische reihafen
erinnert kaum noch etwas an das Fischkombinat,
den größten Hochseefischereibetrieb der DDR. Vor 30
Jahren, als NORDMETALL, das Aus- und Fortbildungszentrum
(AFZ) mit aus der Taufe hob, mag das anders
gewesen sein. Damals als Verein gestartet, hat sich das
AFZ innerhalb von nur drei Jahrzehnten zu einem modernen,
staatlich anerkannten Bildungszentrum mit
überregionaler Anziehungskraft entwickelt.
Wer heute den langen Gebäudekomplex an der Kaikante
besucht, taucht sofort ein in einen Kosmos aus mehr als
14 Bildungswelten – umfassende Angebote zur Fachkräftequalifizierung
für die maritime Wirtschaft, die
Offshore-Industrie, aber auch Handel und Logistik, Gastronomie
und Tourismus oder Gesundheit und Pflege.
In speziellen Werkstätten für Metall- und Elektrotechnik,
Pneumatik, Hydraulik oder Automatisierungstechnik
können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
ihr theoretisches Wissen unmittelbar in der betrieblichen
Praxis erproben: Es wird programmiert, berechnet,
gelötet, gebohrt und gefräst – ganz gleich, ob in
Kursen zur Vorbereitung einer Berufsausbildung, zur
Einstiegsqualifizierung oder in einer Aus- und Fortbildung
bis hin zum Bachelor- und Master-Niveau. Mittlerweile
betreibt das AFZ Rostock auf seinem Campus am
Kai sogar ein eigenes Restaurant samt Hotelbetrieb.
Die Prioritäten von Geschäftsführerin Irmhild Düwel
sind während der Coronapandemie jedoch anders gelagert:
„Jungen Menschen eine berufliche Perspektive zu
bieten, liegt uns sehr am Herzen. Das gilt insbesondere
in diesen außergewöhnlichen Zeiten. Daher haben wir
innerhalb kurzer Zeit digitale Unterstützungsangebote
für junge Auszubildende geschaffen, in neue Technik
investiert und, wo es möglich war, auch den persönlichen
Austausch gefördert.“
Unermüdlich ermutigt Düwel Unternehmen, Ausbildung
als „Investition in die Zukunft“ zu begreifen. Das AFZ
Rostock und seine rund 100 Angestellten seien für viele
Firmen ein bewährter Navigationspunkt, um eigene
Fachkräfte weiterzuentwickeln und neue heranzubilden.
Nach wie vor ist NORDMETALL dem AFZ Rostock als Gesellschafter
verbunden und auch im Vorstand des
AFZ-Fördervereins aktiv. Von 2012 bis 2020 prägte der
frühere NORDMETALL-Präsident Thomas Lambusch
die Geschicke des Fördervereins als dessen Vorsitzender.
„Die Digitalisierung lässt neue Geschäftsmodelle
und Berufsbilder entstehen, alte verändern sich. Doch
eines bleibt: Die Ressource Bildung ist der entscheidende
Erfolgsfaktor der deutschen Wirtschaft“, begründet
er dieses langjährige Engagement. BiB
Kontakt:
Weitere Informationen bei
Irmhild Düwel (Geschäftsführerin)
Tel.: 0381 8017-0
E-Mail: afz@afz-rostock.de
Internet: www.afz-rostock.de
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
35
Menschen und Meldungen
Blei und Zink wieder vereint
Monatelang rang die Weser Metall GmbH um ihre Zukunft,
nun ist die Bleihütte unter Führung des Schweizer
Rohstoffkonzerns Glencore auf die neu gegründete
Firma Nordenham Metall übergegangen und soll nach
und nach mit dem bestehenden Glencore-Unternehmen
Nordenhamer Zinkhütte zusammenwachsen. Bevor
sich die beiden Schwermetallproduzenten im Jahr 2003
trennten, verband sie bereits eine 100-jährige gemeinsame
Geschichte, die nun nach 18 Jahren fortgesetzt wird.
In Nordenham entsteht jetzt ein großer Standort für die
Blei-, Zink- und Edelmetallverarbeitung mit rund 780
Beschäftigten. „Wir werden unsere bisherigen Standards
in allen Bereichen deutlich steigern: im Umweltschutz,
in der Arbeitssicherheit und auch in strukturellen
wie technologischen Fragen. Wir starten einen
echten Neuanfang“, sagt Koen Demesmaeker, Geschäftsführer
der Nordenham Metall. AS
Grüner Stahl
Hoher Energieaufwand, hoher CO 2 -Ausstoß – dieses
Grundmuster der Stahlerzeugung soll sich ändern.
Dazu gibt es jetzt staatliche Förderung für einen emissionsfreien
Erzeugungsprozess: Der Hamburger Standort
von ArcelorMittal erhält für den Bau der ersten
wasserstoffbasierten Produktionsanlage für „grünen“
Eisenschwamm, einem Vorprodukt von Stahl, 55 Million
en Euro von der Bundesregierung. „Seit die Menschheit
Stahl produziert, braucht sie dafür Kohle. Wir helfen
dabei, dass das künftig mit Wasserstoff aus Windund
Sonnenstrom gelingt. Die Bundesregierung wird
die Stahlindustrie bei der Transformation nicht alleine
lassen“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze
(SPD) bei ArcelorMittal. Die Herstellung von Stahl
ohne CO 2 -Emissionen erfolgt mithilfe von Elektrolichtbogenöfen,
die mit erneuerbarem Strom betrieben werden.
Anstelle von Erdgas wird Wasserstoff für die Reduktion
von Eisenerz verwendet. „Mit der geplanten
Anlage werden wir erstmals in der Lage sein, 100.000
Tonnen direktreduziertes Eisen für die Stahlerzeugung
unter Verwendung von Wasserstoff zu produzieren –
und das bereits im Jahr 2025“, erklärte Dr. Uwe Braun,
Geschäftsführer von ArcelorMittal Hamburg. AS
Fotos: Clemens von Frentz, Martina Buchholz
36 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Gute Stimmung
in Rastede
Es war eine ganz knappe Entscheidung beim traditionsreichen
Reitturnier in Rastede. Das Stechen um den NORD-
METALL-Preis entschied Mario Stevens vom RUFV Lastrup
e. V. mit seinem Pferd Marlou für sich. NORDME-
TALL-Präsident Folkmar Ukena gratulierte dem Sieger
und überreichte den Preis. Das Publikum des 72. Oldenburger
Landesturniers erwartete nach der coronabedingten
Absage im letzten Jahr nun wieder ein hochklassiges und
abwechslungsreiches Programm. Auch Corona auflagen wie
die begrenzte Zuschauerzahl sowie Abstands- und Hygieneregeln
taten der guten Stimmung keinen Abbruch. DJ
Fotos: Katja Weritz, M. Jürgensen, Dirk Heitkötter
Jubiläum in
Schenefeld
Um als reiner Lohnfertiger 75-jähriges Jubiläum feiern
zu können, muss man hervorragende Qualität
liefern. Groth Feinwerktechnik aus Schenefeld gelingt
das. Der Zerspanungsbetrieb mit mehr als 100
Beschäftigten wird in dritter Generation von Familie
Runde geführt. Die Geschäftsführerin Meike Runde
leitet das Unternehmen seit 20 Jahren und betont
die enorme Wichtigkeit der Ausbildung für den Unternehmenserfolg.
„In der Fertigung haben wir die
Hälfte aller Mitarbeiter selbst ausgebildet, das ist bei
unserem hohen Anspruch auch enorm wichtig“, so
Runde, die viel Wert darauf legt, Potenziale bei ihren
Beschäftigten zu erkennen und zu fördern. Der Erfolg
gibt ihr Recht: Groth plant einen Erweiterungsbau
auf dem Firmengelände. DJ
Seltene Ehrung
Seit 50 Jahren arbeitet Dieter Kubitschke bei M. Jürgensen
im schleswig-holsteinischen Sörup. Am 1. August
1971 begann er bei dem Schleudergussspezialisten,
jetzt konnte die „goldene“ Betriebszugehörigkeit gefeiert
werden. Lächelnd erzählt Kubitschke von der Empfehlung
seiner Lehrer, er solle doch besser arbeiten gehen,
statt weiter die Schulbank zu drücken. Das tat er
und startete nach einer Betriebsbesichtigung bei M.
Jürgensen als Dreher-Lehrling. In seiner Freizeit baut er
an ferngesteuerten LKW im Maßstab 1:14 mit echtem
Getriebe. 50 Jahre im Betrieb, heute eher eine Seltenheit
und deshalb auch Anlass für Stolz und Freude bei M.
Jürgensen. DJ
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
37
Menschen und Meldungen
Größter Auftrag
So ein Projekt gab es für thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) noch
nie: In Kooperation mit dem norwegischen Industriepartner Kongsberg
hat TKMS einen Auftrag für den Bau von sechs U-Booten vom Typ 212
CD erhalten. Die Auftragsübergabe fand am Werftstandort in Kiel mit
dem deutschen Verteidigungsstaatssekretär Benedikt Zimmer und
der norwegischen Staatssekretärin Tone Skogen statt. Dr. Alexander
Orellano (r.), TKMS-Geschäftsführer, hob die gute Zusammenarbeit
hervor: „Die deutsch-norwegischen 212CD-Verträge sind ein Meilenstein
in der langen Geschichte unseres Unternehmens und ein enormer
Schritt in die Zukunft. Wir schlagen ein neues Kapitel modernster
U-Boot-Technologie mit erhöhter Einsatzverfügbarkeit und gleichzeitig
reduzierten Kosten über den gesamten Lebenszyklus auf.“ Der 5,5 Milliarden
Euro schwere Großauftrag umfasst die Auslieferung von vier je
73 Meter langen, 10 Meter breiten und 13 Meter hohen U-Booten an die
norwegische Marine und zwei an die deutsche Marine. Der Bau des ersten
Unterseebootes wird im Jahr 2023 starten, die deutsche Marine soll
ihre Exemplare 2032 und 2034 in Dienst stellen. AS
Aufbau in Rostock
Die Meyer Werft plant in Rostock ein neues
Kompetenzzentrum für Spezialschiffe.
An der Warnow sollen besonders innovative
Lösungen für zeitgemäßen Schiffbau
entwickelt werden, etwa klimafreundliche
Antriebe und nachhaltige Lösungen
zur Schiffsnachrüstung. „Im ersten
Schritt möchten wir rund 50 Ingenieure
gewinnen“, so Malte Poelmann, Mitglied
der Geschäftsleitung Meyer Werft.
„Es ist eine Investition in die Zukunft des
gesamten Schiffbaustandortes Deutschland.
Unsere Wahl für Rostock ergibt sich
aus dem maritimen Know-how der Region
mit einem starken Netzwerk.“ Mecklenburg-Vorpommerns
Ministerpräsidentin
Manuela Schwesig (SPD) freute
sich bei einem Besuch auf der Neptun
Werft über die Gründung: „Diese Entscheidung
stärkt den maritimen Standort
Rostock und damit Mecklenburg-Vorpommern
insgesamt. Das macht Hoffnung
für die Zukunft.“ DJ
Fotos: Meyer Werft, thyssenkrupp Marine Systems
38 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Tarifbindung
in Deutschland
GRAFIK DES MONATS
M+E-Industrie: Starke Tarifbindung in den alten Bundesländern
Anteil tarifgebundener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Herst. v. Metallerzeugnissen
8 %
25 %
Herst. v. EDV-Geräten, el. Erzeugnissen
Reparatur v. Maschinen u. Ausrüstungen
k.A.
22 %
35 %
35 %
Maschinenbau
21 %
49 %
Herst. von elektrischen Ausrüstungen
18 %
56 %
Metallerzeugung und -bearbeitung
52 %
62 %
Straßenfahrzeugbau
53 %
69 %
Sonstiger Fahrzeugbau
38 %
71 %
0 10 20 30 40 50 60 70 80
alte Bundesländer
neue Bundesländer
Hoher Organisationsgrad in Großbetrieben*
Anteil tarifgebundener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
52 %
43 %
29 %
17 %
11 %
80 %
Illustration: Mirja Tschakarov
Betriebsgröße (Beschäftigte):
1-9 10-49 50-249 250-499 500-999 1000+
Quelle: DESTATIS 2021, Datenstand 2018
* über alle Branchen Deutschlands
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
39
WIR FÜR SIE
Folge 34:
Marco Swyter
Laura Tönnsen
Unsere Fachleute
für
Künstliche
Intelligenz
Foto: Christian Augustin / iStock NanoStockk
Für NORDBILDUNG
bringen Marco
Swyter und Laura
Tönnsen ihre Expertise
in das neue
Regionale Zukunftszentrum
Nord ein.
Kontakt:
Marco Swyter
Tel.: 040 6378-4209
E-Mail: swyter@
nordbildung.de
Laura Tönnsen
Tel.: 040 6378-4217
E-Mail: toennsen@
nordbildung.de
Wer sich kurz nach der Finanzkrise
von 2008 für ein Studium
der Soziologie und Volkswirtschaft
entschieden hat, muss vom Positiven
in Umbrüchen und Veränderungen
überzeugt gewesen sein. Marco Swyter ist
so ein Optimist mit dem Willen zum Wandel.
Seit April 2021 ist er beim Bildungsverbund
NORDBILDUNG Ansprechpartner
für das neue, vom Bundesministerium für
Arbeit und Soziales geförderte Konsortialpartnerprojekt
Regionales Zukunftszentrum
Nord (RZZ). Das Beratungsnetzwerk
will gezielt kleine und mittelständische
Unternehmen (KMU) in Norddeutschland
für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz
(KI) fit machen (ausführlicher Report
in „Standpunkte“ 4/2021).
„Mir war schon immer der Blick auf das
Gesamtgefüge wichtig – wie Gesellschaft
und Wirtschaft zusammen funktionieren“,
sagt der gebürtige Emder. Deshalb
hat sich der 31-Jährige nach zwei Jahren im
Konzernkosmos von Airbus 2019 für den
Wechsel zu NORDBILDUNG entschieden –
damals als Projektkoordinator für das
Digitalisierungsnetzwerk DigiNet.Air.
Sein Interesse an Technologien wie menschenzentrierter
KI, die den Menschen
nicht ersetzt, sondern unterstützt, leitet der
Scrum Master (agiler Projektmanager) unter
anderem von seinen quantitativen
VWL-Studien an Unis in Göttingen, Aarhus
(Dänemark) und Hamburg ab: „Auch KI basiert
letztlich auf Zahlen und Modellen.“
Interessen auszugleichen und alle Beteiligten
bei der Projektentwicklung mitzunehmen,
sei für ihn als Diversity-Trainer
selbstverständlich. Den Überblick behält
der passionierte Parkour-Läufer ohnehin.
Seit Mai 2021 an Swyters Seite: RZZ-Projektassistentin
Laura Tönnsen. Wie der Projektleiter
ist auch die studierte Betriebswirtin
ein Digital Native. Aufgewachsen in
Neumünster, mit Studienstationen in Marburg,
München, Bordeaux (Frankreich) und
Tartu (Estland) geht die 30-Jährige offen
und beherzt an neue Herausforderungen
heran – privat, wenn es um ihr „nachhaltiges
Badezimmer“ geht, und beruflich, wenn
sie sich mittels Podcasts, Zeitschriften, Bücher
und Netzrecherchen immer tiefer in
Anwendungsmöglichkeiten von KI hineingräbt
(KI-Fachgespräch siehe Seite 46).
„Während das rund 30-köpfige RZZ-Beraterteam
den KMU Fragen rund um KI inhaltlich
beantwortet, tritt NORDBILDUNG
vor allem als Moderator und Vernetzer an
– zwischen den Mitgliedsunternehmen
von NORDMETALL und AGV NORD, den
involvierten KI-Forschungseinrichtungen
und Bildungspartnern sowie den regionalen
Wirtschafts- und Sozialbehörden in
Bremen, Hamburg, Niedersachsen und
Schleswig-Holstein“, beschreibt Tönnsen
ihre und Swyters Rolle. Jederzeit ansprechbar
sind beide für alle KI-interessierten
Mitgliedsunternehmen – immer auf der
Suche nach Anwendungsbeispielen für KI
in der unternehmerischen Praxis. BiB
40 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Termine von NORDMETALL,
NORDMETALL-Stiftung und AGV NORD
TERMINE
Mitgliederversammlung, Treffen zum Netzwerken, Informationsveranstaltungen zu Arbeitsrecht,
Bildungsfragen oder der Stiftungsarbeit — die norddeutschen Industrieverbände NORDMETALL und AGV NORD
sowie die NORDMETALL-Stiftung bieten ein reichhaltiges Angebot.
Nähere Informationen zu Anmeldung, Ablauf, Referenten, kurzfristigen Änderungen sowie weitere Termine
finden Sie auf unserer Homepage unter www.meinarbeitgeberverband.de/veranstaltungen.
Derzeit finden wöchentlich Corona-Telefonkonferenzen statt. Die Termine finden Sie ebenfalls auf
unserer Website.
Oktober
01.10.21 Infoveranstaltung ZUKUNFTSPOOL.me:
Der Personalpool
01.10.21 Kurzsession ZUKUNFTSPOOL.me:
Online-Bewerberplattform für Azubis
05.10.21 Infoveranstaltung Manteltarifvertrag Modul III
(HH/SH/MV) – Vergütung, Ausschlussfristen
07.10.21 Infoveranstaltung Manteltarifvertrag Modul IV
(gesamt) – Urlaub, Freistellung
digital
digital
digital
digital
NM / AGV
NM / AGV
NM
NM
14.10.21 Netzwerk Ausbildung Bremen digital NM / AGV
14.10.21 Informationsveranstaltung Weiterbildung in der
ME-Industrie: eine arbeitsrechtliche und arbeitsmarktpolitische
Betrachtung
18.10.21 Politiktour „Ausbildung rockt!“ Metall- und Elektroindustrie
in Hamburg erleben bei Philips
20.10.21 Infoveranstaltung: Unterstützungsinstrument
AsA flex der Bundesagentur für Arbeit
für Ausbildungsbetriebe zur Stärkung der Ausbildung
digital
hybrid
Hamburg
digital
NM / AGV
NM / AGV
NM / AGV
28.10.21 Firmenzirkel Modul I digital NM / AGV
28.10.21 Symposium „QplusAlter“ – Neue Ansätze für
passgenaue Unterstützungsstrukturen
digital
NM-Stiftung
November
08.11.21 Politiktour „Ausbildung rockt!“ Metall- und Elektroindustrie
in Bremen erleben bei Gestra
10.11.21 44. Martinsgans Arbeitgebergipfel –
digital und in Präsenz
11.11.21 Informationsveranstaltung Entgeltrahmentarifvertrag
– Grundlagen §§ 2-5 ERA
16.11.21 Informationsveranstaltung Abschlussprüfungen
in KuG
hybrid
Bremen
hybrid
Grand Hotel Elysée Hamburg
digital
digital
NM / AGV
NM
NM / AGV
NM / AGV
18. + 19.11.21 Ausbildungskonferenz abgesagt neuer Termin im 1. Quartal 2022 NM / AGV
25.11.21 Firmenzirkel Modul II digital NM / AGV
25.11.21 Science Café Exzellenz-Netzwerk MINT-Schule
Hamburg und Maritimes Zentrum Elbinsel
Thema: Mobilität der Zukunft?
Maritimes Zentrum Elbinsel der
Stadtteilschule Wilhelmsburg
Hamburg
NM-Stiftung
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
41
Video abspielen
Foto: Harren & Partner (Gosa)
Von der Nordsee ins All
Anfang September fiel der Startschuss für den Bau einer mobilen Raketenplattform in
der Nordsee. Vier europäische Raketenhersteller vereinbarten eine Zusammenarbeit mit
der German Offshore Spaceport Alliance (GOSA). Die Unternehmen – Skyrora (Großbritannien),
T-Minus (Niederlande) sowie HyImpulse und Rocket Factory aus Deutschland –
planen eine schwimmende Plattform, um Kleinsatelliten ins All zu schießen. Angedacht
ist ein Spezialschiff mit Startrampe, Heimathafen soll Bremerhaven sein. Die erste
Rakete soll bereits 2023 abheben. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier unterstützt
das Projekt. „Kleinsatelliten gehört die Zukunft“, so Altmaier. „Deshalb wollen wir
im Bundeswirtschaftsministerium eine New-Space-Kleinsatelliten-Initiative auf den
Weg bringen.“ Nach einer vom Wirtschaftsministerium initiierten Erhebung sollen in
dieser Dekade über 15.000 Satelliten ins All gebracht werden, 90 Prozent davon werden
Kleinsatelliten sein. CvF
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
43
Fachgespräch:
Ein Experte mit vielen verschiedenen
Themen im Spezialbereich,
den er oder sie vertreten – das ist
das Szenario des Standpunkte-
Fachgesprächs. Wir drucken es im
unregelmäßigen Wechsel mit dem
Debattenformat „Face to Face“.
Unsere Expertin diesmal: Andrea
Martin (53), seit Juli 2019
Leiterin des IBM Watson Center
in München und international
renommierte Fachfrau für Künstliche
Intelligenz (KI).
Andrea Martin
… leitet das IBM Watson Center in München und die IBM Kundencenter
in der EMEA-Region. Sie war Mitglied der Enquetekommission
für Künstliche Intelligenz (KI) beim Deutschen
Bundestag, aktuell arbeitet sie im Bayerischen KI-Rat mit.
Als IBM Distinguished Engineer beschäftigt sie sich schon lange
mit KI. Langjährige Erfahrung und ein globales Netzwerk liefern
ihr immer wieder wichtige Impulse für die Arbeit, die vielfältigen
Aufgaben in Verbänden und Gremien sowie für ihre Keynotes.
Martins Engagement ist auch extern anerkannt: So war sie z. B.
Managerin des Jahres (Markt & Technik 2020) und Woman of
the Year für technische Innovation bzw. Leadership (WIN-Awards
2017/2020). Andrea Martin ist diplomierte Wirtschaftsmathematikerin
von der Universität Karlsruhe.
Standpunkte: Die Chancen und Risiken
der KI sind längst nicht mehr nur ein großes
Thema in den Konzernen, sondern auch im
deutschen Mittelstand. Sie waren Beraterin
in der Enquetekommission des Bundestages
zu diesem Thema und beschäftigen sich seit
Jahren mit Künstlicher Intelligenz. Wie offen
ist die deutsche Wirtschaft für KI und
wie weit ist ihre Nutzung vorgedrungen?
Martin: Das Interesse ist ungebrochen, daran
hat auch Corona nichts geändert. Es gibt
ganz unterschiedliche Themenkomplexe,
mit denen die Firmen zu uns kommen: Da ist
etwa die Optimierung der Interaktion mit
Kunden oder mit Beschäftigten ein typi-
Foto: IBM
44 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
„Das zeigt: KI ist angekommen,
auch im deutschen
Mittelstand.“
scher Einstieg ins Thema. Das Zusammenspiel
Mensch-Maschine, virtuelle Assistenten,
auch Chatbots sind von großem Interesse.
Die KI-Funktionalitäten können bei der
Optimierung von Entscheidungsprozessen
sehr helfen, bei der Verarbeitung großer
Datenmengen, um neue Erkenntnisse zu
gewinnen. Das kommt natürlich besonders
in den Unternehmen oder Wirtschaftszweigen
zum Tragen, die forschungsintensiv
arbeiten. Wir wissen aus Untersuchungen,
dass mittlerweile 79 Prozent der deutschen
Unternehmen KI-Technologie einsetzen,
15 Prozent sich das vorstellen können. Und
von den Nutzerinnen und Nutzern sind
36 Prozent der Ansicht, dass es großen Spielraum
gibt, KI noch weiter einzusetzen. Das
zeigt: KI ist angekommen, auch im deutschen
Mittelstand.
Standpunkte: Wenn Sie das im internationalen
Maßstab vergleichen, wie steht die
deutsche Wirtschaft dann da? Ist Amerika
oder China uns nicht weit voraus?
Martin: Zum Teil ja. In manchen Ländern
ist die Kultur explorativer geprägt als bei
uns, man will Neues schneller ausprobieren,
um zu sehen, was es für Nutzen bringt. Aber
auch hierzulande sind viele Branchen ganz
vorn dabei, etwa die Finanzwirtschaft im
Bankenumfeld. Gleichwohl gibt es Länder,
die sind branchenweit schon deutlich über
den Experimentierstatus hinaus.
Standpunkte: Die Enquetekommission,
für die Sie ja als Sachverständige unterwegs
waren, hat empfohlen, KI-Förderprogramme
aufzulegen. Ist das schon geschehen oder
noch in der Planung?
Martin: Die Enquetekommission an sich
hat die Aufgabe gehabt, eine Bestandsaufnahme
zu machen und Empfehlungen an
Bundestag und Regierung zu geben. Es liegt
jetzt an der nächsten Regierung, diese Empfehlungen
auch umzusetzen. Wir brauchen
Impulse, um gerade kleineren Unternehmen
die Chancen von KI näherzubringen.
Standpunkte: Welche Beispiele können Sie
nennen, in denen KI erfolgreich implementiert
wurde?
Martin: Wir haben mit Siemens gemeinsam
einen Chatbot entwickelt, der die Kolleginnen
und Kollegen im Personalwesen
unterstützt, indem viele Abfragen automatisiert
beantwortet werden. Wo finde ich einen
Urlaubsantrag oder wie beantrage ich
Erziehungszeit? Solche Standardfragen werden
jetzt durch den virtuellen Assistenten
abgearbeitet. Die Nutzerinnen und Nutzer
dieses Chatbots sind mit den Auskünften
zufrieden, die HR-Mitarbeiter fühlen sich
entlastet, weil ihnen Routineaufgaben nicht
mehr Zeit wegnehmen. Sie empfinden diesen
Chatbot sogar eher als Kollegen, nicht
als Bedrohung, wie wir in einer Studie festgestellt
haben.
Standpunkte: Erleben Sie denn auch Fälle,
in denen Menschen Bedenken gegen den
KI-Einsatz haben, weil sie befürchten, überflüssig
zu werden?
Martin: Persönlich habe ich diese Erfahrung
noch nicht gemacht. Aber natürlich
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
45
„Wir sind so weit gegangen,
eine konkrete Vereinbarung
zum Thema Einführung von
KI-Anwendungen zu schließen
und einen sogenannten
KI-Ethikrat zu etablieren.“
gibt es in Unternehmen Debatten darüber,
wie ein KI-Einsatz auf die Belegschaft wirkt.
Da muss man ganz genau hinsehen und Fragen
beantworten: Wie werden Prozesse
durch KI verändert? Was hat das für Auswirkungen
auf die Menschen, die eine Rolle in
dem Prozess hatten und in Zukunft haben?
Was haben die für Skills? Was ist die Auswirkung
der neuen Lösung auf ihre tägliche Arbeit?
Wir haben dazu ein Framework zum
Thema „Human Friendly Automation“ entwickelt.
Hier geht es darum, den Mensch in
den Mittelpunkt zu stellen und ihn dort
auch bei der Einführung von KI zu lassen.
Standpunkte: Wie funktioniert das in der
betrieblichen Praxis?
Martin: Das geht nur im Miteinander. Jede
große Transformation muss auch die organisatorischen
Auswirkungen betrachten
und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Zu Beginn steht die Frage: Wie verändert die
Technologie die Prozesse? Wie wirkt sie sich
auf die Menschen aus? Sie brauchen konkrete
Bewertungen, etwa zu den Zahlen der Betroffenen,
zur Veränderung in der Arbeitszeit.
Und dann gilt in Schulungen, in Workshops
die Mitarbeiter mitzunehmen, damit
die neue KI-Lösung auch akzeptiert wird.
Standpunkte: Wie sieht die Einbindung
des Betriebsrates aus?
Martin: Der Betriebsrat bei IBM ist in dieser
Beziehung sehr konstruktiv. Wir haben viele
Punkte gemeinsam diskutiert, etwa dass es
keine Diskriminierung geben darf, dass die
Datensicherheit gewährleistet ist. Wir sind so
weit gegangen, eine konkrete Vereinbarung
zum Thema Einführung von KI-Anwendungen
zu schließen und einen sogenannten
KI-Ethikrat zu etablieren. Da bin ich auch
Mitglied. Wir schauen uns jede KI-Anwendung
an, insbesondere die, die Mitarbeiterdaten
verwenden. Wir bewerten dann und analysieren:
Was macht die Anwendung, liegt sie
im Rahmen der gültigen Gesetze oder muss
sie gegebenenfalls gestoppt werden?
Standpunkte: Wo greifen Arbeitnehmerrechte
oder Datenschutz so stark ein, dass
ein KI-Projekt nicht geht?
46 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Als Leiterin des IBM
Watson Center ist
Andrea Martin eine
gefragte Keynote-
Speakerin. Ihre langjährige
Erfahrung
stellt sie auch gern
für die Arbeit in Verbänden
und Gremien
zur Verfügung.
Fotos: IBM
Martin: Ich will ein Beispiel nennen: Wenn
es darum geht, auf Basis von vergangenen
Leistungsbewertungen oder dokumentierten
Feedbackgesprächen eine Gehaltserhöhung
vorzuschlagen, dann ist das ein Fall,
wo wir sagen: Das sollte nicht automatisiert
geschehen, sondern da muss die Führungskraft
das letzte Wort haben.
Standpunkte: Die EU-Kommission hat eine
Verordnung zu KI angekündigt. Besteht hier
europaweiter Regelungsbedarf?
Martin: Es ist für mich in Ordnung, wenn
man auf Anwendungsfälle bezogen abwägt,
was KI im Rahmen unseres Wertesystems
soll und was nicht. Denken Sie an die
Gesichtserkennung: Sie lieferte zum Beispiel
im Rahmen der Strafverfolgung in den
USA oft unzuverlässige Ergebnisse zulasten
ethnischer Minderheiten. Da haben wir als
IBM entschieden, uns zurückzuziehen. Aber
natürlich macht Gesichtserkennung am
Flughafen bei der Passkontrolle Sinn. Das
heißt, wir sollten nicht die Technologie regulieren,
sondern die generellen Anwendungsgebiete.
Allerdings nicht zu rigoros,
denn das ist aus meiner Sicht nicht förderlich
für Innovationen.
Standpunkte: Kommen wir noch mal zurück
zur deutschen Wirtschaft: Wie weit
werden die Unternehmen in zehn Jahren mit
KI unterwegs sein?
Martin: KI wird dann auch nur eine weitere
Technologie im Digitalisierungsumfeld
sein. Wir werden neue Erkenntnisse aus den
Daten gewinnen können, die uns zum Beispiel
in der Materialforschung voranbringen.
Und das Verständnis wird gewachsen
sein, dass die Daten sach- und fachgerecht
gesammelt und aufbereitet werden müssen.
Das ist nämlich ein Punkt, an dem bisher
manche KI-Projekte scheitern. Ich bin sicher,
die deutsche Wirtschaft wird mehr Mut und
Risikobereitschaft aufbringen, um diese
Technologie einzusetzen, um Wettbewerbsvorteile
nicht zu verspielen.
Standpunkte: Wir danken Ihnen für das
Gespräch.
Alexander Luckow
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
47
Chef der Radlader: Klaus Brunkhorst,
Geschäftsführer der Atlas Weyhausen
GmbH, vor einem weycor-Produkt.
TERMIN BEIM CHEF
Klaus Brunkhorst
ATLAS WEYHAUSEN GMBH
Foto: Christian Augustin
„Ich bin kein Stadtmensch“, sagt Klaus
Brunkhorst und lässt die graublauen
Augen durchs Fenster auf den grünen
Außenbezirk von Wildeshausen nahe
Bremen schweifen. Warum? „Ich brauche
die Weite, ich muss weit gucken können“,
antwortet der 61-jährige Geschäftsführer
von weycor prompt, „Sie wissen
doch, der Norddeutsche sagt: Ich möchte
freitags schon sehen, wer sonntags zu
Besuch kommt.“
Sturmfest und erdverwachsen wie in der
Hymne Niedersachsens, erleben wir das
Landeskind Brunkhorst in seiner Firmenzentrale
von Atlas Weyhausen, so
der traditionelle Unternehmensname.
Und so sind auch die Baumaschinen, die
sie hier seit 50 Jahren herstellen: In den
Anfangsjahren wurden fünf unterschiedliche
Radlader-Typen gebaut. Zwischenzeitlich
umfasst die Palette 16 Typen
mit einem Dienstgewicht von bis zu
16 Tonnen, mit maximal 218 Pferdestärken
aus Deutz-Motoren und um die
12.000 Dekanewton Reiß- oder Schubkraft.
2004 kamen Tandemwalzen und
Walzenzüge dazu, die mit bis zu 14 Tonnen
Betriebsgewicht und 50 Prozent
Steigfähigkeit im wahrsten Sinne des
Wortes alles plattmachen. Mit Stolz zeigt
Brunkhorst auf ein großes Foto im Hintergrund.
„Das ist unsere neueste Errungenschaft.
2016 haben wir erstmalig
Radlader im Segment der 12 bis 15 Tonnen
auf der BAUMA in München vorgestellt.
Zwischenzeitlich werden auch diese
Radlader weltweit erfolgreich vermarktet.“
„Wir können als Mittelständler auch mit
den Weltkonzernen mithalten, die über
den Radlader und die Verdichtungstechnik
hinaus eine noch wesentlich breitere
Produktpalette anbieten“, betont der
Chef über 210 Mitarbeiter am Standort
und noch mal 310 im ungarischen
Kaposvár: „Weil wir flexibler und schneller
auf die Kundenwünsche eingehen
können als die ganz Großen.“ Das hat
den Stahlbauern in der Puszta nahe dem
Balaton genauso durch die Coronakrise
geholfen wie den Konstrukteuren und
Endfertigern in Wildeshausen. „Im
Frühjahr 2020 haben wir hier vier Wochen
den kompletten Lockdown gefahren,
nicht nur weil die Aufträge wegbrachen,
sondern auch, weil unter anderem
unser italienischer Zulieferer keine Achsen
mehr produzierte“, erinnert sich
Brunkhorst. Mit Kurzarbeit bis in den
August des letzten Jahres fraß die Pandemie
fast 30 Prozent des Umsatzes. Und
auch 2021 bleibt die Lage schwierig: „Vor
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
49
Fotos: Christian Augustin
„Innovation
war immer
unsere Stärke.“
allem die von Chips abhängigen Zulieferer
kommen nicht schnell genug hinterher,
daher stockt unsere Produktion und
zwischenzeitlich schieben wir einen
halben Monat Rückstand vor uns her“,
betont der Chef. Besserung sei aber in
Sicht und die Belegschaft ziehe in Sachen
größerer Flexibilität hervorragend
mit – wenn die Lieferketten es zulassen,
wird man die Delle gemeinsam mit
Mehrarbeit ausbügeln.
Eine Vielzahl an Chips steckt heute auch
in jeder Weycor-Baumaschine, Hightech
für Motoren, Hydraulik- und Ventilsteuerung.
„Innovation war immer unsere
Stärke“, betont der langjährige Chef. Die
ständige Erneuerung der Produktpalette
entspricht der Grundhaltung des Firmengründers:
Dr. Friedrich Weyhausen,
Ingenieur und Unternehmer aus Delmenhorst
bei Bremen, eröffnete schon
1965 eine moderne Maschinenfabrik in
Westerstede, in der Container-Wechselsysteme
gefertigt wurden. Am 15. Oktober
1970 begann im neu gebauten Wildeshausener
Werk die Produktion von
kompakten Radladern, nach der Wende
kam die ungarische Dependance dazu.
„Dr. Weyhausen holte mich 1991 vom
Controlling der Bremer Straßenbahn als
seinen persönlichen Assistenten ins
Haus“, erinnert sich der Kaufmann Klaus
Brunkhorst, der sich als gebürtiger Twistringer
in „Bremen und umzu“ bestens
auskennt. „Ich war so etwas wie das
Ziehkind dieses genialen Unternehmers,
wurde bald kaufmännischer Leiter.“
Nach einem Branchenwechsel mit Stationen
in Aurich und Bremen kehrte
Brunkhorst nach sieben Jahren 2008 als
Geschäftsführer nach Wildeshausen zurück.
Ende 2009 verstarb Dr. Friedrich
Weyhausen im Alter von 90 Jahren, seitdem
hält eine Familienstiftung die Anteile
des Unternehmens.
„Ich bin als neuer Chef 2008 und 2009
gleich mit den harten Folgen der Finanzkrise
konfrontiert worden. Wir hatten
Produktionseinbrüche von bis zu 50 Prozent
und mussten unseren Mitarbeiterstamm
um 30 Prozent reduzieren“, erinnert
sich Brunkhorst nicht ohne leichten
Schauder im sonst norddeutsch-klaren
Tonfall. Transparenz, gepaart mit einer
gewissen Strenge, diese „Kernpunkte
meiner Art zu führen“, wie er sagt, hät-
50 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
„In der Entwicklung von alternativen Antrieben
und emissionsreduzierten Techniken sind wir schon
weit vorangekommen.“
ten ihm schon damals durch die Krise
geholfen. Dass die aktuelle Krise überwunden
wird und bald vorbei ist, da ist er
sich sicher, nicht nur wegen des Übereinkommens
mit der Belegschaft.
„In den letzten 50 Jahren haben wir gemeinsam
viel geschafft. Damit das auch
in der Zukunft so bleibt, haben wir unsere
Ziele immer fest im Blick. Wir bauen
hier nebenan aktuell ein neues Innovationszentrum,
der Bürgermeister hat uns
bei den Genehmigungen sehr geholfen,
obwohl wir schon einen sehr hohen Flächenversiegelungsanteil
haben“, berichtet
Brunkhorst mit Freude.
Seit Jahren beschäftigt sich Atlas Weyhausen
mit der nachhaltigen Mobilität,
besonders in Sachen Entwicklung von
emissionsreduzierten und emissionsfreien
Antrieben. Die Weycor-Ingenieure
tüfteln schon länger an Elektroantrieben
für kleinere Radlader. Auf der Fachmesse
Bauma in München soll voraussichtlich
im Herbst 2022 der erste elektrisch
betriebene Typ vorgestellt werden. Bis
2025 wollen die Wildeshausener in Kooperation
mit der TU Darmstadt ihren
ganz großen Radladern beibringen, auch
mit synthetischen Kraftstoffen zu fahren
– viel Stoff zum Forschen in den neuen
vier Wänden.
„In der Entwicklung von alternativen
Antrieben und emissionsreduzierten
Techniken sind wir schon weit vorangekommen“,
betont Brunkhorst. Ihm ist es
wichtig, dass die nachhaltige Mobilität
in Deutschland entwickelt und produziert
wird. Weitere tiefgreifende Herausforderungen
für den Mittelstand liegen
vor allem im Bereich der autonomen
Steuerungssysteme. Auch soll der Ausbau
der Fertigungstiefe zur Stärkung der
Unternehmensgruppe beitragen. Aktuell
werden erste Hydraulik-Komponen-
ten für das Segment der kompakten Radlader
entwickelt, die Anfang nächsten
Jahres in die eigene Serienproduktion
einfließen sollen und auch Drittkunden
angeboten werden.
Klaus Brunkhorst sucht den Ausgleich
zum stressigen Geschäftsführer-Dasein
gern beim Singen. Oder in den niedersächsischen
Weiten, beim Joggen und
auf dem Fahrrad, gemeinsam mit seiner
Gattin, die eine Physiotherapiepraxis betreibt.
Dort arbeitet auch der längst erwachsene
Sohn, die Tochter arbeitet als
Hebamme. Die gesamte Familie ist in der
Region verwurzelt, keine Stadtmenschen,
sturmfest und erdverwachsen.
„Ich würde nicht anders leben wollen“,
sagt Klaus Brunkhorst zum Abschied.
Alexander Luckow
1971 startete die Produktion mit dem ersten hydrostatischen Radlader,
1998 folgten frische Konzepte für Ergonomie und Fahrerkabine, 2013
neue Abgassysteme für die Baufahrzeuge. 2020 machte das Unternehmen
coronabedingt nur 70 Millionen Euro Umsatz, 2022 wird der Wert
vor Corona von 100 Millionen angestrebt.
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
51
TREFFPUNKT NORD
UVHB-Präsident Lutz Oelsner zeigte
sich froh darüber, dass das Musikfest
2021 wieder stattfinden konnte.
Freuen sich auf einen musikalischen
Leckerbissen: Detlef Pauls (Dehoga
Bremen) mit seiner Gattin.
Erstklassiger Musikgenuss
mit Klönschnack
Mit Musik im Herzen gelingt vieles leichter. Das mögen sich auch die Gäste
des Musikfestes Bremen (MFB) gesagt haben. Am 17. September 2021
kamen rund 60 Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Verbandsvertreter
aus der Weserstadt und dem nordwestlichen Niedersachsen in
ausgelassen-beschwingter Stimmung zum Empfang von NORDMETALL
und den Unternehmensverbänden im Lande Bremen (UVHB) im Garten
der Glocke zusammen. Nach einleitenden Worten von UVHB-Präsident
Lutz Oelsner und Musikfest-Intendant Thomas Albert erfreuten sich die
Gäste am persönlichen Austausch – selbstverständlich coronakonform
– und einem erstklassigen Konzertabend mit Werken des russischen
Komponisten Sergej Prokofjew (1891-1953), interpretiert vom SWR
Symphonieorchester unter der Leitung des griechischen Stardirigenten
Teodor Currentzis. Im vergangenen Jahr musste das Musikfest Bremen
wegen der Coronapandemie abgesagt werden. Umso größer war nun die
Freude, Musik endlich wieder live erleben zu dürfen. BiB
Fotos: Michael Bahlo
Ausgelassenes Wiedersehen (v. l.): Dr. Michael Winkler
(Hella Fahrzeugkomponenten) nebst Gattin, Wolfgang Würst
(Ehrenmitglied des NORDMETALL-Vorstandes).
Liebhaberin der Schönen Künste: Kunsthistorikerin
und Kuratorin Dr. Dorothee
Hansen (Kunsthalle Bremen).
52 NORDMETALL Standpunkte 1 / 2020
Glückliche Gesichter (v. l.): Prof. Thomas
Albert (MFB), Wolfgang Würst (NORD-
METALL-Ehrenvorstand), Lutz Bauermeister
(ehem. NORDMETALL), Dr.-Ing.
Uwe Boeke (ehem. NORDMETALL),
Susanne Bauermeister, Johann Doden
(AGV Ostfreisland) nebst Gattin.
Mitgastgeber Cornelius Neumann-Redlin (l.,
UVHB) im Gespräch mit Bremens Innensenator
Ulrich Mäurer (SPD) und dessen Tochter.
Intendant Prof. Thomas Albert erläutert
das Programm des Abschlusskonzertes
„Currentzis & Prokofjew“.
Gelöste Stimmung (v. l.): Verena Nölle, Birgit van Aken
(Verband dt. Unternehmerinnen) nebst Gatte John van
Aken, Dr. Jens-Uwe Nölle (Kanzlei Nölle & Stoevesandt).
In Sektlaune (v. l.): Die erwartungsfrohen Konzertbesucher
Marcel Christmann (nordwindaktiv) mit Gattin, Dr. Joachim
Betker (Airbus Werk Bremen) ebenfalls nebst Gattin.
Applaudierten den Rednern im Garten
der Glocke: Claudia Hörbst, Ralf Stapp
(Bremer Aufbau-Bank).
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
53
Julia Funk (.) und Cindy Hardt stellen die
Netzwerkarbeit und die Qualität in den
Fokus der BWMV-Vorstellungsrunde.
Wie moderne Bildungsarbeit heute funktioniert,
erläutern Dr. Anton Parlow (l.)
und Dr. Luise Wolff vom BWMV.
Mögen es klischeefrei:
Lisanne Straka (DGB, l.)
und Dr. Cathleen Kiefert-
Demuth (Leitstelle
Gleichstellung).
Die Gäste genießen den persönlichen Austausch
und die entspannte Atmosphäre im
Schlossgarten von Hasenwinkel.
Brückenbauer in den Beruf (v.
l.): Thomas Besse (Agentur für
Arbeit), Dieter Gelzer (Cargill).
Den Arbeitsmarkt im Blick:
Dr. Sylvia Neu (BdW) und
Thomas Besse (Agentur für
Arbeit).
Von „Action Learning“ bis Virtual Reality: Bildungsangebote
des BWMV setzen auf moderne Methoden
und starke Partner. Thomas Radke (r., BdW) stellt das
Zukunftszentrum MV vor.
Brücken bauen: BWMV-Projektleiterin
Anika Barchfeld (l.) erläutert Dr. Nico
Fickinger (NORDMETALL) das Prinzip.
54 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Gemeinsamer Blick auf 30 Jahre BWMV:
Geschäftsführerin Susan Bach (l.) und Vorstandsvorsitzender
Thomas Lambusch (r.).
Stolz auf die Leistungen ihres
Teams: Susan Bach, BWMV-
Geschäftsführerin.
30 Jahre Bildungswerk
der Wirtschaft in MV
Zum Aperitif ein Bildungshäppchen, bitte: Rund 65 Gäste aus der
norddeutschen Bildungs-, Politik- und Wirtschaftsszene feierten am
22. September 2021 im Tagungshotel Schloss Hasenwinkel nahe
Schwerin den 30. Geburtstag des Bildungswerks der Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommern
(BWMV). Berufliche Orientierung, MINT-Bildung,
Fortbildungen, die Förderung Benachteiligter, Ausbildung 4.0 und vieles
mehr umspannen mittlerweile das Angebotsspektrum der wirtschaftsnahen
Institution. Livedemonstrationen und Kurzvorträge etwa zu
„Robotik in der Schule“, dem frühkindlichen Bildungsprojekt „Versuch
macht klug“ oder dem Ansatz „Agil Probleme lösen“ illustrierten eindrucksvoll
die facettenreiche Arbeit des BWMV. BiB
Fotos: Margit Wild
Der Vorstandsvorsitzende des BWMV,
Thomas Lambusch, begrüßt die Gäste.
Mitmachen und diskutieren: Die Gäste der
Geburtstagsfeier tauschten sich rege zu
den Bildungschancen im Norden aus.
Projektleiterin Melanie Dettmann
gab den Gästen einen anschaulichen
Einblick in ihre Arbeit beim BWMV.
„Versuch macht klug“: Experiment
mit Wasserflaschen
fasziniert nicht nur Kinder.
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
55
Hier geht’s
zum Mittschnitt
der
Veran stal tung
Mara Lindhorn vom Forschungs- und Entwicklungszentrum
der Fachhochschule Kiel
zeigte mittels Bilderkennung, was KI leistet.
Tobias Gürtler von IDALABS
führte in die Digitalisierung von
Geschäftsprozessen ein.
Digitale
Woche Kiel
Mit einem Disskussionspanel unter dem
Titel „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz
(KI) im Mittelstand – Herausforderungen
und Chancen“ hat sich das
Regionale Zukunftszentrum Nord (RZZ)
am 17. September 2021 auf der Digitalen
Woche Kiel präsentiert. Das RZZ Nord
begleitet kleine und mittelständische Unternehmen
(KMU) in Bremen, Hamburg,
Niedersachsen und Schleswig-Holstein
bei Fragen der Digitalisierung und KI. Es
berät kostenlos, sammelt Best Practices
und entwickelt Bildungsangebote. NORD-
METALL und AGV NORD sind über ihren
Bildungsverbund NORDBILDUNG am RZZ
Nord beteiligt. Mehr dazu in der Dezemberausgabe
von „Standpunkte“. BiB
Fotos: Thorsten Mischke
Nils Passau von Meteolytix
sprach über KI-gestützte
Verkaufsplanung.
Moderierten das Panel und stellten das RZZ Nord
vor (v. l.): Dipl.-Ing. Victor Rochow und Prof. Dr. Dirk
Semmann von der Technischen Akademie Nord.
Marco Swyter ist bei
NORDBILDUNG Projektleiter
für das RZZ Nord.
Das RZZ Nord ist ein sozialpartnerschaftliches
Projekt: Andreas
Hartkamp von Arbeit und Leben im
Dialog mit Laura Tönnsen.
56 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
WIRTSCHAFTSZITAT
Foto: imago stock&people GmbH
Johann Wolfgang
von Goethe
(1749 – 1832),
Deutscher
Dichterfürst
„Der Hypochonder
ist bald kuriert,
wenn euch das
Leben recht
kujoniert.“
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
57
TARIF UPDATE
Ob es um Tarifverträge, die geplante Einführung
eines Schichtsystems oder die Eingruppierung
von Beschäftigten geht – die NORDMETALL-
Abteilung „Tarifrecht und Arbeitsorganisation“
unterstützt kompetent und schnell. An dieser
Stelle antworten die erfahrenen Juristen und
Arbeitswissenschaftler auf aktuelle Fragen, die
aus dem Kreis der NORDMETALL-Mitgliedschaft
gestellt werden.
Foto: ImYanis/Shutterstock
Verfall übergesetzlichen Urlaubs
Urlaub – für viele die schönste Zeit im Jahr, doch in juristischer
Hinsicht ein überaus komplexes Thema. Insbesondere
durch die Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs (EuGH) wurden den Arbeitgebern in den
vergangenen Jahren immer wieder neue Vorgaben gemacht.
Ein Dauerbrenner der juristischen Fragestellungen
wurde nun durch das Bundesarbeitsgericht (BAG)
für unser Tarifgebiet in einem für Arbeitgeber positiven
Urteil entschieden: Bereits im Jahr 2009 stellte der
EuGH klar, dass der gesetzliche Urlaub (20 Tage bei einer
Fünftagewoche) bei einer Langzeiterkrankung nicht
zum Jahresende oder spätestens bis zum 31. März des
Folgejahres verfallen darf. Das BAG konkretisierte dies
nun und entschied, dass ein Verfall frühestens 15 Monate
nach Ende des Urlaubsjahres eintritt. Urlaubsansprüche
aus diesem Jahr würden bei einer entsprechend lang
andauernden Langzeiterkrankung damit erst zu Ende
März 2023 verfallen. Doch gilt das auch für den übergesetzlichen
Urlaub (10 Tage bei einer Fünftagewoche)?
Das BAG akzeptiert den früheren Verfall übergesetzlicher
Urlaubsansprüche nur dann, wenn in der tariflichen
Regelung entweder bei der Befristung und Übertragung
oder beim Verfall des Urlaubs zwischen gesetzlichem
Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub
unterschieden oder sich vom gesetzlichen Fristenregime
gelöst und eigenständige, vom Bundesurlaubsgesetz
(BurlG) abweichende Vereinbarungen getroffen
worden sind. Mit aktuellem Urteil (v. 29.09.2020, 9 AZR
364/19) hat das BAG nun eine ausreichende Differenzierung
in den Manteltarifverträgen (MTV) für die Tarifgebiete
Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein und
Mecklenburg-Vorpommern, Unterweser sowie nordwestliches
Niedersachsen bejaht. Es bezieht sich dabei
darauf, dass § 10 Ziff. 6.7 S. 1 MTV für die Übertragung
des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr regelt, dass
diese unter anderem nur bei Vorliegen „betrieblicher
Gründe“ statthaft ist, während § 7 Abs. 3 S. 2 BurlG eine
Übertragung bei Vorliegen „dringender betrieblicher
Gründe“ vorsieht. Damit werden in der tariflichen Regelung
die Anforderungen für eine Übertragung gesenkt.
Allerdings ist auch hier die neueste Rechtsprechung des
BAG (v. 07.07.2020, 9 AZR 245/19 und 9 AZR 401/19) zu
beachten. Danach ist das Hinweisschreiben für den Urlaubsverfall
grundsätzlich auch bei Langzeiterkrankten
zu erstellen. Die bisher einzig anerkannte Ausnahme
liegt dann vor, wenn es dem Beschäftigten bis zum 31.
März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres
allein aufgrund durchgehend bestehender
krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht möglich
war, den Urlaub zu nehmen. Dies betrifft aber nur den Urlaub
für Jahre, in denen der Arbeitnehmer durchgehend
arbeitsunfähig krank war und deshalb – unabhängig davon,
ob der Arbeitgeber seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten
erfüllt hat – überhaupt keinen Urlaub
nehmen konnte. So positiv das Urteil war – das BAG
entschied im September 2020 auch, dass das Hinweisschreiben
ebenso den übertariflichen Urlaub umfassen
muss. Und das bedeutet, dass die unterschiedlichen Verfallfristen
bei einer Langzeiterkrankung in diesem Hinweisschreiben
entsprechend beachtet werden müssen.
Bei Fragen zum Urlaubsrecht stehen Ihnen die Abteilungen
„Tarifrecht und Arbeitsorganisation“ sowie
„Arbeits-, Betriebsverfassungs- und Sozialrecht“ gern
zur Verfügung. kj
58 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
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Hohenstaufenstraße 33
27570 Bremerhaven
Tel.: 0471 26031
Geschäftsstelle Emden
c/o Arbeitgeberverband für
Ostfriesland und Papenburg e. V.
Zwischen beiden Bleichen 7
26721 Emden
Tel.: 04921 3971-0
Geschäftsstelle Kiel
Lindenallee 16
24105 Kiel
Tel.: 0431 3393610
Geschäftsstelle Neubrandenburg
Feldstraße 2
17033 Neubrandenburg
Tel.: 0395 56035-0
Geschäftsstelle Oldenburg
c/o Arbeitgeberverband Oldenburg e. V.
Bahnhofstraße 14
26122 Oldenburg
Tel.: 0441 21027-0
Geschäftsstelle Rostock
Richard-Wagner-Str. 1 a
18055 Rostock
Tel.: 0381 877214–0
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Graf-Schack-Allee 10 a
19053 Schwerin
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Geschäftsstelle Wilhelmshaven
c/o Arbeitgeber- und Wirtschafts verband
Jade e. V.
Virchowstraße 21
26382 Wilhelmshaven
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3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
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MEIN STANDPUNKT
Bildmächtig
Politik lebt von Bildern. Besonders, wenn neue Zeiten heraufdämmern. So war das schon
zu Bismarcks Zeiten: Ein berühmtes Foto vom Herbst 1888 dokumentiert den Antrittsbesuch
des jungen Kaisers Wilhelm II. beim greisen Reichskanzler auf seinem Alterssitz in
Friedrichsruh nahe Hamburg. Lässig hält der Monarch seinen Gehstock, das Knie angewinkelt,
und schaut mit leicht affektiertem Gestus und forderndem Blick direkt in die
Kamera. Bismarck ist von der Seite eingefangen, stocksteif stützt er sich auf seine Gehhilfe
und blickt offenbar Wilhelm an – oder auch an ihm vorbei, man kann es nicht genau
erkennen. Ein ikonisches Bild, das mit seiner kalten Distanz vorausnimmt, was eineinhalb
Jahre später passiert: die Vertreibung des „Lotsen von Bord“. So betitelte damals das
britische Satiremagazin „Punch“ den Rausschmiss Bismarcks durch Wilhelm nach fast
28 Jahren an der Spitze Preußens und des Deutschen Reiches.
Vor gerade vier Jahren präsentierten sich auf dem Balkon des ehrwürdigen Reichstagspräsidentenpalais
in Berlin die Verhandlungsparteien des ersten Jamaika-Koalitionsversuchs
in ihren Gesprächspausen. Die Kanzlerin schon mal winkend, Hessens Ministerpräsident
Volker Bouffier Zigarillo rauchend, der damalige Grünen-Chef Cem Özdemir
mit breitem Lächeln, FDP-Chef Christian Lindner am Bildrand mit angespannter Miene.
Politiker-Gewusel in höchst unterschiedlichen Stimmungslagen gleich hinterm Reichstag,
kein gutes Omen für das, was folgte.
Wie anders mutet da der bildmächtige Auftakt zum ersten Gespräch für ein grün-gelbes
Bundesbündnis im Selfiezeitalter an: Locker streckt FDP-Generalsekretär Volker Wissing
das Handyobjektiv in die Luft, verhaltenes Lächeln bei ihm und Christian Lindner sowie
den grünen Co-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck. Dicht stehen sie
beieinander, mit offenen Hemdkragen in Weiß oder Schwarz die Herren, im
kleinen Schwarzen die Dame, umgeben von einem schlicht-weißen Flur. Ein
Teamtreffen in entspannter Atmosphäre, offenbar unter Vertrauten, das
könnte ein gutes Projekt werden, suggeriert das Bild. Fragt sich nur, ob zu dem
adretten Quartett eher ein freundlich lächelnder Rheinländer oder ein nüchtern
blickender Norddeutscher passt. Wir warten auf ein bildmächtiges
Quintett-Selfie, ganz dringend!
Alexander Luckow,
„Standpunkte“-
Chefredakteur
@
Sie erreichen mich unter: luckow@nordmetall.de
www.facebook.com/Nordmetall-News zu Politik und Wirtschaft
www.facebook.com/NORDMETALL
60 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
PERSONENREGISTER
IMPRESSUM
Standpunkte
Prof. Thomas Albert, S. 53, Musikfest Bremen GmbH
Julie Aldridge, S. 29, 31, Spezialistin für Business,
Marketing und Audience Development
Peter Altmaier MdB, S. 43, Bundeswirtschaftsminister,
CDU
Philipp Amthor MdB, S. 13, 62, CDU
Niels Annen MdB, S. 13, Staatsminister im auswärtigen
Amt, SPD
Susan Bach, S. 55, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V.
Anika Barchfeld, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft
MV e. V.
Dr. Dietmar Bartsch MdB, S. 13, 62, Fraktionsvorsitzender
Die Linke
Lutz Bauermeister, S. 53, ehem. NORDMETALL e. V.
Thomas Besse, S. 54, Agentur für Arbeit Neubrandenburg
Dr. Joachim Betker, S. 53 Airbus Operations GmbH
Dr.-Ing. Uwe Boeke, S. 53, ehem. NORDMETALL e. V.
Julian Bonato, S. 12, MHG Heiztechnik GmbH
Volker Bouffier MdL, S. 60, Ministerpräsident Hessen,
CDU
Dr. Uwe Braun, S. 36, ArcelorMittal Hamburg GmbH
Hannah Bregler, S. 28 f., Schleswig-Holstein Musik
Festival
Klaus Brunkhorst, S. 5, 49 ff., Atlas Weyhausen GmbH
Dr. Bernd Buchholz, S. 24, 26, Minister für Wirtschaft,
Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus SH, FDP
Marcel Christmann, S. 53, nordwindaktiv e. V.
Gitta Connemann MdB, S. 13, CDU
Teodor Currentzis, S. 52, SWR Symphonieorchester
Christoph de Vries MdB, S. 13, CDU
Koen Demesmaeker, S. 36, Nordenham Metall GmbH
Melanie Dettmann, S. 55, Bildungswerk der Wirtschaft
MV e. V.
Johann Doden, S. 53, Arbeitgeberverband für Ostfriesland
und Papenburg e. V.
Christian Dürr MdB, S. 13, FDP
Irmhild Düwel, S. 35, AFZ Aus- und Fortbildungszentrum
Rostock GmbH
Dr. Nico Fickinger, S. 3, 7 f., 11 ff., 54, NORDMETALL
e. V.
Robert Focke, S. 6 f., Vizepräsident NORDMETALL e. V.,
Nordischer Maschinenbau Rud. Baader GmbH & Co. KG
Julia Funk, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V.
Dieter Gelzer, S. 54, Cargill Deutschland GmbH
Christian Gerlin, S. 10 f., Die Linke
Thomas Großgarten, S. 33, Metalock Engineering
Germany GmbH
Tobias Gürtler, S. 56, IDALABS GmbH & Co. KG
Dr. Robert Habeck MdB, Titel, S. 6 ff., Co-Vorsitzender
Bündnis 90/Die Grünen
Dr. Dorothee Hansen, S. 52, Kunsthalle Bremen
Cindy Hardt, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft MV
e. V.
Andreas Hartkamp, S. 56, Arbeit und Leben SH
Fabian Henkel, S. 15 f., Jungheinrich AG
Britta Hennings, S. 19, Mankenberg GmbH
Franz C. Hitzler, S. 23, ehem. Hitzler Werft GmbH
Frederike Holdhof, S. 6 f., EDUR-Pumpenfabrik Eduard
Redlien GmbH & Co. KG
Franziska Hoppermann MdB, S. 13, CDU
Dr. Cathleen Kiefert-Demuth, S. 54, Leitstelle
Gleichstellung MV
Marek Klimenko, S. 22 ff., Hitzler Werft GmbH
Kai Pascal Klimenko, S. 22, 26, Hitzler Werft GmbH
Cathrin Kohnke, S. 8 f., Stryker Trauma GmbH
Elena Kountidou, S. 29, 31, Konzerthaus Berlin
Michael Kruse MdB, S. 13, FDP
Wolfgang Kubicki MdB, Titel, S. 6 ff., FDP, Bundestagsvizepräsident
Dieter Kubitschke, S. 37, M. Jürgensen GmbH & Co. KG
Michael Labetzke, S. 11, Bündnis 90/Die Grünen
Dipl.-Kfm. Thomas Lambusch, S. 35, 55, ehemaliger
NORDMETALL-Präsident
Mara Lindhorn, S. 56, Fachhochschule Kiel
Christian Lindner MdB, S. 60, FDP-Partei- und
Fraktionsvorsitzender
Bernd Mähnss, S. 20, Hanseatic Power Solutions
GmbH
Andrea Martin, S. 5, 44 f., IBM Watson Center
Dipl.-Ing. Alexander Matthes, S. 20, NORDMETALL
e. V.
Ulrich Mäurer, S. 53, Innensenator Freie Hansestadt
Bremen
Michael Grenz, S. 19, Hanseatic Power Solutions GmbH
Katrin Möller, S. 17, thyssenkrupp Marine Systems
GmbH
Siemtje Möller MdB, S. 13, 62, SPD
Claudia Müller MdB, S. 13, Bündnis 90/Die Grünen
Dr. Jörg Mutschler, S. 9, VDMA e. V.
Thomas Naß, S. 9, EDUR-Pumpenfabrik Eduard Redlien
GmbH & Co. KG
Dr. Sylvia Neu, S. 54, BdW gGmbH
Cornelius Neumann-Redlin, S. 11, 53, Die Unternehmensverbände
im Lande Bremen e. V., NORDMETALL e. V.
Dr. Jens-Uwe Nölle, S. 53, Nölle & Stoevesandt
Lutz Oelsner, S. 10, 52 f., Präsident Unternehmensverbände
im Lande Bremen e. V.
Dr.-Ing. Alexander Orellano, S. 38, thyssenkrupp
Marine Systems GmbH
Cem Özdemir MdB, S. 60, Bündnis 90/Die Grünen
Aydan Özoğuz MdB, S. 13, SPD
Dr. Anton Parlow, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft
MV e. V.
Nils Passau, S. 56, Meteolytix GmbH
Detlef Pauls, S. 52, Dehoga Bremen Landesverband
Bremen e. V.
Prof. Dr. Holger Petersen, S. 14 ff., NORDAKADEMIE
gemeinnützige AG
Dr. Christoph Ploß MdB, S. 13, CDU
Malte Poelmann, S. 38, MEYER WERFT GmbH &
Co. KG
Thomas Radke, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft
MV e. V.
Dr. Volker Redder MdB, S. 11, 13, FDP
Hagen Reinhold MdB, S. 13, FDP
Dipl.-Ing. Viktor Rochow, S. 56, Technische Akademie
Nord e. V.
Thomas Röwekamp MdB, S. 11, 13, CDU
Dr. Stefan Rudolph, S. 5, 63, Staatssekretär Wirtschaftsministerium
MV, CDU
Dipl.-Kffr. Meike Runde, S. 37, Groth Feinwerktechnik
GmbH & Co. KG
Bernd Schichold, S. 14 f., Nexperia Germany GmbH
Uwe Schmidt MdB, S. 10 f., SPD
Dr. Maximilian Schnippering, S. 16, Siemens Gamesa
Renewable Energy GmbH & Co. KG
Ria Schröder MdB, S. 13, FDP
Svenja Schulze MdB, S. 36, Bundesumweltministerin,
SPD
Lars Schwarz, S. 13, Präsident Vereinigung der Unternehmensverbände
für Mecklenburg-Vorpommern e. V.
Manuela Schwesig, S. 13, 38, Ministerpräsidentin
MV, SPD
Prof. Dr. Dirk Semmann, S. 56, Technische Akademie
Nord e. V.
Tone Skogen, S. 38, Norwegische Staatssekretärin
Ralf Stapp, S. 53, Bremer Aufbau-Bank
Dr. Till Steffen MdB, S. 13, Bündnis 90/Die Grünen
Dr. Ralf Stegner MdB, Titel, S. 6 ff., SPD
Mario Stevens, S. 37, RUFV Lastrup e. V.
Lisanne Straka, S. 54, DGB Bezirk Nord
Marco Swyter, S. 5, 40, 56, NORDBILDUNG gGmbH
Manuela Thede, S. 21, Nordex Engergy GmbH
Bernd Thiele, S. 33, Metalock Engineering Germany
GmbH
Laura Tönnsen, S. 5, 40, 56, NORDBILDUNG gGmbH
Dipl.-Ing. Folkmar Ukena, S. 10 f., 37, Präsident
NORDMETALL e. V., LEDA Werk GmbH & Co. KG
Birgit van Aken, S. 53, Verband dt. Unternehmerinnen
Katharina von Radowitz, S. 29, 31, Netzwerk Junge
Ohren
Dr. Johann David Wadephul MdB, S. 6 ff., 13, CDU
Dipl.-Ing. Axel Weidner, S. 18 f., Mankenberg GmbH
Erik Wessels, S. 17, Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte
Dr. Michael Winkler, S. 11, 52, Hella Fahrzeugkomponenten
GmbH
Dr. Volker Wissing MdB, S. 60, FDP
Dr. Luise Wolff, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft
MV e. V.
Wolfgang Würst, S. 52 f., ehem. NORDMETALL-
Stiftungsvorstand
Benedikt Zimmer, S. 38, Bundesministerium der
Verteidigung
Das Magazin von
NORDMETALL e. V., dem
M+E-Arbeitgeberverband
für Bremen, Hamburg,
Mecklenburg-Vorpommern,
das nordwestliche Niedersachsen
und Schleswig-Holstein.
Herausgeber:
Haus der Wirtschaft
Kapstadtring 10
22297 Hamburg
www.meinarbeitgeberverband.de
E-Mail: standpunkte@nordmetall.de
Verantwortlich im Sinne des
Presserechts:
Dr. Nico Fickinger,
Hauptgeschäftsführer
Chefredakteur:
Alexander Luckow (Luc)
Tel.: 040 6378-4231
E-Mail: luckow@nordmetall.de
Redaktion:
Birte Bühnen (BiB)
Tel.: 040 6378-5947
E-Mail: buehnen@nordmetall.de
Daniel Jakubowski (DJ)
Tel.: 040 6378-4258
E-Mail: jakubowski@nordmetall.de
Autoren: Katja Gondert (KG), Clemens von Frentz
(CvF), Dr. Nico Fickinger (nf), Kristin Jordanow (kj)
Lothar Steckel (LS), Albina Stelle (AS)
Art-Direktorin:
Birthe Meyer
Tel.: 040 6378-4822
E-Mail: meyer@nordwirtschaftsmedien.de
Produktion:
Druck:
CaHo Druckereibetriebsges. mbH
39. Jahrgang
Erscheinungsweise: zweimonatlich
Bezug: Kostenfrei für Mitgliedsunternehmen von
NORDMETALL und Sonderempfänger in Politik,
Wirtschaft, Verwaltung und Medien.
Das Magazin und alle in ihm veröffentlichten
Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Für
unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos
wird keine Haftung übernommen. Nachdruck und
Verbreitung des Inhalts nur mit ausdrücklicher
Genehmigung der Chefredaktion, mit Quellenangabe
und Zusendung eines Beleges an die
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gekennzeichneten Beiträge geben die Meinung
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des Herausgebers oder der gesamten Redaktion
wieder.
Titelfoto: Christian Augustin
3 / 2021 NORDMETALL Standpunkte
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KURZ VOR SCHLUSS
Willkommen
im Club!
Die Krise am Ausbildungsmarkt hat gezeigt, wie wichtig
eine gute Berufsorientierung gerade in Pandemiezeiten
ist. Mit dem Relaunch seiner Website kommt
nordbord, der Club für alle Kinder und Jugendlichen, die
das Tüfteln und Forschen lieben, gerade recht. Denn
nun sind Angebote zur Berufsorientierung unter einem
eigenen Menüpunkt gebündelt – etwa Bewerbungstrainings
und Eignungstests oder Beschreibungen von
rund 40 Berufsbildern der Metall- und Elektroindustrie.
In den neuen Specials stellt das Club-Team künftig aktuelle,
besondere brennende Themen ausführlich vor.
Den Anfang macht „MINT für Mädchen“, gleich mit passender
nordbord-Veranstaltung. Spannende Experimente
zum Anschauen und Ausprobieren sowie Repor-
Aufgemöbelt: Die nordbord-Webseite in frischer Optik und
mit neuen Menüpunkten.
tagen zum Lernen und Kennenlernen von Unternehmen
verbergen sich hinter Info2Go. Ein Video erklärt allen
Interessierten, warum sich eine nordbord-Mitgliedschaft
lohnt. An besonders gekennzeichneten Veranstaltungen
sollen künftig ganze Schulklassen teilnehmen
können. Entdecken auch Sie nordbord als Plattform,
um Ihr Unternehmen und Ihre Angebote zur
Berufsorientierung mehr als 1.500 Kindern und Jugendlichen
zu präsentieren. BiB
Standpunkte-Podcast
Der Politik-Podcast des Hauptgeschäftsführers der norddeutschen
Metall- und Elektro industrie Dr. Nico Fickinger.
t Thema: Bundestagswahl 2021
Bitte keine neuen Belastungen
Die Metall- und Elektroindustrie müsste allein in
diesem Jahr um 16 Prozent wachsen, damit das
Vor-Corona-Niveau von 2018 erreicht wird. Was die
norddeutschen Kandidatinnen und Kandidaten für
den Deutschen Bundestag tun wollen, um wieder
Schwung in die norddeutsche Wirtschaft zu bringen,
darüber hat NORMETALL vor der Bundestagswahl
unter anderem mit Siemtje Möller (SPD), Wolfgang
Kubicki (FDP), Philipp Amthor (CDU), Dietmar
Bartsch (Linke) und auch mit Robert Habeck (Grüne)
gesprochen. „Die Grünen haben sich stets offen für
den Weg gezeigt, wenn man das Ziel teilt“, resümiert
NORDMETALL-Hauptgeschäftsführer Dr. Nico Fickinger.
Doch Klimaschutz wird es nicht zum Nulltarif
geben. „Wenn wir diese eine Belastung kennen,
die den Unternehmen bevorsteht, dann darf es keine
weiteren Belastungen für die Wirtschaft geben –
also keine höheren Steuern auf Einkommen, Erbschaften
und Vermögen und auch keine weiteren
Einschränkungen der unternehmerischen Handlungsfähigkeit“,
fordert der Arbeitgebervertreter
von der neuen Koalition. Beide Folgen zur Bundestagswahl
2021 können Sie nachhören unter www.
meinarbeitgeberverband.de/politik-podcast. BiB
62 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021
Foto: Christian Augustin
Ich lese „Standpunkte“, weil ...
„... wir alle klug beraten sind, unsere
Metall- und Elektroindustrie als Wohlstandstreiber
stets aktuell im Blick
zu haben.“
Dr. Stefan Rudolph (CDU), Staatssekretär im
Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern
Schutzraum, weiß
Adress-Etikett
Talente
schmieden
oder
Stärken
fördern?
Beides!
Zweigleisig gegen die ewige Fachkräftesuche:
Mit neuen und alten Mitarbeitenden bilden Sie
die Zukunft Ihres Unternehmens selbst aus!
Ob duales Bachelorstudium für Ihren Nachwuchs,
Personalentwicklung mit einem Masterstudium
oder dem Master-Angebot als Recruiting-Hebel:
Zusammen mit der NORDAKADEMIE gewinnen
Sie die Fach- und Führungskräfte, die Sie brauchen!
Die NORDAKADEMIE ist die Hochschule
der Wirtschaft: getragen von Unternehmen und
gemacht für Unternehmen wie Ihrem.
Erfahren Sie mehr von Anette Rostock,
Ihrer Ansprechpartnerin aus unserer
Firmenbetreuung:
anette.rostock@nordakademie.de
Telefon: 04121 4090-154
www.nordakademie.de/partnerunternehmen