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vznews, Deutschland, Januar 2022, Ausgabe 65

Die vz news informieren viermal jährlich über aktuelle Finanzthemen. Die kostenlose Zeitschrift des VZ VermögensZentrums beantwortet Fragen zu Geldanlagen und Immobilien-Darlehen, zur Ruhestands- oder Nachlassplanung.

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vz news <strong>65</strong>/<strong>Januar</strong> <strong>2022</strong> Seite 5<br />

MEINUNGEN<br />

„Viele Anleger<br />

wollen zu hoch<br />

hinaus“<br />

Anlegerinnen und Anleger entscheiden oft falsch, weil<br />

sie zu hohe Risiken eingehen. Finanzprofessor Thorsten<br />

Hens erklärt, warum man mit realistischen Zielen weiter<br />

kommt – auch beim Geldanlegen.<br />

© Universität Zürich<br />

Herr Hens, Sie erforschen seit Jahren<br />

das Verhalten von Anlegerinnen<br />

und Anlegern. Warum gehen viele<br />

von ihnen zu hohe Risiken ein?<br />

Wer ein Depot eröffnet, begibt<br />

sich auf eine Wanderung. Viele überschätzen<br />

sich von Anfang an und wollen<br />

gleich auf die Zugspitze. Das heißt:<br />

Sie wollen hoch hinaus und „traden“<br />

hin und her – mit dem Ziel, den Markt<br />

zu schlagen. Das schaffen aber nur sehr<br />

wenige. Viele fallen dagegen tief, weil<br />

ihnen die Erfahrung und die richtige<br />

Ausrüstung fehlen. Für die meisten<br />

wäre der Petersberg bei Bonn besser.<br />

„Erfahrene Anlage -<br />

berater sind wie gute<br />

Bergführer.“<br />

Warum ist der Petersberg das<br />

bessere Ziel?<br />

Weil es realistisch ist und weniger<br />

riskant: Wer Geld anlegt, sollte<br />

mit einer langfristigen Anlagestrategie<br />

eine realistische Marktrendite anpeilen<br />

– und seine Strategie mit passiven<br />

und günstigen Indexanlagen wie ETFs<br />

umsetzen. Am besten lässt man sich<br />

dabei von erfahrenen Profis begleiten.<br />

Die Hilfe von Profis kostet<br />

aber Geld, und das schmälert die<br />

Ren dite …<br />

Das sehe ich anders. Wer bereit<br />

ist, für eine seriöse Vermögensverwaltung<br />

1 bis 1,5 Prozent zu bezahlen,<br />

ist besser geschützt, vor allem vor sich<br />

selbst.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Erfahrene Anlageberater sind wie<br />

gute Bergführer: Die lassen Sie nicht<br />

in Gletscherspalten fallen. Sie halten<br />

Sie also von Panikverkäufen und hektischen<br />

Umschichtungen ab, wenn die<br />

Kurse einbrechen. Ein Ausstieg im falschen<br />

Moment kann die Rendite nämlich<br />

langfristig ruinieren. Und weil<br />

viele Anleger später den Aufschwung<br />

verpassen, können sie ihre Verluste<br />

kaum mehr ausgleichen.<br />

Wie viel Rendite entgeht Anlegern,<br />

weil sie die Lage falsch einschätzen?<br />

Die Wissenschaft spricht vom sogenannten<br />

„Behavioral Gap“. Dazu<br />

zählen alle Fehlentscheidungen, angefangen<br />

von der mangelnden Diversifikation<br />

bis zum schlecht gewählten<br />

Zeitpunkt von Käufen und Verkäufen.<br />

Die Einbußen aufgrund dieses<br />

Gaps werden auf 5 bis 7 Prozent pro<br />

Jahr beziffert. Darum: Wenn eine gute<br />

Beratung diesen Gap verringert, zahlt<br />

sich das schnell aus.<br />

Gibt es auch Leute, die aus Gier<br />

Fehler machen?<br />

Gier beobachten wir nur bei jeder<br />

fünften Testperson. Auch die<br />

riesige Auswahl an Produkten und<br />

die enorme Nachrichtenflut tragen<br />

dazu bei, dass Fehlentscheidungen<br />

zunehmen. Viele überprüfen ihre<br />

Performance viel zu häufig – oft täglich,<br />

weil die Medien ja laufend über<br />

das Auf und Ab an den Märkten berichten.<br />

Wer über das Smartphone<br />

handelt, entscheidet deshalb häufiger<br />

falsch. Die Gewinne und Verluste, die<br />

man so laufend mitbekommt, verleiten<br />

dazu, von der langfristigen Strategie<br />

abzu rücken.<br />

ZUR PERSON<br />

Prof. Dr. Thorsten Hens lehrt<br />

Wirtschaftswissenschaften am<br />

Swiss Finance Institute und am<br />

Institut für Banking und Finance<br />

an der Universität in Zürich, wo<br />

er heute lebt. Hens ist spezialisiert<br />

auf Verhaltens ökonomie,<br />

genauer auf evolutionäre Finanzmarkttheorie<br />

und Behavioral<br />

Finance. Viele Jahre lebte<br />

Hens in Bonn – mit Aussicht auf<br />

den Petersberg.

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