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Ausgabe 66 04/2010 - HSV-Supporters

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Mit dem <strong>HSV</strong> zum UEFA-Cup-Erstrundenspiel in Polen<br />

Wie kann man besser in den ersten<br />

Jahrestag der Deutschen Einheit<br />

reinfeiern als schön mit einer<br />

<strong>HSV</strong>-Reisegruppe im proppenvollen Bus zum<br />

Erstrundenauswärtsspiel im UEFA-Cup zu fahren?<br />

Ich hab nach der erfolgreichen letzten<br />

Saison die ganze Sommerpause davon geträumt,<br />

mit dem <strong>HSV</strong> nach Mailand, Madrid<br />

oder wenigstens Amsterdam oder so zu fahren,<br />

bis uns der Hammergegner schlechthin<br />

zugelost wurde, Gornik Zabrze, und jetzt ist<br />

es so weit, auf nach Polen…<br />

Im Bus sitzen „nur die ganz Guten“, wie hinter<br />

mir einer zum anderen sagt, und ich mache<br />

große Augen und denke stolz: Alter Knabe, du<br />

hast es endgültig geschafft. In dem Moment<br />

tickt mir der eine auf die Schulter.<br />

„Ey, Alder, dich habe ich noch nie gesehen.<br />

Wo kommst du überhaupt her?“<br />

„Och, ich bin immer dabei. Ich hab dich aber<br />

auch noch nicht gesehen“, antworte ich,<br />

schlagfertig, wie ich bin. Der hinter mir lässt<br />

trotzdem nicht locker und nörgelt weiter rum:<br />

„Bist du überhaupt schon mal auswärts gefahren?“<br />

Wie ich schon so langsam ins Schwitzen<br />

komme, schließlich will ich mir hier nicht<br />

gleich meinen Ruf, zu den „ganz Guten“ dazuzugehören,<br />

wieder verderben, da tickt es<br />

bei dem Typen auf der Schulter, irgendwer<br />

verpasst dem eine kräftige Bierdusche und<br />

vorne beim Busfahrer flimmert auch schon<br />

ein Pornofilm über den Bildschirm. Was besonders<br />

den Typen hinter mir freut: „Ey, Alder,<br />

geil! Da läuft ’n Porno!“<br />

Stunden später wird im TV immer noch gehühnert,<br />

und während die Hälfte der „ganz<br />

Guten“ schon am Einnicken ist, starrt mein<br />

Hintermann immer noch auf den Bildschirm,<br />

trinkt immer noch Bier und singt zwischen-<br />

Nicht prominent, aber doch bekannt!<br />

Moin, moin, wir waren in der letzten<br />

Woche auf dem Betzenberg. Oktavian<br />

und ich (Sabine) von den Rauten-Freunden<br />

Liebenau kennen eigentlich schon,<br />

dass wir immer wieder fotografiert werden.<br />

Irgendwie muss den Fans unser Outfit gefallen.<br />

Unsere besondere Erkennung ist immer<br />

unser Stirnband, welches wir beide tragen. So<br />

klopften uns auf dem Betzenberg Fans auf die<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>66</strong><br />

durch immer noch und immer wieder Lieder,<br />

die sich um Nymphomaninnen und Säue und<br />

<strong>HSV</strong> drehen.<br />

Als wir Zabrze gefühlte Jahre später erreichen,<br />

sind wir nicht nur total gerädert, sondern auch<br />

schrecklich nervös, nicht zuletzt, weil die Zeitungen<br />

gestern geschrieben haben, dass das<br />

Spiel restlos ausverkauft sei und auf gar keinen<br />

Fall ohne Karten nach Polen gefahren<br />

werden soll und wir so ganz nebenbei keine<br />

Karten haben, weil der Typ, der den Bus organisiert<br />

hat, uns damals versicherte: „Karten<br />

gibt das in Zabrze am Stadion noch SATT,<br />

nun macht euch man nicht ins Hemd.“ Und<br />

tatsächlich, kaum steigen wir aus dem Bus,<br />

kriegen wir auch schon Eintrittskarten angeboten.<br />

Wir freuen uns über den Spottpreis von<br />

nur zehn Mark pro Karte und schlagen sofort<br />

zu. „Ha! Was sind das hier bloß für Idioten!“<br />

Mein Kumpel Barny jubelt laut und klatscht<br />

mit mir ab. „Da haben wir ja noch genug Geld<br />

für Bier und so einen Schnickschnack über!“<br />

Nach ein paar Minuten finden wir eine Kneipe<br />

und – wann, wenn nicht hier und jetzt –<br />

schmeißen grundanständig eine Lokalrunde.<br />

Beim zweiten Bier, das wir natürlich nicht<br />

mehr per Lokalrunde ausgeben, schließlich<br />

sind jetzt schon ein paar mehr Fans angekommen<br />

und wir sind ja nun auch nicht Krösus,<br />

treffen wir einen enorm dicken <strong>HSV</strong>-Fan,<br />

den wir vom Sehen aus unserem Bus kennen.<br />

Ihm erzählen wir von unserem Glück<br />

mit der Eintrittskarte für zehn Schleifen, worauf<br />

er seine Hände über dem Kopf zusammenschlägt.<br />

„Seid ihr total bescheuert? Die<br />

Karten kosten hier an jeder Ecke zwei Mark,<br />

allerhöchstens!“<br />

Im Stadion angekommen, kann von „ausverkauftem<br />

Haus“ tatsächlich nicht die Rede<br />

sein. Allenfalls zur Hälfte ist die Bruchbude<br />

Schulter und meinten: „Bitte einmal umdrehen,<br />

das Foto könnt ihr dann auf unserer Homepage<br />

sehen!“<br />

Der Fotograf war ein Mitglied vom OFC-Club Aggertal,<br />

Matros Markus. Wir haben es erst für einen<br />

Witz gehalten, aber am Montag konnten wir<br />

das Foto auf deren Homepage sehen – siehe Foto.<br />

Blau-weiß-schwarze Grüße von der Weser.<br />

Text Axel Formeseyn<br />

gefüllt und wir hätten die Tickets bestimmt<br />

auch ganz umsonst kriegen können, aber –<br />

immerhin – sportlich läuft es rund und <strong>HSV</strong><br />

macht kurzen Prozess und gewinnt nach dem<br />

Hinspiel-1:1 mit 3:0. Aber, mal ganz ehrlich,<br />

nachdem Thomas von Heesen sein zweites<br />

Tor gemacht hat und das Ding eingetütet ist,<br />

da denke ich schon ein bisschen, wie ich so<br />

durch das halbleere Etwas gucke und an eine<br />

anstrengende Rückfahrt denke: So richtig wie<br />

der Europapokal, den ich bislang immer nur<br />

im Fernsehen gesehen habe, sieht das hier<br />

nun wirklich nicht aus. Und dafür bangt man<br />

nun eine Saison lang um die UEFA-Cup-Teilnahme…<br />

(gekürzte und leicht veränderte Fassung aus:<br />

„Voll die Latte – Mein Fußballtagebuch“, das<br />

Ende April im Verlag Die Werkstatt als komplett<br />

überarbeitete und fortgeschriebene<br />

Neuauflage erscheint).<br />

Text Sabine und Oktavian/Rauten-Freunde Liebenau · Foto Matros Markus<br />

Erkennungszeichen Stirnband<br />

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