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Leseprobe_Senfls-Liedsätze

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Einleitung<br />

<strong>Liedsätze</strong> wie auch widersprüchliche Zuschreibungen – wurden von Seidel<br />

gänzlich ausgespart und rücken daher in meiner Arbeit stärker in den Fokus des<br />

Interesses. So ist der Komplex an widersprüchlichen Zuschreibungen und anonym<br />

überlieferten Kompositionen, die in der Forschungsliteratur mit Senfl in<br />

Verbindung gebracht wurden, im Anschluss an die Abhandlung der einzelnen<br />

Stilregister im gesicherten Bestand von <strong>Senfls</strong> <strong>Liedsätze</strong>n separat analysiert.<br />

Ebenso in Ergänzung der von Seidel ausgeklammerten Faktoren ist der Klassifikation<br />

der volkssprachlichen Kompositionen ein Kapitel zur Seite gestellt,<br />

in dem in Einzelbetrachtungen der Entstehungs- und Wirkungskontext ausgewählter<br />

<strong>Liedsätze</strong> untersucht wird. Insbesondere gehe ich dabei auch auf<br />

die geistlichen Sätze ein, da dieses Repertoire in der bisherigen Forschung<br />

entweder neben der Hofweisen- und Volkslied-Diskussion wenig Beachtung<br />

fand oder aber allein im Rahmen von Einzelstudien eines bestimmten Liedes<br />

betrachtet wurde.<br />

Ein Ausblick auf verschiedene Optionen, wie die von mir zur Diskussion<br />

gestellte Klassifikation zur Untersuchung von unterschiedlichen Repertoirefeldern<br />

in der Praxis eingesetzt werden kann, bildet den Abschluss des Buches.<br />

Die Klassifikation ermöglicht es, <strong>Liedsätze</strong> eines Komponisten sowie eines Komponistenkollektivs<br />

oder Sätze einer bestimmten Quelle eindeutig zu charakterisieren<br />

und auf dieser Basis mit anderen Beständen in Beziehung zu setzen, was<br />

beispielsweise Annahmen angesichts persönlicher Vorlieben eines Komponisten<br />

oder des Sammlungsinteresses von Schreibern und Verlegern zulässt. Damit<br />

den Lesern jedoch die Dringlichkeit einer auf soliden Definitionen beruhenden<br />

Klassifikation mit festen Kriterien und Argumenten noch einmal vor Augen<br />

geführt sei, steht am Beginn des Buches ein kurzer geschichtlicher Abriss über<br />

die Entwicklung historischer Klassifikationsmodelle für <strong>Liedsätze</strong> des 15. und<br />

16. Jahrhunderts mit einer besonderen Berücksichtigung der verwendeten<br />

Benennungen.<br />

Die terminologischen Unschärfen beginnen in der Liedforschung jedoch<br />

nicht erst auf der Ebene der Klassifikation, sondern bereits bei dem untersuchten<br />

Gegenstand selbst: Was bezeichnet der Begriff Lied? Er kann – insbesondere<br />

im Hinblick auf das Lied des 16. Jahrhunderts – drei verschiedene Komponenten<br />

ansprechen: In der Germanistik ist damit in erster Linie ein lyrischer Text<br />

gemeint, der Begriff kann aber gleichfalls eine Liedmelodie bezeichnen und<br />

schließlich werden auch mehrstimmige <strong>Liedsätze</strong> als Lied bezeichnet. Da diese<br />

Mehrdeutigkeit gerade in der Literatur zu Lied- Klassifikationen Verwirrung<br />

stiftete und damit oftmals die Basis der angelegten Kriterien verunklart wurde,<br />

verwende ich jeweils die spezifischeren Termini Liedsatz und Liedtext, und setze<br />

den Begriff Lied synonym zur Weise ausschließlich für Liedmelodien ein.<br />

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