Pragma-semiotische Textarbeit und der hermeneutische Nutzen von ...
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134 Ekkehard Fel<strong>der</strong><br />
Eine weitere Beson<strong>der</strong>heit kann die Themenauswahl „Berliner<br />
Mauer“ für eine linguistische Mediendiskursanalyse erklären. Das Beson<strong>der</strong>e<br />
an dem Thema „Berliner Mauer“ besteht darin, dass das Referenzobjekt<br />
des Ausdrucks Berliner Mauer über ca. 29 Jahren cum grano<br />
salis ein Konkretum darstellte (in erster Linie ein konkretes Referenzobjekt<br />
<strong>und</strong> in zweiter Linie ein abstrakter Sachverhalt) – wenn auch<br />
schon mit dem diskursiv hervorgerufenen <strong>und</strong> realisierten Potential <strong>der</strong><br />
Abstraktheit. Erst ab dem Jahre 1990 verschwand die Mauer als physisches<br />
Objekt fast gänzlich (abgesehen <strong>von</strong> kleinen museal <strong>und</strong> geschichtspädagogisch<br />
aufbereiteten Mauerstreifen o<strong>der</strong> Markierungen<br />
auf dem Boden), existierte aber als historisch einschlägiger Sachverhalt<br />
mit Konsequenzen für die Gegenwart weiter. Demnach wird die Berliner<br />
Mauer erst nach ihrem Abriss 1990 gänzlich zu einem Abstraktum<br />
o<strong>der</strong> Sachverhalt, zuvor hatte das Referenzobjekt konkrete <strong>und</strong> abstrakte<br />
Momente, wie ich in einer diachronen Analyse (FELDER 2007a,<br />
2007b) <strong>von</strong> publizierten Pressefotographien über einen Fluchtversuch<br />
an <strong>der</strong> Berliner Mauer im Jahre 1962 gezeigt habe.<br />
Mit diesen Beson<strong>der</strong>heiten zeichnet sich das thematische Korpus<br />
für diachrone Analysen in zeitgeschichtlichen <strong>und</strong> sprachgeschichtlichen<br />
Kontexten aus: Das vermeintlich o<strong>der</strong> tatsächlich identische Referenzobjekt<br />
wird je zeit- <strong>und</strong> textspezifisch in einem Diskurs konstituiert.<br />
2. Schritt: Generierung <strong>von</strong> Subthemen: Nach <strong>der</strong> Auswahl <strong>und</strong> Benennung<br />
des Diskursthemas (hier „Berliner Mauer“) ist im Folgenden<br />
das weitere Vorgehen <strong>der</strong> Untersuchung zu explizieren. Die Auswahl<br />
<strong>der</strong> Medientexte erfolgt einerseits auf <strong>der</strong> Basis <strong>von</strong> lexikalischen Minimalhypothesen<br />
(Schlüssellexeme wie Mauer, DDR-BRD-Beziehungen,<br />
Grenze usw.) sowie induktiv durch eine Volltextdurchsicht <strong>der</strong><br />
erschienenen Artikel in ausgewählten <strong>und</strong> historisch einschlägigen Zeitintervallen<br />
wie zum Beispiel anlässlich <strong>von</strong> Jahrestagen usw. Die Zeiträume<br />
ergeben sich außerdem nach <strong>der</strong> Durchsicht <strong>der</strong> zeitgeschichtlichen<br />
Fachliteratur <strong>und</strong> durch Abgleich sog. Chroniken <strong>der</strong> Ereignisse. 12<br />
Dabei werden die Schlüssellexemlisten sowie die Textauswahl <strong>der</strong> bereits<br />
recherchierten Medien iterativ ergänzt, um damit kontrastiv eine<br />
Vielzahl an möglichen Unterthemen ermitteln zu können. Problematisch<br />
bei einem solchen Vorgehen ist <strong>der</strong> Umstand, dass das zu untersuchende<br />
Textkorpus als Diskursausschnitt auf <strong>der</strong> Basis einer – a priori<br />
12 Vgl. z.B. die <strong>von</strong> <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eszentrale für politische Bildung, DeutschlandRadio <strong>und</strong><br />
Zentrum für zeithistorische Forschung (ZZF) Potsdam editierte Internet-Chronik unter<br />
http://www.chronik-<strong>der</strong>-mauer.de/ o<strong>der</strong> Steins Kulturfahrplan 1998).