Seminar 02B: Digitale Medien - Dr. Hans Toman
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<strong>Dr</strong>. rer. soc. <strong>Hans</strong> <strong>Toman</strong>, E-Mail: hans.toman@uni-flensburg.de oder toman@dr-toman.de<br />
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<strong>Seminar</strong> <strong>02B</strong>: <strong>Digitale</strong> <strong>Medien</strong><br />
<strong>Medien</strong>sozialisation<br />
Lit: Fritz, Karsten; Sting, Stephan; Vollbert, Ralf (Hg.) (2003): <strong>Medien</strong>sozialisation, S. 7ff<br />
Süss, Daniel (2004): <strong>Medien</strong>sozialisation von Heranwachsenden. Wiesbaden, S. 13ff<br />
Computer+Unterricht (2004): <strong>Medien</strong>sozialisation. Heft 53 04/2004. Seelze<br />
Grundlagen<br />
• Die Sozialisation wird zunehmend durch die Wirkung von <strong>Medien</strong> beeinflusst. <strong>Medien</strong> dienen als<br />
Faktoren und Mittler der Sozialisation sowie als Instrumente im Prozess der Sozialisation. Diese<br />
Prozesse werden zunehmend pädagogisch bedeutsam.<br />
• <strong>Medien</strong>sozialisation meint mehr als nur Sozialisation durch <strong>Medien</strong>. Der Begriff unterstellt aktiv<br />
handelnden Individuen, sich selbst durch die <strong>Medien</strong>nutzung zu sozialisieren. Die Bedeutung der<br />
<strong>Medien</strong> innerhalb der kindlichen Sozialisation zeigt sich so evident, dass sich vereinfacht auch von<br />
<strong>Medien</strong>kindheit und <strong>Medien</strong>jugend sprechen lässt.<br />
• Die Sozialisationsperspektive beinhaltet dabei die dialektischen Beziehungen zwischen<br />
Persönlichkeitsentwicklung und <strong>Medien</strong>, die nicht an die pädagogischen Absichten und<br />
Didaktiken anknüpft sowie die aus dem Aufwachsen in <strong>Medien</strong>welten resultierende Folgen für die<br />
pädagogischen Institutionen.<br />
• Sozialwissenschaftler und Pädagogen sehen <strong>Medien</strong> schon als vierte Sozialisationsinstanz,<br />
innerhalb der Alltagswelten der Kinder und Jugendlichen. <strong>Medien</strong> ermöglichen die Konstruktion<br />
von sozialen Welten, prägen ihr Verhalten und werden aufgrund ihrer Vielfalt an Funktionen zu<br />
ständigen Begleitern der Kinder und Jugendlichen.<br />
• Der Begriff ‚<strong>Medien</strong>sozialisation‘ umfasst sowohl zentrale Merkmale der Sozialisation als auch<br />
der <strong>Medien</strong> wie Erziehung, Wirkung, Beeinflussung, Identifikation, Konsum oder Statussymbol.<br />
Ihre Folgen prägen die Heranwachsenden mehr oder weniger stark in ihrem individuellen<br />
Sozialisationsprozess in Relation zu Familie, Schule und Peer-Groups.<br />
• Der Umgang der Kinder und Jugendlichen mit den <strong>Medien</strong> erfolgt meist unbefangen, ohne<br />
Hinterfragen und mit der Fähigkeit der schnellen Aneignung von Kompetenzen der überwiegend<br />
technischen Nutzung. <strong>Medien</strong> helfen ihnen, ihre unterschiedlichen Bedürfnisse zu befriedigen.<br />
• Die multifunktionale Nutzung und der unterschiedliche <strong>Medien</strong>konsum dienen als Unterhaltung<br />
und Zeitfüller, zur Findung bzw. Stärkung der Gruppenidentität und der Identitätsentwicklung<br />
sowie als Gesprächsanlässe. Dabei erfüllen die <strong>Medien</strong> folgende Funktionsbereiche: die situative<br />
und soziale sowie die biografische und Ich-bezogene Funktion.<br />
<strong>Medien</strong>sozialisation 03.05.2007 1
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<strong>Seminar</strong> <strong>02B</strong>: <strong>Digitale</strong> <strong>Medien</strong><br />
<strong>Medien</strong>sozialisation<br />
• Hinsichtlich ihrer Bedeutung besitzen die <strong>Medien</strong> im Vergleich zu anderen Freizeitaktivitäten der<br />
Kinder und Jugendlichen einen hohen Stellenwert. Sie rangieren häufig hinter den sportlichen<br />
Aktivitäten. Die <strong>Medien</strong>nutzung erfolgt im ökonomischem Zentrum, das Verhalten der Familie<br />
dient als Vorbild im Umgang mit den <strong>Medien</strong>.<br />
• Hingegen genießt das Zusammensein mit Freunden in Relation zur <strong>Medien</strong>nutzung noch eine<br />
höhere Priorität. Hier gilt es aber das Alter und die Einflüsse der Peer-Groups zu beachten.<br />
Hinsichtlich der geschlechtsspezifischen Unterschiede in Bezug auf <strong>Medien</strong>nutzung und<br />
<strong>Medien</strong>vorlieben zeigt sich die Tendenz, dass Jungen Actionfilme und Mädchen romantische<br />
Beziehungsfilme bevorzugen.<br />
• Innerhalb der Peer-Groups und anderen Jugendkulturen spielen <strong>Medien</strong> ebenfalls eine wichtige<br />
Rolle. Sie unterstützen den Interaktions- und Kommunikationsmodi der Gruppe, sie stellen den<br />
Bezugspunkt der Abgrenzung gegenüber Normen dar und dienen dem Aufbau von internen<br />
Standards.<br />
• Als Beispiel für Formen der Identitätsfindung und Sinnstiftung in virtuellen Welten nenne ich das<br />
Phänomen ‚Boygroup’. Mit diesem Designprodukt Boygroup, welches auf Massenkonsum<br />
ausgerichtet ist, identifizieren sich Kinder und Jugendliche hinsichtlich Mode, Kommunikation<br />
und Musik, insbesondere mit Musikmedien. Boygroups beinhalten eine wichtige sozialisatorische<br />
Funktion.<br />
• Für Mädchen stellt eine Boygroup ein virtuelles Eroberungsfeld der Gefühle dar, ohne dass reale<br />
Konsequenzen drohen. Diese parasozialen Interaktionen dienen der Selbstverortung als Effekt von<br />
gesellschaftlichen Individualisierungsprozessen. Sie ermöglichen den Heranwachsenden somit<br />
subjektive Empfindungen gegenüber z.B. Popstars etc..<br />
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<strong>Seminar</strong> <strong>02B</strong>: <strong>Digitale</strong> <strong>Medien</strong><br />
<strong>Medien</strong>sozialisation<br />
Gruppierung von Einzelmedien (Auswahl)<br />
<strong>Medien</strong> der <strong>Medien</strong> der <strong>Medien</strong> der<br />
öffentlichen Kommunikation Individualkommunikation virtuellen Interaktion<br />
Fachbuch, Belletristik Briefe, Telefax, E-Mails PC-Computerspiele<br />
Zeitungen, Zeitschriften, Festnetz-Telefon, Mobiltelefon Spiele auf Handhold Computers<br />
Flugblätter, Plakate (Ton, Text, Bild) (Gameboy etc.)<br />
Comics, Bilderbuch Pager (Text) Tamagotchi, Furby etc.<br />
Skulptur, Bild, Foto Elektronische Agenda Videokonsolenspiele<br />
Kino, Film, Personal Computer (PC) Virtual Reality - Simulationen<br />
Fernsehen, Video (Spiele)<br />
Radio, HiFi-Anlage, Walkman Privates Video Virtual Reality - Simulationen<br />
MP3-Player (Konstruktionshilfen, Übungen)<br />
Internet-Publikationen Foto Automaten (Bancomaten, Ticket-<br />
(Text und Bild) Ausgabegeräte etc.)<br />
Video-Plakate Zeichnung, Skizze Roboter<br />
<strong>Medien</strong>geräte und -technologien<br />
Produktionsgeräte Distributionsgeräte Rezeptionsgeräte<br />
<strong>Dr</strong>ucklettern <strong>Dr</strong>uckmaschinen Printprodukte<br />
Schreibmaschine Kopiergeräte Bildschirmdarstellungen<br />
Personal Computer (PC) Internet, Intranet Personal Computer (PC)<br />
Foto-, Film-Kameras, Kabel, Satelliten, Radio-, Fernsehempfangsgeräte<br />
Tonaufnahmegeräte Rundfunkwellen<br />
Funkgerät, Telefon Kabel, Satelliten,Wellen Funkgerät, Telefon<br />
Personal Computer (PC) Disketten, CD-ROM Virtual Reality Geräte<br />
Fotokamera (digital , analog) Fotofilm Gedruckte Fotografie, Diaprojektor,<br />
Bildschirm<br />
Filmkamera (digital, analog) Videokassetten, DVD Video-, DVD-Abspielgerät<br />
Personal Computer (PC) Hellraumfolien (OHP-Folien) Hellraumprojektor (OHP)<br />
Mikrofilmkamera Mikrofilm Mikrofilmprojektor<br />
aus: Süss, Daniel (2004): <strong>Medien</strong>sozialisation von Heranwachsenden. Wiesbaden, S. 57f.<br />
<strong>Medien</strong>sozialisation 03.05.2007 3
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<strong>Seminar</strong> <strong>02B</strong>: <strong>Digitale</strong> <strong>Medien</strong><br />
<strong>Medien</strong>sozialisation (ergänzende Aspekte)<br />
• <strong>Medien</strong>sozialisationsforschung<br />
<strong>Medien</strong>sozialisation befasst sich mit der Rolle der <strong>Medien</strong> bei Prozessen der sozialen Entwicklung<br />
von Individuen. <strong>Medien</strong> verhalten sich als Sozialisationsagenten und sind Teil der sozialen und<br />
materiellen Umwelt, mit der sich Heranwachsende und Erwachsenen aktiv auseinandersetzen.<br />
• Der adäquate Umgang mit <strong>Medien</strong> zur Information, Bildung, kulturellen Entfaltung und<br />
Unterhaltung, als Nutzer und als Produzent, zählt zu den Kulturtechniken, die ein Mensch in einer<br />
Informations- und Wissensgesellschaft erlernen muss, um vollwertig in dieser Gesellschaft<br />
mitzuwirken.<br />
• Das Sozialisationsziel strebt nach <strong>Medien</strong>kompetenz. <strong>Medien</strong> dienen als Spiegel und<br />
Transporteure anderer Sozialisatoren. Das Ziel beinhaltet hierbei die Bewältigung von<br />
Entwicklungsaufgaben und den Aufbau von Identität im Kontext der gesellschaftlichen<br />
Verhältnisse.<br />
• <strong>Medien</strong>sozialisationsforschung befasst sich mit zwei Grundfragen:<br />
• Wie lernen Menschen den Umgang mit <strong>Medien</strong> und welche Formen des Umgangs lassen<br />
sich unterscheiden ? (Aspekt: <strong>Medien</strong>kompetenzen)<br />
• Wie verändern <strong>Medien</strong> die allgemeinen Sozialisationsprozesse und sind dies entwicklungsfördernde<br />
oder –gefährdende Veränderungen ? (Aspekt: <strong>Medien</strong>effekte)<br />
• Weitere Perspektiven der <strong>Medien</strong>nutzung. <strong>Medien</strong>nutzung:<br />
• zwischen Selbst- und Fremdsozialisation (Wahl der <strong>Medien</strong>, Selbst- oder Fremdsteuerung),<br />
• als Umgang mit dem Warenmarkt (<strong>Medien</strong> als Waren, Konsumenten, Kosten),<br />
• als politische Partizipation (Werthaltung, Interesse, politische Inhalte, Freizeitverhalten),<br />
• als Suche nach Gratifikationen (Bedürfnisse, Einflüsse, Motive, Kommunikation, Publikum),<br />
• im Kontext der <strong>Medien</strong>generationen (Stellenwert der <strong>Medien</strong>, Werte, Denkweisen,<br />
Verhalten, <strong>Medien</strong>inhalte, Risiken, Nutzen, Ziele, Suchphänomene).<br />
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<strong>Seminar</strong> <strong>02B</strong>: <strong>Digitale</strong> <strong>Medien</strong><br />
<strong>Medien</strong>sozialisation (zusammenfassende Aspekte)<br />
• Dimensionen der <strong>Medien</strong>sozialisation (D. Süss)<br />
• Prä-kommunikative Variablen: <strong>Medien</strong>zugang und <strong>Medien</strong>angebote<br />
• Kommunikative Variablen: <strong>Medien</strong>nutzung und -aneignung<br />
• Postkommunikative Variablen: <strong>Medien</strong>kompetenz und -effekte<br />
• <strong>Medien</strong> als Risiken für das sich entwickelnde Individuum<br />
• Konsum und Konformitätsdruck<br />
• Fremdbestimmte Zeit<br />
• Verzerrungen im Selbst- und Weltbild<br />
• Auflösung der Identitäts-Grenzen<br />
• <strong>Medien</strong> als Ressourcen der Heranwachsenden<br />
• <strong>Medien</strong> als Bausteine einer anregenden sozialen Umwelt<br />
• <strong>Medien</strong>nutzung als bewusstes persönliches Zeitmanagement<br />
• <strong>Medien</strong>aneignung als sozial verortete Selbstgestaltung<br />
• <strong>Medien</strong>kompetenz als gesellschaftliche Handlungsfähigkeit<br />
• Gelingende <strong>Medien</strong>sozialisation in der Informationsgesellschaft<br />
• Verfügen und verfügbar sein<br />
• Mobil und vernetzt sein<br />
• Anteil nehmen und Impulse geben<br />
<strong>Medien</strong>sozialisation 03.05.2007 5
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<strong>Seminar</strong> <strong>02B</strong>: <strong>Digitale</strong> <strong>Medien</strong><br />
<strong>Medien</strong>sozialisation (<strong>Medien</strong>zugang)<br />
aus: Süss, Daniel (2004): <strong>Medien</strong>sozialisation von Heranwachsenden, Wiesbaden, S. 275<br />
<strong>Medien</strong>sozialisation 03.05.2007 6
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<strong>Seminar</strong> <strong>02B</strong>: <strong>Digitale</strong> <strong>Medien</strong><br />
<strong>Medien</strong>sozialisation (Sozialisationseffekte)<br />
aus: Süss, Daniel (2004): <strong>Medien</strong>sozialisation von Heranwachsenden, Wiesbaden, S. 278<br />
<strong>Medien</strong>sozialisation 03.05.2007 7
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<strong>Seminar</strong> <strong>02B</strong>: <strong>Digitale</strong> <strong>Medien</strong><br />
<strong>Medien</strong>sozialisation und Identität<br />
aus: Süss, Daniel (2004): <strong>Medien</strong>sozialisation von Heranwachsenden, Wiesbaden, S. 279<br />
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