Kirchenvorstandswahl 2009 - Evangelische Kirche in Hessen und ...

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Konkrete Schritte zur Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten Vielfalt ist erwünscht! Eine starke Kirchengemeinde lebt von dem, was die Einzelnen einbringen. Betrachten Sie die Zusammensetzung in Ihrem Kirchenvorstand, dann werden Sie bemerken, dass unterschiedliche Interessen und Neigungen zusammenkommen – und das ist auch gut so. Idealerweise sollte der Kirchenvorstand die Vielfalt in der Gemeinde widerspiegeln. Ihre Aufgabe besteht nun darin, einen Kirchenvorstand zu finden, der Ihre Gemeinde mit ihren speziellen Anforderungen und Besonderheiten leiten kann. Deshalb ist es wichtig, sich zunächst darüber in der Bilanzierung Klarheit verschafft zu haben (siehe Seiten 6–9). Dann fallen Ihnen die folgenden konkreten Schritte auch sehr viel leichter: 1. Überlegen Sie, wer gebraucht wird: -Welche Bereiche sind bei Ihnen wichtig? Welche Fähigkeiten und Kompetenzen werden benötigt? -Welche Mitglieder des Kirchenvorstands sind bereit, erneut zu kandidieren? Wo ergeben sich Lücken? Achten Sie auf Ausgewogenheit und Vielseitigkeit: -Achten Sie darauf, dass im Kirchenvorstand verschiedene Altersklassen, Berufe, Kenntnisse und Interessensschwerpunkte vertreten sind. -Unter Gleichstellungsaspekten ist darauf zu achten, Männer und Frauen möglichst zu gleichen Teilen einzubinden. 2. Leiten Sie die Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten in die Wege: -Überlegen Sie, wer aufgrund seines persönlichen Profils für eine Kandidatur in Frage kommen könnte. -Anregung: Wer kennt Menschen, die wiederum mögliche Interessentinnen oder Interessenten kennen? -Bereiten Sie auf diese Weise eine Liste möglicher Kandidatinnen und Kandidaten zur Übergabe an den im weiteren Verfahren zu bildenden Benennungsausschuss vor. -Sorgen Sie für ausreichende Kandidatenvorschläge – auch für den Fall, dass Kandidaturen zurückgezogen werden. Frischer Wind im Kirchenvorstand Seien Sie offen für Neues und Neue: Wie die Kirchengemeinde selbst, so entwickelt sich auch der Kirchenvorstand weiter. Es ist daher ganz natürlich, dass sich die Zusammensetzung ändert. TIPP: „Schnuppersitzung“ vor der Wahl Veranstalten Sie zwei oder drei öffentliche Kirchenvorstandssitzungen und laden Sie mögliche Kandidatinnen und Kandidaten dazu ein. Das gibt ihnen Gelegenheit, sich im Vorfeld mit den Aufgaben des Kirchenvorstands vertraut zu machen oder zumindest einen gewissen Einblick zu bekommen. Bei der Planung müssen Sie natürlich darauf achten, welche Tagesordnungspunkte für die Öffentlichkeit tabu sind (z.B. Personalfragen). Aufgaben und Leitungsverantwortung des Kirchenvorstands Viele, die sich erstmals mit einer Kandidatur befassen, sind überrascht, wie viele Gestaltungsmöglichkeiten der Kirchenvorstand hat. Die Leitungsverantwortung des Kirchenvorstands ist in der Kirchenordnung (KO) verankert. Unter Artikel 6 Abs. 1 steht einleitend: „Der Kirchenvorstand leitet nach der Schrift und gemäß dem Bekenntnis die Gemeinde und ist für das gesamte Gemeindeleben verantwortlich.“ Die Aufgaben des Kirchenvorstands werden vor allem in der Kirchenordnung (KO) und der Kirchengemeindeordnung (KGO) beschrieben. Sie lassen sich in drei Aufgabenbereiche bündeln: - Orientierung geben - Menschen zusammenführen - Entscheidungen treffen Orientierung geben Der Kirchenvorstand ... - leitet die Gemeinde, fördert das christliche Leben in der Gemeinde und ist für das gesamte Gemeindeleben verantwortlich - steht dafür ein, dass das Wort Gottes verkündigt wird - nimmt den Bildungsauftrag wahr und unterstützt entsprechende Angebote - trägt Verantwortung für diakonische Dienste und hat Mitverantwortung für die Seelsorge - trägt gesellschaftliche Verantwortung und lenkt das Augenmerk auf Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen - unterstützt die Ökumene und fördert die Zusammenarbeit mit anderen Kirchen vor Ort - fördert die Kinder- und Jugendarbeit in der Gemeinde - fördert kulturelle Angebote innerhalb der Gemeinde - bedenkt und erprobt neue Formen des Gemeindelebens Menschen zusammenführen Der Kirchenvorstand ... - ermuntert zur Mitarbeit in der Gemeinde - gibt Gaben in der Gemeinde Raum - sorgt dafür, dass die Wünsche und Bedürfnisse aller Mitglieder – der aktiven wie der weniger aktiven – in der Gemeinde berücksichtigt sind - achtet auf die Zusammenarbeit mit übergemeindlichen Einrichtungen der Kirche - beruft regelmäßig (mindestens 1x im Jahr) den Kreis der Mitarbeitenden sowie eine Gemeindeversammlung ein und leitet beide - sorgt für Kommunikation nach außen - kümmert sich um die Vernetzung mit Vereinen, anderen Gruppierungen und mit der bürgerlichen Gemeinde Entscheidungen treffen Der Kirchenvorstand ... - vertritt die Gemeinde in geistlichen und rechtlichen Fragen - achtet auf die Einhaltung von Gottesdienstzeiten und darauf, dass Gottesdienste regelmäßig, in erreichbarer Nähe und zu geeigneten Zeiten stattfinden - wählt die Pfarrerin/den Pfarrer, entsendet Synodale in die Dekanatssynode und entscheidet über den Einsatz von Prädikantinnen und Prädikanten - beschließt die Pfarrdienstordnung, die Gottesdienstordnung und regelt die freien Kollekten - verwaltet das Kirchenvermögen, ist für kirchliche Gebäude und Grundstücke verantwortlich und beschließt über die Fremdnutzung kirchlicher Räume/Gebäude - kann Ausschüsse bilden und nimmt die Befugnisse als Arbeitgeber wahr 14 15
16 Gemeinde geistlich leiten: Mehr als die Summe der Aufgaben Die Kirchenvorstandssitzung ist zu Ende. Auf dem Heimweg sagt Frau D. zu Herrn J.: „Wir reden ja nur über Bau- und Finanzangelegenheiten – und dann noch die Personalprobleme in der KiTa! Dafür habe ich mich eigentlich nicht wählen lassen.“ „Ach, also ich sehe das anders. Das bewegt doch die Gemeinde.“ „Mag sein, aber ich finde, wir sollten uns mehr Zeit für den Glauben nehmen. Oder auch mal darüber sprechen, wo wir als Gemeinde in fünf oder zehn Jahren stehen wollen. Es geht doch eigentlich um was anderes als nur um Verwaltung!“ „Das ist doch klar, wir sind für die Gemeindeglieder da...“. Das ist die alltägliche Spannung zwischen Auftrag und Alltag, jeder Kirchenvorstand kennt das. Einerseits müssen die vielfältigen Aufgaben des Kirchenvorstandes gut und sorgfältig erledigt werden, andererseits soll der Kirchenvorstand auch eine geistliche Weg- und Leitungsgemeinschaft sein, die ihre Grundlage im „allgemeinen Priestertum aller Gläubigen“ hat. Das Geistliche ist – das ist eine der emanzipatorischen Einsichten der Reformation – eben nicht auf den „geistlichen Stand“ begrenzt. Zur geistlichen Gemeindeleitung sind neben den Pfarrerinnen und Pfarrern auch alle Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher beauftragt und befähigt. Sie legen bei ihrer Einführung in das Amt folgendes Versprechen ab: „Ich gelobe vor Gott und dieser Gemeinde, den mir anvertrauten Dienst sorgfältig und treu zu tun in der Bindung an Gottes Wort, gemäß dem Bekenntnis und nach den Ordnungen unserer Kirche und unserer Gemeinde.“ Das ist das Fundament einer geistlichen Gemeindeleitung, die mit dem Geist Gottes rechnet. Dieser Auftrag – Leitung „in der Bindung an Gottes Wort“ – ist allerdings kein leichtes Unterfangen. Was bedeutet es, auf den Geist Gottes zu vertrauen, ihm Raum zu geben? Wie kann sich der Geist Gottes in einem Kirchenvorstand entfalten und die alltäglichen Leitungsentscheidungen prägen? Dafür gibt es kein Patentrezept. Wichtig ist hier das gemeinsame, offene und vorurteilsfreie Gespräch und auch die Auseinandersetzung: „Prüfet aber alles und das Gute behaltet“ (1. Brief an die Thessalonicher 5, 21). Das Gespräch über die Ausrichtung der Gemeinde und ihre Schwerpunkte sollte von dieser Grundhaltung geprägt sein. Sie spiegelt sich auch darin, dass Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher einander zuhören, aufeinander eingehen und die in einem Kirchenvorstand anzutreffenden unterschiedlichen Frömmigkeitsstile nicht als Belastung, sondern als Bereicherung sehen. Und schließlich gehört dazu, sich gemeinsam mit der Bibel zu beschäftigen, sie zu lesen und zu fragen, was sie uns heute bedeutet und welche Erfahrungen wir damit gemacht haben. So entsteht eine geistliche Weg- und Leitungsgemeinschaft, so entwickelt sich geistliche Gemeindeleitung als ein lebendiger, kommunikativer Prozess. In diesem Prozess kommt den Pfarrerinnen und Pfarrern im Kirchenvorstand eine besondere Rolle zu: Als theologische Fachleute, die ein geistliches Amt inne haben, begleiten sie das gemeinsame Gespräch und die Entscheidungen im Kirchenvorstand und tragen aus dem Evangelium gewonnene Deutungen bei. Auf diese Weise verschränken sich im Kirchenvorstand synodal-demokratische und episkopale (bischöfliche) Leitungsmodelle zu einem geistlichen Kollegium, dem die Leitung der Gemeinde anvertraut ist. Die „Bindung an Gottes Wort“ kann noch eine ganz andere, eine entlastende Dimension haben. Bei allem notwendigen Engagement kann sie zu einer gewissen „geistlichen Gelassenheit“ führen. Paulus sagt in seinem Brief an die Römer: „Es liegt nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen.“ (Römer 9,16) Für die Arbeit im Kirchenvorstand kann man dieses Wort des entlastenden Gottvertrauens abwandeln: Es liegt nicht allein an unseren Bemühungen, sondern mit Gottes Hilfe kommen wir ans Ziel. Die Andacht oder das Gebet zu Beginn einer jeden Kirchenvorstandssitzung formuliert dieses Vertrauen und stellt die Arbeit des Kirchenvorstandes in diesen weiten, für Gott offenen Raum. 17
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