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Aktuell Obwalden | KW18 | 5. Mai 2022

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AKTUELL<br />

IM ARCHIV<br />

AusEmmas Schätzen<br />

Im Oktober2020 verstarb die LungererinEmma Furrer.Ihrer Nachwelt<br />

hat sie einen riesigenReichtum hinterlassen –nicht in Form vonGeld,<br />

sondern vonErinnerungen. Neffe Hans Furrer kümmertsich drum.<br />

Es beginnt schon beim Espresso. Hans<br />

Furrer serviert ihn in einem filigranen<br />

Tässchen aus Keramik. «Das stammt<br />

aus dem Hotel du Lion d′Or», erklärt er. Und<br />

bevor man sich fragt, wo dieses Hotel wohl<br />

stehen mag, fügt der 60-Jährige erklärend<br />

hinzu: «Lööwä!» Jenes Hotel Löwen also,das<br />

einst Rang und Namen hatte und nur einen<br />

Steinwurf entfernt liegt von Hans Furrers<br />

Daheim an der Brünigstrasse inLungern. Zu<br />

den Anfangszeiten hiess das Hotel «du Lion<br />

d′Or» (zum goldenen Löwen), und die über<br />

100-jährige Keramiktasse ist eine stumme<br />

Zeitzeugin jener Ära, als hier fremde Gäste<br />

aus den Kutschenstiegen,umsich bewirten<br />

zu lassen. Eine Zeugin vergangener Zeiten<br />

war auch Emma Furrer, welche die Tasse<br />

ihrer Urahnen aufhob.Sie allerdings blieb bis<br />

zu ihrem Todnicht stumm.Gottlob!<br />

Hans Furrer weiss beeindruckend viel über<br />

die Lokalgeschichte Lungerns. Doch im Vergleich<br />

zu seiner Tante Emma stünde er wie<br />

ein Schulbub da. Das«Furrer-Emmi» war eine<br />

Institution in Lungern, ein wandelndes Archiv.<br />

Sie verstarb am 7. Oktober 2020 im Alter von<br />

92 Jahren. Ledig und kinderlos widmete sie<br />

sich bis zuletzt der Geschichte ihrer Heimat.<br />

Sie war nicht nur eine Sammlerin von alten<br />

Schriftstücken, Bildern und Preziosen, sondern<br />

sie tat auch etwas, was alte Menschen<br />

viel öfter tun sollten: Sie hielt ihre Gedanken<br />

und Erinnerungen fest, erstellte Stammbäume,<br />

knüpfte Zusammenhänge zwischen<br />

den TausendenDokumenten und Briefen, die<br />

sich in den Schubladenstapelten. Kein Detail<br />

war ihr zu detailliert,keineFormalie schien ihr<br />

überflüssig. Jahrzehntelang galt: Wersich mit<br />

der Lungerer Geschichte beschäftigenwollte,<br />

kam am umtriebigen Furrer-Emmi nicht vorbei.Die<br />

Frau setzte abernoch einendrauf: Sie<br />

transkribierte! Wasbedeutet das?<br />

Die Sache mit der Schrift<br />

Wer hin und wieder in Dokumenten früherer<br />

Zeiten stöbert, weiss, dass es eine zeitliche<br />

Grenze gibt, die darüber entscheidet, ob<br />

man Schweissausbrüche kriegt oder nicht.<br />

Glück hat, wer auf Schreibmaschinenschrift<br />

trifft. Werdagegen handgeschriebene Briefe<br />

aus dem 19. Jahrhundert vor sich hat, mag<br />

sich im ersten Moment fragen, aus welchen<br />

fernen Landen die Schrift wohl stammen<br />

mag –bis man das eine oder andere Wort<br />

entziffertund merkt: Das ist ja deutsch! Man<br />

nennt diese alte Schrift Kurrentschrift. Heute<br />

können nur noch Enthusiasten und Historiker<br />

solche Schriftstücke flüssig lesen. Alle<br />

anderen sind gut beraten, sich für die Lektüre<br />

eines 150-jährigen Liebesbriefs einen<br />

halben TagZeit zu nehmen.<br />

Emma Furrer hat das Problem erkannt.<br />

Sie war sich der Tatsache bewusst, dass<br />

nach ihrem Tod kaum jemand genügend<br />

Musse und Geduld haben würde, all die Dokumente<br />

in eine moderne Schreibform zu<br />

«übersetzen». Also tat sie es. Fein säuber-

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