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private-banking_mai_2022

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PRIVATE<br />

BANKING<br />

W I R T S C H A F T S M A G A Z I N<br />

16 Seiten<br />

Krypto-Special<br />

Die Wende<br />

Die Rekordinflation beendet die Zeit der Nullzinsen.<br />

Was das für Ihre Investitionen bedeutet.<br />

Wir leben Immobilien.<br />

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PRIVATE<br />

BANKING<br />

Editorial<br />

Rainer Nowak, Chefredakteur<br />

und Herausgeber.<br />

FOTO: PETER REGAUD<br />

In weniger als einem Monat ist es so weit. Am 9. Juni tagt in<br />

Frankfurt das nächste Mal der Rat der Europäischen Zentralbank<br />

und es deutet viel darauf hin, dass dann die Zinswende<br />

auch die Eurozone erreicht. Der Druck auf EZB-Chefin Christine<br />

Lagarde wird nämlich von Woche zu Woche stärker, nicht zuletzt<br />

weil die US-Zentralbank Federal Reserve mit zwei Zinsschritten –<br />

einer davon im seit mehr als 20 Jahre lang nicht mehr gesehenen<br />

Ausmaß von 0,5 Prozentpunkten – bereits kräftig in Vorlage<br />

gegangen ist.<br />

Grund für die Wiedereinführung der Zinsen ist die Inflation.<br />

Diese begann bereits im Sommer des Vorjahres anzuziehen und<br />

erreichte zuletzt mit 7,5 Prozent in der Eurozone ein Ausmaß, das<br />

es zuletzt vor rund 40 Jahren gab. „Private Banking“-Leser waren<br />

davon übrigens nicht überrascht. Bereits im Mai des Vorjahres –<br />

also zu einem Zeitpunkt als die Coronapandemie die globale<br />

Wirtschaft noch fest im Griff hatte und die Teuerung bei vielen<br />

Ökonomen und vor allem den Zentralbanken noch lang nicht auf<br />

der Agenda stand – beschäftigte sich die damals erschienene<br />

Ausgabe ausführlich mit der Rückkehr der Inflation und der<br />

Bedeutung dieser Entwicklung für die Investoren.<br />

Aber auch die nun erfolgende Reaktion der Zentralbanken in<br />

Form einer Straffung der Geldpolitik ist für die Anleger von<br />

großer Relevanz. So machen Zinsen Anlageformen wie Anleihen<br />

oder sogar das klassische Sparbuch wieder attraktiver. Gerade in<br />

der Übergangsphase bedeuten die Zinsanhebungen aber vor<br />

allem Unsicherheit und mitunter auch deutliche Kursverluste am<br />

Kapitalmarkt – sowohl für Bonds als auch für Aktien. Was das<br />

bedeutet, mussten die meisten Investoren im vergangenen April<br />

bereits am eigenen Leib erfahren: Es war einer der schlechtesten<br />

Börsenmonate seit Langem.<br />

Die Zinswende und wie sich die Anleger nun am besten positionieren<br />

sollten, ist daher das Thema dieser Ausgabe des „Private<br />

Banking“-Magazins. Sie wurde vom Team des „Economist“ unter<br />

Leitung von Hanna Kordik und Gerhard Hofer erstellt. Die redaktionelle<br />

Leitung lag dabei traditionell in den Händen von Jakob<br />

Zirm.<br />

Neben der Zinswende und ihrer Auswirkung auf die Kapitalmärkte,<br />

wird in dieser Ausgabe auch verstärkt auf das Thema<br />

Immobilien eingegangen. Diese Anlageform erfreute sich in den<br />

vergangenen zehn Jahren – trotz konstant steigender Preise –<br />

einer stetig wachsenden Beliebtheit. Und da hierbei die Finanzierung<br />

meist auch über Kredite erfolgt, haben die Veränderungen<br />

in der Geldpolitik besonders große Auswirkungen auf den Markt.<br />

Als Special widmet sich das aktuelle Magazin erneut dem Thema<br />

Kryptowährungen. Eine Assetklasse, die inzwischen zu einem<br />

festen Bestandteil vieler Portfolios geworden ist.<br />

Ich wünsche Ihnen eine gewinnbringende Lektüre.<br />

PRIVATE<br />

BANKING 3


PRIVATE<br />

BANKING<br />

Inhalt<br />

6<br />

Krypto-Special<br />

6<br />

Rekordinflation. Die Zinserhöhung wurde<br />

von der EZB lang hinausgeschoben. Im<br />

Sommer könnte es so weit sein.<br />

10<br />

Zinsanhebung. Die Notenbanken reagieren<br />

auf die steigende Inflation. Top-Privatbanker<br />

erklären, worauf es jetzt ankommt.<br />

18<br />

Paradigmenwechsel. Jan Viebig, Chief<br />

Investment Officer, rechnet an den globalen<br />

Märkten mit kräftigen Umbrüchen.<br />

38<br />

Kredite. Bankkredite werden teurer. In der<br />

aktuellen ungewissen Phase sind<br />

Fixzinskredite besonders attraktiv.<br />

40<br />

Washingtons Geldpolitik. Die USA<br />

braucht ein Wunder, um ihr Inflationsziel<br />

ohne Rezession zu erreichen.<br />

46<br />

Schwellenländer. Welche Auswirkungen<br />

hat die Zinswende? Experten sehen sie<br />

besser gerüstet als in der Vergangenheit.<br />

74<br />

Bitcoin als Gefahr? Die Kryptowährung<br />

ist gekommen, um das<br />

Geldsystem auf den Kopf zu stellen.<br />

78<br />

Alternativen. Es muss nicht immer<br />

Bitcoin sein. Auch andere Kryptoprojekte<br />

versprechen Wertzuwachs.<br />

22<br />

Zinssturm. Die Zinswende wirbelt<br />

die Börsen gehörig auf. Selektive<br />

Anlagechancen sind gefragt.<br />

28<br />

Comeback. Das Ende des Sparbuchs<br />

wurde schon oft prognostiziert. Kann es<br />

wieder zu einem Gewinner werden?<br />

30<br />

Energiekrise. Es gibt Konzerne, die trotz<br />

Krieg und steigender Energiepreise kräftig<br />

verdienen. Kann die Politik gegensteuern?<br />

34<br />

Historischer Überblick. Zinsen sinken<br />

bereits seit Anfang des 14. Jahrhunderts.<br />

48<br />

Stabilitätsfaktor. Ist Gold nach wie vor<br />

der ideale Inflationsschutz?<br />

52<br />

Eigentum. Preise für Wohnimmobilien sind<br />

seit Jahren im Steigen. Ab Sommer wird die<br />

Kreditvergabe eingeschränkt.<br />

58<br />

Bauherrenmodelle. Trotz steigender<br />

Immobilienpreise zahlt sich ein Investment<br />

für Anleger allemal aus.<br />

62<br />

Betongold. Der Wunsch nach einer Immobilie<br />

ist bei den Österreichern<br />

ungebrochen. Was man beachten sollte.<br />

84<br />

Satoshi Nakamoto. Die Anonymität<br />

des Gründers hat einen Vorteil<br />

für Bitcoin: Es ist unangreifbar.<br />

86<br />

Steuerfrage. Seit Kurzem werden<br />

Bitcoin und Co. nach den Regeln für<br />

Kapitalanlagen besteuert.<br />

IMPRESSUM:<br />

Medieninhaber & Herausgeber: „Die Presse“ Verlags-Gesellschaft m.b.H. & Co KG, Hainburger Straße 33, 1030 Wien. Geschäftsführung: Rainer Nowak, Mag. Herwig Langanger.<br />

Chefredakteur: Rainer Nowak. Redaktionelle Leitung: DI (FH) Jakob Zirm. Teamassistenz: Christina Dunky. Illustrationen: Marin Goleminov. Lektoratsleitung: Monika Frömmel.<br />

Infografik: Petra Winkler, Gregor Käfer. Art Direction: Matthias Eberhart. Produktion: Thomas Kiener, Christian Stutzig, Alexander Schindler.<br />

Anzeigen: Tel.: +43/(0)1/514 14-535, E-Mail: anzeigenleitung@diepresse.com. Hersteller: Druck Styria GmbH & Co KG. Herstellungsort: St. Pölten.<br />

FOTOS: COVER: PICTUREDESK.COM, INHALT: REUTERS (3)<br />

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EZB-Präsidentin<br />

Christine Lagarde<br />

konnte sich bisher<br />

noch nicht zur Zinswende<br />

durchringen.<br />

Der Druck wird aber<br />

laufend stärker.<br />

Kopfschmerzen<br />

in Frankfurt<br />

Während in den USA bereits zwei Zinsanhebungen durchgeführt wurden, wartet<br />

man in der EZB mit der Zinswende noch ab. Der Druck durch die Inflation steigt<br />

jedoch von Monat zu Monat. Im Sommer könnte es so weit sein.<br />

TEXT: JAKOB ZIRM<br />

6 PRIVATE<br />

BANKING


FOTO: REUTERS<br />

Christine Lagarde müsse nur in<br />

den Europäischen Verträgen<br />

nachschauen, dort würde sie die<br />

Antwort auf ihr vorgebliches Dilemma<br />

finden. Diese Kritik schallte der EZB-<br />

Präsidentin im April von deutschen<br />

Ökonomen entgegen, als sich die Zentralbank<br />

nicht dazu durchringen konnte,<br />

die Zinswende einzuleiten. Man wolle<br />

erst einmal das Anleihenkaufprogramm<br />

auslaufen lassen und die Lage noch<br />

beobachten, so der Sukkus von Lagardes<br />

Rede nach der jüngsten Zinssitzung.<br />

Das Dilemma, das dieser zögerlichen<br />

Haltung zugrunde liegt, ist, dass die europäische<br />

Wirtschaft gerade erst die Coronapandemie<br />

hinter sich lässt und durch<br />

den Ukraine-Krieg einen neuen Schock<br />

verdauen muss. Die Währungshüter<br />

haben daher die Sorge, mit Zinserhöhungen<br />

die Konjunktur abzuwürgen<br />

(und die Zinskosten für die Staaten zu<br />

erhöhen). Für die kritisierenden<br />

Ökonomen kein taugliches Argument.<br />

Denn das Mandat der EZB betreffe vor<br />

allem die Sicherung der Preisstabilität.<br />

Diesem Ziel müssten alle anderen Ziele<br />

untergeordnet werden.<br />

Von Preisstabilität kann in der Eurozone<br />

derzeit jedoch nicht gerade gesprochen<br />

werden. So betrug die Inflation in der<br />

Eurozone im April den Rekordwert von<br />

7,5 Prozent. In Österreich liegt die Teuerung<br />

mit 7,2 Prozent zwar minimal<br />

geringer, das ist aber immer noch der<br />

höchste Wert seit 40 Jahren. Das letzte<br />

Mal wurde eine so hohe Inflationsrate im<br />

Oktober 1981 gemessen.<br />

Haupttreiber der Inflation sind vor allem<br />

Energieprodukte wie Benzin und Diesel,<br />

aber auch elektrischer Strom. Grund<br />

dafür ist einerseits der Ukraine-Krieg, der<br />

aufgrund der Bedeutung Russlands als<br />

Energielieferant und der nun verhängten<br />

Sanktionen gegen den Aggressor regelrechte<br />

Schockwellen auf den weltweiten<br />

Energiemärkten ausgesandt hat.<br />

Aber auch die nach wie vor nicht bereinigten<br />

Probleme bei den internationalen<br />

Lieferketten sorgen weiterhin bei vielen<br />

Industrieprodukten für einen Nachfrageüberhang<br />

und dadurch steigende Preise.<br />

Eine Situation, die sich durch die rigorose<br />

Zero-Covid-Strategie der chinesischen<br />

Regierung samt Lockdowns für<br />

Millionen von Menschen in China im<br />

Laufe der kommenden Monate noch<br />

weiter verschärfen dürfte.<br />

Gleichzeitig erwarten Ökonomen<br />

jedoch auch, dass Nahrungsmittel heuer<br />

zu einem weiteren Preistreiber werden<br />

könnten. Hier spielt ebenfalls der<br />

Ukraine-Krieg eine große Rolle, da das<br />

russische Erdgas ein wichtiger Rohstoff<br />

für die Erzeugung von Dünger ist.<br />

Zudem sind sowohl die Ukraine als<br />

auch Russland große Weizen-Exporteure<br />

– vor allem in Richtung Nordafrika<br />

und Naher Osten. Da viele dieser Lieferungen<br />

nun ausbleiben, versuchen diese<br />

Länder sich anderswo am Weltmarkt<br />

mit den benötigten Nahrungsmitteln<br />

Die These, dass die<br />

Inflation nur<br />

„temporär“ sei, hat<br />

sich als falsch<br />

erwiesen.<br />

einzudecken. Eine Situation, die auch in<br />

Europa die Preise für Brot oder Fleisch<br />

steigen lässt.<br />

Die noch im vergangenen Herbst von<br />

Lagarde und ihrem Chefökonomen,<br />

Philip Lane, vertretene These, dass die<br />

seit Sommer 2021 spürbaren inflationären<br />

Tendenzen nur „temporär“ seien,<br />

haben sich somit als falsch erwiesen.<br />

Noch im Dezember hatte Lagarde nach<br />

einer mit großer Spannung erwarteten<br />

Zinssitzung erklärt, dass die europäische<br />

Wirtschaft weiterhin eine lockere Geldpolitik<br />

als Unterstützung brauche. Zu<br />

diesem Zeitpunkt hatte ihr transatlantisches<br />

Pendant Jerome Powell bei der<br />

US-Notenbank Fed bereits die<br />

Notbremse gezogen und die für März<br />

geplante und dann auch so umgesetzte<br />

Zinswende öffentlich verlautbart.<br />

Zinserhöhung im Juli?<br />

Aber auch in Europa mehren sich inzwischen<br />

die Stimmen, dass die EZB nun<br />

ebenfalls kehrtmachen und die seit<br />

März 2016 auf null Prozent liegenden<br />

Leitzinsen anheben müsse. Die dadurch<br />

verringerte Nachfrage nach Geld soll die<br />

Wirtschaft abkühlen und somit dafür<br />

sorgen, dass sich die Preissteigerungen<br />

einbremsen.<br />

Den Anfang machte rund eine Woche<br />

nach der Aprilsitzung der EZB der Präsident<br />

der deutschen Bundesbank,<br />

Joachim Nagel. Er erklärte am Rande der<br />

Frühjahrstagung des IWF in Washington,<br />

dass er schon im Sommer mit einer Zinserhöhung<br />

rechne. „Die hohen Inflationsraten<br />

dürfen sich nicht verfestigen“, so<br />

Nagel.<br />

Kurz danach folgten ähnliche Aussagen<br />

von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos<br />

und dem belgischen Notenbank-Chef,<br />

Pierre Wunsch. De Guindos meinte, eine<br />

Zinserhöhung sei bereits im Juli möglich.<br />

Ähnlich die Aussagen von Wunsch. So<br />

sei ein Zinsschritt im Sommer „sicherlich<br />

ein Szenario, das ich in Betracht ziehen<br />

würde“. Und auch der heimische Nationalbank-Gouverneur,<br />

Robert Holzmann,<br />

erklärte inzwischen mehrfach, dass er<br />

dafür ist, dass „zeitnah“ gehandelt werde.<br />

Anfang Mai wiederum erklärte schließlich<br />

auch EZB-Direktorin Isabel<br />

Schnabel: „Jetzt reicht es nicht mehr zu<br />

reden, wir müssen handeln.“<br />

Viel spricht also dafür, dass bei der<br />

nächsten Zinssitzung am 9. Juni auch die<br />

historische Nullzinsphase in der Eurozone<br />

nach etwas mehr als sechs Jahren<br />

beendet wird.<br />

Doch auch wenn es dazu kommt, wird<br />

die Wende in Europa sicherlich wesentlich<br />

langsamer erfolgen als in den USA,<br />

wo innerhalb von zwei Monaten nun<br />

bereits ein Zinsschritt um 0,75 Prozentpunkte<br />

erfolgte. Für die Eurozone<br />

PRIVATE<br />

BANKING 7


6,50<br />

4,75<br />

5,25<br />

4,25<br />

’00 ’01 ’02 ’03 ’04 ’05 ’06 ’07 ’08 ’09 ’10<br />

erwarten die meisten Ökonomen dieses<br />

Niveau frühestens zu Ende des Jahres.<br />

Eine Sichtweise, die auch vom lettischen<br />

EZB-Ratsmitglied Martins Kazaks<br />

zuletzt gestützt wurde. „Eine Zinserhöhung<br />

im Juli ist möglich und vernünftig“,<br />

so Kazaks. „Die Märkte rechnen mit<br />

zwei oder drei Zinsschritten von 25<br />

Basispunkten bis zum Jahresende.<br />

Dagegen habe ich nichts einzuwenden,<br />

das ist eine durchaus vernünftige<br />

Einschätzung.“<br />

Kazaks meinte zudem weiter, dass das<br />

Ziel der EZB schlussendlich das Erreichen<br />

des sogenannten neutralen Zinssatzes<br />

sei. Das ist jener Zinssatz, der das<br />

Wachstum weder anregt noch einbremst.<br />

Allerdings kann dieser Zinssatz nicht<br />

gemessen werden. Laut Schätzungen<br />

dürfte er derzeit auf einem Niveau<br />

zwischen einem und 1,5 Prozent liegen.<br />

Mit diesem Zinsniveau dürften die Realzinsen<br />

jedoch weiterhin deutlich im<br />

negativen Bereich bleiben. So prognostiziert<br />

etwa die heimische Nationalbank<br />

für Österreich im kommenden Jahr eine<br />

Inflationsrate von 2,9 Prozent und auch<br />

2024 wird die Teuerung demnach mit<br />

2,2 Prozent über dem Ziel der EZB – und<br />

ENTWICKLUNG DER LEITZINSSÄTZE<br />

’11<br />

EZB<br />

Eurozone<br />

’12<br />

’13<br />

’14<br />

’15<br />

’16<br />

Fed<br />

USA<br />

’17 ’18 ’19 ’20 ’21 ’22<br />

auch spürbar über einem Zinsniveau von<br />

1,5 Prozent liegen.<br />

Sorge vor Rosskur<br />

Manche Ökonomen stellen jedoch auch<br />

infrage, ob Zinserhöhungen auf diesem<br />

Niveau überhaupt ausreichen werden,<br />

um die Inflation wieder auf das Niveau<br />

von zwei Prozent zu senken. Diese Sorge<br />

teilt unter anderem auch der Internationale<br />

Währungsfonds (IWF). So werde die<br />

Inflation „längerfristig hoch“ bleiben,<br />

erklärte IWF-Chefökonom Pierre-Olivier<br />

Gourinchas bei der Präsentation des<br />

jüngsten World Economic Outlook der<br />

Organisation. Daher müssten die Zentralbanken<br />

reagieren und die Zinsen<br />

anheben. Problematisch sei dabei vor<br />

allem, wenn dieser Schritt zu lang<br />

Problematisch ist,<br />

wenn die<br />

Zinserhöhung zu<br />

Quelle: APA (Stand: 28. 4. <strong>2022</strong>)<br />

lang hinausgeschoben<br />

wird.<br />

in Prozent<br />

0,25 – 0,50<br />

seit März <strong>2022</strong><br />

0,0 seit<br />

März 2016<br />

herausgezögert werde. Wenn nämlich die<br />

Inflationserwartungen dem Ziel von Fed<br />

oder EZB „davongaloppieren“, wären die<br />

Banken zu abrupten und heftigen Zinsschritten<br />

gezwungen, um das Steuer<br />

herumzureißen. Und das wäre dann<br />

erneut ein Schockmoment für die Wirtschaft.<br />

Was in diesem Zusammenhang klar ist,<br />

ist, dass die Zinswende in den USA nicht<br />

nur früher begonnen hat, sondern auch<br />

weiter gehen wird. So erwarten die<br />

Finanzmärkte bis zum Ende des Jahres<br />

<strong>2022</strong> bereits einen Anstieg des US-Leitzinses<br />

auf knapp drei Prozent. Das wird<br />

auch dazu führen, dass der Dollar im<br />

Verhältnis zum Euro weiter an Stärke<br />

gewinnen wird.<br />

Bereits seit dem Sommer des Vorjahres<br />

ist die Gemeinschaftswährung gegenüber<br />

dem Greenback auf Sinkflug und<br />

stürzte in den vergangenen Wochen<br />

regelrecht ab. Ende April durchbrach sie<br />

dabei den Wert von 1,06 Dollar je Euro<br />

und sank auf den niedrigsten Wert seit<br />

fünf Jahren. Robin Brooks, Chefvolkswirt<br />

des Internationalen Bankenverbands,<br />

sieht die Entwicklung damit aber noch<br />

nicht am Ende: „Wir gehen davon aus,<br />

dass der Euro unter die Parität zum<br />

Dollar fallen wird.“ Damit gäbe es wohl<br />

auch währungstechnisch eine echte<br />

Zeitenwende, schließlich war der Dollar<br />

das letzte Mal im Dezember 2002 mehr<br />

wert als der Euro. Zu seinem Höchststand<br />

erhielt man 2008 sogar 1,6 Dollar je<br />

Euro.<br />

Für die Kaufkraft der Europäer ist das<br />

keine gute Nachricht. So werden Energieprodukte<br />

und Rohstoffe international<br />

nach wie vor vorwiegend in Dollar abgerechnet.<br />

Ein schwächerer Euro führt<br />

daher zu höheren Preisen für europäische<br />

Käufer und verstärkt somit neuerlich<br />

die Inflation. Diese dürfte wiederum<br />

ohnehin in den bevorstehenden Lohnrunden<br />

ihren Niederschlag finden,<br />

weshalb mittelfristig auch die Gefahr<br />

einer sich verselbstständigenden Lohn-<br />

Preis-Spirale besteht.<br />

l<br />

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Wehe, wenn sie<br />

losgelassen<br />

Auf die steigenden Inflationsraten reagieren immer mehr Notenbanken<br />

mit Zinsanhebungen. Das hat auch Folgen für die Finanzmärkte.<br />

Top-Privatbanker erklären, worauf es jetzt ankommt.<br />

TEXT: RAJA KORINEK<br />

Die globale Zinswende ist mittlerweile<br />

voll in Gange. In den USA<br />

erfolgte der erste Schritt vergangenen<br />

März mit einer Anhebung um<br />

0,25 Prozentpunkte. Angesichts der stark<br />

steigenden Inflation verwies US-Notenbankchef<br />

Jerome Powell aber bereits Ende<br />

April auf die Notwendigkeit, die Zinsen in<br />

der Mai-Sitzung um 0,5 Prozentpunkte<br />

anzuheben – was dann auch geschah.<br />

Allein im März erreichte die US-Teuerung<br />

mit 8,5 Prozent im Jahresvergleich den<br />

höchsten Stand seit 1981.<br />

Doch auch in der Eurozone steigt die<br />

Inflation kräftig und touchierte im März<br />

die Marke von 7,5 Prozent. Schuld an<br />

dem starken Anstieg sind allen voran die<br />

steigenden Rohstoffkosten etwa für<br />

Energie, die vom Ukraine-Krieg angeheizt<br />

werden. Harald Holzer, Chief<br />

Investment Officer und Vorstandsmitglied<br />

der Kathrein Privatbank, verweist<br />

obendrein auch auf den Umstand, dass<br />

die Ukraine bedeutender Lebensmittellieferant<br />

sei. Störungen bei Lieferketten<br />

im Agrarsektor aus der Region können zu<br />

weiteren Preissteigerungen in Europa<br />

führen.<br />

Der Druck auf die Notenbanken, ihre<br />

Leitzinsen rascher anzuheben, steige<br />

jedenfalls, konstatiert Robert Löw,<br />

Vorstandsvorsitzender der Liechtensteinischen<br />

Landesbank Österreich (LLB<br />

Oe). Löw erwartet deshalb auch im Juni<br />

größere US-Zinsschritte von zumindest<br />

0,50 Prozentpunkten. Dann aber könnte<br />

das Schlimmste ausgestanden sein, der<br />

Handlungsdruck im zweiten Halbjahr<br />

etwas nachlassen, meint der LLB-Oe-<br />

Boss. Die weiteren Anhebungen dürften<br />

dann wieder um jeweils 0,25 Prozentpunkte<br />

erfolgen. Er hält deshalb die<br />

jüngsten Markterwartungen für den<br />

„Bleibt die<br />

Inflationsrate hoch,<br />

wird auch die EZB<br />

die Zinsen langsam<br />

anheben müssen.“<br />

US-Leitzins von rund 2,7 Prozent bis<br />

Jahresende für übertrieben. Schließlich<br />

dürfte auch die Inflation in den USA<br />

heuer im Schnitt zwar noch bei gut<br />

sieben Prozent liegen, 2023 aber auf<br />

vier Prozent sinken, so Löw.<br />

Noch zögert die EZB<br />

Demgegenüber hat die Europäische<br />

Zentralbank (EZB) bislang noch mit<br />

keinen Anhebungen reagiert. Die<br />

Zurückhaltung der EZB kann Meinhard<br />

Platzer, CEO der LGT Bank Österreich,<br />

bis zu einem gewissen Grad durchwegs<br />

nachvollziehen, wie er sagt. „Die hohen<br />

Rohstoffpreise und der Ukraine-Krieg<br />

werden das Wirtschaftswachstum in<br />

Europa belasten. Das Rezessionsrisiko<br />

hat damit klar zugenommen.“ Die<br />

Vorsicht könne sich in den kommenden<br />

Monaten allerdings rasch ändern, meint<br />

Georg Frischmann, Leiter Private<br />

Banking der Hypo Tirol. „Bleibt die Inflationsrate<br />

im restlichen Jahr hoch, wird<br />

auch die EZB die Zinsen langsam<br />

anheben müssen.“<br />

Ähnlich lautet der Tenor auch in<br />

anderen Häusern. Erich Stadlberger,<br />

Leiter Private Banking und Asset<br />

Management bei der Oberbank, rechnet<br />

seitens der EZB mit einer sehr langsamen<br />

und überlegten Zinsanhebungsphase.<br />

Angesichts des Ukraine-Konflikts<br />

ist auch für Stadlberger die Zurückhaltung<br />

der Währungshüter in der Eurozone<br />

nachvollziehbar: „Die Risken, die<br />

Konjunktur im aktuellen Umfeld damit<br />

weiter zu belasten, ist in diesem Zusammenhang<br />

ein wesentlicher Gedanke.“<br />

Überhaupt sei es fraglich, ob eine Zinserhöhung<br />

ein geeignetes Mittel zur<br />

Bekämpfung der aktuellen Inflationsentwicklung<br />

sei. Lösungen für die steigenden<br />

Rohstoffpreise und die Lieferkettenprobleme<br />

hält Stadlberger für das<br />

probatere Mittel.<br />

ILLUSTRATION: MARIN GOLEMINOV<br />

10 PRIVATE<br />

BANKING


PRIVATE<br />

BANKING 11


KEHRTWENDE BEI DEN RENDITEN: 10-JÄHRIGE DEUTSCHE BUNDESANLEIHEN<br />

Rendite in Prozent Quelle: Bloomberg (Stand: 28. 4. <strong>2022</strong>)<br />

9,0<br />

8,0<br />

7,0<br />

6,0<br />

5,0<br />

4,0<br />

3,0<br />

2,0<br />

1,0<br />

0,0<br />

−1,0<br />

’91 ’92 ’93 ’94 ’95 ’96 ’97 ’98 ’99 ’00 ’01 ’02 ’03 ’04 ’05 ’06 ’07<br />

’08<br />

’09<br />

’10<br />

’11<br />

’12<br />

’13<br />

’14<br />

’15<br />

’16<br />

’17 ’18 ’19 ’20 ’21 ’22<br />

„In Summe wird sich die Inflationsdynamik aufgrund von<br />

Basiseffekten im Jahresverlauf etwas abschwächen.“<br />

Wie aber könnte es mit der Inflation<br />

letztendlich weitergehen? Die Prognosen<br />

der Experten fallen vorsichtig verhalten<br />

aus. Beim Bankhaus Spängler meint<br />

Vorstandsmitglied Nils Kottke, „das<br />

Thema Inflation beschäftigt uns schon<br />

länger.“ Kottke mahnt in Bezug auf die<br />

Inflationsentwicklung, dabei nicht nur<br />

die Rohstoffpreisen im Auge zu behalten.<br />

Auch die Lohnentwicklungen müsse<br />

man genau beobachten. In den USA<br />

wurden Lohnanpassungen in den<br />

vergangenen Jahren bereits stärker<br />

vorgenommen.<br />

Die Eurozone hinke hingegen nach:<br />

„Hier sind Nachholeffekte zu erwarten.<br />

Eine mögliche Gefahr einer Lohn-Preis-<br />

Spirale ist daher nicht von der Hand zu<br />

weisen“, sagt Kottke. Das könnte<br />

wiederum den Druck auf die Notenbanken<br />

weiter erhöhen. Wie dramatisch<br />

könnte es heuer noch werden? „In<br />

Summe wird sich die Inflationsdynamik<br />

aufgrund von Basiseffekten im Jahresverlauf<br />

etwas abschwächen. Eine Rückkehr<br />

auf die von den Notenbanken angestrebten<br />

zwei Prozent ist heuer aber<br />

nicht zu erwarten“, meint der Bankhaus-<br />

Spängler-Experte. Auch Stadlberger von<br />

der Oberbank gibt sich vorsichtig. Er hält<br />

eine Inflationsrate im oberen einstelligen<br />

Bereich in den kommenden Monaten für<br />

sehr wahrscheinlich.<br />

Sollte sich in solch einem Umfeld das<br />

Wirtschaftswachstum obendrein noch<br />

weiter abschwächen, ist für manch einen<br />

Experten gar eine Stagflation denkbar,<br />

„wenngleich dies nicht unser Basisszenario<br />

ist“, betont Kottke.<br />

Druck auf die Anleihekurse nimmt zu<br />

Die Entwicklung prägte etwa die<br />

1970er-Jahre deutlich. Damals heizten<br />

gleich zwei Ölkrisen die Teuerung an und<br />

würgten somit das Wachstum kräftig ab.<br />

Ob die Notenbanken heute die Inflation<br />

in den Griff bekommen, hänge letztendlich<br />

von einer Reihe an Faktoren – etwa<br />

dem Ukraine-Konflikt – ab, gibt Kathrein-<br />

Experte Holzer zu bedenken. „Ein Stagflationsszenario<br />

ist im Moment jedenfalls<br />

ein größeres Risiko als eine Rezession.“<br />

Schon jetzt haben die volkswirtschaftlichen<br />

Entwicklungen tiefe Spuren an den<br />

12 PRIVATE<br />

BANKING


WERBUNG<br />

E X P E R T I S E<br />

Dr. Robert Löw<br />

Vorstandsvorsitzender<br />

der Liechtensteinischen<br />

Landesbank<br />

(Österreich) AG<br />

UNTERNEHMEN<br />

Die Liechtensteinische Landesbank (Österreich) AG ist<br />

mit einem betreuten Vermögen von über 28 Milliarden<br />

Euro und rund 200 Mitarbeitenden Österreichs führende<br />

Vermögensverwaltungsbank. Als 100-prozentige Tochter<br />

der Liechtensteinischen Landesbank AG (LLB), Vaduz,<br />

profitiert die LLB Österreich zusätzlich von der Stabilität<br />

und hervorragenden Bonität ihrer Eigentümerin und kann<br />

auf die 160-jährige Erfahrung des traditionsreichsten<br />

Finanzinstituts im Fürstentum Liechtenstein bauen. Seit<br />

2009 ist Österreich neben Liechtenstein und der<br />

Schweiz einer der drei erklärten Heimmärkte der LLB-<br />

Gruppe.<br />

Strategie entscheidet über Anlageerfolg<br />

Will man langfristig Vermögen vermehren, führt an Sachwerten wie Aktien und Immobilien sowie einem<br />

Mix aus alternativen Investmentstrategien kein Weg mehr vorbei.<br />

FOTO: OUTLINE PICTURES/CHRISTOPH HEINZEL<br />

Die geopolitische Krise, Nullzinsen und hohe Inflationsraten<br />

machen es nicht leicht, ein Vermögen zu vergrößern.<br />

Gerade klassische Anleihen haben aktuell einen schweren<br />

Stand. Bei der Veranlagungsstrategie gilt es daher, aufgrund der<br />

aktuellen Kapitalmarktsituation umsichtig zu agieren. Ein aktives<br />

Vermögensmanagement, welches schnell auf die gegenwärtigen<br />

Herausforderungen reagieren kann, ist oberstes Gebot. Daher ist<br />

es ratsam, auf das Know-how von Experten zu setzen. Der<br />

Finanzprofi weiß, welche individuellen, maßgeschneiderten<br />

Anlage- und Absicherungsstrategien anzuwenden sind. Großes<br />

Vertrauen genießen die Experten der Liechtensteinischen Landesbank<br />

(Österreich) AG. „Unsere Kundenberater bilden sich laufend<br />

nach internationalen Standards weiter, um stets up-to-date<br />

zu bleiben und auf jede Situation richtig reagieren zu können“, so<br />

Robert Löw, Vorstandsvorsitzender der LLB Österreich.<br />

Anlageportfolio der Zukunft<br />

„Unsere LLB Total-Return-Strategien setzen neben ausgewählten<br />

Aktien mit starkem Geschäftsmodell auf marktneutrale Anlagen,<br />

die bei fallenden und steigenden Börsen für Gewinnchancen<br />

sorgen. Sie ersetzen schrittweise klassische Anleihen<br />

und stabilisieren die Wertentwicklung des Portfolios“, gibt<br />

Robert Löw Einblick. Strukturierte Produkte mit attraktiven Fixzinsen<br />

runden das Portfolio ab. Ebenso bleiben Immobilien bei<br />

Investoren hoch im Kurs. Manche Sektoren, wie etwa Hotels<br />

oder Einkaufszentren, zählen zwar zu Corona-Verlierern. Aber vor<br />

allem Wohnimmobilien, inklusive der Sonderform Seniorenwoh-<br />

nen, Büros mit öffentlichen Mietern, Nahversorgungscenter sowie<br />

Logistikliegenschaften verzeichneten eine steigende Nachfrage<br />

und wurden dem Image von „Beton-Gold“ gerecht. Immobilien<br />

haben sich als unverzichtbarer risikominimierender Portfoliobestandteil<br />

etabliert.<br />

Vertrauen & Bonität<br />

Private Banking ist und bleibt ein höchst persönliches Geschäft,<br />

das auf Vertrauen basiert: Vertrauen in die Bank, Vertrauen in<br />

den jeweiligen Berater und seine Expertise. Gerade jetzt, wo<br />

große Verunsicherung herrscht, ist es noch wichtiger,<br />

zu wissen, dass die Vermögenswerte bei der eigenen Bank gut<br />

aufgehoben sind, weil diese ein sicheres Umfeld bietet. Neben<br />

der Expertise benötigen Investoren daher bei den gegenwärtigen<br />

Fragen rund um die Veranlagung auch das nötige Vertrauen<br />

in die Finanzprodukte und die Bank. Auch hier kann die LLB<br />

Österreich punkten und mit ausgezeichneter Bonität glänzen:<br />

Die renommierte Ratingagentur Moody’s attestiert der LLB-<br />

Gruppe ein „Aa2“-Rating. Mehrheitseigentümer der LLB-Gruppe<br />

ist das Fürstentum Liechtenstein, das seinerseits über das<br />

höchste Rating AAA (Standard & Poor’s) verfügt.<br />

Liechtensteinische Landesbank<br />

(Österreich) AG<br />

Heßgasse 1, 1010 Wien<br />

www.llb.at<br />

PRIVATE<br />

BANKING 13


WECHSELWIRKUNG MIT FOLGEN: EURO IN US-DOLLAR<br />

Quelle: Bloomberg (Stand: 27. 4. <strong>2022</strong>)<br />

1,60<br />

1,50<br />

1,40<br />

1,30<br />

1,20<br />

1,10<br />

1,00<br />

0,90<br />

’00 ’01 ’02 ’03 ’04 ’05 ’06 ’07<br />

’08<br />

’09<br />

’10<br />

’11<br />

’12<br />

’13<br />

’14<br />

’15<br />

’16<br />

’17 ’18 ’19 ’20 ’21<br />

0,80<br />

globalen Bondmärkten hinterlassen. Dies<br />

verdeutlicht der Blick auf den Renditeverlauf<br />

zehnjähriger deutscher Bundesanleihen<br />

(siehe Grafik „Kehrtwende bei<br />

den Renditen“). Sie notieren nach<br />

einigen Minusjahren nun wieder in positivem<br />

Terrain.<br />

Was aber steckt hinter der Kursentwicklung?<br />

Bestehende Anleihen verlieren<br />

derzeit aufgrund der Zinswende an Wert,<br />

da sie eine geringere Verzinsung<br />

aufweisen als neue Papiere, die nach der<br />

Anhebung begeben werden. Der Wertverlust<br />

bei bestehenden Papieren führt<br />

wiederum zu steigenden Renditen, da sie<br />

nunmehr günstiger zu kaufen sind. „Im<br />

Bonduniversum haben sich lediglich<br />

inflationsgeschützte Anleihen gut<br />

gehalten“, blickt Frischmann von der<br />

Hypo Tirol zurück. Bei solchen Papieren,<br />

die meist von Staaten wie den USA,<br />

Italien und Frankreich begeben werden,<br />

passen sich Kupon und Nominale regelmäßig<br />

an die Inflationsrate an. Allein die<br />

Erwartung weiter steigender Inflationsraten<br />

treibt die Kurse solcher Papiere an.<br />

Wo könnte es nunmehr Chancen geben?<br />

Frischmann hält eine Beimischung inflationsgeschützter<br />

Anleihen nach wie vor<br />

für sinnvoll. Doch nicht nur. „Variabel<br />

verzinste Anleihen machen vor allem am<br />

US-Markt Sinn, wo höhere Kurzfristzinsen<br />

absehbar sind.“ Solche Papiere<br />

passen ihre Verzinsung regelmäßig zum<br />

Beispiel an drei- oder sechsmonatige<br />

„Im Bonduniversum<br />

haben sich lediglich<br />

inflationsgeschützte<br />

Anleihen gut<br />

gehalten.“<br />

Zinsen an. Für Euroanleger ist freilich ein<br />

Währungsrisiko damit verbunden, wenngleich<br />

Experten mit einem weiter steigenden<br />

Dollar rechnen (siehe Kasten<br />

„Der Dollar dampft voraus“).<br />

Kniffliger wird es bei Investments in<br />

herkömmliche sichere Häfen, wie zum<br />

Beispiel länger laufende Staatsanleihen<br />

solider Emittenten. Bei zehnjährigen<br />

deutschen Staatsanleihen könnten<br />

beispielsweise noch weitere Kursverluste<br />

anstehen, mahnt Platzer von der LGT. Er<br />

rät deshalb zu Anleihen mit kurzen Laufzeiten<br />

und verweist in diesem Zusammenhang<br />

auf Unternehmensanleihen<br />

bonitätsstarker Schuldner. Bei kurz<br />

laufenden Anleihen halten sich die Kursschwankungen<br />

meist in Grenzen.<br />

Schließlich erhalten Anleger ihr Kapital<br />

nach kurzer Zeit wieder zurück und<br />

können es dann zu neuen, höher<br />

verzinsten Papieren veranlagen.<br />

Platzer verweist in diesem Zusammenhang<br />

auf einen aktuellen Schwerpunkt in<br />

seinem Haus und sagt: „Zu unseren<br />

Favoriten zählen derzeit etwa nachrangige<br />

Anleihen.“ Sie weisen eine etwas<br />

höhere Verzinsung auf, als „normale“<br />

Anleihen. Im Falle einer Emittentenpleite<br />

erhalten Käufer nachrangiger Anleihen<br />

ihr Geld dafür erst nach der Auszahlung<br />

an besser gestellte Gläubiger zurück.<br />

Comeback der Schwellenländer?<br />

Auch der Blick auf die Schwellenländer<br />

kann sich wieder auszahlen. Frischmann<br />

von der Hypo Tirol verweist in diesem<br />

Zusammenhang auf den starken Abverkauf<br />

in den ersten Monaten des Jahres<br />

14 PRIVATE<br />

BANKING


und meint, dieses Segment könne inzwischen<br />

wieder aktiv in ein globales Anleihedepot<br />

beigemischt werden. Immerhin<br />

lag die durchschnittliche Verzinsung<br />

Ende April bei mehr als sechs Prozent für<br />

Emerging-Market-Bonds in Lokal- und in<br />

Hartwährungen. Freilich, mit Lokalwährungen<br />

gehen Anleger zusätzlich ein<br />

Währungsrisiko ein. Solch ein Investment<br />

kann aber auch Chancen bieten,<br />

aktuell etwa bei rohstoffreichen Ländern,<br />

die vom Preisboom profitieren. Obendrein<br />

ist die Verzinsung höher als bei<br />

Hartwährungsanleihen.<br />

Solche Chancen nutzt man auch<br />

anderswo. Holzer von der Kathrein<br />

Privatbank sagt: „Wir sehen nach wie vor<br />

Staatsanleihen der Wachstumsländer in<br />

Lokalwährung, primär aufgrund der<br />

attraktiven Bewertung der Währungen,<br />

als sinnvolle Beimischung.“ Holzer hebt<br />

als aktuelle Beispiele Brasilien, Südafrika<br />

und Mexiko hervor. Grundsätzlich rät<br />

der erfahrene Profi zu einer gut gemanagten<br />

Währungs- und Laufzeitenveranlagung.<br />

Und wie sieht es auf der Aktienseite aus?<br />

Löw von der LLB Oe geht auf das aktuelle<br />

Umfeld näher ein: „Globale Aktien<br />

weisen nach dem starken Gewinnwachstum<br />

des Vorjahres und den Kursverlusten<br />

seit Jahresbeginn wieder eine<br />

faire Bewertung auf.“ Für <strong>2022</strong> liegt das<br />

erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis bei<br />

rund 17. Löw meint, Aktien bieten nach<br />

einem schwierigen Jahresauftakt aktuell<br />

unter den Hauptanlageklassen die<br />

einzige gute Chance, die Inflation bis<br />

zum Jahresende zu schlagen. „Kurzfristig<br />

bleiben Substanzaktien angesichts<br />

rascher Fed-Leitzinsanhebungen und<br />

anhaltend hoher Inflation ein empfehlenswertes<br />

Basisinvestment.“ Demgegenüber<br />

geraten derzeit vor allem junge<br />

Wachstumsaktien, die oft noch keine<br />

Gewinne schreiben, stark unter Druck.<br />

Auch Platzer von der LGT hat im aktuellen<br />

Umfeld klare Aktienfavoriten. Er<br />

verweist in diesem Zusammenhang auf<br />

defensive Sektoren, wie zum Beispiel den<br />

nicht-zyklischen Konsumbereich.<br />

„Anleger sollten den Fokus insgesamt auf<br />

Unternehmen legen, die qualitativ hochwertige<br />

Geschäftsmodelle und eine hohe<br />

Preissetzungsmacht haben.“<br />

Dennoch sollte man auch Wachstumsaktien<br />

heuer nicht ganz außer Acht lassen,<br />

meint Löw. Zumindest jene mit<br />

erprobtem Geschäftsmodell und soliden<br />

Gewinnen, wie er sagt. Sollte die<br />

US-Notenbank die Zinsen in der zweiten<br />

Hälfte tatsächlich weniger stark anheben,<br />

als vom Markt aktuell erwartet werde,<br />

könnten auch solche Titel wieder an<br />

„In Europa sind die Bewertungen zwar<br />

günstig, das Konjunkturrisiko aufgrund des<br />

Ukraine-Krieges aber deutlich gestiegen.“<br />

Fahrt gewinnen. Und regional? Hier<br />

empfiehlt Löw den Fokus vorerst auf<br />

US-Titel zu belassen. Der starke fiskalpolitische<br />

Stimulus und die geringe<br />

Exponiertheit gegenüber Russland biete<br />

ein gutes Konjunkturumfeld und die<br />

Leitzinssorgen sollten allmählich<br />

abflauen. „In Europa sind die Bewertungen<br />

zwar günstig, das Konjunkturrisiko<br />

aufgrund des Ukraine-Krieges aber<br />

deutlich gestiegen.“ Für eine Aufstockung<br />

würde der Experte neuerliche Kursrückschläge<br />

abwarten.<br />

Alles in allem meint Oberbank-Experte<br />

Stadlberger: „Eine breite Aktienmischung<br />

mit fundamental unterstütztem<br />

Stockpicking ist Gebot der Stunde.“ Die<br />

aktuellen Turbulenzen sollten jedenfalls<br />

nicht dazu genutzt werden, darauf zu<br />

hoffen, den richtigen Einstiegszeitpunkt<br />

zu erraten. Denn dies gelingt nur den<br />

allerwenigsten Anlegern.<br />

l<br />

DER DOLLAR DAMPFT VORAUS<br />

Die US-Währung legt derzeit kräftig<br />

zu. Im Mai 2021 etwa wurde ein<br />

Zwischentief von rund 1,23 zum Euro<br />

erreicht. Ende April mussten nur<br />

noch 1,05 Dollar bezahlt werden. (Die<br />

Grafik „Wechselwirkung mit Folgen“<br />

zeigt ein längerfristiges Bild.) Für<br />

Anleger aus dem Euroraum sind die<br />

Entwicklungen bei einer US-Veranlagung<br />

freilich gute Nachrichten.<br />

Doch was steckt hinter der Entwicklung?<br />

Nils Kottke, Vorstandsmitglied<br />

im Bankhaus Spängler, sagt: „Seit<br />

Monaten bestimmen die Notenbanken<br />

mit ihren Zinsentscheidungen<br />

die Währungsentwicklungen wesentlich<br />

mit.“ Sowohl die zurückliegenden<br />

als auch die angekündigten Zinserhöhungen<br />

in den USA und in Großbritannien<br />

seien ein wesentlicher Grund<br />

für die Stärke der betroffenen<br />

Währungen relativ zum Euro. Schließlich<br />

locken höhere Zinsen jede Menge<br />

ausländisches Kapital aus jenen<br />

Regionen an, in denen die Zinsen<br />

derzeit tiefer sind. Und das beeinflusst<br />

entsprechend auch die Wechselkurse.<br />

Ob der Euro demnächst wieder<br />

aufholen wird, bleibt abzuwarten.<br />

Kottke meint, „ein festerer Euro ist<br />

nur bei einer restriktiveren Notenbankpolitik<br />

der EZB als derzeit<br />

erwartet vorstellbar.“ Robert Löw,<br />

Vorstandsvorsitzender der LLB Oe,<br />

sieht einen weiteren aktuellen Grund<br />

in der Euroschwäche und verweist<br />

dabei auf die geografische Nähe zum<br />

Ukraine-Krieg. Die Folgen auf Europas<br />

Wirtschaft sind noch nicht absehbar,<br />

das verunsichert manch einen<br />

Investor.<br />

16 PRIVATE<br />

BANKING


WERBUNG<br />

E X P E R T I S E<br />

IFA AG<br />

Als Tochterunternehmen von SORAVIA und im Verbund<br />

mit der Unternehmensgruppe bietet IFA AG Privatpersonen<br />

das gesamte Leistungsspektrum für immobilienbasierte<br />

Investments mit allen verbundenen Dienstleistungen:<br />

von Investmentprojekten über die steuerliche<br />

Beratung und Erstellung individueller Finanzierungskonzepte<br />

bis hin zu Asset- bzw. Property Management und<br />

Vermietung. Seit ihrer Gründung im Jahr 1978 hat die<br />

IFA AG bereits 486 Immobilienprojekte realisiert und verwaltet<br />

ein Investmentvolumen von 2,54 Milliarden Euro<br />

für 7700 Anlegerinnen und Anleger.<br />

www.ifa.at<br />

Michael Meidlinger,<br />

CFO IFA AG<br />

Toplage in einer der nachgefragtesten Städte<br />

Österreichs: V33 am Tor zur Salzburger Altstadt<br />

Von aktuellem Umfeld und<br />

Salzburger Toplage profitieren<br />

Volatile Finanzmärkte, steigende Inflation, veränderte Zinslandschaft, turbulente Zeiten –<br />

viele Gründe sprechen heute mehr denn je für Immobilieninvestments.<br />

FOTOS: IFA AG<br />

Besonders interessant für <strong>private</strong> Anlegerinnen und Anleger<br />

sind Investments mit einem mittelfristigen Anlagehorizont<br />

von rund zehn Jahren – denn nicht jeder will<br />

sein Kapital langfristig binden. Zudem profitieren Privatanleger<br />

ebenso wie institutionelle Anleger von einer ausgewogenen<br />

Mischung aus Fristigkeiten und Produktkategorien bei Immobilieninvestitionen.<br />

Durchdachter Mix. Ein besonders attraktives mittelfristiges<br />

Investment ermöglicht die IFA AG aktuell mit dem Prime<br />

Investment „V33“ in Salzburg, einer der nachgefragtesten<br />

Städte Österreichs. Nahe der Altstadt entsteht hier eine einzigartige<br />

Immobilie, ein Stadtquartier mit einem durchdachten<br />

Mix aus gefördertem Wohnbau, Gewerbe, Büros und einem<br />

numa-Hotel – mit 120 Zimmern eines der letzten großen<br />

genehmigten Hotelprojekte der Mozartstadt. Baubeginn und<br />

offizieller Spatenstich erfolgten bereits im April, die Fertigstellung<br />

ist für Herbst 2024 geplant. Die Baukosten des gesamten<br />

Projekts sind als Fixpreis garantiert, keine Selbstverständlichkeit<br />

in heutiger Zeit. „Wir haben mit der Strabag AG starke<br />

Partner und können allen Investorinnen und Investoren somit<br />

eine termingerechte Ausführung sicherstellen“, so Michael<br />

Meidlinger, Vorstand der IFA AG. Nach Fertigstellung profitiert<br />

man von inflationsgeschützten Miet- und Pachteinnahmen und<br />

zudem von der prognostizierten Wertsteigerung beim geplanten<br />

Verkauf in rund zehn Jahren.<br />

Knappes Gut. „In einer attraktiven Stadt wie Salzburg sind<br />

Immobilien ein knappes Gut. Die Nachfrage daran sichert stabile<br />

Renditen. Neben der Wertsteigerung hat man über Miet-/<br />

Pachteinnahmen auch laufende Rückflüsse, die über die Indexierung<br />

eine direkte Absicherung gegen Inflation bieten. Eine<br />

Beteiligung an ,V33‘ ist ab rund 118.000 Euro Eigenkapital<br />

möglich.“ Mit dem mittelfristigen Immobilieninvestment „V33“<br />

investiert man als Privatperson wie ein institutioneller Investor.<br />

„Das klare Ziel ist der Verkauf zum besten Zeitpunkt.“<br />

Prime Investments. Für IFA ist die Immobilie in der Vogelweiderstraße<br />

33 das bereits dritte IFA Prime Investment in der<br />

Mozartstadt. Noch in diesem Jahr ist die Fertigstellung der<br />

beiden jüngsten IFA Prime Immobilien geplant: Das denkmalgeschützte<br />

Palais Faber eröffnet als Hyperion Hotel im Sommer,<br />

die Residenz Mayburg im Winter <strong>2022</strong>. Bei Prime<br />

Investments hat die IFA AG langjährige Erfahrung – auch die<br />

Sofiensäle in Wien, das Motel One Wien-Staatsoper oder das<br />

„Gemalte Haus“ in Graz zählen zur Track Record der IFA AG.<br />

PRIVATE<br />

BANKING 17


18 PRIVATE<br />

BANKING<br />

FOTO: WALTER VORJOHANN


„Die EZB steckt<br />

in der Zwickmühle“<br />

Die Rohstoffpreise steigen, die Inflationsraten ebenso.<br />

Jan Viebig, Chief Investment Officer bei Oddo BHF,<br />

rechnet an den globalen Märkten mit kräftigen Umbrüchen.<br />

TEXT: RAJA KORINEK<br />

Der Ausbruch des Ukraine-Kriegs löste einen Angebotsschock<br />

an den Rohstoffmärkten aus. Das heizt die<br />

Inflation an und dämpft zugleich das Wirtschaftswachstum<br />

in zahlreichen Regionen. Jan Viebig, Chief Investment<br />

Officer der Oddo BHF AG, hält sogar eine Stagflation für<br />

möglich, geht bei den Aktieninvestments vorsichtiger vor und<br />

räumt dem Schweizer Franken weiteres Potenzial ein.<br />

Herr Viebig, der Ukraine-Krieg verschärft sich deutlich<br />

und belastet die globale Wirtschaft. Dabei hatte sich die<br />

Weltkonjunktur gerade von den Nachwehen der Pandemie<br />

erholt. Womit müssen wir rechnen?<br />

Die Weltwirtschaft steht vor einem Paradigmenwechsel,<br />

die aktuelle Situation<br />

unterscheidet sich deutlich von jener<br />

während der Pandemie. Die Coronakrise<br />

und die damit einhergehenden Lockdowns<br />

führten 2020 zu einem Nachfrageeinbruch,<br />

weshalb auch die Inflationsrate<br />

rückläufig war. Der Ausbruch des<br />

Ukraine-Kriegs löste hingegen einen Angebotsschock<br />

an den Rohstoffmärkten<br />

aus, was die Inflation antreibt. Viele Notierungen, so etwa für<br />

Öl und Gas, sind aufgrund des Krieges stark gestiegen. Die Entwicklung<br />

trifft Europa aufgrund der hohen Abhängigkeit von<br />

Russland härter als die USA.<br />

Auch in den 1970er-Jahren führten Angebotsschocks zu<br />

hohen Ölpreisen. Zuerst drosselten die arabischen Staaten<br />

ihre Produktion, danach wurden Ölexporte wegen der<br />

iranischen Revolution eingeschränkt. Welche Parallelen<br />

kann man ziehen?<br />

Die Auslöser sind diesmal andere, die Folgen für die Wirtschaft<br />

jedoch die gleichen. Der Konsum leidet angesichts der höheren<br />

Energiepreise. Die Notenbanken können jedenfalls nicht<br />

„Höhere Zinsen drosseln<br />

die Investitionstätigkeit<br />

vieler Unternehmen und<br />

führen zu mehr<br />

Kreditausfällen.“<br />

länger tatenlos zusehen. Sie müssen angesichts der steigenden<br />

Inflation mit Zinsanhebungen reagieren, auch wenn solch ein<br />

Schritt nicht ohne Folgen für die Wirtschaft bleibt: Höhere Zinsen<br />

drosseln die Investitionstätigkeit vieler Unternehmen und<br />

führen zu mehr Kreditausfällen.<br />

Wie könnte der weitere Fahrplan der Notenbanken etwa in<br />

den USA aussehen?<br />

Die Währungshüter haben in vielen Industriestaaten bislang<br />

viel zu lang mit Zinsanhebungen abgewartet, wenn man die<br />

jüngsten Daten zur Inflation betrachtet: In den USA erreichte<br />

sie allein im März 8,5 Prozent im Jahresvergleich und liegt<br />

damit weit über der langfristigen Zielmarke von zwei Prozent.<br />

Bereits Ende April hatte Fed-Chef Jerome<br />

Powell deshalb angedeutet, dass die Anhebung<br />

im Mai diesmal um 0,5 Prozentpunkte<br />

erfolgen wird. Wir rechnen noch<br />

in diesem Jahr mit fünf weiteren Anhebungen<br />

in den USA.<br />

Die EZB scheint sich mehr Zeit mit<br />

dem Ende der lockeren Geldpolitik<br />

zu lassen. Können Sie die zögerliche<br />

Haltung nachvollziehen?<br />

Dazu muss man einen Blick auf die aktuellen Einschätzungen<br />

werfen. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane rechnet offenbar mit<br />

einem raschen Rückgang der Inflation, wenngleich die EZB<br />

Mitte März ihre Prognosen für das laufende Jahr auf 5,1 Prozent<br />

angehoben hat. Wir rechnen hingegen mit einem langsameren<br />

Abflachen der Inflation, weshalb wir auch glauben, dass die EZB<br />

mit einer Zinsanhebung nicht mehr allzu lang abwarten kann.<br />

Wie genau könnten die nächsten Schritte in der Eurozone<br />

aussehen?<br />

Die EZB steckt ein wenig in der Zwickmühle. Sie möchte bis zu<br />

einem gewissen Grad vermeiden, dass sich die Finanzierungskosten<br />

hochverschuldeter Länder wie etwa Griechenland und<br />

PRIVATE<br />

BANKING 19


Italien allzu sehr verteuern. Hinzu<br />

kommt, dass die steigende Inflation<br />

insbesondere in Europa von hohen<br />

Rohstoffpreisen und nicht etwa von<br />

steigenden Löhnen angetrieben wird.<br />

Dennoch wurde im März das Notfall-<br />

Anleihekaufprogramm, das während<br />

der Covid-Krise ins Leben gerufen<br />

wurde, beendet. Das reguläre Anleihekaufprogramm<br />

sollte im Sommer auslaufen.<br />

Danach wären noch in diesem<br />

Jahr zwei Zinsanhebungen zu je<br />

0,25 Prozentpunkten denkbar.<br />

In letzter Zeit geistert gar der Begriff<br />

der Stagflation durch die Märkte, ein<br />

Umfeld steigender Preise und zugleich<br />

schwachen Wachstums. Wie tätig.<br />

hoch schätzen Sie das Risiko ein?<br />

Für solch ein wirtschaftliches Szenario<br />

müssen drei Entwicklungen eintreten:<br />

Die Konjunktur muss sich abschwächen<br />

oder sogar in eine Rezession rutschen.<br />

Die Inflation muss hoch sein.<br />

Und drittens muss die Arbeitslosenrate passionierter Leser.<br />

kräftig ansteigen. Für letzteren Punkt<br />

sehe ich noch keine Anzeichen, vor allem in den USA läuft der<br />

Arbeitsmarkt sehr gut. Die Voraussetzungen für die anderen<br />

zwei Punkte sind durchaus gegeben.<br />

Die Zinsen bieten aktuell noch keinen Ausgleich für die<br />

höhere Inflation. Sollte da der Goldpreis nicht stärker<br />

steigen? Er lag Ende April bei rund 1900 Dollar . . .<br />

ZUR PERSON<br />

Jan Viebig ist seit 2020 Chief Investment<br />

Officer (CIO) der Oddo BHF Aktiengesellschaft<br />

sowie Geschäftsführer der Oddo<br />

BHF Trust GmbH. Damit ist er für die<br />

diskretionäre Vermögensverwaltung im<br />

Private Wealth Management der Bank<br />

sowie für die Polaris-Fondspalette der<br />

Oddo BHF Asset Management verantwortlich.<br />

Davor war der promovierte und<br />

habilitierte Wirtschaftswissenschaftler<br />

(Universität Bremen) in leitenden Positionen<br />

unter anderem bei der Schweizer<br />

Vontobel Asset Management, bei der<br />

Credit Suisse und der DWS Investment<br />

Neben seinen Aktivitäten in der Bankenwelt<br />

lehrt Viebig an der Goethe-Universität<br />

in Frankfurt am Main. Auch privat<br />

nimmt sich Viebig stets viel vor. Er reist<br />

gern mit seiner Familie, ist obendrein<br />

Der Goldpreis ist in der jüngsten Vergangenheit<br />

bereits stark gestiegen. Die Notierung<br />

erreichte im August 2020 ein Rekordhoch<br />

von rund 2000 Dollar. Das<br />

gelbe Edelmetall war damals als Krisenwährung<br />

stark nachgefragt. Inzwischen<br />

belasten aber die Aussichten auf eine höhere<br />

Verzinsung auf Anleihen den Preis<br />

für Gold, das keine Zinsen abwirft.<br />

Macht ein Investment darin noch<br />

Sinn?<br />

Auf eine Beimischung sollte man nicht<br />

gänzlich verzichten. In einem reinen Aktienportfolio<br />

etwa macht eine langfristige<br />

Beimischung von knapp zehn Prozent<br />

durchaus Sinn, um Schwankungen insgesamt<br />

ein wenig zu glätten. Einen Teil der<br />

Goldposition raten wir besonders risikoaversen<br />

Anlegern physisch in der Schweiz<br />

zu halten. Im Gegensatz zu Papiergold<br />

besteht bei einem Investment in Barren<br />

und Münzen nicht das Risiko, dass der<br />

Handelspartner Pleite gehen könnte. Allerdings<br />

fallen dann Verwahrkosten an.<br />

Die Anleiherenditen sind ein gutes<br />

Stück gestiegen, die Kurse im Gegenzug<br />

gefallen. Was raten Sie?<br />

Die Kursverluste auf den Anleihemärkten<br />

waren in den vergangenen Monaten besonders<br />

heftig, vor allem bei Bonds mit<br />

längeren Laufzeiten. Denn Anleger müssen<br />

bei solchen Investments viele Jahre<br />

auf die Rückzahlung ihres derzeit noch<br />

sehr gering verzinsten Kapitals warten.<br />

Angesichts höherer Inflationsraten steigt<br />

auch der reale Wertverlust mit den Jahren.<br />

Wir raten zu Anleihen mit kurzen<br />

Laufzeiten, wenn auch bei sehr soliden<br />

Schuldnern die Verzinsung teils noch<br />

leicht negativ ausfällt. Das ist aber das<br />

kleinere Übel.<br />

Weshalb?<br />

Anleger erhalten das Kapital bereits nach<br />

kurzer Laufzeit zurück und können es danach<br />

in höher verzinste Anleihen wiederveranlagen. Wir halten<br />

im aktuellem Umfeld Unternehmensanleihen mit guter Bonität<br />

für interessant. Hochzinsanleihen meiden wir hingegen aufgrund<br />

der steigenden Ausfallrisiken.<br />

Und wie sieht es mit den Chancen auf den Aktienmärkten<br />

aus?<br />

FOTO: WALTER VORJOHANN<br />

20 PRIVATE<br />

BANKING


Wir haben die Gewichtung der Aktienquote<br />

in unseren Vermögensverwaltungsmandaten<br />

und den Mischfonds<br />

unserer Polaris-Fondspalette bereits vor<br />

dem Einmarsch Russlands in die Ukraine<br />

gesenkt, da sich aus unserer Sicht die Anzeichen<br />

einer solchen Handlung mehrten.<br />

Auch auf Portfolioebene haben wir<br />

klare Entscheidungen getroffen: Hoch<br />

bewertete Wachstumsaktien, die womöglich noch gar keine<br />

Gewinne verbuchen, meiden wir. Bei Industrietiteln gehen wir<br />

selektiv vor. Deutsche Autobauer bekommen derzeit etwa die<br />

Lieferengpässe aus China zu spüren.<br />

Wo werden Sie derzeit fündig?<br />

Wir veranlagen vor allem in Qualitätsunternehmen mit solider<br />

Bilanz und hohen Cash-Flow-Renditen. Solche Firmen müssen<br />

ein langfristig solides Geschäftsmodell sowie eine gute Preissetzungsmacht<br />

aufweisen, und die Bewertung muss stimmen.<br />

Fündig werden wir etwa in der Gesundheitsbranche, aber auch<br />

selektiv bei Technologieaktien.<br />

Letzterer Sektor profitiert vermutlich von der wachsenden<br />

Digitalisierung?<br />

„Der Schweizer<br />

Franken rückt<br />

angesichts der Ukraine-<br />

Krise wieder ins<br />

Rampenlicht.“<br />

Die Digitalisierung ist ein Wachstumstreiber.<br />

Auch die künstliche Intelligenz<br />

gewinnt an Bedeutung und könnte<br />

durchaus auf die kommenden zwanzig<br />

bis dreißig Jahren ein wesentlicher Treiber<br />

sein. Es geht um Maschinen, die<br />

selbstständig lernen und Entscheidungen<br />

treffen. Dabei wird die künstliche Intelligenz<br />

in immer mehr Bereichen des<br />

Alltags eingesetzt.<br />

Wie sieht es mit einer Währungsallokation aus? Der<br />

Schweizer Franken rückt angesichts der Ukraine-Krise<br />

wieder ins Rampenlicht . . .<br />

Die Währung war stets ein stabiler Anker in Krisenzeiten.<br />

Obendrein ist die Verschuldung des Landes verhältnismäßig<br />

gering, im Vergleich etwa zu vielen anderen europäischen Ländern.<br />

Auch solch ein Aspekt rückt in Zeiten steigender Zinsen<br />

in den Fokus. Anlegern würden wir jedoch angesichts der niedrigen<br />

Zinsen in der Schweiz nicht unbedingt zu fixverzinsten<br />

Anlagen raten. Vielmehr kann sich der Blick auf solide Aktiengesellschaften<br />

lohnen. Insgesamt raten wir Anlegern im aktuellen<br />

Umfeld zu mehr Vorsicht.<br />

l<br />

RAIFFEISEN VERMÖGENSVERWALTUNG<br />

VERANTWORTUNGSVOLL<br />

HANDELN FÜR<br />

GENERATIONEN. –SIEGER–<br />

WIR MACHT’S MÖGLICH.<br />

Vermögensverwalter<br />

des Jahres <strong>2022</strong><br />

Auswertungszeitraum 12 Monate<br />

Basis:Sharpe-Ratioindrei Risikoklassen<br />

Nachhaltigkeit ist einer der großen Megatrends unserer Zeit. Das betrifft auch –<br />

oder ganz besonders –die Vermögensverwaltung. Denn Langfristigkeit, das<br />

Denken in Generationen, hat hier lange Tradition, und ein verantwortungsvoller<br />

Umgang mit Ressourcen ist oft das oberste Ziel von Anlegerinnen und Anlegern<br />

im gehobenen Privatkundensegment.<br />

Veranlagungen in Portfolios sind mit höheren Risiken verbunden, bis hin zu Kapitalverlusten. Das ist eine Marketingmitteilung der Raiffeisen<br />

Kapitalanlage GmbH, Mooslackengasse 12, 1190 Wien. Die Inhalte dieser Unterlage stellen weder ein Angebot, eine Kauf- oder Verkaufsempfehlung<br />

noch eine Anlageanalyse dar. Erstellt von Raiffeisen Kapitalanlage GmbH, Mooslackengasse 12, 1190 Wien, Stand: März <strong>2022</strong>.<br />

rcm.at/vermoegensverwaltung


Im Auge des Zinssturms<br />

Die Zinswende wirbelt die Börsen gehörig auf. Selektive Anlagechancen<br />

sind gefragt – sowohl bei Aktien- als auch bei Anleiheinvestments.<br />

TEXT: RAJA KORINEK<br />

In den vergangenen Jahrzehnten<br />

wurde die globale Finanzwelt allen<br />

voran von einem grundlegenden<br />

Trend geprägt: den stetig sinkenden<br />

Zinsen. Die Entwicklung gewann nach<br />

Ausbruch der Finanzkrise 2008 weiter an<br />

Fahrt, als die Notenbanken weltweit die<br />

Krise mit kräftigen Leitzinssenkungen<br />

und Anleihekäufen bekämpften. Mit den<br />

Käufen wurden die Renditen länger<br />

laufender Anleihen niedrig gehalten.<br />

Freilich gab es zwischenzeitliche Gegenbewegungen,<br />

so etwa im Mai 2013, als<br />

der damalige US-Notenbankchef Ben<br />

Bernanke eine Drosselung des Anleihekaufprogramms<br />

in den Raum stellte.<br />

Allein die Ankündigung führte unmittelbar<br />

zu größeren Kursverlusten an den<br />

Anleihe- und Aktienmärkten. Die Notenbanken<br />

gelten schließlich als große und<br />

damit wichtige Bondkäufer. Deren<br />

Wegfall würde folglich zu höheren<br />

Renditen und damit auch zu teureren<br />

Refinanzierungskosten für viele Firmen<br />

führen, so die Befürchtung der Anleger.<br />

Ein näherer Blick auf die damalige<br />

Marktreaktion offenbart Interessantes:<br />

Allein Ende Juni 2013 schnellte die<br />

Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen<br />

um beinahe 0,4 Prozentpunkte<br />

nach oben, eine markante Reaktion. Der<br />

geldpolitische Schwenk währte allerdings<br />

nicht lang. Auch die US-Notenbank<br />

setzte ihre Politik der historisch niedrigen<br />

Geldpolitik alsbald wieder fort.<br />

Jedoch zeigte bereits die damalige Marktreaktion,<br />

wie heftig die Nachwehen einer<br />

Zinswende ausfallen können.<br />

Hohe US-Zinsen stützen den Dollar<br />

Die Folgen waren 2013 im Übrigen auch<br />

beim Wechselkurs des Dollar zum Euro<br />

deutlich sichtbar. Die US-Währung<br />

schnellte ebenfalls nach oben. Denn die<br />

Aussicht auf eine höhere Verzinsung<br />

lockt grundsätzlich auch ausländisches<br />

Kapital an und treibt damit den Wechselkurs<br />

nach oben. Doch besonders kräftig<br />

FOTO: REUTERS<br />

22 PRIVATE<br />

BANKING


waren die Nachwehen der kurzzeitigen<br />

Zinswende an den Schwellenländer-<br />

Märkten sichtbar, wo es teils sehr hohe<br />

Verluste gab. Schließlich war die Sorge<br />

vieler Investoren groß, dass sich die<br />

Dollarschulden der Regionen allzu sehr<br />

verteuern würden.<br />

Wie rasch – und nachhaltig – die Zinswende<br />

diesmal erfolgt, bleibt abzuwarten.<br />

Die aktuelle Inflationsentwicklung<br />

lässt den Notenbanken jedenfalls<br />

keine andere Wahl, als immer stärker auf<br />

Gegenmaßnahmen zu setzen, zu denen<br />

auch das Ende der Anleihekäufe zählen.<br />

„Angesichts des exponentiellen Anstiegs<br />

der Inflation gehen die Zentralbanken<br />

zunehmend aggressiv vor“, konstatiert<br />

Norman Villamin, Chief Investment<br />

In Europa treiben der<br />

Ukraine-Krieg und<br />

die damit steigenden<br />

Rohstoffpreise die<br />

Inflation an.<br />

Officer im Wealth Management der<br />

Schweizer Bank Union Bancaire Privée.<br />

Die globale Geldpolitik sei in eine deutliche<br />

Straffungsphase eingetreten, mit<br />

entsprechenden Folgen: „Die Märkte<br />

preisen einen kräftigeren Straffungszyklus<br />

ein, als in den 1970er-Jahren.“<br />

Doch was sind die wesentlichen Treiber?<br />

In den USA etwa, wo es reichlich Öl- und<br />

Gasvorkommen gibt, heizen vor allem<br />

steigende Immobilienpreise und höhere<br />

Lohnforderungen die Teuerung an. In<br />

Europa treiben wiederum der Krieg in<br />

der Ukraine und die damit steigenden<br />

Rohstoffpreise die Inflation, ein<br />

Umstand, der mit Zinsanhebungen freilich<br />

nur schwer bekämpft werden kann.<br />

Dennoch scheint es inzwischen auch bei<br />

der Europäischen Zentralbank (EZB)<br />

einen Schwenk in der Geldpolitik zu<br />

geben. Selbst in der Eurozone mehren<br />

sich die Stimmen, die für eine zunehmend<br />

Für Vorsichtige<br />

AXA WF – GLOBAL INFLATION SHORT<br />

DURATION BONDS 12 Monate, in EUR<br />

Quelle: Onvista (Stand: 29. 4.)<br />

2021 <strong>2022</strong><br />

110<br />

105<br />

100<br />

PICTET-SHORT-TERM MONEY<br />

MARKET DOLLAR 12 Monate, in EUR<br />

Quelle: Onvista (Stand: 29. 4.)<br />

2021 <strong>2022</strong><br />

Quelle: Onvista (Stand: 29. 4.)<br />

2021 <strong>2022</strong><br />

115<br />

95<br />

90<br />

135<br />

130<br />

125<br />

120<br />

LEGG MASON BW GLOBAL INCOME<br />

OPTIMISER FUND 12 Monate, in EUR<br />

115<br />

132<br />

130<br />

128<br />

126<br />

124<br />

122<br />

AXA World Funds – Global Inflation<br />

Short Duration Bonds<br />

(LU1353950568)<br />

Jährliche Kosten: 0,72 Prozent<br />

Die Inflation steigt, vor allem stärker<br />

als von vielen Experten erwartet.<br />

Und davon profitieren inflationsindexierte<br />

Anleihen. In solche Papiere<br />

investiert der Fonds – von staatlichen<br />

Emittenten etwa aus den USA,<br />

Frankreich und Deutschland. Obendrein<br />

haben die Papiere kurze Laufzeiten,<br />

können also rasch zu höheren<br />

Zinsen wiederveranlagt werden.<br />

Pictet-Short-Term Money Market<br />

Dollar (LU0128496485)<br />

Jährliche Kosten: 0,26 Prozent<br />

Im Fokus stehen Dollaranleihen und<br />

weitere Anleihen, die dabei zum<br />

Dollar abgesichert werden. Die Bonitäten<br />

der Schuldner sind allesamt<br />

hoch. Größte Gewichtung entfällt auf<br />

Emittenten mit einem „A“-Rating. Zu<br />

den Top-Holdings zählen etwa<br />

Anleihen der Zürcher Kantonalbank,<br />

der Canadian Imperial Bank sowie<br />

auf US-Schatzscheine.<br />

Legg Mason Brandywine Global<br />

Income Optimiser Fund<br />

(IE00BBT3JP45)<br />

Jährliche Kosten: 1,33 Prozent<br />

Die Anleihemischung reicht von<br />

Staatsanleihen aus den USA und<br />

Brasilien bis hin zu Dish Network,<br />

einem US-amerikanischen Fernsehsatellitenbetreiber.<br />

In den US-Hypothekarfinanzierer<br />

Towd Point wird<br />

ebenso investiert. Unter dem Strich<br />

entfallen derzeit rund 56 Prozent des<br />

Vermögens auf Unternehmensanleihen<br />

mit guter Bonität.<br />

PRIVATE<br />

BANKING 23


estriktivere Geldpolitik plädieren. Ende<br />

April etwa meinte EZB-Präsidentin Christine<br />

Lagarde, dass die Anleihekäufe<br />

spätestens Anfang des dritten Quartals<br />

<strong>2022</strong> beendet werden sollten und die erste<br />

Zinsanhebung noch heuer erfolgen<br />

dürfte. In zahlreichen anderen Regionen –<br />

von Neuseeland und Großbritannien, bis<br />

hin zu den USA und vielen Schwellenländern<br />

– wurden bereits Schritte gesetzt.<br />

Für Anleger wird das Umfeld zunehmend<br />

kniffliger.<br />

Einstige sichere Häfen – solide Staatsanleihen<br />

– sind vor allem in Europa noch<br />

immer mickrig verzinst. Nun<br />

verzeichnen solche Papiere auch noch<br />

Kursverluste. Denn angesichts der steigenden<br />

Inflation und des damit einhergehenden<br />

Zinsschwenks der Notenbanken<br />

droht bei solchen Papieren ein<br />

zunehmender realer Wertverlust. Immer<br />

mehr Anleger trennen sich deshalb von<br />

diesen, im Gegenzug steigen die<br />

Renditen an.<br />

Ein Blick auf handfeste Zahlen verdeutlicht<br />

die Entwicklung: Die Renditen<br />

zehnjähriger deutscher Bundesanleihen<br />

sanken im März 2020, nach Ausbruch der<br />

Coronapandemie, auf minus<br />

0,71 Prozent. Grund war die enorm<br />

gestiegene Nachfrage nach sicheren<br />

Häfen. Ende vergangenen April<br />

erreichten die Renditen inzwischen die<br />

Marke von knapp 0,9 Prozent.<br />

Inflationsindexierung als Schutz<br />

Wie also können sich Anleger für die<br />

einsetzende Zinswende wappnen? Die<br />

Lösungsfindung bleibt knifflig und hängt<br />

auch von der Risikobereitschaft ab. Für<br />

vorsichtige Investoren kann sich<br />

beispielsweise der Blick auf sogenannte<br />

inflationsindexierte Anleihen lohnen.<br />

Entsprechende Fonds investieren in<br />

Papiere, bei denen in der Regel Kupon<br />

und Nominale regelmäßig an die Inflation<br />

angepasst werden. Allein die steigende<br />

Inflationserwartung treibt die<br />

Nachfrage und damit auch die Kurse<br />

solcher Anleihen an.<br />

Auch Aktien bleiben<br />

interessant. Solide<br />

Konzerne können<br />

Preissteigerungen<br />

weitergeben.<br />

Ein Investment in einen US-Geldmarktfonds<br />

bietet hingegen die Möglichkeit, in<br />

kurzlaufende Anleihen zu einer etwas<br />

höheren Verzinsung als in der Eurozone<br />

zu veranlagen. Verunsicherte Anleger<br />

haben damit etwa die Möglichkeit, ihr<br />

Geld kurzfristig zu parken, bis die Marktturbulenzen<br />

aufgrund der Zinswende<br />

wieder abflauen. Wichtig ist in diesem<br />

Zusammenhang freilich auch, dass der<br />

Euro nicht allzu kräftig zum Dollar<br />

aufwertet, da ansonsten der Zinsvorteil<br />

aufgebraucht ist. Derzeit deuten die<br />

Prognosen jedoch auf einen stärkeren<br />

Dollar hin, da in den USA noch weitere<br />

kräftige Anhebungen in Aussicht gestellt<br />

werden. Noch zu Jahresbeginn kostete<br />

der Euro rund 1,13 Dollar, Ende April<br />

waren es gut 1,06 Dollar.<br />

Doch auch Aktien sollten Anleger jedenfalls<br />

langfristig nicht außer Acht lassen.<br />

Solide Konzerne können steigende<br />

Kosten letztendlich an Kunden in Form<br />

höherer Produktpreise abwälzen. Und<br />

damit selbst in einem inflationären<br />

Umfeld Gewinne erzielen. Meist wird<br />

solch eine Eigenschaft sogenannten<br />

Substanzaktien – oder Value-Aktien –<br />

nachgesagt. Als Substanzaktien gelten<br />

beispielsweise Rohstoff-, Finanz- und<br />

Konsumaktien. Im Gegensatz dazu<br />

werden bei vielen Wachstumsaktien<br />

große Hoffnungen in zukünftige Gewinnchancen<br />

gelegt, die sich in Zeiten steigender<br />

Inflationsraten und höherer<br />

Zinsen kräftig eintrüben.<br />

Anleihen- und Aktienwelt in einem<br />

Wem ein reines Aktieninvestment zu<br />

riskant ist, kann einen Blick auf Mischfonds<br />

werfen. Darin entscheiden Fondsmanager<br />

jeweils über die Aufteilung der<br />

FOTO: REUTERS<br />

24 PRIVATE<br />

BANKING


einzelnen Anlageklassen, wobei grundsätzlich<br />

Aktien und Anleihen im Fokus<br />

stehen. Bei „ausgewogenen“ Mischfonds<br />

wird dabei grundsätzlich auf eine relativ<br />

gleichmäßige Aufteilung geachtet, je<br />

nach aktueller Einschätzung. Solch ein<br />

aktiver Vorgang ist im aktuellen Umfeld<br />

freilich besonders wichtig, da auch die<br />

Anleihekurse aufgrund der Zinswende<br />

rund um den Globus diese Anlageklasse<br />

gehörig aufwirbeln.<br />

Doch auch ein Investment in Wandelanleihen<br />

bietet die Möglichkeit, sowohl von<br />

den Entwicklungen auf den Bond- als<br />

auch auf den Aktienmärkten weltweit zu<br />

profitieren. Dazu muss man die Besonderheiten<br />

dieser Anlageklasse kennen:<br />

Solche Papiere zahlen zwar einen regelmäßigen<br />

Kupon. Jedoch ist dieser<br />

geringer als bei vergleichbaren<br />

„normalen“ Anleihen. Dafür sind diese<br />

Bonds mit einem Wandlungsrecht ausgestattet.<br />

Das heißt, der Käufer kann die<br />

Anleihe in die zugrunde liegenden<br />

Aktien wandeln, und zwar zu einem fixen<br />

Wandlungskurs. Diese Eigenschaft macht<br />

sich bei steigenden Börsen durchaus<br />

bezahlt. Je weiter nämlich der Aktienüber<br />

den Wandlungskurs klettert, desto<br />

wertvoller wird das Wandlungsrecht,<br />

somit auch die Wandelanleihe. Denn<br />

dann kommt man beim Wandeln der<br />

Anleihe günstiger an die Aktie heran als<br />

mit dem Direktkauf.<br />

Sollten die Märkte hingegen ins Minus<br />

drehen, profitieren Anleger immer noch<br />

von den klassischen Eigenschaften einer<br />

Anleihe: fixe Zinsen und die Rückzahlung<br />

des Nominales zum Laufzeitende.<br />

Und was, wenn man sich eine gehörige<br />

Portion Risiko zutraut? Dann können<br />

Anleger beispielsweise auf weiter<br />

fallende Kurse bei deutschen Bundesanleihen<br />

setzen. Vor allem länger laufende<br />

Staatspapiere aus der Region verlieren<br />

angesichts der Zinswende kräftig an<br />

Wert, schon allein, da die EZB ihr Anleihekaufprogramm<br />

noch heuer beenden<br />

möchte. Damit fällt ein wichtiger Käufer<br />

weg.<br />

Für Konservative<br />

DWS INVEST CROCI SECTORS<br />

PLUS LC<br />

12 Monate, in EUR<br />

Quelle: Onvista (Stand: 29. 4.)<br />

2021 <strong>2022</strong><br />

250<br />

240<br />

230<br />

220<br />

210<br />

200<br />

190<br />

BLACKROCK GLOBAL FUNDS –<br />

ESG MULTI-ASSET FUND 12 Monate, in EUR<br />

Quelle: Onvista (Stand: 29. 4.)<br />

2021 <strong>2022</strong><br />

FRANKLIN GLOBAL CONVERTIBLE<br />

SECURITIES FUND 12 Monate, in EUR<br />

Quelle: Onvista (Stand: 29. 4.)<br />

2021 <strong>2022</strong><br />

23<br />

22<br />

21<br />

20<br />

19<br />

29<br />

28<br />

27<br />

26<br />

25<br />

DWS Invest CROCI Sectors Plus<br />

(LU1278917452)<br />

Jährliche Kosten: 1,46 Prozent<br />

Das Fondsmanagement wählt große,<br />

etablierte Substanzaktien aus den<br />

USA, Europa und Japan aus. Und legt<br />

den Fokus vor allem auf einen<br />

soliden Cashflow bei den ausgewählten<br />

Firmen. Dazu zählen derzeit<br />

Konzerne aus dem Rohstoff- und<br />

dem dauerhaften Konsumgüterbereich.<br />

Größte Gewichtungen<br />

entfallen etwa auf Shell, Anglo<br />

American und Equinor.<br />

BlackRock Global Funds – ESG<br />

Multi-Asset Fund (LU0473185139)<br />

Jährliche Kosten: 0,91 Prozent<br />

Gut die Hälfte des Fondsvermögens<br />

wird aktuell in Aktien investiert, etwa<br />

in Microsoft und Alphabet, weitere<br />

30 Prozent in Anleihen. Dazu zählen<br />

derzeit kurz laufende Staatsanleihen<br />

aus Deutschland und den USA. Der<br />

Rest des Fondsvermögens wird<br />

aktuell in Cash gehalten. Regional<br />

entfällt die größte Gewichtung auf<br />

die USA.<br />

Franklin Global Convertible Securities<br />

Fund (LU0727122854)<br />

Jährliche Kosten: 1,56 Prozent<br />

Knapp 75 Prozent des Vermögens im<br />

Wandelanleihefonds sind in den USA<br />

investiert, gefolgt von Deutschland<br />

und China. Größte Branchengewichtung<br />

entfällt mit 30 Prozent auf den<br />

IT-Sektor, etwa mit Bill.Com. Sie<br />

bietet kleineren Firmen Abrechnungssoftware<br />

an. Auch die Gesundheit<br />

ist hoch gewichtet, etwa mit<br />

Dexcom, der den Glukosespiegel<br />

überwacht.<br />

PRIVATE<br />

BANKING 25


SG FAKTOR-SHORT-ZERTIFIKAT AUF<br />

EURO BUND FUTURE 12 Monate, in EUR<br />

Quelle: Onvista (Stand: 29. 4.)<br />

2021 <strong>2022</strong><br />

Quelle: Onvista (Stand: 29. 4.)<br />

2021 <strong>2022</strong><br />

Quelle: Onvista (Stand: 29. 4.)<br />

2021 <strong>2022</strong><br />

Für Mutige<br />

11,50<br />

11,00<br />

10,50<br />

10,00<br />

9,50<br />

OSSIAM U.S. STEEPENER<br />

UCITS ETF<br />

12 Monate, in EUR<br />

LYXOR COMMODITIES REFINITIV/CC<br />

CRB TR UCITS ETF 12 Monate, in EUR<br />

118<br />

116<br />

114<br />

112<br />

110<br />

108<br />

30<br />

26<br />

22<br />

18<br />

14<br />

Société Générale Faktor-Short-<br />

Zertifikat auf den Euro Bund Future<br />

(DE000SB3CN94)<br />

Jährliche Kosten: keine<br />

Das Zertifikat bietet die Chance,<br />

gehebelt auf künftig weiter sinkende<br />

Kurse zehnjähriger deutscher<br />

Bundesanleihen zu setzen. Dabei<br />

wird die tägliche prozentuale Veränderung<br />

zum Vortag mit dem Faktor<br />

multipliziert. Steigen jedoch die<br />

Anleihekurse an, können auch<br />

größere Kursverluste mit diesem<br />

Produkt entstehen.<br />

Ossiam U.S. Steepener UCITS ETF<br />

(LU1965301184)<br />

Jährliche Kosten: 0,30 Prozent<br />

Dieser börsengehandelte Indexfonds<br />

setzt auf eine positive Zinsdifferenz<br />

zwischen den zwei- bis fünfjährigen<br />

und den zehn- bis 30-jährigen<br />

US-Staatsanleihen. Je weiter der<br />

Durchschnitt der längerfristigen<br />

Renditen über jenen für kürzere<br />

Laufzeiten steigt, desto mehr<br />

verdienen Anleger. Holen aber die<br />

kurzfristigen Zinsen auf, dreht das<br />

Produkt ins Minus.<br />

Lyxor Commodities Refinitiv/Core-<br />

Commodity CRB TR UCITS ETF<br />

(LU1829218749)<br />

Jährliche Kosten: 0,35 Prozent<br />

Der ETF setzt mittels Derivate auf<br />

die künftige Preisentwicklung<br />

diverser Rohstoffnotierungen.<br />

Größte Gewichtung entfällt auf die<br />

Ölnotierung in den USA. Fast ebenso<br />

hoch gewichtet sind Wetten auf den<br />

Agrarsektor, etwa auf Mais, Baumwolle<br />

und Sojabohnen. Industriemetalle<br />

wie Kupfer und Aluminium<br />

nehmen auch eine gewichtige Rolle<br />

ein.<br />

Preiszuwachs bei Rohstoffen<br />

Die nun im Gang befindliche Zinswende<br />

hat noch weitere Folgen für die Bondmärkte:<br />

Allein die Erwartung einer Zinswende<br />

hat die Renditen länger<br />

laufender Anleihen bereits kräftig beflügelt.<br />

Die Renditen könnten noch weiter<br />

steigen, wenn auch die Inflationserwartungen<br />

zunehmen.<br />

Die kurzfristigen Zinsen, die sich vor<br />

allem an den Leitsätzen orientieren,<br />

steigen jedoch nur zögerlich. Damit<br />

wächst auch der positive Abstand<br />

zwischen kurzfristigen und langfristigen<br />

Zinsen, die Kurve wird folglich immer<br />

steiler. Von solch einer Entwicklung<br />

können sehr risikobereite Anleger profitieren.<br />

Renditen könnten<br />

noch weiter steigen,<br />

wenn auch die<br />

Inflationserwartung<br />

zunimmt.<br />

Der Blick auf die Rohstoffmärkte kann<br />

sich im aktuellen Umfeld ebenso lohnen.<br />

Schließlich treibt deren Preishausse die<br />

Inflation zu einem großen Teil an. Allein<br />

die Notierungen bei Öl und Gas haben in<br />

den vergangenen Monaten angesichts<br />

des Ukraine-Krieges kräftig zugelegt. Ein<br />

rasches Ende scheint nicht in Sicht, die<br />

Krise spitzt sich laufend zu.<br />

Anleger sollten jedoch beachten, dass bei<br />

all diesen Produkten auch größere<br />

Verluste möglich sind, einerlei um<br />

welche Anlageklasse es sich handelt. Sie<br />

sollten deshalb nur einen Teil ihres<br />

Vermögens darin investieren.<br />

l<br />

HINWEIS: DIE BESPRECHUNG VON WERTPAPIEREN<br />

UND INVESTMENTS AUF DIESEN SEITEN ERSETZT<br />

KEINE PROFESSIONELLE BERATUNG UND IST<br />

NICHT ALS KAUFEMPFEHLUNG ZU BETRACHTEN.<br />

„DIE PRESSE“ ÜBERNIMMT KEINE HAFTUNG FÜR<br />

DIE KÜNFTIGE KURSENTWICKLUNG.<br />

26 PRIVATE<br />

BANKING


WERBUNG<br />

Die Suche nach dem Fels in der Brandung<br />

Die Inflation befindet sich aktuell<br />

auf Rekordniveau. Manche<br />

Aktien bewähren sich dennoch<br />

langfristig als Felsen in der Brandung.<br />

Denn sie können Preissteigerungen<br />

überproportional<br />

an ihre Kunden weitergeben und<br />

haben so einen Schutzschild.<br />

Augenoptik-Konzern, hat es kürzlich<br />

nach jahrelanger Forschung geschafft,<br />

Brillengläser zu entwickeln, die das Fortschreiten<br />

der Kurzsichtigkeit bei Kindern<br />

um 67 Prozent verlangsamen. Auch<br />

Akquisitionen beschleunigen Gewinnwachstum<br />

langfristig. So hat sich etwa<br />

bei LVMH der Umsatz seit der Akquise<br />

von Dior im Jahr 2017 um 150 Prozent<br />

erhöht.<br />

Von Alistair Wittet, Comgest<br />

Solide Bilanzen. Schlussendlich ist es<br />

aber nicht nur die Preissetzungsmacht,<br />

Bei einigen Unternehmen steht aktuell zu<br />

die vielen Luxusunternehmen ein Schutz-<br />

befürchten, dass die inflationsbedingt<br />

schild vor Inflation bietet. Da steigende<br />

steigenden Arbeits- und Materialkosten<br />

Preise zu höheren Zinsen führen, können<br />

ihre Gewinne schmälern. Qualitätswachs-<br />

auch solide Bilanzen einen Unterschied<br />

tumsunternehmen werden unserer Einschätzung<br />

nach deutlich weniger<br />

Alistair Wittet, Portfoliomanager für<br />

europäische Aktien bei Comgest<br />

machen. Wir glauben, dass Fundamentaldaten<br />

einen wesentlichen Einfluss auf<br />

betroffen sein. Dazu zählen Firmen, die<br />

die Aktiendaten haben. Ein Indikator ist<br />

über einen Anlagehorizont von fünf Jah-<br />

die langfristige Umsatzentwicklung. Wir<br />

ren ein jährliches zweistelliges Wachstum<br />

dauerhaft begehrenswert bleiben.<br />

bleiben also unserer Philosophie treu und<br />

des Gewinns je Aktie erwarten lassen.<br />

Viele Qualitätsunternehmen schaffen<br />

investieren weiterhin langfristig in nach-<br />

Der Grund liegt insbesondere in den öko-<br />

durch die Einführung neuer Technologien<br />

haltig wachsende Qualitätsunternehmen,<br />

nomischen Burggräben, die mit Preisset-<br />

oder Produkte konkreten Mehrwert für<br />

was sich in wirtschaftlich schwierigen Zei-<br />

zungsmacht und hohen Bruttomargen<br />

ihre Kunden und sichern sich so Preis-<br />

ten unserer Erfahrung nach besonders<br />

einhergehen.<br />

erhöhungen. Essilor Luxottica, ein<br />

bezahlt macht.<br />

FOTO: BEIGESTELLT<br />

Hohe Margen. Preissetzungsmacht<br />

ermöglicht es Unternehmen, steigende<br />

Kosten weiterzugeben. Ein Beispiel ist<br />

der globale Luxuskonzern Louis Vuitton<br />

Moët Hennessy (LVMH). Trotz Pandemie<br />

und wirtschaftlicher Turbulenzen erhöhte<br />

das Unternehmen die Preise für seine<br />

Markenprodukte 2020 um vier bzw. fünf<br />

Prozent. Diese Preissetzungsmacht ist<br />

seit langem etabliert: Louis Vuitton<br />

brachte 2009 eine Damenhandtasche für<br />

400 Euro auf den Markt. Genau diese<br />

Tasche zählte 2021 zu den Verkaufsschlagern<br />

– mit einem Kaufpreis von<br />

1.600 Euro. Die hohen Bruttomargen<br />

geben Unternehmen wie LVMH oder<br />

auch Hermès das notwendige Fundament,<br />

um Innovationen umzusetzen und<br />

in ihre Marken zu investieren, damit sie<br />

Informationen:<br />

Comgest ist eine internationale Boutique<br />

für Investments in Aktien der Industrieund<br />

Schwellenländer. Sie ist zu 100% im<br />

Besitz der Mitarbeiter und Firmengründer.<br />

Diese seit über 30 Jahren bestehende<br />

solide Partnerschaft ist die Basis eines von<br />

Benchmarks und Indizes unabhängigen<br />

Qualitätswachstumsansatzes. Mit Büros in<br />

Europa, Asien und Nordamerika verwaltet<br />

Comgest ein Vermögen von 41,2 Milliarden<br />

Euro (Stand der Daten 31. Dezember 2021)<br />

und betreut Anleger rund um den Globus,<br />

die ein auf Langfristigkeit abzielendes<br />

Aktieninvestment anstreben.<br />

Dieses Material dient nur zu Informationszwecken,<br />

qualifiziert sich als Marketingmitteilung<br />

und stellt kein Angebot, keine Aufforderung<br />

und keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf<br />

von Wertpapieren dar. Alle Meinungen sowie<br />

Schätzungen geben unsere Beurteilung und<br />

Meinung zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung<br />

wieder und können sich jederzeit<br />

ändern. Investitionen sind mit Risiken verbunden,<br />

einschließlich dem möglichen Verlust des<br />

Kapitals.<br />

Anleger sollten vor einer Anlageentscheidung<br />

die wesentlichen Anlegerinformationen<br />

(„KIID“) und den Verkaufsprospekt des jeweiligen<br />

Fonds lesen, die weitere Informationen zu<br />

den Risiken einer Anlage enthalten. Diese<br />

Dokumente können in elektronischer Form auf<br />

der Website comgest.com in deutscher Sprache<br />

abgerufen werden. Comgest kann jederzeit<br />

beschließen, die für den Vertrieb des<br />

OGAW getroffenen Vereinbarungen zu beenden.<br />

Die Richtlinien von Comgest für den Umgang<br />

mit Beschwerden (die eine Zusammenfassung<br />

der Anlegerrechte und Informationen<br />

über Rechtsbehelfsmechanismen im Falle<br />

eines Rechtsstreits enthalten) sind in deutscher<br />

Sprache online auf der Website<br />

comgest.com im Abschnitt zu den Fonds-<br />

Details abrufbar.<br />

PRIVATE<br />

BANKING 27


Das Lieblingsbuch<br />

Das Ende des Sparbuchs wurde zwar schon oft prognostiziert,<br />

gehalten hat es sich trotzdem. Durch die Zinswende könnte es<br />

für Anleger nun wieder attraktiver werden.<br />

TEXT: SUSANNE BICKEL<br />

28 PRIVATE<br />

BANKING


ILLUSTRATION: MARIN GOLEMINOV<br />

Es klingt fast wie eine Mär, aber es<br />

gab Zeiten, als sich das Geld auf<br />

dem Sparbuch ohne Zutun der<br />

Besitzer vermehrt hat. Damals gab es<br />

auch noch ein physisches Buch, mittlerweile<br />

drängen die Banken darauf, die<br />

Sparbücher aufzulösen und die Kunden<br />

in ein Onlinesparkonto zu integrieren.<br />

Den Spruch „Das liebste Buch der Österreicher<br />

ist das Sparbuch“ gibt es nicht zu<br />

Unrecht. Und die Zeiten sind noch gar<br />

nicht so lang her, Anfang der<br />

2000er-Jahre gab es über 3,5 Prozent für<br />

Sparer. Für festangelegtes Geld ab<br />

zwei Jahren fast 4,5 Prozent.<br />

70 Waschmaschinen pro Kopf<br />

Wenn eine Waschmaschine 500 Euro<br />

kostet, könnten sich die Österreicher von<br />

ihrem Ersparten aktuell rund<br />

600 Millionen Stück davon leisten.<br />

Genauer gesagt fast 70 Waschmaschinen<br />

pro Österreicher – vom Greis bis zum<br />

Säugling. So sagt es ein Papier der<br />

Agenda Austria und bewertet damit das<br />

Sparverhalten der Österreicher. Selbst in<br />

Zeiten der höchsten Inflation seit Jahrzehnten<br />

liegt sehr viel Geld ungenutzt auf<br />

Bankkonten – und verliert damit an Wert.<br />

„Derzeit ist Sparen die reine Geldvernichtung.“<br />

Auch Reinhold Baudisch,<br />

Geschäftsführer des Tarifvergleichsportals<br />

Durchblicker, lässt mit dieser nicht<br />

sehr positiven Aussage aufhorchen. Aber<br />

hat er Recht? Oder erleben Sparbücher<br />

heuer ihre Renaissance?<br />

Denn zum ersten Mal seit der Finanzkrise<br />

2008 steigen Zinsen bei den Banken<br />

wieder merklich an. Während sie sich in<br />

den letzten Jahren immer um den Nullpunkt<br />

drehten, zeigt sich durch die<br />

bevorstehende Zinswende der Europäischen<br />

Zentralbank langsam wieder eine<br />

Erholung im Finanzmarkt. Noch im<br />

Februar erhielten Sparende für ihre<br />

Einlage im Durchschnitt 0,06 bis<br />

0,07 Prozent Zinsen – für Sparkonten mit<br />

mehr als zwei Jahren Laufzeit<br />

0,36 Prozent. Nun gibt es aber – zumindest<br />

bei einer Bindung der Einlagen ab<br />

drei Jahren – einen Zinssatz von über<br />

einem Prozent. Und laut Baudisch steht<br />

auch eine Rückkehr der Bausparverträge<br />

im Raum. Denn die Konditionen der<br />

Bausparkassen würden sich mittlerweile<br />

kaum mehr von denen der Banken unterscheiden.<br />

„Angesichts der aktuellen Teuerungsrate<br />

ist das zwar für Sparerinnen und Sparer<br />

bestenfalls ein Tropfen auf den heißen<br />

Stein. Den Wertverlust der Einlagen<br />

kompensiert das nicht ansatzweise. Die<br />

Zinserhöhung auf einen Prozent bleibt<br />

weit unter der für <strong>2022</strong> erwarteten Inflationsrate<br />

von 6,8 Prozent. Wir sehen aber<br />

jetzt zumindest wieder eine leichte<br />

Trendumkehr. Wir gehen davon aus, dass<br />

wieder etwas mehr Bewegung in diesen<br />

Markt kommt“, so Baudisch.<br />

Österreicher besitzen<br />

rund 300 Milliarden<br />

Euro an Bargeld, auf<br />

Sparbüchern und<br />

Konten. In Zeiten der<br />

Inflation schmilzt<br />

das dahin.<br />

Doch zurück zu den Waschmaschinen –<br />

wie viel Geld braucht man für die<br />

„eiserne Reserve“? Wie viel Geld als<br />

Notgroschen gespart werden sollte, ist<br />

nicht einfach zu beantworten. Auch<br />

Profis geben unterschiedliche Auskünfte.<br />

Einige Experten empfehlen einem Singlehaushalt,<br />

mindestens drei, besser sechs<br />

verfügbare Monatsnettogehälter zu<br />

sparen. Bei voll berufstätigen Paaren<br />

sollten drei Monatseinkommen gespart<br />

werden. Andere Banker setzen eine fixe<br />

Summe, meist 10.000 Euro an, um die<br />

Höhe des Notgroschens zu beziffern.<br />

Wichtig ist, im Vorfeld zu wissen, welche<br />

Funktion der Notgroschen haben soll.<br />

Wird das Sparschwein regelmäßig<br />

geplündert – für Urlaube oder ein neues<br />

Handy – ist es kein richtiger Notfallfonds,<br />

der nur in Krisenzeiten helfen soll. Die<br />

unterschiedlichen Funktionen des<br />

Ersparten sollten getrennt werden. Den<br />

Notgroschen parkt man am besten auf<br />

dem Sparkonto, gern auch nicht bei der<br />

üblichen Bank, um das Geld gar nicht<br />

erst in Griffweite zu haben. Um eine Idee<br />

zu haben, wie viele Euros gespart werden<br />

sollen, ist ein Haushaltsbuch hilfreich,<br />

das genau zeigt, wofür Geld ausgegeben<br />

wird und wie viel im Monat reinkommt.<br />

Denn: Ein nicht unerheblicher Teil des<br />

Nettoeinkommens wird für Kleinkram<br />

ausgegeben.<br />

Bei Festgeld noch zuwarten<br />

Grundsätzlich rät Baudisch den motivierten<br />

Sparenden aber noch etwas abzuwarten,<br />

denn „die positiven Zinsen<br />

werden nicht so schnell weitergegeben<br />

wie die negativen“. Und wenn man noch<br />

etwas Geduld beweist, kann man in<br />

Zukunft mit dem Festgeld noch eine<br />

höhere Rendite rausschlagen.<br />

Rund 300 Milliarden Euro liegen derzeit<br />

ungenutzt in Österreich auf Sparbüchern,<br />

Konten oder als Bargeld. Um dem<br />

Vermögen nicht beim Schmelzen<br />

zusehen zu müssen, empfiehlt die<br />

Agenda Austria das Risiko zu erhöhen,<br />

denn „Geld ohne Risiko zu veranlagen,<br />

ist nie möglich“.<br />

Ganz egal, ob das Immobilien, Wertpapiere<br />

oder Kunst und Antiquitäten<br />

seien. Die Agenda rät, einen Teil des<br />

Portfolios auf dem Sparbuch zu belassen<br />

und den Rest zu investieren.<br />

Eine Faustregel gibt es dafür aus den<br />

Vereinigten Staaten: Tina („There is no<br />

Alternative“). 60 Prozent Aktien und<br />

40 Prozent Anleihen schlagen die Amerikaner<br />

vor, wobei die Anleihen hier für<br />

den „risikolosen“ Teil stehen – im österreichischen<br />

Fall also das Sparbuch. An<br />

den Aktienmärkten ist am ehesten eine<br />

Strategie zu finden, die den Bausparvertrag<br />

und das Sparbuch langfristig bereichern<br />

können.<br />

l<br />

PRIVATE<br />

BANKING 29


Die Profiteure der Energiekrise<br />

Viele Konzerne verdienen prächtig am Ukraine-Krieg und steigenden<br />

Strom- und Gaspreisen. Die Politik will einen Teil zurückholen.<br />

TEXT: MATTHIAS AUER<br />

Als gewöhnlicher Konsument<br />

kann man das vergangene Jahr<br />

getrost vergessen. Nach zwei<br />

Jahren Coronapandemie war die Weltwirtschaft<br />

gerade erst wieder auf dem<br />

Weg der Besserung, da tauchten links<br />

und rechts schon wieder Krisen auf, die<br />

alles zunichte machen sollten. Kaputte<br />

Lieferketten bereiteten der „alten“ Globalisierung<br />

ein rasches Ende. Wer nun ein<br />

elektronisches Gerät aus Asien kaufen<br />

wollte, musste dafür nicht nur tiefer in<br />

die Tasche greifen, sondern mitunter<br />

auch Monate darauf warten.<br />

Beinahe zeitgleich machte sich die Energiekrise<br />

breit, die Europa heute fest im<br />

Griff hat. Schon vor dem russischen<br />

Angriffskrieg auf die Ukraine stiegen die<br />

Strom- und Gaspreise in ungeahnte<br />

Höhen. Energielieferanten warfen ihre<br />

Kunden aus den Verträgen oder verdoppelten<br />

kurzerhand die Preise.<br />

Seit Putins Einmarsch in die Ukraine<br />

bangen <strong>private</strong> Kunden zudem, ob Russland<br />

noch genug Gas liefert, damit sie<br />

kochen und ihre Wohnungen heizen<br />

können. Industriebetriebe fürchten ein<br />

Gasembargo, das die Wirtschaft wohl in<br />

die Rezession stürzen würde. Staaten<br />

schnüren teure Hilfspakete, um Haushalte<br />

und Unternehmen ein Stück weit<br />

vor den steigenden Energiekosten zu<br />

bewahren.<br />

Krieg bringt Gewinne<br />

Aber nicht alle müssen darunter leiden.<br />

Mitten in dem Tumult gibt es eine handvoll<br />

Unternehmen, die so gut verdienen,<br />

wie selten zuvor. Es sind just die eigentlich<br />

totgesagten Öl- und Gaskonzerne,<br />

die am Rücken der steigenden Preise für<br />

fossile Brennstoffe einen zweiten Frühling<br />

erleben. Im ersten Coronajahr 2020<br />

saßen sie allesamt vor tiefroten Bilanzen,<br />

heute aber schreiben internationale und<br />

FOTO: APA/AFP<br />

30 PRIVATE<br />

BANKING


heimische Energiekonzerne die Gewinne<br />

ihres Lebens.<br />

Die größten Profiteure der aktuellen<br />

Krise haben ihre Heimat vermutlich in<br />

den Vereinigten Staaten von Amerika.<br />

Europa wendet sich vom langjährigen<br />

Billiggas-Lieferanten Russland ab, damit<br />

öffnet sich die Türe für die höherpreisigen<br />

amerikanischen Schiefergas-<br />

Anbieter, die ihren Rohstoff tiefgekühlt<br />

im Tankschiff nach Asien und Europa<br />

exportieren wollen. Seit Jahresbeginn<br />

haben sie ihre Lieferungen in die EU zu<br />

Bestpreisen vervielfachen können.<br />

Aber nicht nur bei Gas lassen sich gute<br />

Gewinne machen, auch der US-Erdölgigant<br />

Chevron Corporation vermeldete<br />

zuletzt den höchsten Quartalsgewinn seit<br />

über einem Jahrzehnt. 6,5 Milliarden<br />

US-Dollar hat das Unternehmen in den<br />

ersten drei Monaten des Jahres netto<br />

eingenommen. Auch die französische<br />

TotalEnergies hat einen glänzenden<br />

Jahresstart hingelegt und konnte die seit<br />

Kriegsbeginn rapide gestiegenen Preise<br />

für Benzin und Diesel in bare Münze<br />

umwandeln. Immerhin kostet ein Fass<br />

Rohöl aktuell so viel wie zuletzt im Jahr<br />

2008, Erdgas ist in Europa überhaupt so<br />

teuer wie nie zuvor. „Die hohen Preise<br />

machen das Unternehmen zu einer<br />

Geldmaschine“, jubelte BP-Chef Bernard<br />

Looney ganz offen.<br />

Österreichs Öl- und Gaskonzern OMV<br />

schwimmt auf der fossilen Erfolgswelle<br />

Die Gewinne der<br />

Öl- und Gaskonzerne<br />

sind so hoch wie<br />

zuletzt vor über<br />

einem Jahrzehnt.<br />

mit: Im ersten Quartal des heurigen<br />

Jahres verdreifachte das Unternehmen<br />

sein operatives Ergebnis vor Sondereffekten<br />

auf 2,62 Milliarden Euro. Die<br />

Erlöse stiegen um das eineinhalbfache<br />

auf 15,8 Milliarden Euro. Lediglich die<br />

Tatsache, dass die OMV fast zwei<br />

Milliarden Euro an Wertberichtigungen<br />

für ihren Kredit für den Bau der russischen<br />

Ostseepipeline Nord Stream II und<br />

für den knappen Viertelanteil an sibirischen<br />

Gasfeldern vornehmen musste,<br />

trübt die Zahlen etwas.<br />

Ökostrom zu Höchstpreisen<br />

Nach einer Analyse des Energiespezialisten<br />

Steffen Bukold von EnergyComment<br />

haben die Ölkonzerne seit Kriegsbeginn<br />

durch den Verkauf von Diesel<br />

und Benzin in Europa Mehreinnahmen<br />

in Höhe von mindestens drei Milliarden<br />

Euro erzielt. Allein im März nahm die<br />

Wasuns auszeichnet?<br />

Eine preisgekrönte Beratung.<br />

Unsere Beratungsleistungen setzen Maßstäbe. Das sagen nicht<br />

wir, das sagen andere über uns. Die renommierte Private Banking<br />

Prüfinstanz Fuchs |Richter kürte das Bankhaus Spängler als besten<br />

Vermögensmanager im deutschsprachigen Raum.<br />

Damit belegen wir bereits das sechste Jahr in Folge eine der<br />

Spitzenpositionen. Mit dieser Platzierung haben wir auch unsere<br />

Führung in der „Ewigen Bestenliste“ erfolgreich verteidigt.<br />

Bankhaus Carl Spängler &Co. AG<br />

Niederlassung Wien, Stephansplatz 3a<br />

T: +43 15137 563<br />

www.spaengler.at


Erdölindustrie in der EU demnach<br />

täglich durchschnittlich 107 Millionen<br />

Euro zusätzlich ein: 94 Millionen Euro<br />

aus dem Verkauf von Diesel und<br />

13 Millionen Euro aus dem Verkauf von<br />

Benzin. In Österreich machten die<br />

Krisengewinne rund 4,3 Millionen Euro<br />

pro Tag aus. Der größte Teil davon<br />

(3,7 Millionen Euro) stammt aus dem<br />

Dieselgeschäft. Im ersten Monat des<br />

Krieges in der Ukraine summieren sich<br />

diese Zusatzeinnahmen am heimischen<br />

Markt auf 133,3 Mio. Euro. In Österreich<br />

hat die Ölindustrie damit nach Deutschland<br />

die zweithöchsten Mehreinnahmen<br />

aus dem Verkauf von Diesel und Benzin<br />

in der EU erwirtschaftet, heißt es in einer<br />

Studie im Auftrag von Greenpeace.<br />

Enorme Gewinne<br />

Noch besser als den fossilen Konzernen,<br />

geht es aber vielen Stromversorgern, die<br />

ihre Elektrizität nicht in Gaskraftwerken<br />

erzeugen, also von den gestiegenen<br />

Rohstoffkosten verschont geblieben sind.<br />

Auch sie verzeichnen enorme Gewinne,<br />

und das haben sie dem Marktdesign zu<br />

verdanken. Denn in Europa richtet sich<br />

der Strompreis im Großhandel stets nach<br />

dem teuersten Kraftwerk, das noch<br />

eingeschaltet werden muss, um ausreichend<br />

Elektrizität zu erzeugen. Diesen<br />

Preis erhalten dann alle, die Strom<br />

verkaufen. Ganz egal, wie er produziert<br />

wurde. In den letzten Monaten waren es<br />

meist Gaskraftwerke, die den Preis für<br />

alle bestimmt haben. Für die Erzeuger<br />

von grünem Strom, die für Sonne, Wind<br />

oder Wasser ja nichts zu bezahlen haben,<br />

brachte der Krieg in der Ukraine einen<br />

regelrechten Geldregen.<br />

Der heimische Verbundkonzern etwa,<br />

der seine Elektrizität vorwiegend aus<br />

abgeschriebenen Wasserkraftwerken<br />

bezieht, steuert wegen der Preisrallye bei<br />

den Strom-Großhandelspreisen heuer<br />

einen Rekordnettogewinn von bis zu<br />

zwei Milliarden Euro an. Die Republik<br />

Österreich ist mit mehr als 50 Prozent an<br />

dem Unternehmen beteiligt und kann<br />

sich auf eine entsprechend hohe Dividende<br />

freuen. Schon im Vorjahr<br />

verdiente der Verbund um 40 Prozent<br />

mehr und erhöhte die Gewinnausschüttung<br />

kräftig. Darüber hinaus versprach<br />

Verbund-Chef Michael Strugl, die außergewöhnlich<br />

hohen Gewinne für den<br />

rascheren Ausbau von Wind- und Solarkraftwerken<br />

im Land einzusetzen.<br />

Dass der Manager so offensiv höhere<br />

Gewinnausschüttungen und große Investitionen<br />

verspricht, hat einen guten Grund:<br />

Die Politik hat längst ein Auge auf die<br />

sogenannten „windfall profits“, also<br />

Zufallsgewinne, der meisten Energieunternehmen<br />

geworfen – und das nicht nur in<br />

Österreich. Nach dem ersten Anstieg der<br />

Energiepreise haben Länder wie Bulgarien,<br />

Italien oder Rumänien etwa rasch<br />

neue Steuern eingeführt, um die Profiteure<br />

der Krise zur Kasse zu bitten und die<br />

Preise für Haushalte in erträglichem<br />

Rahmen zu halten. Am 8. März empfahl<br />

Kaum stiegen die<br />

Energiepreise, haben<br />

die ersten Politiker<br />

schon Sondersteuern<br />

eingeführt.<br />

selbst die EU-Kommission den Mitgliedsländern,<br />

dass diese versuchen sollten, sich<br />

einen Teil der Gewinne von den Energiekonzernen<br />

wieder zurückzuholen. Ganz<br />

ähnlich die Lage in den Vereinigten<br />

Staaten: Dort drängen die Demokraten auf<br />

eine Zusatzsteuer auf jedes erzeugte oder<br />

importierte Fass Rohöl.<br />

Der politische Reflex ist verständlich: Die<br />

Regierungen weltweit haben in ihrem<br />

Kampf gegen die Coronapandemie<br />

enorme Schulden angehäuft und suchen<br />

jetzt nach Möglichkeiten, die leeren<br />

Staatskassen wieder zu füllen. Da<br />

kommen „böse“ Energiekonzerne, die<br />

durch den Ukraine-Krieg Milliarden<br />

verdienen, als Feindbild gerade recht.<br />

Die Ölfirmen „zocken die amerikanischen<br />

Bürger in Zeiten von Rekordgewinnen<br />

ab“, und „profitieren von unserer<br />

andauernden Abhängigkeit von diesem<br />

volatilen globalen Rohstoff“, wetterte<br />

etwa der Demokrat Frank Pallone. Die<br />

Amerikaner würden leiden, weil die<br />

Unternehmen sich dazu entschieden<br />

hätten, die Produktion nicht auszuweiten<br />

und so die Preise künstlich hoch zu<br />

halten, so der Vorwurf.<br />

Sondersteuern für Energiefirmen<br />

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert<br />

Habeck formulierte es etwas umständlicher:<br />

„Mit Blick auf die europäische<br />

Regelsetzung sind wird dabei, zu prüfen,<br />

ob Übergewinne, also Kriegsgewinne,<br />

man muss es ja so sagen, von Unternehmen,<br />

die sehr günstig Energie eingekauft<br />

haben, sie jetzt aber zu exorbitanten<br />

und durch den Krieg getriebenen<br />

Preisen verkaufen, nochmal besteuert<br />

werden können, um so einen dämpfenden<br />

Effekt beziehungsweise eine<br />

Umverteilung im Energiesystem<br />

auslösen zu können.“ Zu einer Zwangssteuer<br />

durchringen konnte oder wollte<br />

sich der Grünpolitiker dann letztlich<br />

dennoch nicht. Auch Österreich schreckt<br />

bis dato vor Zusatzsteuern oder groben<br />

Eingriffen in den Markt zurück.<br />

Andere Staaten haben weniger Skrupel.<br />

Spanien und Frankreich überlegen, den<br />

Gaspreis für Haushalte staatlich zu<br />

deckeln. Italien wird eine zehnprozentige<br />

Steuer auf „windfall profits“ einführen, um<br />

ein 4,4 Milliarden Euro schweres Hilfspaket<br />

für Haushalte und Unternehmen zu<br />

finanzieren. Und auch Belgien hat angekündigt,<br />

Stromunternehmen wie Engie<br />

mit einer Extrasteuer zu belegen, um die<br />

Staatskassen zu füllen. Die meisten<br />

Ökonomen sehen das ganze Treiben<br />

kritisch. Der Staat könne nicht immer die<br />

Hand aufhalten, wenn Firmen einmal gut<br />

verdienen, sagen sie. Schon gar nicht bei<br />

Unternehmen, die mit dem Geld ohnedies<br />

so etwas Sinnvolles wie den Ausbau<br />

der Energiewende finanzieren wollen. l<br />

32 PRIVATE<br />

BANKING


„Eine soziale Geldanlage,<br />

die Jobs schafft, vor allem für<br />

Frauen in den Ländern des<br />

Globalen Südens, ist mir<br />

sympathisch. Oikocredit<br />

bietet Hilfe zur Selbsthilfe<br />

und das finde ich fair.”<br />

Dr. Sabine Haag,<br />

Generaldirektorin<br />

KHM-Museumsverband<br />

Geld, das<br />

dem Leben<br />

dient<br />

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Zinsen lassen sich nominal über Millennia rekonstruieren, ab der Renaissance sind auch reale Zinsen messbar.<br />

Von wegen Zinswende<br />

Die realen Zinsen sinken nicht erst seit den 1980ern, sondern bereits<br />

seit Anfang des 14. Jahrhunderts.<br />

TEXT: ALOYSIUS WIDMANN<br />

34 PRIVATE<br />

BANKING


FOTO: GETTY IMAGES<br />

Als Paul Volcker 1979 sein Amt als<br />

Chef der US-Notenbank antrat,<br />

lag die Inflation bei mehr als<br />

14 Prozent. Um die Preisschocks der<br />

späten 1970er-Jahre abzufedern und die<br />

Inflationserwartungen zu dämpfen, hob<br />

der legendäre Fed-Chef den Zinssatz auf<br />

mehr als 20 Prozent. Was folgte, war eine<br />

Rezession, aber die Inflation flaute ab und<br />

lag 1983 unter drei Prozent. Doch was in<br />

den Jahrzehnten danach passierte, bereitet<br />

Ökonomen bis heute Kopfzerbrechen. Es<br />

galt als ausgemacht, dass auch der nominale<br />

Zins sich irgendwo zwischen drei und<br />

fünf Prozent einpendeln würde. Die<br />

Finanzwissenschaft ging nämlich davon<br />

aus, dass es in entwickelten Volkswirtschaften<br />

so etwas wie einen natürlichen<br />

Zins gibt, der irgendwo in diesem Intervall<br />

liegt und den Notenbanken abzubilden<br />

versuchen. Aber die Zinsen verharrten<br />

nicht auf drei bis fünf Prozent, sondern<br />

fielen weiter und weiter. Im Zuge der<br />

Finanzkrise später sogar unter null. Bis<br />

dahin galt das theoretisch als unmöglich.<br />

Seit gut 40 Jahren gibt es bei den Zinsen<br />

nun einen Abwärtstrend. Wegen der steigenden<br />

Lebenserwartung? Oder hat es<br />

mit der Entwicklung der sinkenden<br />

Produktivität in den entwickelten Volkswirtschaften<br />

zu tun?<br />

Irving Fisher, der erste große Zinstheoretiker,<br />

vermutete, dass das natürliche<br />

Zinsniveau mit dem Wirtschaftswachstum<br />

korreliere. Aber von den<br />

vielen Erklärungen, die von Ökonomen<br />

vorgeschlagen wurden, überzeugt kaum<br />

eine, sagt Paul Schmelzing von der<br />

US-Universität Yale. Denn so gut wie alle<br />

ließen sich widerlegen. Es sei erstaunlich,<br />

dass bisher niemand auf die Idee<br />

gekommen ist, sich die Sache historisch<br />

anzuschauen. Wie sind Zinsen langfristig<br />

mit Faktoren wie Demografie und<br />

Produktivität korreliert? Die meisten<br />

Daten liegen bis weit in die Vergangenheit<br />

vor. Schmelzing hat deshalb unzählige<br />

Stunden in Archiven verbracht, um<br />

Preise und Zinssätze der Vergangenheit<br />

zu rekonstruieren, und die realen, also<br />

um Preise bereinigten Zinssätze bis ins<br />

frühe 14. Jahrhundert zurückverfolgt.<br />

Und dabei ist der Historiker auf einen<br />

bereits viel länger anhaltenden Trend<br />

gestoßen. Ob in Zeiten hoher Lebenserwartung<br />

oder in Zeiten hoher Sterblichkeit;<br />

ob in Zeiten hoher Produktivität<br />

oder in Zeiten niedriger Produktivität; ob<br />

Kriege ganze Landstriche vernichteten<br />

oder Frieden herrschte; egal wie globalisiert<br />

die Wirtschaft war: Nicht erst seit<br />

40 Jahren bewegt sich das Zinsniveau<br />

abwärts, sondern bereits seit mehr als<br />

700 Jahren (siehe Grafik, Seite 36).<br />

Demografie, Produktivität, Wachstum –<br />

keiner der Faktoren ist mit dem Zinsniveau<br />

korreliert. Mit Blick auf die Zinswende,<br />

die nun auf beiden Seiten des<br />

Atlantiks wegen der stark angestiegenen<br />

Inflation – wenn auch in unterschiedlichem<br />

Tempo – vollzogen wird, heißt das:<br />

Wenig spricht dafür, dass sich der nominale<br />

Zinsanstieg strukturell halten lässt.<br />

Die realen Zinsen dürften auf lange Zeit<br />

negativ bleiben. Eine mögliche Erklärung<br />

dafür ist laut Schmelzing: „Kapitalakkumulation,<br />

ein Überschuss an Ersparnissen,<br />

die sich anders nicht gewinnbringend<br />

veranlagen lassen.“<br />

Venedig anno 1282<br />

Dass der Trend in seinen Daten auch die<br />

tatsächliche Zinsentwicklung zeigt, ist<br />

sich Schmelzing sicher. Denn seit<br />

Venedig 1282 die konsolidierte Staatsschuld<br />

erfunden hat, liegen sowohl für<br />

Zinsen als auch für das Preisniveau<br />

Daten in Hochfrequenz vor. Zwar<br />

kannten bereits Babylon und Rom das<br />

Konzept der Zinsen, allerdings wurden<br />

damals ad hoc Kredite aufgenommen.<br />

Venedig verkaufte in der Renaissance<br />

standardisierte Schuldtitel, die auf den<br />

Finanzmärkten gehandelt werden<br />

konnten und laufend beglichen wurden.<br />

Venezianer konnten ihre Steuerschuld<br />

mit Staatstiteln begleichen. Das Konzept<br />

war so erfolgreich, dass es sehr bald von<br />

Genua und Florenz kopiert wurde.<br />

Ab dem 14. Jahrhundert kann man von<br />

RELIGIÖSES ZINSVERBOT<br />

Eigentlich verbietet die Bibel, Geld<br />

gegen Zinsen zu verleihen. Aber um<br />

das religiöse Zinsverbot scherten<br />

sich in der Vergangenheit die<br />

wenigsten, auch der Papst nicht. „Der<br />

Papst selbst verletzt das Zinsverbot<br />

permanent“, sagt Wirtschaftshistoriker<br />

Paul Schmelzing, der derzeit an<br />

der US-Universität Yale forscht, aber<br />

zeitnah eine Professur am Boston<br />

College und der Hoover Institution<br />

antritt. Man könne sogar eine eigene<br />

Zeitreihe für den Papst rekonstruieren.<br />

Der Heilige Stuhl brauchte in<br />

der Renaissance etwa fast jedes Jahr<br />

Geld, weil er nicht über die Runden<br />

kam, und ging in den Markt, zu den<br />

Medici, um sich für 20 bis 25 Prozent<br />

kurzfristige Konsumkredite geben zu<br />

lassen. „Er ist da relativ skrupellos<br />

was das Zinsverbot betrifft“, sagt<br />

Schmelzing. Aber man finde auch<br />

Testamente von Bankiers, die ihr<br />

halbes Vermögen der Kirche überschreiben,<br />

um sich von der Schuld<br />

freizukaufen, dass sie Zinsen verlangt<br />

haben. Und dann gab es noch Länder,<br />

die eine formale Obergrenze für<br />

Zinsen eingeführt haben, die aber<br />

bewusst so hoch angesetzt haben,<br />

dass die Marktzinssätze nicht heranreichen.<br />

In Deutschland wurde im<br />

Mittelalter etwa 65 Prozent als Obergrenze<br />

verwendet.<br />

PRIVATE<br />

BANKING 35


ENTWICKLUNG DER REALEN ZINSEN VON 1314 BIS 2021<br />

Quelle: Paul Schmelzing<br />

in Prozent<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

−2<br />

−4<br />

Gleitender 7-Jahres-Schnitt, weltweit<br />

−6<br />

Gleitender 15-Jahres-Schnitt, weltweit<br />

−8<br />

−10<br />

−12<br />

1400<br />

1500<br />

1600<br />

1700<br />

1800<br />

1900<br />

2000<br />

−14<br />

Marktzinssätzen sprechen. Venedig<br />

brauchte Geld, aber es gab sehr gute<br />

Argumente dagegen, Vermögenswerte<br />

zu konfiszieren. Man wollte mit den<br />

Oberschichten eine Verhandlungsbasis<br />

schaffen, wo Angebot und Nachfrage<br />

sich ausgleichen. Früh war klar, dass<br />

Oberschicht und Regierung aufeinander<br />

angewiesen waren, die Regierung<br />

brauchte Geld und die Elite eine sichere<br />

und funktionierende Stadtrepublik. Es<br />

brauchte also ein dauerhaftes Modell,<br />

ein Marktmodell.<br />

„Acht Prozent hat man in Venedig zum<br />

Beispiel für <strong>private</strong> Einlagen angeboten,<br />

die Regierungen mussten im Schnitt<br />

etwa das Doppelte anbieten“, sagt<br />

Schmelzing: „In Zeiten niedriger Nachfrage<br />

oder Kriegen legte man noch<br />

einmal was drauf.“ Venedig und Florenz<br />

waren auch internationale Finanzmärkte.<br />

Ausländische Investoren veranlagten<br />

dort ihr Geld, sowie die großen<br />

institutionellen Investoren der damaligen<br />

Zeit: christliche Orden wie die<br />

Dominikaner. Gute Daten gibt es aus<br />

Florenz, wo regelmäßig die Vermögens-<br />

werte der Haushalte erhoben wurden.<br />

„Daher wissen wir auch, dass die Mittelschichten<br />

aktiv in Schuldtitel investiert<br />

haben“, sagt Schmelzing: „Ein Drittel bis<br />

die Hälfte der Haushalte hat Staatsschuld<br />

besessen und damit gehandelt.<br />

Das war ein wirklich aktiver Markt.“<br />

Noch weiter verbreitet waren Immobilienkredite.<br />

Der Pfandbrief ist vermutlich<br />

das älteste standardisierte Investitionsinstrument.<br />

Die Sicherheit ist eine<br />

Immobilie. Die Kredite haben oft eine<br />

Laufzeit von Jahrzehnten. Zahlt der<br />

Gläubiger nicht, geht die Immobilie an<br />

den Kreditgeber. „Solche Kredite kann<br />

man nominal bis ins tiefe Mittelalter<br />

zurück messen“, sagt Schmelzing.<br />

Zurück zu den Realzinsen. Die lagen<br />

Orden wie die<br />

Dominikaner waren<br />

große institutionelle<br />

Investoren in der<br />

Renaissance.<br />

Anfang des 14. Jahrhunderts bei rund<br />

15 Prozent, nominal lagen sie bei über<br />

20 Prozent. Wobei Republiken wie<br />

Venedig und Florenz darauf geachtet<br />

haben, ihre Währung nie stark abzuwerten.<br />

Schulden wurden über Jahrhunderte<br />

stets beglichen, deshalb wurden die<br />

Titel auch attraktiv für ausländische Investoren<br />

und die Währung der Republiken<br />

die Leitwährung der frühen Neuzeit.<br />

Versuch einer Zentralbank<br />

Es sind auch Venedig und Genua, die zum<br />

ersten Mal mit Institutionen experimentieren,<br />

die Zentralbanken ähnlich sind<br />

und die Wirtschaft in Rezessionen stützen<br />

sollen. Dennoch verschiebt sich das<br />

Zentrum der Finanzwelt mit der Entdeckung<br />

der neuen Welt nach Nordeuropa<br />

und Spanien. Machte der Handel im<br />

Mittelmeer Italiens Städte reich, die<br />

Handelsvolumina auf den Atlantik- und<br />

Pazifikrouten waren um ein Vielfaches<br />

größer. Es gab einen massiven<br />

Aufschwung der Kreditvolumina. Denn es<br />

waren oft die Banken selbst, die beauftragt<br />

wurden, die neue Welt zu erkunden und<br />

36 PRIVATE<br />

BANKING


die Handelsströme einzurichten. „Es war<br />

eine privatwirtschaftliche Aufteilung der<br />

Welt“, sagt Schmelzing. Ob die Fugger in<br />

Augsburg oder die Welser in Nürnberg:<br />

Diese Banken waren um Vieles größer als<br />

etwa die Medici. Und die Finanzinstrumente<br />

wurden ausgeklügelter. Es gab<br />

mehr Kapitalangebot und der Zinssatz fiel<br />

im 16. Jahrhundert das erste Mal deutlich.<br />

Die erste Aktiengesellschaft<br />

In Amsterdam, wo 1602 mit der ostindischen<br />

Kompanie auch die erste Aktiengesellschaft<br />

und 1609 die Wechselbank<br />

mit einer hundertprozentigen Deckung<br />

der Depositen gegründet wurde, fielen<br />

die Nominalzinsen im Verlauf des<br />

17. Jahrhunderts sogar unter drei Prozent.<br />

Weltweit lagen die Realzinsen Anfang<br />

des 18. Jahrhunderts bei etwa<br />

sechs Prozent, rund 100 Jahre später bei<br />

etwa drei Prozent und Anfang des<br />

20. Jahrhunderts etwas über<br />

zwei Prozent. Freilich sind die historischen<br />

Daten volatil. Die Wachstumsraten<br />

schwankten extrem vor der industriellen<br />

Revolution, Rezessionen waren viel tiefer<br />

als in der Moderne. Auch Kriege oder<br />

Seuchen ließen die realen Zinsen stark<br />

schwanken. So schossen sie Anfang des<br />

19. Jahrhunderts stark nach oben, damals<br />

wüteten in Europa die napoleonischen<br />

Kriege. Deutliche Schwankungen gab es<br />

In Amsterdam fielen<br />

die Zinsen im<br />

17. Jahrhundert auf<br />

ein auch für heutige<br />

Maßstäbe relativ<br />

niedriges Niveau.<br />

auch im 20. Jahrhundert, nicht nur<br />

wegen der beiden Weltkriege, sondern<br />

eben auch wegen der Preisschocks,<br />

denen Fed-Chef Volcker den Kampf<br />

ansagte. Wobei Zentralbanken, die nicht<br />

nur Liquidität für Banken und Händler<br />

bereitstellen oder auf die Qualität der<br />

umlaufenden Münzen achten, sondern<br />

auch einen Leitzinssatz festlegen, ein<br />

modernes Phänomen sind.<br />

Die Ende des 17. Jahrhunderts gegründete<br />

Bank of England etwa war lang eine<br />

gewinnorientierte Privatbank. Dass der<br />

Lombardzins der Bank allgemein als<br />

Leitzins akzeptiert wurde, war mehr<br />

Gewohnheit als Gesetz. „Erst wo eine<br />

bestimmte Privatbank das Monopol auf<br />

Geldschöpfung erhält, entsteht so etwas<br />

wie ein Leitzinssatz“, erklärt Schmelzing.<br />

Aber der größere Trend beim Zinsniveau<br />

zeigt beharrlich nach unten. Egal, ob es<br />

Zentralbanken gibt, oder nicht. l


Jetzt noch schnell<br />

einen Kredit?<br />

Die Zinswende macht Bankkredite teurer. In der aktuellen ungewissen Phase,<br />

wie hoch die Zinsen noch ansteigen, werden Fixzinskredite wieder attraktiver.<br />

TEXT: SUSANNE BICKEL<br />

38 PRIVATE<br />

BANKING


ILLUSTRATION: MARIN GOLEMINOV<br />

Wer wissen möchte, wie es mit<br />

den Kreditzinsen weitergeht,<br />

muss lediglich die Swapsätze<br />

beobachten. Denn daran orientieren sich<br />

die Fixkreditzinsen – der Swapzins gibt<br />

Auskunft darüber, zu welchem Preis die<br />

Bank den Fixzinssatz am Markt<br />

einkaufen kann. Heuer zwischen Jänner<br />

und April ist der 15-jährige EUR-Swapsatz<br />

von unter einem halben Prozent auf<br />

1,70 Prozent gestiegen und vervollständigt<br />

damit die Aufwärtsfahrt der vergangenen<br />

Monate. Die Europäische Zentralbank<br />

(EZB) steht unter Druck, die<br />

Banken passen ihre Konditionen unverzüglich<br />

an – im ersten Quartal haben sich<br />

die Fixzinskredite zwischen 0,5 und<br />

0,6 Prozentpunkte verteuert. Dafür gibt<br />

es eine Vielzahl an Gründen: Energieund<br />

Rohstoffpreise entfachten weltweit<br />

die stärkste Inflationswelle seit rund<br />

40 Jahren. Die USA erleben diese hohe<br />

Inflationsrate gleichzeitig bei einer<br />

äußerst geringen Arbeitslosenquote von<br />

unter vier Prozent – während die Stundenlöhne<br />

um rund 5,5 Prozent ansteigen.<br />

Gleichzeitig sind die Erstanträge auf<br />

Arbeitslosenunterstützung auf den niedrigsten<br />

Stand seit über 50 Jahren<br />

gesunken. Deshalb hat die amerikanische<br />

Notenbank Fed bereits gehandelt<br />

und Mitte März eine erste Leitzinsanhebung<br />

durchgeführt.<br />

Unsicherheit in der Finanzwelt<br />

Matthias Ederer arbeitet seit über<br />

13 Jahren in der amerikanischen Finanzwelt,<br />

er begann seine Karriere bei<br />

Goldman Sachs in London und übersiedelte<br />

2009 nach New York. Nun arbeitet<br />

er bei BC Partners und beschäftigt sich<br />

hauptsächlich mit Investitionen im<br />

Kreditumfeld. Eine Situation wie die<br />

aktuelle gab es in den USA seit den<br />

1970er-Jahren nicht mehr, sagt er. Dortige<br />

Haushalte haben in den vergangenen<br />

24 Monaten hauptsächlich von der<br />

Fiskalpolitik profitiert und nicht von der<br />

Geldpolitik, denn jeder Haushalt bekam<br />

Subventionen. Dass jetzt neben der<br />

Die Swapsätze<br />

steigen kontinuierlich<br />

an, seit Anfang des<br />

Jahres sind sie schon<br />

um über ein Prozent<br />

angewachsen.<br />

INFO<br />

Swapsatz: Der Swapsatz definiert,<br />

welchen fixen Zinssatz<br />

ausgewählte Banken für<br />

bestimmte Laufzeiten von bis zu<br />

30 Jahren bereit sind, zu<br />

bezahlen. Ein gängiger Swapsatz<br />

für Immobilienfinanzierungen ist<br />

der Euro-Zinsswap 3 Jahre.<br />

Zinscap: Ist eine Zinsbegrenzungsoption<br />

auf einen variablen<br />

Referenzzinssatz. Der Käufer<br />

erhält am Ende jeder Periode, in<br />

der der vereinbarte Referenzzinssatz<br />

über dem vereinbarten<br />

Basiswert liegt, eine Zahlung.<br />

Zinsfloor: Hier erhält der Käufer<br />

am Ende jeder Periode, in der der<br />

vereinbarte Referenzzinssatz<br />

unter dem vereinbarten Basiswert<br />

liegt, eine Zahlung.<br />

hohen Inflationsrate und den geopolitischen<br />

Problemen gleichzeitig in der<br />

Geld- und Fiskalpolitik die Zügel angezogen<br />

werden, sorge für eine verstärkte<br />

Unsicherheit.<br />

Aber die Situation für die EZB sei schwieriger,<br />

da es nicht nur ein Wirtschaftsraum<br />

sei. Trotzdem ist Ederer davon überzeugt,<br />

dass der EZB in den nächsten ein<br />

bis zwei Quartalen kein Spielraum mehr<br />

gelassen wird und sie gezwungen ist,<br />

einen ähnlichen Weg wie die Fed einzuschlagen.<br />

In den USA wiederum sind sich<br />

Experten einig, dass der Leitzinssatz in<br />

den nächsten 18 bis 24 Monaten die<br />

Drei-Prozent-Marke knacken wird.<br />

Zögern bei Fixkrediten<br />

Aber zurück zu Europa und den Swapsätzen:<br />

Diese sind mittlerweile wieder<br />

auf dem höchsten Stand seit 2014.<br />

Momentan heben die Geldhäuser Kreditkonditionen<br />

im Fixzinsbereich entsprechend<br />

an. Seit Jahresbeginn haben sich<br />

die Konditionen durchschnittlich und<br />

über alle Fixzinslaufzeiten um rund<br />

ein Prozent erhöht. Vorerst halten sich<br />

die Steigungen zwar noch in Grenzen,<br />

aber die Verschärfung der Kreditrichtlinien<br />

Mitte des Jahres könnte die Krediterteilung<br />

noch verschärfen.<br />

Die Banken zögern im Moment, noch<br />

fixverzinste Kredite zu vergeben. Die<br />

Kosten der zehn-, 15- und 20-jährigen<br />

Laufzeiten gleichen sich derzeit an, das<br />

ist ungewöhnlich, sagt Immobilienexperte<br />

Christian Ederer. Deshalb werden<br />

die kürzesten Laufzeiten teilweise nicht<br />

mehr angeboten. Der Markt sei verunsichert,<br />

aktuell wisse niemand, ob es noch<br />

weiter nach oben geht oder das schon<br />

die Spitze des Eisbergs ist. Da nicht mehr<br />

alle Banken mit Fixzinskonditionen<br />

arbeiten, dünnt sich das Angebot stark<br />

aus – die Nachfrage ist jedoch hoch. Da<br />

viele Kreditnehmer eine weitere Steigung<br />

befürchten und auch noch die Zeit vor<br />

der Regulierung der Immobilienkredite<br />

nutzen wollen, ist die Nachfrage derzeit<br />

enorm. Laut Ederer wird es vorerst in<br />

Relation günstiger bleiben, variabel zu<br />

finanzieren. Aber sich erst in zwei oder<br />

drei Jahren einen Zinscap zu leisten,<br />

könnte wiederum sehr teuer werden, es<br />

sollten also schon vorab Abwägungen<br />

getroffen werden.<br />

Die Margen verzeichnen gerade einen<br />

tendenziellen Rückgang, aber dennoch<br />

werden die variabel verzinsten Kredite<br />

ebenfalls etwas teurer: Der geläufige<br />

Indikator, der Drei-Monats-Euribor stieg<br />

binnen eines Quartals um rund<br />

0,1 Prozentpunkte an. l<br />

PRIVATE<br />

BANKING 39


Eine historische<br />

Zinswende<br />

Die USA brauchen fast schon ein Wunder, um ihr Inflationsziel<br />

ohne Rezession zu erreichen. Und das, obwohl Washingtons<br />

Geldpolitik deutlich restriktiver als jene in Frankfurt ist.<br />

TEXT: STEFAN RIECHER<br />

In jedem guten Scherz steckt zumindest<br />

ein Fünkchen Wahrheit, heißt<br />

es. Und so lachte das Auditorium<br />

laut auf, als der Kabarettist Trevor Noah<br />

beim jährlichen Galatreffen der Journalisten<br />

Washingtons den US-Präsidenten<br />

aufs Korn nahm. Schließlich habe es<br />

geheißen, dass es nach den Trump-<br />

Jahren unter Joe Biden nur aufwärts<br />

gehen könne. „Und tatsächlich: Die<br />

Benzinpreise sind oben, die Mieten sind<br />

gestiegen und die Preise für Essen<br />

sowieso“, erklärte Noah. Zumindest mit<br />

der Teuerung sei es also zweifelsohne<br />

steil aufwärts gegangen.<br />

Und wie. Nach 6,4 Prozent im Februar ist<br />

die Inflationsrate in der weltgrößten<br />

Volkswirtschaft im März auf 8,5 Prozent<br />

im Jahresvergleich gestiegen. Das ist der<br />

höchste Wert seit den 1980er-Jahren und<br />

ein Ende scheint derzeit nicht in Sicht zu<br />

sein, selbst eine weitere Beschleunigung<br />

im Frühling ist nicht auszuschließen. Im<br />

Weißen Haus schrillen die Alarmglocken,<br />

denn kaum etwas macht die amerikanischen<br />

Wähler wütender als steigende<br />

Benzinpreise. Mittlerweile kostet eine<br />

Gallone (3,8 Liter) im US-Schnitt rund<br />

4,5 Dollar, in Bundesstaaten wie New York<br />

oder Kalifornien knapp sechs Dollar. Auch<br />

wenn der Preis damit noch unter jenem in<br />

Österreich liegt, der Anstieg von mehr als<br />

einem Drittel im Vergleich zum Vorjahr<br />

stößt vielen Amerikanern übel auf.<br />

Nun lässt sich über die Ursachen lang<br />

streiten. Biden und seine Demokraten<br />

machen Wladimir Putin und seinen<br />

Überfall auf die Ukraine dafür verantwortlich.<br />

Die Republikaner attackieren<br />

Bidens „deficit spending“, seine Klimapolitik<br />

und den Entzug heimischer Öllizenzen,<br />

der zu einer Reduktion von in<br />

den USA produziertem Öl geführt habe.<br />

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der<br />

Mitte und natürlich muss in einer<br />

Analyse zur US-Inflation auch ausführlich<br />

auf die Notenbank Fed eingegangen<br />

„Wir werden alles in<br />

unserer Macht<br />

stehende tun, um die<br />

Inflation wieder zu<br />

reduzieren.“<br />

werden, die einerseits Verursacherin für<br />

die Teuerung ist, andererseits jedoch<br />

längst in die Rolle der Bekämpferin<br />

geschlüpft ist. „Wir werden alles in<br />

unserer Macht stehende tun, um die<br />

Inflation wieder zu reduzieren“, sagte<br />

Fed-Chef Jerome Powell deshalb in den<br />

vergangenen Monaten immer wieder.<br />

Bemerkenswert ist dabei das Fehlerbewusstsein<br />

des wichtigsten Notenbankers<br />

der Welt. So hatte Powell im vergangenen<br />

Jahr noch mehrfach von einem „vorübergehenden<br />

Effekt“ gesprochen und<br />

erklärt, dass sich die Teuerungsrate von<br />

selbst wieder einbremsen werde. Eine<br />

fatale Fehleinschätzung, wie auch Powell<br />

später einräumen musste. „Wir haben<br />

uns getäuscht“, änderte Powell schließlich<br />

um den Jahreswechsel seine<br />

Kommunikationslinie und läutete eine<br />

historische geldpolitische Wende ein, die<br />

mit einer Zinsanhebung um<br />

0,25 Prozentpunkte im März begonnen<br />

hat und nun mit einem weiteren Zinsschritt<br />

um 0,5 Prozentpunkte im Mai fortgesetzt<br />

wurde. Der aktuelle Zinssatz steht<br />

bei einer Spanne zwischen 0,75 und<br />

einem Prozent und damit soll noch lang<br />

nicht Schluss sein. Aktuell gehen die<br />

Marktteilnehmer laut der Optionsbörse<br />

CME im Durchschnitt von etwa<br />

drei Prozent gegen Jahresende aus.<br />

Restriktive Geldpolitik<br />

Egal, was die nächsten Monate bringen<br />

werden, historisch ist Powells restriktivere<br />

Geldpolitik jedenfalls. Mit der Zinserhöhung<br />

im Mai erhöhte die Fed erstmals<br />

seit 2006 den Leitzins bei zwei<br />

aufeinanderfolgenden Treffen – ein<br />

eindeutiges Zeichen, dass der Hut<br />

brennt. Traditionell bemühen sich die<br />

US-Geldpolitiker, höchstens alle<br />

zwei Treffen den Zinssatz zu ändern,<br />

damit sich die Marktteilnehmer an die<br />

40 PRIVATE<br />

BANKING


FOTO: REUTERS<br />

US-Präsident Joe Biden will die Geldschleusen offen halten, um die Kongresswahlen im Herbst zu retten.<br />

PRIVATE<br />

BANKING 41


einem inflationären Umfeld weniger wert<br />

sind. Längst ist der Nasdaq-Index<br />

deshalb in einen Bärenmarkt gestürzt,<br />

manche Tech-Werte wie Netflix oder<br />

Zoom haben mehr als die Hälfte eingebüßt.<br />

Der breitere S&P 500 Index<br />

verbuchte im April seinen höchsten<br />

prozentuellen Verlust seit Oktober 2008.<br />

In den ersten vier Monaten des Jahres<br />

verzeichnete der S&P 500 einen Verlust<br />

von 13,3 Prozent, so schlecht ist der wohl<br />

wichtigste Aktienindex der Welt seit 1939<br />

nicht mehr in das Jahr gestartet.<br />

„Wir brauchen jetzt gute Fähigkeiten,<br />

neuen Gegebenheiten gewöhnen und<br />

sich besser auf die langfristig ausgerichtete<br />

Kommunikation der Fed einstellen<br />

können. Außergewöhnlich ist nicht nur<br />

der Zeitrahmen der Zinserhöhungen,<br />

sondern auch das Tempo. Die Erhöhung<br />

von 0,5 Prozent im Mai ist die erste Erhöhung<br />

um einen halben Prozentpunkt seit<br />

2000, als die Notenbank angesichts der<br />

Dotcom-Blase die Notbremse zog.<br />

Das Währungshüter-Dilemma<br />

In der Tat finden sich die Washingtoner<br />

Währungshüter in einem Dilemma.<br />

Angesichts der hohen Inflation bleibt<br />

ihnen keine andere Wahl, als die Zinsen<br />

zügig anzuheben. Gleichzeitig dürfen sie<br />

jedoch die Konjunktur – und laut<br />

Mandat den Arbeitsmarkt – nicht außer<br />

Acht lassen. Anders als die Europäische<br />

Zentralbank ist die Fed aufgefordert, den<br />

Jobmarkt zu fördern, zusätzlich zu einer<br />

Inflationsvorgabe von etwa<br />

zwei Prozent. Man könnte sagen, dass<br />

nun ein Wunder nötig sei. Schließlich ist<br />

aber auch einiges an Glück.“<br />

es der US-Notenbank noch nie gelungen,<br />

innerhalb von drei Jahren die Teuerung<br />

um zumindest vier Prozentpunkte zu<br />

reduzieren, ohne gleichzeitig eine Rezession<br />

auszulösen. Es bleibt die Frage,<br />

wann diese Rezession ansteht und wie<br />

dramatisch sie ausfällt. Im schlimmsten<br />

Fall lässt sie die Arbeitslosigkeit deutlich<br />

ansteigen, während gleichzeitig die<br />

Inflation noch auf hohem Niveau<br />

verharrt. Powell und seine Fed-Kollegen<br />

würden als Verlierer einer derartigen<br />

Stagflation dastehen, schließlich hätten<br />

sie ihr duales Mandat nicht erfüllt. „Wir<br />

brauchen jetzt gute Fähigkeiten, aber<br />

auch einiges an Glück“, sagte Finanzministerin<br />

Janet Yellen, Powells Vorgängerin<br />

an der Spitze der Fed, im April.<br />

Die Voraussetzungen für gute Resultate<br />

an den Börsen waren also schon besser.<br />

Steigende Zinsen gelten als Problem für<br />

die Aktienmärkte, weil andere Anlageformen<br />

wie Anleihen attraktiver werden.<br />

Besonders leidet der Technologiesektor,<br />

weil in der Zukunft liegende Gewinne in<br />

Grund zur Sorge<br />

Auch die Signale vom Anleihemarkt<br />

geben manchen Börsianern Grund zur<br />

Sorge. Dass die Rendite für zehnjährige<br />

US-Staatspapiere in den vergangenen<br />

Monaten gestiegen ist, ist für sich<br />

genommen noch kein großes Drama und<br />

grundsätzlich in einem steigenden Zinsumfeld<br />

zu erwarten. Im April etwa stieg<br />

die Rendite für zehnjährige Treasuries<br />

von 2,32 Prozent auf 2,89 Prozent, der<br />

schnellste monatliche Anstieg seit 2009.<br />

Vielmehr runzeln manche Beobachter<br />

angesichts des noch schnelleren Anstiegs<br />

der Rendite für zweijährige Papiere die<br />

Stirn. Diese ist von 0,7 Prozent zu Jahresanfang<br />

auf zuletzt mehr als 2,7 Prozent in<br />

die Höhe geschnellt. Die sogenannte<br />

Renditekurve steht also kurz davor sich<br />

zu drehen. Von einer inversen Renditekurve<br />

spricht man, wenn kurzfristige<br />

Anleihen eine höhere Rendite als längerfristige<br />

abwerfen. Das gilt als Rezessionsindikator,<br />

weil die Märkte erwarten, dass<br />

die Fed die Zinsen auf längere Sicht<br />

wieder senken wird müssen, um ein zu<br />

starkes Schrumpfen der Wirtschaft abzubremsen.<br />

In gewisser Weise bekommen Powell<br />

und das Weiße Haus nun die Rechnung<br />

für ihre eigene (Geld-)Politik präsentiert.<br />

So begann die Fed während der Finanzkrise<br />

2008 mit ihrem Quantitative-<br />

Easing-Programm, das die Märkte mit<br />

Geld schwemmte und die Bilanz auf<br />

heute neun Billionen Dollar anwachsen<br />

FOTO: REUTERS<br />

42 PRIVATE<br />

BANKING


WERBUNG<br />

E X P E R T I S E<br />

FONDSDETAILS ZUM INCREMENTUM<br />

INFLATION DIVERSIFIER FONDS<br />

ISIN: LI0226274319<br />

WKN: A1XDUW<br />

Performance <strong>2022</strong>: +17,82% (22.04.<strong>2022</strong>)<br />

Weitere Informationen erhalten Sie unter<br />

contact@incrementum.li<br />

Ronald Stöferle, Partner<br />

und Fondsmanager<br />

der Incrementum AG<br />

Mark Valek, Partner<br />

und Fondsmanager<br />

der Incrementum AG<br />

ÜBER INCREMENTUM AG<br />

Die Incrementum AG ist eine unabhängige Anlage- und<br />

Vermögensverwaltungsgesellschaft mit Sitz im Fürstentum<br />

Liechtenstein. Die Partner der Gesellschaft sind<br />

davon überzeugt, dass das Fundament der heutigen<br />

Wirtschaft – das ungedeckte Kreditgeldsystem – nicht<br />

nachhaltig ist. Insbesondere beim Thema Veranlagungen<br />

sollte deshalb mehr denn je über den Tellerrand des<br />

herrschenden Geldsystems hinausgeblickt werden. Bei<br />

Incrementum werden Veranlagungsstrategien daher neu<br />

überdacht und zeitgemäß umgesetzt. Der Anspruch des<br />

Unternehmens ist es, solide und innovative Anlagelösungen<br />

anzubieten, welche den Chancen und Risiken des<br />

vorherrschenden komplexen und fragilen Umfelds<br />

gerecht werden.<br />

Stagflation 2.0<br />

Der starke Anstieg der Teuerung ist im Alltag der Menschen angekommen.<br />

Wie geht es mit Blick auf die Themen Inflation und Stagflation in den 2020er-Jahren weiter?<br />

FOTO: BEIGESTELLT<br />

Während viele Menschen bereits seit mehreren Jahren die<br />

Inflation beispielsweise bei Immobilienpreisen stark zu<br />

spüren bekamen, betrifft sie mittlerweile jedermann.<br />

Unter professionellen Finanzmarktteilnehmern kam die Debatte,<br />

ob Inflation zu einem ernsten Thema wird, und falls ja, ob sie länger<br />

anhalten würde, erst im Jahr 2021 auf. Der Großteil der<br />

Marktteilnehmer ging nicht von einer längerfristigen Teuerung aus<br />

und wurde damit auf dem falschen Fuß erwischt. Dies lässt sich<br />

womöglich auch darauf zurückführen, dass die Mehrheit der<br />

Anleger nach wie vor der Meinung von Zentralbankern mit Ehrfurcht<br />

begegnet. Diese wiederum hatten das Narrativ der vorübergehenden<br />

Inflation gebetsmühlenartig wiederholt und dem<br />

Markt versichert, die höheren Inflationsraten wären allein auf den<br />

Basiseffekt und die angespannten Lieferketten zurückzuführen,<br />

nicht jedoch auf den Tsunami an neu geschöpftem Fiatgeld.<br />

Inflationäre Dekade voraus? Als Incrementum im Dezember des<br />

Jahres 2020 einen Spezialreport zur Inflation mit dem Titel „Der<br />

Junge, der Wolf rief: Inflationäre Dekade voraus?“ publizierte, war<br />

man damit noch allein auf weiter Flur. Mittlerweile werden die<br />

Themen Inflation aber auch Stagflation zunehmend diskutiert. Für<br />

die Fondsmanager ist eine länger anhaltende stagflationäre<br />

Phase spätestens seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine<br />

sehr wahrscheinlich geworden. Ronald Stöferle und Mark Valek<br />

werden sich damit intensiv im kommenden In Gold We Trust<br />

Report auseinandersetzen, welcher unter www.ingoldwetrust.<br />

report erhältlich ist und am 24. Mai <strong>2022</strong> publiziert wird.<br />

Die Ratlosigkeit der Notenbanken. Insbesondere die EZB befindet<br />

sich nun in einem hausgemachten Dilemma. Nach der Eurokrise,<br />

die im Grunde bereits eine Überschuldungskrise war, hieß<br />

es, es solle durch die geldpolitischen Maßnahmen Zeit für<br />

strukturelle Anpassungen in den südlichen Euroländern gekauft<br />

werden. Die Nullzinspolitik hat aber – wenig überraschend –<br />

genau das Gegenteil bewirkt. Es wurde ein immenser Anreiz<br />

geschaffen, sich noch mehr zu verschulden. Mit der Corona-<br />

Krise brachen die letzten Dämme. Und nun geht die Verschuldungsorgie<br />

nahtlos weiter, weil im Osten Europas Krieg<br />

ausgebrochen ist, und die Sanktionen den EU-Staaten unglaublich<br />

teuer zu stehen kommen werden. Die EZB kann aus politischen<br />

Gründen dennoch nicht beherzt gegen die Inflation<br />

vorgehen.<br />

Solide Lösungen für eine solide Zukunft. Bei Incrementum ist<br />

man davon überzeugt, dass Anleger ihr Portfolio für dieses herausfordernde<br />

Umfeld entsprechend vorbereiten bzw. diversifizieren<br />

sollten. Speziell für ein inflationäres bzw. stagflationäres<br />

Umfeld bietet der unabhängige Vermögensverwalter mehrere<br />

Fondsprodukte an, darunter den Incrementum Inflation Diversifier<br />

Fund, welcher von steigender Inflation profitieren kann.<br />

Alle Investmentfonds der Incrementum AG finden Sie auf:<br />

www.incrementum.li.<br />

PRIVATE<br />

BANKING 43


Die Pandemie änderte<br />

alles und im März 2020<br />

öffnete Powell die<br />

Geldschleusen<br />

wie nie zuvor.<br />

hat lassen. 2017 wollten die Währungshüter<br />

damit beginnen, das Volumen zu<br />

reduzieren. Zunächst ließen sie monatlich<br />

Anleihen im Wert von<br />

zehn Milliarden Dollar auslaufen, ohne<br />

diese nachzukaufen, und erhöhten das<br />

Volumen schließlich auf 50 Milliarden<br />

Dollar pro Monat. Die Pandemie änderte<br />

alles und im März 2020 öffnete Powell<br />

die Geldschleusen wie nie zuvor. Die<br />

Bilanz verdoppelte sich von 4,5 Billionen<br />

Dollar und nun gilt es, das Volumen<br />

wieder zu reduzieren.<br />

Der Fahrplan der Fed<br />

Vor allem im Vergleich zum Euroraum,<br />

wo viele Währungshüter nach wie vor<br />

nicht offen über die schnelle Notwendigkeit<br />

für Zinserhöhungen sprechen<br />

wollen, agiert die US-Notenbank aktuell<br />

verhältnismäßig zügig. Trotzdem geht<br />

ein Großteil der Marktteilnehmer davon<br />

aus, dass der Fahrplan der Fed weiter<br />

angepasst werden wird müssen, um die<br />

Inflation auf das gewünschte Niveau von<br />

zwei Prozent zu reduzieren. Das lässt<br />

sich aus den Renditeerwartungen der<br />

großen Fische an der Wall Street ablesen.<br />

Einer aktuellen Studie von JP Morgan<br />

zufolge glauben 44 Prozent der Anleihehändler,<br />

dass die Renditen weiter steigen<br />

werden. Im Gegensatz dazu gehen nur<br />

22 Prozent davon aus, dass das aktuelle<br />

Niveau der Renditen für Treasuries von<br />

knapp drei Prozent den Zinspfad der Fed<br />

bereits vollständig widerspiegelt und der<br />

Wert deshalb in den kommenden<br />

Monaten wieder fallen wird.<br />

Natürlich ist auch ein „soft landing“, so<br />

wie es die Fed anstrebt, weiterhin<br />

möglich und es nicht auszuschließen,<br />

dass die Aktienmärkte bereits ihren<br />

Boden erreicht haben. Im Detail gehen<br />

Powell und seine Kollegen im Fed-<br />

Komitee davon aus, dass der Leitzins<br />

gegen Jahresende bei knapp unter<br />

drei Prozent stehen wird – also knapp<br />

über der „neutralen Rate“, die das<br />

Wachstum weder befeuert noch allzu<br />

sehr abwürgt. Die Inflation soll in diesem<br />

Szenario bis 2024 auf knapp über<br />

zwei Prozent zurückgehen, während das<br />

Bruttoinlandsprodukt um zwei bis<br />

drei Prozent pro Jahr steigt und die<br />

Arbeitslosigkeit bei vier Prozent verharrt.<br />

Ein Eintrag in die Geschichtsbücher als<br />

einer der erfolgreichsten Fed-Chefs in<br />

der Geschichte wäre Powell dann sicher.<br />

Etwas Gegenwind dürfte ihm bis dahin<br />

freilich aus dem Weißen Haus entgegenwehen.<br />

Der Präsident will die finanzpolitischen<br />

Geldschleusen weiter offen<br />

halten, um ein Debakel bei den<br />

Kongresswahlen im November abzuwenden.<br />

Nachdem Joe Biden im vergangenen<br />

Jahr ein zwei Billionen Dollar<br />

schweres Covid-Paket unterschrieben<br />

und zusätzlich ein Infrastrukturpaket im<br />

Wert von einer Billion Dollar durch den<br />

Kongress gebracht hat, kämpft er nun um<br />

eines seiner wichtigsten Wahlversprechen,<br />

den sogenannten „Build Back<br />

Better“-Plan. Angesichts des Widerstands<br />

von Republikanern und moderaten<br />

Demokraten wie Senator Joe Manchin<br />

haben Bidens Berater das Volumen von<br />

ursprünglich 3,5 Billionen Dollar zwar<br />

auf zwei Billionen Dollar reduziert.<br />

Keine Mehrheit im Senat<br />

Trotzdem würde der Plan nicht unbedingt<br />

inflationshemmend sein und laut<br />

dem unabhängigen Congressional<br />

Budget Office die Staatsverschuldung<br />

weiter erhöhen. Noch steckt der<br />

Vorschlag ohnehin im Geburtskanal fest.<br />

Die Demokraten finden im Senat keine<br />

Mehrheit, unter anderem will Manchin<br />

aus dem Ölstaat West Virginia mehrere<br />

klimapolitische Vorgaben und Strafzahlungen<br />

für fossile Energie nicht akzeptieren.<br />

Interessanter und herausfordernder<br />

könnte die zweite Jahreshälfte in<br />

den USA kaum sein: eine Fed, die<br />

verzweifelt gegen die Inflation ankämpft;<br />

eine Ölknappheit, die durch den andauernden<br />

Ukraine-Krieg kaum ein Ende<br />

finden wird; ein schmutziger Wahlkampf<br />

vor den Kongresswahlen im November;<br />

und eine Unsicherheit an der Wall Street,<br />

die zu extremen Schwankungen in beide<br />

Richtungen führen kann.<br />

l<br />

FOTO: REUTERS<br />

44 PRIVATE<br />

BANKING


In Bedrängnis<br />

Vor dem Hintergrund der Zinswende wächst die Angst vor den<br />

Auswirkungen auf die Schwellenländer. Experten sehen diese heute<br />

besser gerüstet als in der Vergangenheit. Es bleiben jedoch Risken.<br />

TEXT: JEANNINE HIERLÄNDER<br />

In den USA ist die Zinswende längst<br />

in vollem Gange, und vor dem<br />

Hintergrund des Ukraine-Krieges<br />

und der starken Teuerung steht auch die<br />

Europäische Zentralbank unter zunehmendem<br />

Druck, ihre ultralockere Geldpolitik<br />

zu beenden. Damit steigt die<br />

Nervosität in den Schwellenländern. Ein<br />

Anstieg der US-Zinsen führt in der Regel<br />

dazu, dass Investitionen in riskanteren<br />

Märkten für die Investoren an Attraktivität<br />

verlieren. Der Dollar wertet in Relation<br />

zu den lokalen Währungen auf, was<br />

dazu führt, dass die Rückzahlung der in<br />

Dollar oder Euro aufgenommenen<br />

Kredite der Schwellenländer und der<br />

ansässigen Firmen teurer wird.<br />

Der Internationale Währungsfonds<br />

(IWF) warnte daher schon zu Jahresbeginn<br />

vor einer Gefahr der Zinswende für<br />

die Schwellenländer. Die Folgen einer<br />

raschen Straffung der US-Geldpolitik<br />

könnten Kapitalabflüsse und Währungsabwertungen<br />

in den Schwellenländern<br />

sein. Sie drohen daher in Bedrängnis zu<br />

geraten. Schnellere Zinserhöhungen der<br />

US-Notenbank Fed „könnten die Finanzmärkte<br />

erschüttern und weltweit zu einer<br />

Straffung der Finanzierungsbedingungen<br />

führen“, hieß es im Jänner in einem vielbeachteten<br />

Blogeintrag des Währungsfonds.<br />

Diese Warnung gelte vor allem für<br />

die Auswirkungen auf Schwellenländer,<br />

hieß es darin weiter.<br />

Als Schwellenländer bezeichnet man<br />

Länder, die wirtschaftlich betrachtet<br />

zwischen dem Stadium eines Entwicklungs-<br />

und dem eines Industrielandes<br />

stehen. Typisch für sie sei, „dass sie sich<br />

in einem umfassenden Wandlungsprozess<br />

befinden und häufig ein überdurchschnittliches<br />

Wachstum der wirtschaftlichen<br />

Leistung und des Pro-Kopf-<br />

Einkommens aufweisen“, heißt es auf der<br />

Homepage des deutschen Ministeriums<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />

Entwicklung. Es sind Länder, die hohe<br />

Wachstumsraten aufweisen und entsprechende<br />

Fortschritte bei der Industrialisierung<br />

gemacht haben. In sozialen<br />

Aspekten wie Lebenserwartung, demo-<br />

FOTO: REUTERS<br />

46 PRIVATE<br />

BANKING


kratische Strukturen oder auch Alphabetisierung<br />

sind sie allerdings noch nicht<br />

auf dem Stand der Industrieländer.<br />

Der IWF hielt die betroffenen aufstrebenden<br />

Länder in seinem Blogeintrag<br />

dazu an, sich auf die bevorstehende Zinswende<br />

aktiv vorzubereiten. Jene Schwellenländer,<br />

die unter steigenden Inflationsraten<br />

leiden, sollten „schnell und<br />

umfassend“ reagieren. Das bedeute etwa,<br />

die Zinsen anzuheben. Schwellenländern,<br />

die über einen besonders hohen<br />

Anteil an Fremdwährungskrediten<br />

verfügen, riet der IWF außerdem, sich<br />

zeitgerecht über ein „Hedging“ gegen<br />

Kursverluste zu wappnen.<br />

Angst vor Schockmoment<br />

Angesichts der Zinswende geht die Angst<br />

vor einem zweiten „Taper Tantrum“ um.<br />

So bezeichnet man den Schockmoment<br />

des Jahres 2013, als eine Andeutung von<br />

Fed-Chef Ben Bernanke, die Geldpolitik<br />

zu straffen, ausreichte, um eine Kapitalflucht<br />

aus den renditestarken Schwellenländern<br />

in sichere Häfen wie<br />

US-Anleihen auszulösen.<br />

Ein „Taper Tantrum 2.0“ sei aus heutiger<br />

Sicht aber unwahrscheinlich, sagen viele<br />

Experten. Seit die Fed Ende Juli 2021<br />

signalisierte, die Anleihenkäufe zurückzufahren,<br />

hätten sich Zinssätze und<br />

Wechselkurse in den bedeutenden<br />

Schwellenländern weitgehend an die<br />

Änderungen des geldpolitischen Kurses<br />

der USA angepasst, sagte Satyam Panda,<br />

Experte der Ratingagentur S&P Global,<br />

unlängst in einem Interview. „Diese<br />

Anpassung ist relativ geordnet und<br />

allmählich verlaufen.“ Als Erklärung<br />

führte er an, dass die Ankündigung der<br />

Fed diesmal den Erwartungen entsprochen<br />

habe. Weiters erwähnte er die<br />

„disziplinierte, proaktive Geldpolitik“ in<br />

den Schwellenländern. Dennoch werde<br />

die Sorge vor einem zweiten „Taper<br />

Tantrum“ in den nächsten zwei Jahren im<br />

Vordergrund stehen, vor allem wenn sich<br />

abzeichne, dass die Fed die Geldpolitik<br />

schneller straffe als geplant.<br />

Auch andere Experten betonen, dass sich<br />

die makroökonomischen Voraussetzungen<br />

verbessert hätten – vor allem in<br />

Brasilien, Indien, Indonesien, Südafrika<br />

und der Türkei, die es 2013 besonders<br />

getroffen hatte. Die Länder hätten ihre<br />

Leistungsbilanzdefizite verringert und<br />

ihre Devisenreserven aufgestockt. Die<br />

kurzfristigen Fremdwährungsschulden<br />

seien geringer, das Kreditwachstum habe<br />

sich verlangsamt. All das erhöhe die<br />

Stabilität bei Kapitalabflüssen, heißt es in<br />

einer Analyse der deutschen Kreditanstalt<br />

für Wiederaufbau (KfW). Sorge<br />

bereite der teils deutliche Anstieg der<br />

Staatsverschuldung.<br />

Die Länder müssen<br />

sich zwischen einer<br />

Stärkung der eigenen<br />

Wirtschaft und<br />

externer Stabilität<br />

entscheiden.<br />

Auch die Ratingagentur S&P geht davon<br />

aus, dass sich die Anfälligkeiten für<br />

Schocks reduziert haben. Aber sie sieht<br />

auch die Verschuldung in Dollar in<br />

einigen Ländern – Türkei, Chile und<br />

Kolumbien – als Risiko. Hier hätten sich<br />

die auf Dollar laufenden Verschuldungen<br />

gegen den Trend erhöht. Wobei die<br />

US-Notenbank Fed die Finanzmärkte<br />

dieses Mal auch behutsamer auf die<br />

Zinswende eingestimmt hat. Es wird<br />

daher gemeinhin erwartet, dass die Zinswende<br />

dieses Mal für Schwellenländer<br />

geordneter verlaufen wird.<br />

Brasilien, Indien, Indonesien, Südafrika<br />

und die Türkei gelten wegen des großen<br />

Schocks 2013 weiterhin als die „fragilen<br />

fünf“. Sie haben zwar ihre wirtschaftlichen<br />

Strukturen deutlich verbessert,<br />

allerdings gibt es mitunter andere<br />

Punkte, die Sorgen bereiten. Ein Beispiel<br />

dafür ist die Türkei, wo immer klarer<br />

wird, dass die Zentralbank nicht mehr<br />

unabhängig von der Politik entscheiden<br />

kann. So wurden trotz Inflationsraten<br />

jenseits der 50 Prozent die Zinsen weiter<br />

gesenkt. Bislang ein Sonderfall, der<br />

jedoch zeigt, wie sich die Politik in<br />

Schwellenländern mitunter einmischen<br />

kann.<br />

Schon die Coronapandemie hatte in den<br />

Schwellenländern zu Kapitalabflüssen<br />

geführt, die das Ausmaß der globalen<br />

Finanzkrise weit übertrafen, wie Berechnungen<br />

des Welt-Bankenverbandes im<br />

Jahr 2020 zeigten. Der Umfang und das<br />

Ausmaß des Covid-19-Schocks seien so<br />

noch nie da gewesen, folgerten die<br />

Experten. Nun grassiert also die Angst,<br />

dass es mit der Straffung der Geldpolitik<br />

in den USA und auch in Europa zu einem<br />

neuerlichen Schock kommt.<br />

Mögliche Turbulenzen<br />

Gita Gopinath, Chefökonomin des IWF,<br />

stimmte die Schwellenländer in ihrem<br />

Blogeintrag auf stürmische Zeiten ein.<br />

„Schwellen- und Entwicklungsländer mit<br />

hohem Bedarf an Fremdwährungskrediten<br />

und Außenfinanzierung sollten<br />

sich auf mögliche Turbulenzen auf den<br />

Finanzmärkten vorbereiten“, schrieb sie.<br />

Anfälligen Schwellenländern gab sie den<br />

Rat, die Laufzeiten ihrer Schulden so weit<br />

wie möglich zu verlängern.<br />

Außerdem müssten sie achtgeben, dass<br />

ihre Währungen zum Dollar nicht fundamental<br />

unterbewertet sind. Die Staaten<br />

sollten auch danach trachten, ihre fiskalischen<br />

Ressourcen zu erhöhen – etwa<br />

durch Steuererhöhungen oder<br />

Einschnitte bei Subventionen oder<br />

Pensionen.<br />

All das könnte jedenfalls noch zu<br />

sozialen Verwerfungen führen, dessen ist<br />

man sich beim IWF auch durchaus<br />

bewusst: „Es kann hier zu schwierigen<br />

Entscheidungen kommen, da sich die<br />

Länder zwischen einer Stärkung der<br />

eigenen schwachen Wirtschaft und der<br />

externen Stabilität der Volkswirtschaft<br />

entscheiden müssen.“<br />

l<br />

PRIVATE<br />

BANKING 47


Ist Gold<br />

die Antwort?<br />

Viele Anleger hoffen, mit dem Edelmetall der davongaloppierenden Inflation entgehen<br />

zu können. Aber geht diese Rechnung wirklich auf? Und wie sinnvoll sind Investments<br />

in andere Edelmetalle gegen die Teuerung?<br />

TEXT: DAVID FREUDENTHALER<br />

48 PRIVATE<br />

BANKING


FOTO: REUTERS<br />

Wann, wenn nicht jetzt, kann<br />

man von turbulenten Zeiten<br />

sprechen? Am Rande<br />

Europas tobt ein Krieg, der so bald nicht<br />

vorbei sein wird und die Energiepreise in<br />

bisher ungeahnte Sphären klettern ließ.<br />

Außerdem weiß niemand so recht, ob<br />

sich die Pandemie im Herbst nicht doch<br />

noch einmal mit voller Wucht zurückmeldet,<br />

jedenfalls sind die globalen<br />

Lieferketten seither nachhaltig gestört.<br />

An Krisen mangelt es der Weltwirtschaft<br />

derzeit also beileibe nicht.<br />

Wenn es in diesem Umfeld einen<br />

Gewinner gibt, dann ist das – der klassischen<br />

Theorie folgend – Gold. Das<br />

begehrte Edelmetall gilt als Schutzwährung<br />

gegen Inflation. Und letztere<br />

schnellte zuletzt ja bekanntlich in lang<br />

nicht mehr gewohnte Höhen. Im April<br />

lag die Inflationsrate im Euroraum mit<br />

7,5 Prozent so hoch wie nie zuvor seit<br />

Bestehen der europäischen Gemeinschaftswährung.<br />

In manchen Euroländern<br />

sind die Inflationsraten gar schon<br />

zweistellig. Auch in den USA schwappt<br />

die Teuerungswelle in Rekordgeschwindigkeit<br />

über das Land: Im März lag sie bei<br />

8,5 Prozent, dem höchsten Wert seit<br />

mehr als 40 Jahren. Die Alarmglocken bei<br />

vielen Anlegern läuten – wohin also mit<br />

dem Geld auf dem Konto, bevor es die<br />

Inflation auffrisst?<br />

Gold als Stabilitätsfaktor<br />

Lang haben die Notenbanken auf beiden<br />

Seiten des Atlantiks beteuert, dass die<br />

Teuerungswelle rasch vorübergehen<br />

werde. Inzwischen scheint längst allen<br />

Ökonomen klar, dass sich das Inflationsgespenst<br />

so schnell nicht in Luft auflösen<br />

wird. Die hohe Inflation ist gekommen,<br />

um zu bleiben, warnen immer mehr<br />

Experten – zumindest mittelfristig.<br />

Eigentlich das ideale Umfeld für Gold,<br />

das in krisenhaften Zeiten stets Stabilität<br />

zu bieten vermochte.<br />

Das gelbe Edelmetall gilt traditionell als<br />

der geborene Inflationsschutz, da es<br />

nicht einfach vervielfältigt werden kann.<br />

Blickt man in der Zeit zurück, erlebte der<br />

Goldpreis in den vergangenen Jahrzehnten<br />

tatsächlich immer wieder<br />

Höhenflüge, wenn Anleger eine hohe<br />

Inflation erwarteten oder es tatsächlich<br />

zu einer starken Geldentwertung kam –<br />

beispielsweise während der zweiten<br />

Ölkrise Ende der 1970er-Jahre. Der statistische<br />

Zusammenhang zwischen den<br />

Renditen von Gold und der Inflationsrate<br />

ist dennoch schwach. Den Ruf als Inflationsschutz<br />

erhält das Edelmetall vor<br />

allem deshalb, weil der Chart langfristig<br />

nach oben rechts weist (siehe Chart<br />

Seite 50). Das gilt allerdings auch für<br />

breit gestreute Aktienindizes wie<br />

beispielsweise den S&P 500, der laut<br />

Macrotrends langfristig noch deutlich<br />

besser performte als Gold.<br />

Doch wie gut eignet sich das Edelmetall<br />

als Asset, um der Geldentwertung zu<br />

entgehen? Auch heute wird Gold seinem<br />

Ruf als Stabilitätsfaktor durchaus gerecht,<br />

sagt Goldexperte Ronnie Stöferle. Nachsatz:<br />

„Zumindest für europäische<br />

Anleger erfüllt es derzeit seinen Zweck.“<br />

Zwar legte der Wert des standardmäßig<br />

in US-Dollar gehandelten Goldes seit<br />

„Je nach Reaktion auf<br />

die Zinserhöhungen<br />

der Notenbanken, ist<br />

in den nächsten zwölf<br />

Monaten ein neues<br />

Allzeithoch möglich.“<br />

Jahresbeginn nur marginal auf knapp<br />

1900 Dollar pro Unze zu. In Relation zum<br />

relativ schwachen Euro bedeutet das bei<br />

Redaktionsschluss dieses Magazins<br />

immerhin einen knapp zweistelligen<br />

Kursgewinn, wenngleich die Indizes<br />

Anfang Mai wieder nach unten zeigten.<br />

Während die US-Anleihenmärkte zuletzt<br />

das schwächste Quartal seit 1973<br />

erlebten und mit den großen Tech-<br />

Konzernen zuletzt auch die Lokomotiven<br />

des vergangenen Bullenmarktes schwere<br />

Kursverluste hinnehmen mussten, sei auf<br />

Gold „als verlässlicher Verteidiger des<br />

Depots Verlass“, konstatiert Stöferle im<br />

Gespräch mit der „Presse“. Gerade in den<br />

frühen Zeiten einer sich abzeichnenden<br />

Rezession und in Phasen negativer Realzinsen<br />

kompensiere Gold die Verluste<br />

auf den Aktienmärkten, so der Experte,<br />

dessen jährlicher Goldreport unter dem<br />

Titel „Stagflation 2.0“ Ende Mai erscheint.<br />

Gute Zeit für ein Investment?<br />

Selbst kurz nach dem historischen<br />

Allzeithoch – Anfang März wurde die<br />

symbolische 2000-Dollar-Linie erstmals,<br />

wenn auch nur kurz, überschritten –<br />

spreche angesichts der instabilen<br />

geopolitischen Situation vieles dafür,<br />

jetzt in das Edelmetall zu investieren,<br />

sagt Rudolf Brenner, Gründer und Chef<br />

des österreichischen Edelmetallhändlers<br />

Philoro, der auch in Deutschland, der<br />

Schweiz und Hongkong Dependancen<br />

hat. Vor allem im März sei die Nachfrage<br />

nach Edelmetallen gigantisch gewesen,<br />

so Brenner. Philoro vervielfachte in den<br />

ersten Wochen nach Kriegsausbruch<br />

seine Umsätze. Auch wenn sich der Run<br />

in den folgenden Wochen wieder normalisierte,<br />

werde Philoros Vorjahresumsatz<br />

von zwei Milliarden Euro <strong>2022</strong> wohl weit<br />

übertroffen werden. Denn ein Ende des<br />

Goldrauschs scheint nicht absehbar.<br />

„Die Faktoren, die Gold in den vergangenen<br />

Jahren beflügelt haben, sind alle<br />

noch intakt“, sagt Brenner. Er meint damit<br />

vor allem die hohe Inflation sowie das<br />

negative Realzinsniveau. Wie übrigens<br />

auch die Bank of America rechnet er<br />

damit, dass der Kurs die 2000-Dollar-<br />

Schallmauer schon bald wieder durchbrechen<br />

könne. „Wenn die Zinserhöhungen<br />

der Notenbanken nicht zu hart<br />

ausfallen, glaube ich sogar, dass wir in<br />

den kommenden zwölf Monaten ein<br />

neues Allzeithoch sehen werden.“<br />

Damit spricht der Experte das Damoklesschwert<br />

an, das derzeit generell über den<br />

PRIVATE<br />

BANKING 49


GOLDPREIS<br />

je Feinunze (31,1 g) in US-Dollar Quelle: Bloomberg (Stand: 28. 4. <strong>2022</strong>)<br />

2000<br />

in US-Dollar<br />

1800<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

in Euro<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

’00 ’01 ’02 ’03 ’04 ’05 ’06 ’07<br />

’08<br />

’09<br />

’10<br />

’11<br />

’12<br />

’13<br />

’14<br />

’15<br />

’16<br />

’17 ’18<br />

’19 ’20 ’21<br />

0<br />

Finanzmärkten hängt: die Geldpolitik der<br />

Notenbanken. Die US-Notenbank<br />

Federal Reserve (Fed) erhöhte Anfang<br />

Mai ihren Leitzins das zweite Mal heuer.<br />

Die EZB dürfte bald nachziehen.<br />

Für den Goldpreis sind das nicht unbedingt<br />

gute Nachrichten. Ein Blick in die<br />

Vergangenheit zeige aber, dass sich der<br />

Goldkurs unmittelbar vor Zinserhöhungen<br />

zwar meist negativ entwickelt<br />

habe, sagt Stöferle. „Kurz nach den Zinsschritten<br />

zeigten die Charts den historischen<br />

Daten folgend aber wieder leicht<br />

nach oben.“ Stöferle rechnet sogar damit,<br />

dass die Notenbanken angesichts möglicher<br />

Sanktionsspiralen im Ukraine-Krieg<br />

und einer drohenden Rezession vom<br />

geplanten Zinserhöhungspfad wieder<br />

abkommen könnten. Unter Ökonomen<br />

ist das eine durchaus gewagte These, von<br />

welcher der Goldpreis aber jedenfalls<br />

profitieren würde.<br />

Silber, Platin und Palladium<br />

Was machen eigentlich die anderen<br />

Edelmetalle? Dem Gold am nächsten<br />

stehenden Silber schenkten Anleger<br />

„Sollte das<br />

Inflationsniveau<br />

dauerhaft so hoch<br />

bleiben, wird Silber<br />

ein fulminantes<br />

Comeback hinlegen.“<br />

zuletzt nur wenig Bedeutung, sodass sein<br />

Kurs seit Jahren stark an jenem von Gold<br />

hängt. Gleichzeitig hat Silber aber auch<br />

eine wichtige Funktion als Industriemetall<br />

– etwa für Fotovoltaikanlagen. Vor<br />

dem Hintergrund der Dekarbonisierung<br />

gibt es in diesem Bereich eine verstärkte<br />

„grüne“ Nachfrage, die den Silberpreis<br />

stimuliert. Das Weißmetall werde also<br />

noch lang relevant bleiben und wohl an<br />

Bedeutung zunehmen, erwarten<br />

Analysten. So recht will der Silberpreis<br />

an den Märkten zuletzt aber nicht<br />

abheben. Lag der Kurs 2011 kurzfristig bei<br />

über 40 US-Dollar je Unze, gab er in den<br />

Folgejahren stark nach und lag zu Beginn<br />

der Coronakrise gar nur bei zwölf Dollar.<br />

Seither verdoppelte sich der Wert wieder,<br />

Anfang Mai lag der Kurs bei 23 Dollar.<br />

Damit sei der Silberpreis „absurd tief<br />

bewertet“, sagt Philoro-Chef Brenner.<br />

Sollte das Inflationsniveau dauerhaft<br />

hoch bleiben, werde Silber in diesem<br />

Jahr „ein fulminantes Comeback<br />

hinlegen“. In Hochinflationsphasen habe<br />

Silber schon in der Vergangenheit andere<br />

Edelmetalle deutlich outperformt.<br />

Einen relativ starken Anstieg erwarten<br />

Analysten auch für Platin. Zwar ist das<br />

Edelmetall im März (wieder einmal)<br />

unter 1000 Dollar gerutscht, von den<br />

aktuell 960 Euro könnte es aber stetig<br />

nach oben gehen. Dafür spreche, dass<br />

das Schwesternmetall Palladium im Wert<br />

mehr als doppelt so hoch liegt. Im März<br />

stieg Palladium kurzfristig gar auf über<br />

3000 US-Dollar, pendelte sich danach<br />

aber wieder bei rund 2300 US-Dollar ein.<br />

Beiden Weißmetallen werden künftig<br />

höhere Kurse nachgesagt, wenngleich sie<br />

aufgrund des kriegs- sowie pandemiebedingten<br />

Einbruchs in der Autoindustrie<br />

schon bessere Zeiten erlebt haben. l<br />

50 PRIVATE<br />

BANKING


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Flucht ins Eigentum<br />

Die Geldpolitik hat Rekordpreise bei Wohnimmobilien verursacht und<br />

Kredite historisch günstig gemacht. Das neigt sich nun dem Ende zu.<br />

TEXT: KAMIL KOWALCZE<br />

Pandemie, Ukraine-Krieg, hohe<br />

Teuerung – kaum ist eine Krise<br />

überstanden, folgt schon wieder<br />

die nächste. Diese Rückschläge erhöhen<br />

die Unsicherheit, bremsen das<br />

Wachstum und verusachen Kursstürze<br />

an den Börsen. Nur ein Bereich zeigt sich<br />

von all den Entwicklungen unbeeindruckt:<br />

Wohnimmobilien. Es sieht sogar<br />

danach aus, als würden sie aus all den<br />

schlechten Nachrichten gar noch mehr<br />

Kraft schöpfen – die Preise für Häuser<br />

und Wohnungen jagen von einem<br />

Rekordhoch zum nächsten. Doch wie<br />

lang noch? Wird die anstehende Zinswende<br />

in Europa diesen Trend beenden?<br />

Es sind zahlreiche Einflussfaktoren, die<br />

diese Anlagekategorie beeinflussen. Die<br />

meisten davon treiben derzeit die Preise<br />

und es ist kein Ende der in Österreich<br />

bereits 17 Jahre andauernden Preisrallye<br />

am Wohnimmobilienmarkt in Sicht. Aber<br />

es gibt auch Entwicklungen, die schon<br />

bald etwas dämpfend wirken dürften.<br />

Eine Analyse der wichtigsten Punkte.<br />

Geldpolitik treibt die Preise<br />

Der entscheidende Treiber für die Preise<br />

in einer Marktwirtschaft sind Nachfrage<br />

und Angebot. Da es nicht unbegrenzt<br />

viele Wohnungen auf dem Markt gibt,<br />

sich aber immer mehr Menschen dazu<br />

entschließen, in eine eigene Wohnung zu<br />

investieren, werden die verfügbaren<br />

Einheiten immer teurer. Es kommen<br />

zwar laufend neue Wohnungen hinzu –<br />

2020 wurden laut Statistik Austria 86.100<br />

neu errichtet –, aber nicht alle davon<br />

kommen auf den Markt für Privatkäufer,<br />

weil Immobilienentwickler sie teilweise<br />

selbst vermieten oder als Gesamtobjekte<br />

an andere Immobilienunternehmen<br />

verkaufen. Gleichzeitig wächst die Bevölkerung,<br />

vor allem der Zuzug aus dem<br />

Ausland in die Städte macht einen<br />

großen Teil davon aus. Neue Lebensgewohnheiten,<br />

Partnerschaftsmodelle und<br />

ein höherer Wohlstand führen dazu, dass<br />

FOTO: GETTY IMAGES<br />

52 PRIVATE<br />

BANKING


Alleinstehende, Paare und Familien oft<br />

mehr als nur eine Wohnung besitzen.<br />

Der Bedarf nach Wohnraum nimmt<br />

kontinuierlich zu, die Bautätigkeit kann<br />

da nicht immer Schritt halten.<br />

Außerdem wollen immer mehr<br />

Menschen, die zur Miete wohnen, eine<br />

Eigentumswohnung erwerben. Österreich<br />

gehört im internationalen Vergleich<br />

zu den Ländern mit der höchsten Anzahl<br />

an Mietern: 2020 waren es rund<br />

42 Prozent. Die Eigentümer leben überwiegend<br />

am Land. Die Pandemie hat in<br />

den vergangenen zwei Jahren vor allem<br />

viele Städter zum Umdenken bewogen:<br />

Im Zuge der Lockdown- und Home-<br />

Office-Monate haben sie bemerkt, dass<br />

sie nicht so wohnen, wie sie es sich<br />

wünschen würden – und einige von<br />

ihnen sind zu dem Entschluss<br />

gekommen, in ein Haus oder eine<br />

Wohnung im Grünen zu ziehen.<br />

In der vergangenen<br />

Dekade haben sich<br />

die Preise für<br />

Wohnimmobilien<br />

in Österreich<br />

mehr als verdoppelt.<br />

Das hat seit dem Ausbruch der Coronakrise<br />

zu einem Preisanstieg bei Wohnimmobilien<br />

von rund 20 Prozent geführt,<br />

hat die Bank Austria berechnet.<br />

Die Pandemie hat diese Entwicklung<br />

aber nur beschleunigt, die Nachfrage war<br />

schon lang davor gewaltig: Seit 2008<br />

haben sich die durchschnittlichen Preise<br />

für Wohnimmobilien in Österreich mehr<br />

als verdoppelt, in Wien sind sie sogar um<br />

128 Prozent gestiegen. Kürzlich gab es<br />

einen neuerlichen Höchststand: 2021<br />

haben sich Wohnungen und Häuser laut<br />

Statistik Austria um 12,3 Prozent<br />

verteuert. Den größten Zuwachs<br />

verzeichnete dabei Wien mit<br />

18,6 Prozent, gefolgt von Tirol und dem<br />

Burgenland. Im europäischen Vergleich<br />

lag Österreich in den ersten drei Quartalen<br />

2021 mit einer Preissteigerung von<br />

11,5 Prozent weit über dem Durchschnitt<br />

der EU von 7,6 Prozent. Laut dem Immo-<br />

Berater EHL dürften Investoren heuer<br />

deutlich mehr als fünf Milliarden Euro in<br />

Immobilien in Österreich anlegen – 2021<br />

waren es noch 4,5 Mrd. Euro.<br />

Die Nachfrage hängt aber eben nicht nur<br />

mit dem Wohnbedürfnis zusammen. Es<br />

ist auch die Politik der Europäischen<br />

Zentralbank (EZB), die zu diesen<br />

enormen Preissteigerungen beiträgt. Im<br />

Juni 2014 hat sie die Einlagezinsen für<br />

Banken ins Negative gedrückt und die<br />

WIR schafft Werte<br />

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Im neuen Glanz präsentiert sich das Private<br />

Banking der Raiffeisen-Landesbank (RLB)<br />

Steiermark. Das Ziel: den persönlichen<br />

finanziellen Background zu managen,<br />

Interessen, Wünsche und Vorstellungen zu<br />

realisieren und zu begleiten. Nicht umsonst<br />

gilt Private Banking als Königsdisziplin.<br />

Stefan Kögl, Manfred Schliber, Christiana Kollegger, Angela Fladischer,<br />

Johannes Tschemmernegg, Kurt Pürstner, Gernot Samitsch (v. l. n. r.).<br />

Private Banking ist für die Raiffeisen-<br />

durch umfassende Kenntnis der Lebens-<br />

bau über steueroptimierte Veranlagun-<br />

Landesbank (RLB) Steiermark eine Phi-<br />

welt unserer Kunden und eine zukunfts-<br />

gen, Depotanalyse, Vorsorge, Unter-<br />

losophie, die neben höchster fachlicher<br />

orientierte, nachhaltige Denkweise bei<br />

nehmensbeteiligungen, Stiftungsma-<br />

Expertise vor allem die langfristige per-<br />

Entscheidungen. Dabei sind wir über-<br />

nagement bis hin zu alternativen Invest-<br />

sönliche Beziehung zum Kunden in den<br />

zeugt, dass die Aspekte Umwelt, Wirt-<br />

ments, Vorsorge und Nachfolgeplanung<br />

Vordergrund stellt. Ein Vermögen aufzu-<br />

schaft und Mensch keine Gegenspieler<br />

sowie die starke digitale Produktpalette.<br />

bauen und kontinuierlich zu vermehren,<br />

sind, sondern im Einklang miteinander<br />

Abgerundet wird dies bei Bedarf auch<br />

erfordert besonderes Know-how und<br />

stehen können – ja sogar müssen!“, so<br />

von Expertisen externer Fachleute.<br />

FOTO: PHOTOWORKERS.AT<br />

individuelle Beratung. „Genau dafür stehen<br />

wir. Wir bieten für unsere Kunden<br />

neben klassischen Private-Banking-Leistungen<br />

das gesamte Portfolio einer führenden<br />

Universalbank an. Das gelingt<br />

Johannes Tschemmernegg, Leiter Private<br />

Banking der RLB. Kunden des Private<br />

Banking schätzen die umfangreichen<br />

Leistungen, beginnend von der<br />

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PRIVATE<br />

BANKING 53


IMMOBILIENPREISE VS. EINKOMMEN Index: 2000 = 100<br />

Immobilienpreisindex<br />

Verbraucherpreisindex<br />

’03 ’04 ’05 ’06 ’07 ’08 ’09 ’10 ’11 ’12 ’13 ’14<br />

’15<br />

249<br />

150<br />

149<br />

Jahresnettoeinkommen<br />

’16 ’17 ’18 ’19 ’20 ’21<br />

Quelle: Statistik Austria, OeNB, UniCredit Resarch<br />

IMMOBILIEN IN ÖSTERREICH: STEIGENDE PREISE IN KRISENZEITEN<br />

Abweichung des OeNB-Immobilienpreisindex in Prozentpunkten vom durchschnittlichen Quartalswachstum (% p.q.) Einbruch auf dem Aktienmarkt Quelle: Raiffeisen Research, OeNB, Refinitiv<br />

9/11,<br />

Post-Dotcom<br />

Finanzkrise<br />

Euro-<br />

Schuldenkrise<br />

Grexit-Diskussion,<br />

Brexit<br />

Corona<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

−1<br />

−2<br />

’03 ’04 ’05 ’06 ’07<br />

’08<br />

’09<br />

’10<br />

’11<br />

’12<br />

’13<br />

’14<br />

’15<br />

’16<br />

’17 ’18 ’19 ’20 ’21<br />

Leitzinsen im März 2016 auf null gesetzt.<br />

Darüber hinaus führte sie Ankaufprogramme<br />

für Anleihen in Billionenhöhe<br />

ein. Dadurch machte sie zinsbasierte<br />

Anlageklassen unattraktiv und spülte so<br />

viel Geld ins Finanzsystem wie nie zuvor.<br />

Auf der Suche nach der Rendite wandten<br />

sich <strong>private</strong> und institutionelle Investoren<br />

den Aktienmärkten zu – und eben<br />

auch den Immobilien, die im Gegensatz<br />

zu den Börsen als sichere Anlage gelten.<br />

Immobilien schützen vor Inflation<br />

Doch dieser Trend ist gerade dabei sich<br />

umzudrehen. Die US-Notenbank Fed hat<br />

bereits ihre Leitzinsen erhöht, die EZB<br />

fährt ihre Ankaufprogramme zurück und<br />

dürfte ihre Nullzinspolitik noch heuer<br />

beenden. Betrachtet man die Zinsentwicklungen<br />

am Geldmarkt, wird das<br />

auch von den Märkten erwartet. So hatte<br />

der Drei-Monats-Euribor, an den die<br />

meisten variablen Wohnbaukredite<br />

gebunden sind, sein Tief im Dezember<br />

2021 mit minus 0,6 Prozent. Seitdem ist<br />

er in Richtung Nulllinie unterwegs. Im<br />

Oktober 2008 lag er noch bei 5,2 Prozent.<br />

Auch der Effektivzinssatz für neu vergebene<br />

Wohnkredite in Österreich bewegt<br />

sich von seinem Rekordtief im Oktober<br />

2021 mit 1,53 Prozent leicht nach oben.<br />

Die Zeiten günstig finanzierter Wohnbaukredite<br />

neigen sich also langsam,<br />

aber sicher dem Ende zu. Das wird auch<br />

die Nachfrage nach Wohnungen und<br />

Das Zinstief bei<br />

Krediten für<br />

Wohnimmobilien<br />

ist überschritten.<br />

Künftig wird es<br />

teurer.<br />

Häusern zwangsweise etwas dämpfen,<br />

weil sich viele Menschen keinen Kredit<br />

mehr leisten werden können.<br />

Das ist aber kein Entscheidungskriterium<br />

für die Währungshüter – sie müssen<br />

gegen die hohe Inflation im Euroraum<br />

vorgehen. Im März betrug diese<br />

7,5 Prozent, der Zielwert ist bei rund<br />

zwei Prozent. Im Gegensatz zu den<br />

teureren Wohnbaukrediten ist die Inflation<br />

aber eher ein Faktor, der die Preise<br />

für Wohnungen und Häuser treibt, weil<br />

die gemeinhin als „Betongold“ bezeichnete<br />

Anlageklasse ein guter Inflationsschutz<br />

ist. Immobilien haben in Zeiten<br />

hoher Inflationsraten seit 1970 in<br />

22 Ländern stets profitiert, hat Raiffeisen<br />

Research analysiert. Denn solange die<br />

Preiszuwächse über der Inflation liegen,<br />

bringen sie real positive Renditen.<br />

Die Rechnung ist einfach: Raiffeisen<br />

schätzt die Teuerung in Österreich heuer<br />

auf 6,5 Prozent, Wohnimmobilien sollen<br />

54 PRIVATE<br />

BANKING


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Die Aufsichtsbehörden sind wegen der starken Preisanstiege bei<br />

Wohnimmobilien besorgt. Nun greifen sie in den Markt ein.<br />

sich um rund acht Prozent verteuern –<br />

bleibt eine Spanne, in der die aktuellen<br />

Finanzierungskosten gedeckt werden<br />

können und der Werterhalt gesichert ist.<br />

Anders sieht die Sache bei einer Stagflation<br />

aus, einem Szenario hoher Inflation<br />

und niedrigen Wirtschaftswachstums.<br />

Hier zeigt der Blick in die Historie, vor<br />

allem in die 1970er- und 1980er-Jahre,<br />

dass Wohnimmobilien zwar nominal<br />

kräftig zugelegt haben, aber sich nach<br />

Abzug der Inflation als schlechtes Investment<br />

erwiesen haben. Dasselbe gilt<br />

auch, wenn die Inflation zu hoch ist, laut<br />

Raiffeisen Research ab etwa 13 Prozent.<br />

Kreditvergabe wird eingeschränkt<br />

Neben der Inflation gibt es in Österreich<br />

bald einen weiteren Faktor, der sich auf<br />

die Preise auswirken könnte. Weil die<br />

Preisdynamik bei Wohnimmobilien in<br />

den vergangenen Jahren so heftig ausfiel,<br />

beobachten die Aufsichtsbehörden<br />

diesen Bereich noch kritischer als schon<br />

bisher. Sie wissen nur zu gut, was fehlgeleitete<br />

Entwicklungen am Immobilienmarkt<br />

auslösen können – vor 2007 haben<br />

sie zum Beispiel übersehen, dass Banken<br />

Wohnkredite an US-Bürger mit niedriger<br />

Bonität vergeben und diese in verschachtelte<br />

Forderungen in der Finanzbranche<br />

verstreut haben. Als die Schulden nicht<br />

mehr bedient werden konnten, verloren<br />

die Banken und Märkte das Vertrauen<br />

und es folgte eine Weltwirtschaftskrise.<br />

Um ähnliche Szenarien zu vermeiden,<br />

haben sich die Aufseher diesmal<br />

entschieden, die Sache proaktiver anzugehen.<br />

So wird die Finanzmarktaufsicht<br />

(FMA) in Zusammenarbeit mit der<br />

Oesterreichischen Nationalbank (OeNB)<br />

auf Empfehlung des Finanzstabilitätsgremiums<br />

(FMSG) ab Juli verpflichtende<br />

Mindeststandards für Banken in der<br />

Vergabe von Wohnbaukrediten<br />

einführen: Die Kredite dürfen nicht<br />

länger als 35 Jahre laufen, die Rückzahlungsrate<br />

nicht über 40 Prozent des<br />

verfügbaren Nettoeinkommens und der<br />

Eigenmittelanteil nicht unter 20 Prozent<br />

liegen. Zuvor hatten bereits internationale<br />

Institutionen wie der Internationale<br />

Währungsfonds und der Europäische<br />

Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) zum<br />

Handeln aufgerufen: Sie bewerten das<br />

Risiko am österreichischen Wohnimmobilienmarkt<br />

als überdurchschnittlich<br />

hoch. So liegt der Anteil von Baugewerbe,<br />

Grundstücks- und Wohnungswesen<br />

am Bruttoinlandsprodukt bei<br />

18 Prozent – das ist über dem Durchschnitt<br />

der Eurozone. Wohnungen und<br />

Häuser sind hierzulande laut OeNB um<br />

bis zu ein Drittel überbewertet.<br />

Die neuen Regeln werden dazu führen,<br />

dass sich künftig weniger Menschen<br />

Wohnbaukredite leisten können – denn<br />

laut OeNB erfüllen derzeit mehr als die<br />

Hälfte der Kreditnehmer diese Kriterien<br />

bei neu vergebenen Darlehen nicht. Bis<br />

Juli dürften Kaufwillige die letzte Chance<br />

nutzen, um sich ihren Wohntraum zu<br />

erfüllen und mit einem günstigen Kredit<br />

Eigentum zu erwerben – auch das dürfte<br />

die Preise noch einmal anheizen. l<br />

FOTO: REUTERS<br />

56 PRIVATE<br />

BANKING


Die Immo-Pension<br />

Bauherrenmodelle und Vorsorgewohnungen boomen.<br />

Trotz oder gerade wegen steigender Immobilienpreise.<br />

TEXT: HEDI SCHNEID<br />

58 PRIVATE<br />

BANKING


ILLUSTRATION: MARIN GOLEMINOV<br />

Sie haben ein schönes Sümmchen<br />

angespart und wollen nicht, dass<br />

ihr Geld am Sparbuch verrottet? Sie<br />

wollen investieren, sind aber vorsichtig<br />

und scheuen viel Risiko? Sie wissen zwar,<br />

dass Wertpapiere langfristig eine sehr gute<br />

Anlage sind, schrecken aber vor den<br />

krisenbedingten hochvolatilen<br />

Ausschlägen der Finanzmärkte zurück?<br />

Die Antwort darauf ist nach Meinung<br />

vieler Experten unverändert: Ein Investment<br />

in Sachwerte, konkret in Betongold –<br />

auch wenn die Preise für Immobilien in<br />

den vergangenen Jahren, eben aufgrund<br />

der hohen Nachfrage, nahezu explodiert<br />

sind, zahlt sich allemal aus.<br />

Betongold glänzt immer<br />

Seit 2008 haben sich die Preise für Wohnimmobilien<br />

mehr als verdoppelt, allein<br />

im Vorjahr verteuerten sich Wohnungen<br />

im Österreichschnitt um 9,5 Prozent,<br />

Häuser sogar um 14 Prozent. Vorerst hat<br />

es auch nicht den Anschein, dass sich die<br />

Preisentwicklung verlangsamen wird –<br />

wobei die Auswirkungen des Krieges in<br />

der Ukraine auf die Weltwirtschaft und<br />

eine mögliche Veränderung des Anlageverhaltens<br />

der Menschen noch nicht<br />

abschätzbar sind. Die Nachfrage nach<br />

Immobilieninvestments – Stichwort:<br />

Betongold glänzt immer – ist weiter<br />

hoch, wobei abseits der eigenen Nutzung<br />

Vorsorgewohnungen und Bauherrenmodelle<br />

als Anlageformen besonders gefragt<br />

sind. Als Treiber gelten wie bei allen<br />

Immo-Anlagen die niedrigen Zinsen, die<br />

in Europa auch nicht so rasch steigen<br />

dürften, sowie die seit einigen Monaten<br />

rasant steigende Inflation. „Eine Immobilie<br />

stellt eine langfristig stabile Veranlagungsform<br />

dar, die ihren Wert behält<br />

bzw. sogar steigert und daher Wirtschafts-<br />

und Börsenkrisen übersteht“,<br />

sagt Michael Meidlinger, Finanzvorstand<br />

der IFA, des heimischen Marktführers für<br />

Bauherrenmodelle. Die Tochter der<br />

Soravia-Gruppe hat seit der Gründung<br />

im Jahr 1978 rund 2,54 Milliarden Euro<br />

von 7700 Anlegern eingesammelt und<br />

VORSORGEWOHNUNGEN IN WIEN<br />

Durchschnittlicher Preis, netto in €<br />

208.569<br />

221.839 222.614<br />

damit knapp 500 Bauherren-Projekte<br />

realisiert. Allein im Vorjahr betrug das<br />

Investitionsvolumen 105 Millionen Euro.<br />

„Viele Anleger sind auch nicht mehr auf<br />

der Jagd nach den höchsten Renditen,<br />

die Absicherung ihres Kapitals und die<br />

Aussicht auf eine solide Wertsteigerung<br />

stehen oft im Vordergrund“, verweist<br />

EHL-Managerin Karina Schunker auf die<br />

Kaufmotive. Die EHL Gruppe, in Wien<br />

der Platzhirsch für Vorsorgewohnungen,<br />

„In den Jahren<br />

2023/24 werden<br />

in Wien nur rund<br />

12.000 Wohnungen<br />

fertig.“<br />

geht davon aus, dass die Zahl der in der<br />

Bundeshauptstadt verkauften Vorsorgewohnungen<br />

im Vorjahr um rund 100 auf<br />

900 gestiegen ist. „Ein Drittel der in Wien<br />

fertiggestellten Wohnungen sind im<br />

Eigentum, davon wiederum sind rund<br />

40 Prozent Vorsorgewohnungen“, schätzt<br />

Schunker.<br />

Auch die Preise haben angezogen: Der<br />

durchschnittliche Quadratmeterpreis<br />

erhöhte sich von 4454 auf 4850 Euro. Für<br />

eine „typische“ Vorsorgewohnung mit<br />

zwei Zimmern und 40 bis 50 Quadratme-<br />

234.134<br />

2017 2018 2019 2020<br />

245.000<br />

Prognose<br />

2021<br />

tern Fläche musste man im Vorjahr in<br />

Wien 245.000 Euro auf den Tisch legen.<br />

2020 lag der Vergleichspreis bei<br />

234.000 Euro. Getrieben werden die<br />

Preise – nicht nur für Vorsorge-, sondern<br />

für alle Wohnungen – auch durch die<br />

deutlich steigenden Baukosten. Die haben<br />

sich seit 2015 um 25 Prozent erhöht.<br />

Darüber hinaus sinkt das Angebot: Im<br />

Vorjahr seien in Wien laut Schunker rund<br />

20.000 Wohnungen fertiggestellt worden,<br />

aber nur 12.000 Baubewilligungen wurden<br />

erteilt. „Das heißt, in den Jahren 2023/24<br />

werden nur rund 12.000 Wohnungen<br />

fertig.“ Ihr Fazit: Wohnimmobilien werden<br />

in Städten ein knappes Gut.<br />

Die Mieten zogen hingegen laut IFA-<br />

Angaben nur unmerklich an – von 12,21<br />

auf 12,35 Euro pro Quadratmeter (Erstbezug).<br />

Womit wir wieder bei der Rendite<br />

sind, für die die Mieteinnahmen der<br />

bestimmende Faktor sind. Derzeit könne<br />

man mit 2,8 bis drei Prozent Rendite<br />

rechnen, sagen Meidlinger und Schunker<br />

unisono. Immerhin: Von solchen Zinsen<br />

am Sparbuch können Anleger schon seit<br />

Jahren nur mehr träumen.<br />

Risiko Vorsorgewohnung<br />

Was macht nun eine Vorsorgewohnung<br />

attraktiv oder, umgekehrt gefragt, wo<br />

liegen die Risken? Der Investor erwirbt<br />

eine Wohnung im Altbestand oder im<br />

Neubau und vermietet sie. Er kann sie<br />

selbst gestalten – eventuell auch im<br />

Quelle: EHL<br />

PRIVATE<br />

BANKING 59


VORSORGEWOHNUNGEN IN WIEN – TOP 10 BEZIRKE<br />

Durchschnittlicher Preis, pro m² in €<br />

Wien 22., Donaustadt<br />

Wien 3., Landstraße<br />

Wien 12., Meidling<br />

Wien 16., Ottakring<br />

Wien 10., Favoriten<br />

Wien 11., Simmering<br />

Wien 14., Penzing<br />

Wien 20., Brigittenau<br />

Wien 21., Floridsdorf<br />

Wien 2., Leopoldstadt<br />

3623,29<br />

4216,57<br />

4289,91<br />

4422,32<br />

4180,55<br />

4214,58<br />

4366,52<br />

4120,13<br />

4572,71<br />

„Erst ab einem Einkommensteuersatz<br />

von 42 Prozent ist die steuerliche<br />

Hinblick, sie irgendwann einmal selbst<br />

zu nutzen. Er bestimmt auch den<br />

Mieter – allerdings muss er ihn auch<br />

selbst suchen und finden. Auch um<br />

etwaige Sanierungen und Reparaturen<br />

muss sich der Eigentümer kümmern und<br />

sie zahlen, ebenso muss er einen eventuellen<br />

Leerstand bei einem Mieterwechsel<br />

einkalkulieren. Denn gerade Vorsorgewohnungen<br />

werden häufig befristet<br />

vermietet. „Dafür kann der Besitzer über<br />

die Wohnung komplett selbst verfügen,<br />

auch wenn bei einem etwaigen Verkauf<br />

die Steuerersparnis in Form des<br />

Vorsteuerabzugs wegfällt“, erklärt EHL-<br />

Managerin Schunker.<br />

Steuerzuckerln gibt es auch beim Bauherrenmodell,<br />

und zwar vor allem dahingehend,<br />

dass durch eine Sonderregelung im<br />

Einkommensteuergesetz geförderte<br />

Sanierungen an Altbauten schneller,<br />

nämlich auf nur 15 statt ansonsten 66,67<br />

Jahre abgeschrieben werden können.<br />

5478,92<br />

Entlastung interessant.“<br />

Anzahl Transaktionen<br />

49<br />

47<br />

38<br />

32<br />

30<br />

29<br />

70<br />

62<br />

80<br />

279<br />

Quelle: EHL<br />

Genau das ist das Prinzip des Bauherrenmodells:<br />

Ein oder meist mehrere Investoren,<br />

eben die „Bauherren“, stecken Geld<br />

in ein sanierungsbedürftiges Haus. „Im<br />

Unterschied zu einer Wohnung ist es ein<br />

ideeller Anteil“, so Meidlinger. Der<br />

Anbieter, beispielsweise die IFA oder die<br />

Wohninvest, managen und betreuen das<br />

Projekt – von der Auswahl über den<br />

Ankauf, der Sanierung inklusive Förderantrag,<br />

weiters der Vermietung bis zur<br />

Bewirtschaftung. Meidlinger: „Der<br />

Investor spart also viel organisatorische<br />

Arbeit und auch Ärger.“ Angesichts der<br />

großen Nachfrage haben sich nicht nur<br />

IFA und EHL als Fullservice-Anbieter<br />

etabliert.<br />

Altbauten sanieren<br />

Das Sanieren von Altbauten hat laut<br />

Meidlinger noch einen anderen positiven<br />

Aspekt: Es sei nachhaltig, weil<br />

keine neuen Flächen zubetoniert<br />

würden und wertvolle Bausubstanz<br />

erhalten bleibe. Bei der Sanierung habe<br />

zudem Energie- und Wassereffizienz<br />

eine große Bedeutung.<br />

Auch das Risiko eines Leerstandes sei<br />

beim Bauherrenmodell geringer, weil<br />

zum einen mehrere Wohnungen in<br />

einem Haus für einen Ausgleich sorgten<br />

und andererseits die Projektgesellschaft<br />

für eine hohe Auslastung sorge, verweist<br />

Meidlinger auf einen weiteren Vorteil.<br />

„Man profitiert vom gesamten Wertschöpfungszyklus.“<br />

Wobei man das<br />

Risiko noch weiter reduzieren könne,<br />

wenn man in mehrere Bauherrenprojekte<br />

investiert. Neben Wien gibt es<br />

immer mehr Projekte auch in Graz und<br />

Salzburg.<br />

Als Vermieter wird auch der Bauherr<br />

steuerrechtlich zum Unternehmer, was<br />

wiederum zum Vorsteuerabzug berechtigt.<br />

So kann man auch Beratungs- und<br />

andere Kosten, die bei der Zeichnung<br />

eines Bauherrenmodells entstehen, als<br />

Werbungskosten steuerlich absetzen.<br />

Andererseits gilt es aber zu beachten, dass<br />

am Ende der Laufzeit ein Überschuss<br />

gegeben sein muss. Andernfalls fällt es<br />

unter „Liebhaberei“ und die Steuervorteile<br />

müssen zurückgezahlt werden.<br />

Langfristiges Investment<br />

Auch wenn man bereits mit einem<br />

Anteil von 30.000 bis 40.000 Euro dabei<br />

ist – „ein Bauherrenmodell eignet sich<br />

eher für Besserverdiener“. Denn: „Das<br />

Modell setzt ein langfristiges Investment<br />

voraus, das steuerlich genutzt wird.“ So<br />

sieht das auch Schunker: „Erst ab einem<br />

Einkommensteuersatz von 42 Prozent ist<br />

die steuerliche Entlastung interessant.“<br />

Was die Dauer betrifft, spricht Meidlinger<br />

von rund 20 Jahren. Das könnte<br />

ein Nachteil sein, wenn man plötzlich<br />

Geld braucht. Aber wie bei allen Investments<br />

lautet die Grundregel auch da,<br />

nicht alles auf eine Karte zu setzen. Und<br />

man sollte auch genügend Informationen<br />

einholen und mehrere Angebote<br />

prüfen, bevor man entscheidet. l<br />

60 PRIVATE<br />

BANKING


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Raus aufs Land<br />

Kaufen um jeden Preis? Außerhalb der Ballungszentren<br />

sind Immobilien noch erschwinglich.<br />

TEXT: HEDI SCHNEID<br />

Wer sich die aktuellen Immobilien-Preistafeln<br />

der Statistik<br />

Austria zu Gemüte geführt<br />

hat, dem konnte schwarz vor den Augen<br />

werden: Häuser und Wohnungen haben<br />

sich im Vorjahr um durchschnittlich<br />

12,3 Prozent verteuert – der höchste jährliche<br />

Anstieg seit dem Start der Indexreihe<br />

im Jahr 2010. Im ersten Pandemiejahr<br />

betrug der Preisauftrieb „nur“ 7,7 Prozent,<br />

2019 waren es 5,8 Prozent.<br />

Ein Ende des Preisauftriebs ist jedoch<br />

vorerst nicht in Sicht, denn die Nachfrage<br />

ist ungebrochen hoch, wie es beim<br />

größten heimischen Makler-Netzwerk<br />

ReMax heißt. Dafür gibt es mehrere<br />

Gründe. Zum einen könnte die lange<br />

Phase der historisch niedrigen Zinsen<br />

auch in Europa zu Ende gehen. Die<br />

US-Notenbank Fed hat Mitte März schon<br />

die Zinswende eingeleitet und legte im<br />

Mai nach, auch in Großbritannien gab es<br />

eine Erhöhung.<br />

Die EZB, die lang gezögert hat, scheint<br />

doch nachzuziehen und stellt für das Jahr<br />

zumindest einen ersten Zinsschritt in<br />

Aussicht. Die Notenbanken steuern damit<br />

gegen die galoppierende Inflation, die der<br />

Ukraine-Krieg noch weiter anheizt, weil<br />

sich vor allem Energie und Rohstoffe stark<br />

verteuern. Energie spielt im Warenkorb<br />

für den Verbraucherpreisindex eine große<br />

Rolle – Häuser und Wohnungen sind<br />

darin nicht berücksichtigt. Wäre das so,<br />

würden die Inflationsraten, die von Monat<br />

zu Monat Rekordwerte erreichen, noch<br />

viel höher ausfallen. Auch wenn sich die<br />

Preisdynamik heuer etwas abschwächen<br />

dürfte – die Bank Austria rechnet mit<br />

62 PRIVATE<br />

BANKING


Ein Haus in Hallstatt ist<br />

wohl eher kein Schnäppchen.<br />

Aber es gibt auch<br />

viele andere schöne<br />

Gegenden in Österreich.<br />

FOTO: GETTY IMAGES<br />

einem weiteren Plus von fünf bis zehn<br />

Prozent, was über der Inflation liegen<br />

würde. Immobilien würden somit weiter<br />

an Wert gewinnen.<br />

Grundbuch statt Sparbuch<br />

So hoch können die Preise offenbar gar<br />

nicht sein, als dass Menschen nicht in<br />

Immobilien investieren wollen. Wobei<br />

eine hohe Rendite bei <strong>private</strong>n Investoren<br />

gar nicht so im Vordergrund steht.<br />

Haus und Hof gelten als krisensicher,<br />

während Wertpapiere zwar eine höhere<br />

Rendite abwerfen mögen, aber auch ein<br />

höheres Risiko bergen. Zudem ist viel<br />

Geld im Markt, das zum Teil nach wie vor<br />

auf Sparbüchern gebunkert wird, obwohl<br />

sich inzwischen herumgesprochen<br />

haben dürfte, dass ein Sparbuch angesichts<br />

von Nullzinsen bei gleichzeitig<br />

hoher Inflation ein Verlustgeschäft ist.<br />

Dieses Geld will vor dem Hintergrund<br />

der noch gar nicht absehbaren wirtschaftlichen<br />

Auswirkungen des Ukraine-<br />

Laut Nationalbank<br />

werden bei mehr als<br />

der Hälfte der<br />

vergebenen Kredite<br />

die Vorgaben nicht<br />

zur Gänze erfüllt.<br />

Kriegs und der galoppierenden Inflation<br />

halbwegs abgesichert werden. Der<br />

Wunsch nach einem schönen Eigenheim,<br />

der von der Pandemie so richtig<br />

angeheizt worden ist, wird nun durch die<br />

extreme Unsicherheit zusätzlich<br />

verstärkt. Und nach wie vor ist fremdes<br />

Geld billig – ein weiterer Faktor für den<br />

wahren Kaufrausch, wie auch die<br />

Experten von Deloitte betonen. Kostete<br />

ein Wohnbaukredit mit Fixzins auf<br />

zehn Jahre laut Nationalbank 2008 noch<br />

5,6 Prozent, so lag die Belastung Ende<br />

2021 nur mehr bei 1,33 Prozent. Wer sich<br />

eine monatliche Kreditrate von 700 Euro<br />

leisten kann, erhält dafür einen Kredit<br />

von 145.650 Euro.<br />

Stichwort Kredit: Mit Jahresmitte sollen<br />

strengere Regeln für Hypothekarkredite<br />

in Kraft treten. Demnach muss der<br />

Eigenmittelanteil mindestens 20 Prozent<br />

betragen, die Laufzeit des Kredits ist mit<br />

maximal 35 Jahren beschränkt und der<br />

Schuldendienst darf maximal 40 Prozent<br />

des monatlich verfügbaren Nettoeinkommens<br />

des Kreditnehmers nicht überschreiten.<br />

Bisher haben die Banken diese<br />

Kriterien mehr oder weniger streng angewendet<br />

– laut Nationalbank werden bei<br />

mehr als der Hälfte der vergebenen<br />

Kredite die Vorgaben nicht zur Gänze<br />

erfüllt. Künftig müssen die Banken gewissenhaft<br />

darauf achten, ein Grund mehr<br />

für den Run auf Immobilien.<br />

Immobilie für Menschen wichtig<br />

Soll man also trotz hoher Preise und<br />

höherer Kredithürden noch zuschlagen?<br />

Die Antwort kommt von den Österreichern<br />

selbst: Einer aktuellen Umfrage des<br />

Onlinemarktplatzes ImmoScout24<br />

zufolge würden 89 Prozent für eine Immobilie,<br />

die mehr Lebensqualität verspricht,<br />

also Balkon, Terrasse oder Garten hat, auf<br />

andere Dinge wie Kleidung, Schmuck<br />

oder einen Urlaub verzichten. Jeder Dritte<br />

würde Überstunden machen, jeder Fünfte<br />

sogar einen Zweitjob annehmen. „My<br />

home is my castle“: Die Pandemie hat die<br />

Bedeutung der eigenen vier Wände – als<br />

Wohn- und Arbeitsstätte, aber auch<br />

Zufluchtsort – extrem verstärkt, ergab die<br />

Umfrage.<br />

„Was, wenn nicht Immobilien“, lautet<br />

auch die klare Ansage von Thomas<br />

Schmid. Für den Chef von „You Will Like<br />

It Investments“ sind Immobilien alternativlos.<br />

Generell steige in Krisenzeiten das<br />

Interesse an Sachwerten – also auch an<br />

Gold oder Edelsteinen. Letztere seien<br />

aber nicht jedermanns Sache. Treiber<br />

seien nicht nur die hohe Inflation, vor<br />

der Immobilien einen gewissen Schutz<br />

bieten, sondern eben auch die Aussicht,<br />

dass auch in Europa die Kreditzinsen<br />

langsam steigen dürften.<br />

Das befeuert allerdings auch Sorgen vor<br />

einem Platzen einer Immobilienblase.<br />

Wobei sich streiten lasse, ob es überhaupt<br />

schon eine Blase gibt, so Schmid.<br />

Die Schweizer Großbank UBS ortet<br />

jedenfalls in ihrer jüngsten Analyse von<br />

25 Städten schon ein erhöhtes Risiko<br />

einer Blasenbildung. Am höchsten<br />

schätzt die UBS das in Frankfurt,<br />

PRIVATE<br />

BANKING 63


Toronto, Hongkong, München und<br />

Zürich ein. Österreich und auch Wien<br />

sind da bisher außen vor. Die saftigen<br />

Preissprünge der vergangenen Jahre<br />

würden jedenfalls die Angst vor einem<br />

plötzlichen Einbruch verstärken.<br />

„Wer plant, in Immobilien zu investieren,<br />

sollte besser heute als morgen handeln“,<br />

lautet trotzdem die Empfehlung von<br />

Schmid. Das gelte für eine Wohnung im<br />

Eigenbedarf genauso wie für ein Anlageobjekt<br />

zur Vermietung.<br />

Strengere Kreditkonditionen<br />

Ein Ja mit Einschränkungen kommt indes<br />

von Markus Dejmek, dem Österreich-Chef<br />

von ImmoScout24. Denn „um jeden Preis<br />

sollte man auf keinen Fall kaufen“. Die<br />

Investition hänge nicht nur davon ab, ob<br />

man die Wohnung (inklusive Home-<br />

Office-Möglichkeit) selbst nutzen will<br />

oder als Vorsorgeobjekt sieht, sondern<br />

auch von der weiteren Lebensplanung.<br />

Insofern machten die strengeren Kreditkonditionen<br />

Sinn, ergänzt Schmid. Ein<br />

Eigenanteil von 20 Prozent sei ohnedies<br />

sehr niedrig. „Derzeit werden Kredite<br />

völlig ohne Eigenkapitalanteil vergeben –<br />

das ist ungesund“, kritisiert Schmid.<br />

Dejmek glaubt noch aus einem anderen<br />

Grund nicht, dass die Preise schnell fallen<br />

würden. Denn bei einer anhaltend hohen<br />

Nachfrage – allein im Vorjahr stieg die<br />

Zahl der Wohnungsverkäufe um<br />

elf Prozent – sinkt das Angebot. „Das<br />

sehen wir auf unseren Plattformen, es sind<br />

weniger Wohnungen am Markt, da wurde<br />

schon viel abverkauft.“ Gleichzeitig sank in<br />

den letzten Jahren laut Statistik Austria die<br />

Zahl der Baubewilligungen. Im Vorjahr<br />

wurden 72.377 Wohnungen bewilligt, um<br />

6,1 Prozent weniger als 2020. In den<br />

Rekordjahren 2017 und 2019 waren es<br />

jeweils rund 85.000. 17 Prozent der Baubewilligungen,<br />

das sind rund 12.300,<br />

entfielen allein auf Wien.<br />

19.700 Wohnungen werden laut EHL und<br />

Buwog heuer in Wien fertiggestellt, womit<br />

das Angebot vorerst den Höhepunkt<br />

erreicht haben dürfte.<br />

Macht das größere Angebot Wohnraum in<br />

der Bundeshauptstadt erschwinglicher?<br />

Keineswegs, wenn man den Immospiegel<br />

von ReMax und die Marktanalyse von<br />

ImmoScout24 – beide für 2021 – zu Rate<br />

zieht, die einen sehr guten Überblick über<br />

den österreichischen Wohnungsmarkt<br />

geben. Dass Wien ein teures Pflaster ist,<br />

sollte ebenso wenig überraschen, wie die<br />

Tatsache, dass Kitzbühel und die Orte rund<br />

um den Wörthersee oder den Attersee zu<br />

den Hotspots zählen. Seeblick oder sogar<br />

Seezugang – diese Assets haben im Vorjahr<br />

auch am Bodensee die Preise explodieren<br />

lassen. Vorarlberg ist laut ImmoScout24<br />

mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis<br />

von 5758 Euro an Wien<br />

„Wer plant, in<br />

Immobilien zu<br />

investieren, sollte<br />

besser heute als<br />

morgen handeln.“<br />

(6802 Euro) herangekommen. Für eine<br />

80 Quadratmeter große Wohnung musste<br />

man im Ländle also im Schnitt<br />

460.662 Euro auf den Tisch legen, um<br />

11,3 Prozent mehr als 2020. Noch stärker,<br />

nämlich um 13,2 Prozent haben die Preise<br />

nur im Land Salzburg angezogen.<br />

Preisauftrieb um 38,4 Prozent<br />

Da schlagen die Landeshauptstadtzwerge<br />

ganz im Westen und im Osten<br />

alles – aber mit einem enormen Gefälle<br />

in Preisniveau. In Bregenz verteuerte sich<br />

im Vorjahr eine Eigentumswohnung um<br />

38,4 Prozent auf 7088 Euro pro Quadratmeter,<br />

in Eisenstadt legte der Preis um<br />

38,1 Prozent auf 3343 Euro zu. Das<br />

Burgenland sei für Wohnungssuchende<br />

ein El Dorado, heißt es denn auch bei<br />

ReMax. Um knapp mehr als die Hälfte<br />

des österreichischen Durchschnittspreises<br />

bekommt man im Burgenland<br />

schon eine Wohnung. Der starke Preisanstieg<br />

zeigt jedoch, dass sich auch dort<br />

und vor allem rund um den Neusiedlersee<br />

viel tut. Da spielt auch die Nähe zu<br />

Wien eine große Rolle. Am günstigsten<br />

sind Wohnungen übrigens in St. Pölten.<br />

In der niederösterreichischen Landeshauptstadt<br />

sind die Kosten deutlich<br />

geringer als im Umland oder gar im sogenannten<br />

Wiener Speckgürtel von<br />

Mödling bis Korneuburg.<br />

Aber auch Wien ist nicht gleich Wien: Für<br />

den Preis einer rund 88 Quadratmeter<br />

großen Wohnung im ersten Bezirk, die<br />

laut ReMax im Schnitt mit 1,026 Millionen<br />

Euro zu Buche steht, bekommt man im<br />

15. Bezirk fünf Wohnungen.<br />

Schmid und Dejmek sind einig, dass die<br />

Preise in Ballungsräumen weiter<br />

anziehen werden, während es am Land<br />

noch Schnäppchen gibt. Aber auch da<br />

steigt die Nachfrage. „Eine gute Anbindung<br />

mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

und generell eine solide Infrastruktur<br />

werten eine Region stark auf“, heißt es.<br />

Das trifft zum Beispiel auf Mistelbach zu,<br />

wo „You Will Like It Investments“ neu<br />

errichtete Wohnungen förmlich aus der<br />

Hand gerissen werden, erzählt Schmid.<br />

Angebots- und Preisvergleiche seien<br />

heutzutage aufgrund der Onlineplattformen<br />

einfach. „Wir haben eine volle<br />

Markttransparenz“, sagt Dejmek. Dazu<br />

will auch Immo Analytics mit Immokalkulator.at<br />

für Wien beitragen. „Unser Tool<br />

bietet eine Echtzeitprognose des Mietoder<br />

Kaufpreises einer konkreten Wiener<br />

Wohnung“, sagt Gregor Pfeiffer, Gründer<br />

und Chef von Immo Analytics. Der<br />

Nutzer gibt bis zu 35 Faktoren ein, die er<br />

sich wünscht – vom Bezirksteil über<br />

Größe und Zimmerzahl, Betriebskosten<br />

bis zu Entfernung zu öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln – und erhält aus der<br />

Analyse des Wohnungsangebots einen<br />

Richtwert für ein geeignetes Objekt.<br />

„Gerade für <strong>private</strong> Käufer und Verkäufer<br />

bringt der Immokalkulator Vorteile, weil<br />

er marktkonforme Preise aufzeigt“, so<br />

Pfeiffer. Enttäuschungen bzw. überzogene<br />

Erwartungen blieben so aus. l<br />

64 PRIVATE<br />

BANKING


WERBUNG<br />

E X P E R T I S E<br />

AUF EINEN BLICK<br />

Thomas Gruber ist<br />

Geschäftsführer der<br />

PLENUS Immobilien.<br />

Modernes Immobilien-Unternehmen<br />

Die PLENUS Immobilien GmbH, mit Büros in Wien und<br />

Mödling, ist noch ein sehr junges Unternehmen und seit<br />

zwei Jahren am Markt. Gleichzeitig kann das Unternehmen<br />

aber mit Thomas Gruber als Geschäftsführer auf<br />

30 Jahre unternehmerische Erfahrung und zehnjähriger<br />

Zinshaus-Erfahrung zurückgreifen, gepaart mit einem<br />

webbasierten Immobilien-CRM-System, Datenbanken<br />

über Eigentümer und Kaufpreise, Preisermittlungstool<br />

und Videoconferencing. Vorteile, die das Plenus-Team in<br />

der persönlichen und individuellen Betreuung ausspielen<br />

kann und somit dem Kunden zugutekommen.<br />

www.plenus-immobilien.at<br />

Zinshaus ist Rolex unter den Immobilien<br />

Vor allem der Zinshausmarkt bescherte der PLENUS Immobilien GmbH<br />

einen ausgezeichneten Unternehmensstart.<br />

FOTO: BEIGESTELLT<br />

Die Immobilie als Vorsorge-Investment hat in der Pandemie an<br />

Bedeutung gewonnen. Sind Immobilien in Wien und Umgebung<br />

überhaupt noch erschwinglich?<br />

Thomas Gruber: Ja, auch mangels Alternativen gewinnt die<br />

Immobilie als Vorsorge-Investment. Aber man darf nicht alle<br />

Immobilien in einen Topf werfen. Vorsorgewohnungen haben in<br />

einigen Regionen schon wirklich Spitzenwerte erreicht, wo realistisch<br />

die „steuerliche Liebhaberei“ ein Thema werden könnte. Es<br />

gibt aber noch attraktive Zinshäuser und Investment-Liegenschaften<br />

außerhalb der Hauptstädte, die wir anbieten. Auch<br />

andere Arten wie Ferienimmobilien sind hinsichtlich des Ertrags<br />

noch sehr gut.<br />

Welche Entwicklung beobachteten Sie bei den Investments in<br />

Zinshäuser?<br />

Die Pandemie hat sich auf den Zinshausmarkt für Verkäufer<br />

sehr positiv ausgewirkt. Auch wir haben unseren Unternehmensstart<br />

dadurch weit über meinen persönlichen Erwartungen<br />

hinlegen können. Heuer wird es voraussichtlich zu einem weiteren<br />

Anstieg einerseits preislich als auch in der Anzahl der Transaktionen<br />

kommen. Viele werden den günstigen Wind und die<br />

Aufbruchsstimmung „nach Corona“ nutzen. Ich gehe von einem<br />

deutlichen Wachstum aus. Wir haben das an der Vielzahl an<br />

Zinshäusern, die wir bereits seit Anfang des Jahres zur Vermarktung<br />

bekommen haben, gespürt. Wie stark sich das<br />

Kriegsereignis in der Ukraine zusätzlich auf Rohstoffverfügbarkeit<br />

sowie Preise auswirken und damit zum weiteren Kosten-<br />

treiber bei Sanierungen wird, ist derzeit Thema bei unseren<br />

Kundengesprächen.<br />

Welche Immobilien-Investment-Trends erwarten Sie heuer im<br />

Zinshausbereich?<br />

Das Zinshaus ist die Rolex unter den Immobilien. Es wird heute<br />

bereits ein zukünftiger Wert beim Ankauf eingepreist. Das Gute<br />

ist, dass das Zinshaus auch so eine unglaubliche Nachfrage und<br />

Wertentwicklung wie eine Rolex hat.<br />

Erwarten Sie beim Zinshaus eine regionale Erweiterung der<br />

Käufer?<br />

Ja, einerseits in den Landeshauptstädten wie Graz und Salzburg,<br />

aber auch St. Pölten und Wr. Neustadt, wo die Mieten oftmals<br />

ähnlich jenen der Großstadt sind, jedoch die Einkaufspreise noch<br />

deutlich darunter liegen. Wir sehen auch Nachfrage im sonstigen<br />

Umfeld von Großstädten, vor allem von <strong>private</strong>n Anlegern. Hier<br />

gibt es einfach noch die Renditen, die früher in Wien üblich waren.<br />

Machen Sie sich Sorgen, dass Altbestandsimmobilien durch<br />

die ESG-Kriterien an Wert verlieren?<br />

Die beschränkte Stückzahl an Häusern mit dieser extrem soliden<br />

Substanz, die sich immer wieder an neue Herausforderungen,<br />

wie Verdichtung durch Dachausbau, energietechnische Verbesserungen,<br />

wie Wärmedämmung und Einbau von Gasetagenheizungen<br />

und an neue Vorgaben wie den Einbau von Fernwärme<br />

anpassen lässt, sichert die langfristige Werterhaltung.<br />

PRIVATE<br />

BANKING 65


FOKUS BAUHERRENMODELLE<br />

Beim Bauherrenmodell<br />

genießt man<br />

Steuervorteile und<br />

Förderungen,<br />

wohnen kann man<br />

im Objekt aber<br />

nicht.<br />

ANLEGEN STATT WOHNEN<br />

Wer sein Geld in Immobilien investieren will, kann das – neben<br />

der klassischen Vorsorgewohnung – auch als Investor eines<br />

Bauprojektes im Rahmen eines Bauherrenmodels tun.<br />

Steuervorteile und Förderungen, die es<br />

bei Vorsorgewohnungen nicht gibt, später<br />

Renditen durch die Vermietung der<br />

Immobilie: Das so genannte Bauherrenmodell<br />

ist für manche Anleger eine interessante<br />

Option, vor allem bei einem Jahreseinkommen<br />

ab etwa 60.000 Euro. Und: Wenn die Investoren<br />

später nicht im Objekt wohnen möchten, denn das<br />

ist bei diesem Modell nicht vorgesehen. Wie es funktioniert:<br />

Die Anleger erwerben bereits vor Baubeginn<br />

Anteile an einer Immobilie und sind damit<br />

rechtlich gesehen Bauherren samt Eintragung ins<br />

Grundbuch. Um Planung und Baufortschritt kümmern<br />

sich die Anbieter, die mittlerweile immer mehr<br />

Projekte auf den Markt bringen – einige Beispiele<br />

dazu finden sich auf den nächsten Seiten.<br />

Ein Jahreseinkommen ab 60.000 Euro wird aus zwei<br />

Gründen empfohlen: Erstens aufgrund des erforderlichen<br />

Eigenkapitaleinsatzes, der von den Experten<br />

mit rund 30.000 bis 50.000 Euro zusätzlich zu einem<br />

langfristigen Bankdarlehen angesetzt wird.<br />

VORLAUFPHASE BEDENKEN. Zudem muss man<br />

es sich leisten können, diese Summe während einer<br />

zwei- bis dreijährigen Vorlaufsphase hinzulegen,<br />

ohne noch Mieteinnahmen zu lukrieren. Außerdem<br />

wirken sich die Steuervorteile erst bei Besserverdienern<br />

in vollem Umfang aus: Die Investitionen der<br />

Anfangsphase können steuerlich als Verluste geltend<br />

gemacht werden, eine Abschreibung der Baukosten<br />

ist über 15 Jahre möglich. Dadurch verringert<br />

sich in diesem Zeitraum die Einkommensteuer.<br />

FOTO: GETTY IMAGES<br />

66 PRIVATE<br />

BANKING


WERTE<br />

SCHAFFEN<br />

NEUBAUHERRENMODELL<br />

FRANZ-SCHUHMEIER-GASSE 18<br />

1230 WIEN<br />

Nachhaltig und ertragreich<br />

Geförderte Wohnimmobilie<br />

Persönliche Grundbucheintragung<br />

BeschleunigteAbschreibung (1/15AfA)<br />

Langfristig hoher Ertrag<br />

Wir freuen uns über Ihren Anruf<br />

Mag.HaraldKitzberger | +43 732 27 21 50-11<br />

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Diese Anzeigedient reinen Werbezweckenund hat<br />

keine rechtliche Verbindlichkeit.<br />

Immobilien mit Perspektive


WERBUNG<br />

E X P E R T I S E<br />

Das Unternehmen<br />

Die ÖKO-Wohnbau SAW GmbH – mit ihren mehr als 30<br />

Jahren Branchenerfahrung – ist Spezialist für Immobilieninvestments<br />

mit enormem Zukunftspotential. Investoren<br />

finden bei ÖKO-Wohnbau steuer- und förderoptimierte<br />

Bauherrenmodelle, all-in99 Vorsorgewohnungen als<br />

neues Konzept für leistbares Wohnen auf Baurecht, und<br />

Zinshaus-Beteiligungen als eine Möglichkeit zur kurzfristigen<br />

Immobilienveranlagung.<br />

Christian Klier verstärkt<br />

seit Jänner<br />

<strong>2022</strong> das Geschäftsführerteam<br />

der ÖKO-<br />

Wohnbau. Er ist für<br />

den Bereich Vertrieb<br />

zuständig – ganz unter<br />

dem Motto des Unternehmens:<br />

„Wir<br />

machen mehr daraus.“<br />

Aktuelle Projekte<br />

Immobilieninvestments punkten als Sachwerte, wobei<br />

dahinter ein konkretes Gebäude mit Grundbucheintragung<br />

steht. Zwei aktuell sehr beeindruckende Projekte<br />

der ÖKO-Wohnbau sind Das Grazl mit 159 Wohnungen<br />

in Graz und die Manner Villa in Wien.<br />

Worauf Investoren Wert legen<br />

Im Fokus liegen die Sicherheit, ertragreiche Renditen und<br />

die Nachhaltigkeit – sowohl bei der Sanierung von Altbeständen<br />

als auch bei langfristigen Investments.<br />

Österreichs größtes Bauherrenmodell<br />

mit Topzuordnung<br />

Steuer- und förderoptimierte Bauherrenmodelle in attraktiven Märkten:<br />

Christian Klier über das Projekt Das Grazl und die Nachhaltigkeit von Bauherrenmodellen.<br />

Wie schätzen Sie die Bedeutung von Immobilieninvestments<br />

als Geldanlage in Österreich ein?<br />

Ein Investment in Immobilien deckt viele Wünsche der Anleger<br />

ab – unter anderem Sicherheit und Inflationsschutz. Die aktuelle<br />

Zinslandschaft trägt dazu bei, dass Immobilieninvestments noch<br />

mehr an Bedeutung und Attraktivität gewonnen haben.<br />

Was erwarten sich Anleger heute von Immobilienbeteiligungen?<br />

In erster Linie geht es dem Anleger um eine sichere Wertanlage<br />

und angesichts der niedrigen Zinsen, um renditeträchtige Alternativen<br />

ohne zu große Risiken einzugehen.<br />

Wie können Investoren von einem Bauherrenmodell wie dem<br />

Grazl profitieren?<br />

Gemeinsam mit unserem Projektentwickler Silver Living konnten<br />

wir bereits eine Vielzahl von Bauherrenmodellen realisieren. Das<br />

Grazl ist das bisher größte dieser Art in ganz Österreich. Dabei<br />

kaufen die Investoren zu Beginn einen ideellen Anteil des Projekts<br />

in der Plabutscherstraße. Dabei handelt es sich um eine Sanierung<br />

mit Ausbau des Altbestands. Nach der Projektfertigstellung,<br />

der Übergabe an die Investoren und der Abrechnung der Förderungen,<br />

veranlasst der Treuhänder die Topzuordnung im Grundbuch<br />

(= parifiziertes Wohnungseigentum).<br />

Im Bauherrenmodell mit Topzuordnung verbinden wir die steuerlichen<br />

Vorteile eines Bauherrenmodells mit der Flexibilität einer<br />

Vorsorgewohnung. Das Fördermodell der umfassenden Sanierung<br />

ermöglicht günstige Mieten, die eine rasche Vollvermietung<br />

ermöglichen. Die vorläufigen Prognoseberechnungen ergeben<br />

Renditen bis zu 8,6 Prozent p.a. auf den effektiven Kapitaleinsatz<br />

vor Steuer und nach Entschuldung (pro Top, Abweichungen<br />

sind möglich).<br />

Für welche Investorengruppe eignet sich ein Bauherrenmodell<br />

wie das Grazl?<br />

Grundsätzlich eignet sich das Modell für jeden <strong>private</strong>n Investor.<br />

Den höchsten Steuereffekt erzielen Gutverdienende ab einer Progressionsstufe<br />

von 48 Prozent – leitende Angestellte, Freiberufler,<br />

Unternehmer etc. Dieser Personenkreis kann eine beschleunigte<br />

1/15 Afa (statt 67 Jahre) und nicht rückzahlbare Annuitätenzuschüsse<br />

auf einen Zeitraum von 15 Jahren in Anspruch nehmen.<br />

Welche Investorengruppen sind bei der Manner Villa in Wien<br />

im Fokus?<br />

Ab einem Investment von 100.000 Euro profitiert man unter<br />

anderem von attraktiven Renditen, professioneller Abwicklung<br />

durch erfahrene Projektanten und einem Investment mit Transparenz<br />

ohne persönliches Engagement. Mit einer Laufzeit von<br />

drei Jahren und einem Gesamtertrag von 15 Prozent ist dieses<br />

Investment eine großartige Möglichkeit sein Kapital zu veranlagen.<br />

FOTO: BEIGESTELLT<br />

68 PRIVATE<br />

BANKING


SINNVESTMENT<br />

Profitable Investments mit Nachhaltigkeit<br />

DAS GRAZL: ÖSTERREICHS<br />

GRÖSSTES BAUHERRENMODELL<br />

MIT TOPZUORDNUNG<br />

159 Moderne Wohnungen:<br />

ca. 36 m 2 -90m 2<br />

rd. 9.905 €Zusatzeinkommen p.a* ab<br />

Entschuldung (im Jahr 2042)<br />

8,3 %Rendite* auf den effektiven<br />

Kapitaleinsatznach Entschuldung<br />

*Berechnung für TopH63 –W21 –1.OGinkl. einem Stellplatz in der Finanzierungsvariante mit<br />

rd. 33 %Eigenkapital; Ihre persönliche Berechnung kann Abweichungen hervorrufen.<br />

www.oeko-wohnbau.at


WERBUNG<br />

E X P E R T I S E<br />

Mag. Walter<br />

Neumann, MBA,<br />

Mitgründer und<br />

Geschäftsführer des<br />

Veranlagungsunternehmens<br />

VALUITA<br />

VALUITA – Impulsgeber im<br />

Investmentbereich<br />

VALUITA steht für zeitgemäße und innovative Investments,<br />

Transparenz und Veranlagungsexpertise mit<br />

Weitsicht. VALUITA ist ein Komplettanbieter im Bereich<br />

der Entwicklung und des Vertriebs von Immobilienveranlagungen.<br />

Das Produktportfolio umfasst Bauherrenmodelle,<br />

Vorsorgewohnungen sowie eine Mischform aus<br />

eben diesen. Die Immobilien- und Veranlagungsexperten<br />

hinter VALUITA verfügen über umfangreiches Know-how<br />

und Erfahrung für innovative Immobilienentwicklungen<br />

und moderne Anlageformen in Immobilien.<br />

Immobilienveranlagung mit Mehrwert<br />

Im Gespräch. Walter Neumann über Nachhaltigkeit in der Immobilienveranlagung,<br />

warum eine gute Beratung mit den richtigen Entscheidungen einhergeht und<br />

über die Besonderheiten des Bauherrenmodells ZWEI .<br />

Was kennzeichnet ein gutes und seriöses Bauherrenmodellprojekt?<br />

Bei der Veranlagung in ein Bauherrenmodell sollte die Langfristigkeit<br />

und Nachhaltigkeit im Fokus stehen. Es geht hier nicht<br />

um die Erzielung schneller Gewinne, sondern um die langfristige<br />

Vermietbarkeit des Objektes. So lässt sich ein solides und fortlaufendes<br />

Zusatzeinkommen generieren – dank des Mietenpools<br />

auch bei vorübergehendem Leerstand einzelner<br />

Wohneinheiten. Bezüglich der Seriosität des Anbieters sollten<br />

die folgenden Fragen einfach und klar beantwortet werden<br />

können: Welche Projekte hat der Anbieter in der Vergangenheit<br />

erfolgreich umgesetzt? Welche Erfahrung und Referenzen kann<br />

dieser vorweisen? Sind die Mietrenditen realistisch kalkuliert?<br />

In Ballungszentren sollte besonders auf die Lage, das heißt eine<br />

gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz und zur Nahversorgung,<br />

geachtet werden.<br />

Wie trifft man die richtige Entscheidung, welche Form der<br />

Immobilienveranlagung (wie z.B. Vorsorgewohnung oder<br />

Bauherrenmodell) die geeignete ist?<br />

Einen allgemeinen Kriterienkatalog gibt es nicht und soll es<br />

auch nicht geben, da eine Immobilienveranlagung immer<br />

abhängig von der persönlichen Lebenssituation ist. Eine klare<br />

Kommunikation, die Vor- und Nachteile der jeweiligen Veranlagung<br />

ehrlich vermittelt, ist hier das Um und Auf. Eine gute Beratung<br />

kann Skepsis und Vorurteilen Fakten entgegensetzen.<br />

Transparenz und Expertise sind hier die wichtigsten Prinzipien.<br />

Was ist die Besonderheit des Bauherrenmodells ZWEI ? Wie<br />

unterscheidet sich dieses vom klassischen Bauherrenmodell?<br />

Das Bauherrenmodell ZWEI vereint die Vorteile einer Vorsorgewohnung<br />

und eines Bauherrenmodells, das heißt der Anleger<br />

wird mit seiner parifizierten Wohnung ins Grundbuch eingetragen,<br />

die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten – wie Sofortabschreibung<br />

und 1/15 AfA – öffentliche Förderungen und der<br />

Mietenpool bleiben aber wie beim klassischen Bauherrenmodell<br />

erhalten. Diese innovative Mischform ist aufgrund der Förderrichtlinien<br />

derzeit nur in der Steiermark möglich.<br />

In welches Bauherrenmodell kann man aktuell bei VALUITA<br />

investieren?<br />

Mit dem Partner IMMOVATE bieten wir das Bauherrenmodell ZWEI<br />

„Wohnen im Park“ im innerstädtischen Bezirk Graz Jakomini an.<br />

Es entsteht auf einem parkähnlichen Areal der ehemaligen<br />

Kirchner Kaserne mit altem Baumbestand und Grünflächen.<br />

Aktuell sind das Haus E und Haus D mit 106 Neubauwohnungen<br />

im Vertrieb, fast alle mit Freiflächen. Die Grazer Innenstadt<br />

ist in wenigen Minuten mit dem Rad oder mit den öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln zu erreichen. Geschäfte für den täglichen<br />

Bedarf und Bildungseinrichtungen befinden sich in Gehdistanz.<br />

FOTO: REDBOX/WITZANY<br />

70 PRIVATE<br />

BANKING


Worauf ich´s anleg?<br />

AufBauherrenmodellemit<br />

Wohnungszuordnung.<br />

VALUITAist dasVeranlagungsunternehmenfür<br />

zeitgemäße undinnovative<br />

Investmentsmit jahrzehntelanger<br />

Erfahrungseiner Immobilienexperten.<br />

Der ProjektpartnerIMMOVATErealisierte bisher<br />

ein Projektvolumen von 1,2Milliarden Euro.<br />

DasinnovativeBauherrenmodell ZWEI mit<br />

WohnungszuordnungiminnerstädtischenBezirk<br />

Graz Jakomini schafftleistbaren Wohnraumbei<br />

voller Nutzungder steuerlichenAbschreibungsmöglichkeiten,<br />

der Förderungenund desMietenpools.<br />

NähereInformationen findenSie auf<br />

www.valuita.at


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Stefan Koller, Investmentprofi<br />

und<br />

Geschäftsführer der<br />

Pericon GmbH, gibt<br />

Antworten auf die<br />

wesentlichsten Fragen<br />

rund um eine immer<br />

begehrtere Anlageform.<br />

PERICON ALL-IN-ONE-SERVICE<br />

FÜR IMMOBILIENANLEGER<br />

Damit sich der Kunde um nichts kümmern muss und<br />

entspannt zurücklehnen kann, berät Pericon unabhängig<br />

zum Investitionsmodell, den steuerlichen Grundlagen<br />

und der Finanzierung und definiert mit dem Kunden das<br />

Anlegerprofil. So wählt man zielgerichtet aus dem breiten<br />

Portfolio das richtige Projekt. Auch während der Abwicklung<br />

koordiniert Pericon alle notwendigen Schritte und<br />

steht als zentraler Ansprechpartner & Berater stets zur<br />

Verfügung.<br />

Infos: www.pericon.at<br />

Bauherrenmodelle – jetzt noch rentabel<br />

und nachhaltig investieren<br />

Investoren können mit der Sanierung von Althäusern attraktive Investments in Wohnimmobilien tätigen<br />

und gleichzeitig steuerliche Effekte und vorteilhafte Förderungen nutzen.<br />

Wie funktioniert eine Investition in ein Bauherrenmodell?<br />

Stefan Koller: Investoren erwerben einen Altbestand mit dem<br />

Ziel, die Immobilie zu sanieren und sie langfristig unter Inanspruchnahme<br />

von Fördermitteln zu vermieten. Die Beteiligung<br />

erfolgt in der Regel in Form ideeller, also prozentueller Anteile. Es<br />

gibt aber auch Konstruktionen, bei denen man sofort nach Fertigstellung<br />

oder nach Ablauf der steuerlichen Behaltefristen Wohnungseigentum<br />

begründen kann. Finanziert wird das für<br />

gewöhnlich mit Eigenmitteln und zum Teil über Sanierungsförderungen<br />

in Form von geförderten Bankdarlehen oder Förderbeiträgen.<br />

Die Sanierungs- bzw. Baukosten können dabei auf<br />

15 Jahre beschleunigt abgeschrieben werden, was zu steuerlichen<br />

Verlusten und somit teilweise erheblichen Steuervorteilen<br />

auf Ebene der Investoren führen kann. Für die Mieter wiederum<br />

bedeutet das die Chance auf noch leistbare und hochwertige<br />

Mietwohnungen, da im Rahmen der Förderung maximal der<br />

Richtwertmietzins bzw. bei manchen Förderungen noch wesentlich<br />

weniger verrechnet werden darf. Die Investoren heben aber<br />

dennoch gute und stabile Erträge, da zu den im Vergleich geringeren<br />

Mieteinnahmen die Förderzuschüsse noch ergänzend über<br />

meist zehn bis 15 Jahre hinzukommen. Das Bauherrenmodell ist<br />

für viele eine ideale Konstruktion, da die Immobilie als Ganzes<br />

professionell und im Sinne der Investoren verwaltet wird – eine<br />

inflationsgeschützte, rentable und nachhaltige Kapitalanlage, bei<br />

der man sich in der Regel auch um nichts kümmern muss.<br />

Bau- und Materialpreise steigen, Grundstücke werden teurer –<br />

zahlt sich das noch aus?<br />

Ja, es zahlt sich aus, solange wir noch Investments dieser Art mit<br />

realistischen Planungsparametern im Rahmen der steuerlichen<br />

Vorschriften abbilden können. Die stabilen Mieterträge einerseits<br />

und die bessere Refinanzierung durch die Steuerwirkung andererseits<br />

machen dieses Modell noch immer sehr attraktiv für Anleger/<br />

Investoren mit höheren Einkommen. Die Baukosten sind aktuell ein<br />

sensibles Thema, und niemand weiß, wie sich das entwickeln<br />

wird. Allerdings kann man gut vorbereitete Projekte zeitnah realisieren,<br />

und die kalkulierten Kosten bilden für gewöhnlich das aktuelle<br />

Niveau relativ gut ab. Darüber hinaus sind die Kreditkosten<br />

noch(!) einigermaßen günstig, was sich über kurz oder lang ändern<br />

wird. Die Fixzinsen steigen bereits. Wer also jetzt noch günstig<br />

finanziert und in Sachwerte geht, nutzt die Inflation zu seinem<br />

Vorteil.<br />

In welche Projekte kann man aktuell investieren?<br />

Graz, Leoben, Salzburg und Wien – wir haben diverse Projekte<br />

verschiedener Art und Größenordnungen und mit unterschiedlichen<br />

Förderungen und Finanzierungsformen im Portfolio und<br />

bieten aktuell auch die größte Auswahl an solchen Investments.<br />

Ob kurze Laufzeiten von drei bis zehn Jahren oder langfristige<br />

Vermietungen, wir können für fast jedes Anlegerprofil derzeit<br />

noch eine gute Empfehlung geben.<br />

FOTO: BEIGESTELLT<br />

72 PRIVATE<br />

BANKING


Krypto-Special<br />

Ist Bitcoin eine Gefahr?<br />

Ja, denn Bitcoin ist<br />

gekommen, um das Geldsystem<br />

auf den Kopf zu<br />

stellen.<br />

Die vielen<br />

Gegner Bitcoins<br />

Bitcoin schlägt Widerstand entgegen: Notenbanker, Umweltschützer und Betreiber<br />

von „Altcoins“ haben ihre Probleme mit der dezentralen Kryptowährung.<br />

TEXT: BEATE LAMMER<br />

Bitcoin-Nutzer mögen zwar über ein größeres<br />

Wissen über das Bitcoin-Netzwerk als Nicht-<br />

Besitzer verfügen, doch würden sie bei Fragen der<br />

Finanzkompetenz schlechter abschneiden: Zu diesem<br />

Schluss kommt die in den Jahren 2016 bis 2020 durchgeführte<br />

Studie „Bitcoin Awareness, Ownership and Use:<br />

2016–20“. Auftraggeber ist die Bank of Canada.<br />

Notenbanken und ihre Repräsentanten gehören seit jeher<br />

zu den schärfsten Kritikern von Bitcoin. Bitcoin ist dezentral<br />

und kommt ohne zentrale Instanz und ohne Vermittler,<br />

also ohne Banken und Notenbanken aus. Das bedeutet<br />

auch: Niemand kann aus politischen Gründen Veränderungen<br />

an der Blockchain vornehmen, niemand kann die<br />

Geldmenge beliebig vermehren.<br />

Die Menge aller Bitcoin, die je geschürft werden können,<br />

ist mit 21 Millionen begrenzt, 19 Millionen Einheiten sind<br />

bereits geschürft, und da Bitcoin so programmiert ist, dass<br />

die Entstehung neuer Münzen immer langsamer<br />

74 PRIVATE<br />

BANKING


FOTO: REUTERS<br />

vonstatten geht, wird die letzte Einheit erst um das Jahr<br />

2140 herum vorhanden sein. Die Legitimierung von Transaktionen<br />

passiert über Kryptografie, man benötigt daher<br />

keine vertrauenswürdigen Vermittler wie etwa Banken.<br />

Notenbanker werden nicht müde, auf die Nachteile dieses<br />

Konzepts hinzuweisen: Bitcoin habe keinen inneren Wert,<br />

sein Preis werde allein durch Spekulation getrieben, ein<br />

völliger Wertverlust könnte eintreten, Bitcoin werde „in<br />

hohem Maße“ zur Geldwäsche und Finanzierung von organisierter<br />

Kriminalität verwendet und sei wegen seines<br />

hohen Energiebedarfs klimaschädlich,<br />

schrieben Otmar Issing vom Center für<br />

Financial Studies und der EZB-Ökonom<br />

Klaus Masuch in der „FAZ“, als sich der<br />

Preis der ältesten Kryptowährung im<br />

vergangenen Herbst gerade seinem<br />

Allzeithoch näherte.<br />

Notenbanken und ihre<br />

Repräsentanten<br />

finden sich unter den<br />

schärfsten Kritikern<br />

von Bitcoin, seit es<br />

Bitcoin gibt.<br />

„Größerer Narr“<br />

Bitcoin sei zu volatil, um als Geld mit<br />

seinen Funktionen Recheneinheit, Wertaufbewahrung<br />

und Zahlungsmittel zu<br />

dienen, der „angebliche Inflationsschutz“ sei illusorisch, da<br />

zwar Bitcoin knapp sei, es aber zahlreiche andere Kryptowährungen<br />

gebe. Diese Meinung vertreten die EZB-Volkswirte<br />

Ulrich Bindseil und Jürgen Schaaf und meinen<br />

außerdem: Der Wert von Bitcoin steige nur, solang sich ein<br />

„größerer Narr“ finde, der das digitale Geld kaufe. Bitcoin<br />

sei auch nicht demokratisch, da Tweets von mächtigen<br />

Akteuren wie Tesla-Chef Elon Musk den Kurs ins Wanken<br />

bringen können. Interventionen von Gesetzgebern<br />

könnten dieses „Kartenhaus“ jederzeit zum Einsturz<br />

bringen. Eine Meinung, die auch der Chef von JP Morgan,<br />

Jamie Dimon, vertritt, der Bitcoin für „wertlos“ hält und<br />

zudem glaubt, dass digitale Assets am Ende der staatlichen<br />

Regulierung unterliegen werden. Konsumenten könnten<br />

ihr Geld verlieren, es gebe irreführende Werbung, und<br />

generell sei Vorsicht geboten, wenn schnelle oder hohe<br />

Gewinne versprochen werden, schrieben die Europäische<br />

Wertpapieraufsicht Esma, der Versicherungsregulierer<br />

Eiopa und die Bankenaufsicht EBA kürzlich in einem<br />

gemeinsamen Statement.<br />

Auch am Charakter der Bitcoin-Fans lassen die Gegner<br />

kein gutes Haar. Wie eine Studie der Queensland University<br />

of Technology kürzlich zutage förderte, sei der durchschnittliche<br />

Bitcoin-Investor ein „berechnender Psychopath<br />

mit einem aufgeblähten Ego“, der zu Narzissmus,<br />

Machiavellismus, Psychopathie und Sadismus neige und<br />

Mangel an Empathie an den Tag lege.<br />

Dazu lässt sich viel sagen: Bitcoin ist, da es sich erst in<br />

seinen Anfängen befindet, zwar volatil, aber in den vergangenen<br />

Jahren extrem stark gestiegen. Sein Wert besteht<br />

darin, dass es die Einheit des einzigen völlig dezentralen<br />

und manipulationssicheren Zahlungssystems der Welt ist.<br />

Dass damit spekuliert wird oder der Preis durch Akteure<br />

wie Elon Musk von außen beeinflusst wird,<br />

ändert nichts daran, dass das System an sich<br />

manipulationssicher ist. Interventionen von<br />

Gesetzgebern, insbesondere solchen aus der<br />

EU, erschweren Bitcoinern unter Umständen<br />

das Leben, aus der Welt schaffen lässt sich<br />

Bitcoin, bei dem es sich vor allem um eine<br />

Technologie handelt, nicht. Für kriminelle<br />

Aktivitäten eignet sich Bitcoin auch nur<br />

bedingt, da Transaktionen auf der Blockchain<br />

grundsätzlich nachverfolgbar sind.<br />

Und verspekuliert haben sich Konsumenten<br />

schon, als es Bitcoin noch gar nicht gab. Dass die junge<br />

Erfindung zunächst vor allem risikofreudige Menschen auf<br />

den Plan ruft, die mit staatlichen Autoritäten ein Problem<br />

haben, überrascht ebensowenig, zumal Bitcoin in der<br />

Cypherpunk-Szene seinen Ursprung haben dürfte, einer<br />

Gruppe technologieaffiner Menschen, die für Privatsphäre<br />

im Internet kämpft.<br />

Bleibt also der Vorwurf der Umweltschädlichkeit: Große<br />

Resonanz erhielt Alex de Vries, Datenanalyst bei der<br />

niederländischen Notenbank, der Bitcoin seinen hohen<br />

Stromverbrauch vorwarf. Bitcoiner zweifeln sowohl seine<br />

Zahlen als auch seine Motive an.<br />

Wirklich dezentral<br />

Das „Proof-of-Work“-Verfahren, mit dem Zahlungen auf<br />

dem Bitcoin-Kassenbuch (Blockchain) legitimiert werden,<br />

verbraucht tatsächlich mehr Strom als andere Verfahren,<br />

etwa „Proof of Stake“. Grund ist, dass viele Hochleistungsrechner<br />

um die Wette rechnen, um als erste eine Aufgabe<br />

zu lösen, einen Block mit Transaktionen an die Blockchain<br />

anhängen zu dürfen und Bitcoin als Belohnung zu<br />

erhalten. Das Verfahren macht Bitcoin sicher, da ein potenzieller<br />

Angreifer mehr Energie aufwenden müsste als alle<br />

PRIVATE<br />

BANKING 75


Krypto-Special<br />

anderen Netzwerk-Teilnehmer zusammen. Es gibt zwar<br />

Kryptowährungen wie Cardano oder Solana, die andere<br />

Verfahren anwenden, diese haben aber ganz andere Ziele<br />

als Bitcoin, welches eine völlig dezentrale, manipulationssichere<br />

Währung sein will.<br />

Im EU-Parlament hatten sich Linke, Grüne und Sozialdemokraten<br />

für ein Proof-of-Work-Verbot in der EU stark<br />

gemacht, dieses ist aber vorerst vom Tisch. Indes plant die<br />

EU jetzt, selbstverwaltete Bitcoin-Geldbörsen (Wallets) zu<br />

verbieten, was ebenfalls ein Schlag gegen die Dezentralität<br />

wäre. Bitcoin-Nutzer würden dann gedrängt, die Dienstleistungen<br />

von Drittanbietern in Anspruch zu nehmen, was<br />

der Intention von Bitcoin, ein Peer-to-Peer-Netzwerk ohne<br />

Zwischeninstanzen zu sein, zuwiderliefe. Kritiker meinen<br />

zudem, einschlägige Firmen könnten aus Europa<br />

vertrieben werden.<br />

Spott für Greenpeace<br />

Doch nicht nur EU-Parlamentarier, Notenbanker<br />

und Umweltschützer sehen in Bitcoin<br />

eine Gefahr, auch die Betreiber anderer Kryptowährungen,<br />

so genannter „Altcoins“, sähen<br />

den großen Konkurrenten am liebsten<br />

besiegt. Kürzlich hat sich eine Allianz<br />

zwischen Umweltschützern und einem<br />

Altcoin-Gründer gebildet: Greenpeace<br />

lanciert eine Kampagne mit dem Aufruf<br />

„Change the Code, Not the Climate“ („Ändert<br />

den Code, nicht das Klima“) und will die<br />

Betreiber des Bitcoin-Netzwerks (dabei handelt es sich um<br />

Zehntausende in aller Welt) überreden, Bitcoin auf das<br />

Proof-of-Stake-Verfahren umzustellen, wie Bloomberg<br />

berichtet.<br />

Dass die Bitcoin-Betreiber dem Aufruf von Greenpeace<br />

folgen, gilt als unwahrscheinlich. In sozialen Medien<br />

erntete die Greenpeace-Kampagne auch Spott: Ob sich der<br />

CEO von Bitcoin schon dazu geäußert habe, fragten<br />

Twitter-Nutzer sarkastisch. Einen solchen gibt es natürlich<br />

nicht. Hinter der Kampagne steht ein Mitgründer des<br />

Zahlungssystems Ripple, eines Bitcoin-Konkurrenten:<br />

Chris Larsen unterstützt die Greenpeace-Kampagne mit<br />

fünf Mio. Dollar. Larsens Vermögen beläuft sich auf<br />

3,4 Mrd. Dollar. „Ich schätze die Wahrscheinlichkeit, dass<br />

Bitcoin je zu Proof of Stake übergeht, auf genau null<br />

Prozent“, sagte Bitcoin-Analyst Chris Bendiksen von Coin<br />

Shares zu Bloomberg. „Die Bitcoiner haben keine Lust, die<br />

Sicherheit des Protokolls durch einen solchen Schritt zu<br />

zerstören.“ Kritiker wenden zudem ein, dass Bitcoin<br />

weniger Strom verbraucht als Wäschetrockner oder als<br />

Klimaanlagen, Dinge, die weitaus weniger polarisieren.<br />

Zuletzt hat sich eine<br />

Allianz zwischen<br />

Greenpeace und<br />

einem Mitgründer der<br />

Kryptowährung<br />

Ripple gebildet.<br />

Auch auf sozialen Medien wie Twitter spaltet Bitcoin. Bei<br />

Linken hat es den Ruf, ein libertäres, ja rechtes Projekt zu<br />

sein. Bitcoin an sich ist neutral, die Blockchain fragt<br />

nicht, wer eine Transaktion abwickelt: Ukrainische<br />

Flüchtlinge können ihr Vermögen in Sicherheit bringen,<br />

einfache Russen ihr Geld der Rubel-Entwertung<br />

entziehen. Nigerianische Oppositionelle nutzen es,<br />

ebenso kanadische Trucker, denen die Coronamaßnahmen<br />

ihrer Regierung missfallen. Bitcoin polarisiert<br />

dennoch, aber nicht, weil es politisch „links“ oder<br />

„rechts“ wäre. „Bitcoin ist vor allem jenen ein Dorn im<br />

Auge, die der Meinung sind, der Staat solle alles regulieren“,<br />

stellt Bitcoin-Experte Nikolaus Jilch fest. Bitcoin<br />

sei als Gegenpol zu staatlichem Zentralismus geschaffen<br />

worden. „Das verstehen viele Politiker instinktiv.“ Von<br />

diesen komme auch Widerstand gegen Aktien oder Gold<br />

in den Händen von Privatpersonen. Wer Zentralismus<br />

wolle, bekämpfe Bitcoin, wer Freiheit und<br />

Selbstbestimmung wolle, möge es. Bitcoin<br />

sei die Antwort auf ein unfreies und<br />

schlechtes Wirtschaftssystem.<br />

Dass Bitcoin den Ruf nicht los wird, libertär<br />

oder gar rechts zu sein, hat jedoch auch mit<br />

manchen Befürwortern zu tun. In den USA<br />

etwa ist die demokratische Senatorin Elizabeth<br />

Warren eine besonders engagierte<br />

Gegnerin von Bitcoin. Das ruft Republikaner<br />

wie Ted Cruz auf den Plan, der<br />

meinte, Bitcoin stehe für Freiheit,<br />

weswegen es in China bekämpft werde. „Die chinesischen<br />

Kommunisten und Elizabeth Warren wollen Ihr Vermögen,<br />

Ihre Ersparnisse, Ihre Sprache, Ihr Leben, Ihre Kinder, jede<br />

Entscheidung kontrollieren“, wetterte er. Und während in<br />

dem demokratisch regierten Bundesstaat New York zuletzt<br />

über ein Proof-of-Work-Verbot nachgedacht wurde, werben<br />

die republikanisch regierten Staaten Texas und Florida<br />

aktiv um einschlägige Unternehmen. In Miami fand kürzlich<br />

auch eine große Bitcoin-Konferenz (Bitcoin <strong>2022</strong>) statt.<br />

Jubel für Peter Thiel<br />

Als „Highlight“ dort galt eine Rede von Peter Thiel, dem<br />

umstrittenen libertären Investor, der Ex-Präsident Donald<br />

Trump unterstützt hatte. Thiel meinte, Bitcoin könne wertmäßig<br />

nicht nur mit Gold, sondern sogar mit dem Aktienmarkt<br />

gleichziehen. Bitcoin hat derzeit einen Marktwert<br />

von knapp 800 Milliarden Dollar, der Wert alles je<br />

geschürften Goldes der Welt wird auf zwölf Billionen Dollar<br />

geschätzt, der Aktienmarkt brachte es zuletzt auf eine<br />

Bewertung von 110 Billionen Dollar.<br />

In den 1970er-Jahren seien alle Aktien so viel wert gewesen<br />

76 PRIVATE<br />

BANKING


BITCOIN: LINEARE SKALA<br />

BITCOIN: LOGARITHMISCHE SKALA<br />

in US-Dollar<br />

in US-Dollar Quelle: Bloomberg (Stand: 28. 4. <strong>2022</strong>)<br />

60.000<br />

50.000<br />

40.000<br />

30.000<br />

20.000<br />

10.000<br />

0<br />

’11 ’12 ’13 ’14 ’15 ’16 ’17 ’18 ’19 ’20 ’21<br />

’11 ’12 ’13 ’14 ’15 ’16 ’17 ’18 ’19 ’20 ’21<br />

100.000<br />

10.000<br />

1000<br />

100<br />

10<br />

1<br />

0,10<br />

wie alles Gold. Der Wert eines Bitcoins könnte sich<br />

durchaus auch auf vier Millionen Dollar verhundertfachen,<br />

rechnete Thiel vor. Zumal die meisten Wall-Street-Unternehmen<br />

unter der Fuchtel des Staates stünden und sehr<br />

„woke“, also überaus politisch korrekt, seien. „ESG“ (das<br />

Kürzel steht für „Environment, Social, Governance“ und<br />

bezieht sich auf nachhaltiges Verhalten von Unternehmen)<br />

sei der Versuch des Staates, Kontrolle auszuüben, und der<br />

wahre Feind von Bitcoin, rief Thiel unter dem Jubel seiner<br />

Zuhörer.<br />

Nur Bitcoin stehe für echte Freiheit,<br />

weswegen es bei Politikern ebenso<br />

verhasst sei wie bei Wall-Street-Größen. In<br />

diesem Zusammenhang bezeichnete Thiel<br />

sogar Starinvestor Warren Buffett als<br />

„soziopathischen Opa“, der vom alten<br />

Geldsystem profitiere. Thiel erhielt frenetischen<br />

Beifall auf der Bitcoin-Konferenz.<br />

Zuhörer der Rede im Internet fürchteten<br />

jedoch, dass die Rede nicht wirklich dazu<br />

beigetragen haben könnte, eingefleischte<br />

Bitcoin-Gegner insbesondere aus dem linken Lager zu<br />

überzeugen.<br />

Zuspruch in Schwellenländern<br />

Indes findet Bitcoin in Schwellenländern wie Nigeria<br />

starken Zuspruch. Auch in Ländern mit stark abwertender<br />

Währung wie der Türkei oder Venezuela brachten viele<br />

Menschen ihr Geld in Bitcoin in Sicherheit. Trotz der<br />

hohen Schwankungen wies die Cyberdevise zumeist eine<br />

größere Stabilität auf als die lokalen Währungen. Dabei<br />

kam es auch zu Betrug, der unerfahrene Neuanleger um<br />

Investor Peter Thiel<br />

polarisierte:<br />

Unternehmen stünden<br />

unter der Fuchtel des<br />

Staates, nur Bitcoin<br />

stehe für Freiheit.<br />

ihre Ersparnisse brachte. In der Türkei setzte sich der Chef<br />

einer Kryptobörse mit umgerechnet 1,7 Milliarden Euro ab.<br />

Kritiker, die ohnehin schon immer der Meinung waren,<br />

dass Bitcoin ungeeignet für Leute in Schwellenländern sei,<br />

sahen sich bestätigt.<br />

Ähnliche Kritik gab es, als El Salvador im September des<br />

Vorjahres Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel neben<br />

dem US-Dollar einführte. Überall im Land soll nun, wenn<br />

möglich, Bitcoin akzeptiert werden, zudem kaufte das Land<br />

selbst sukzessive Bitcoin. Was dann passierte,<br />

erlaubte Kritikern und Befürwortern, sich<br />

bestätigt zu sehen. Eine staatliche App, Chivo,<br />

wurde in den ersten Tagen zwei Millionen Mal<br />

heruntergeladen. Menschen ohne Bankkonto<br />

konnten gebührenärmer Zahlungen ihrer<br />

Verwandten aus dem Ausland erhalten als<br />

etwa über Western Union. Und die Zahl der<br />

Touristen stieg.<br />

Indes warnte der Internationale Währungsfonds<br />

(IWF), einer der wichtigsten Geldgeber<br />

des Landes, vor der Gefährlichkeit von Bitcoin<br />

für das Finanzsystem. Es gab auch im Land Demonstrationen<br />

gegen Bitcoin, die sich aber wohl mehr gegen den<br />

autokratischen Führungsstil des für seine markigen<br />

Sprüche auf Twitter bekannten Präsidenten Nayib Bukele<br />

richteten. Und es gab wieder Warnungen, dass Bitcoin<br />

wegen seiner hohen Kursschwankungen für arme<br />

Menschen ungeeignet sei. Zeitweilige Probleme mit der<br />

Chivo-App bestärkten die Kritiker.<br />

Dieser Tage hat auch die Zentralafrikanische Republik<br />

Bitcoin als staatliche Währung eingeführt. Die Warnungen<br />

werden wohl nicht lang auf sich warten lassen.<br />

l<br />

PRIVATE<br />

BANKING 77


Krypto-Special<br />

Muss es immer Bitcoin sein?<br />

Für eingefleischte Bitcoin-Fans gibt es nur Bitcoin und „Shitcoins“. Die<br />

anderen Kryptoprojekte sind keine dezentralen Währungen im engeren<br />

Sinn. Viele sind jedoch mit Technologiefirmen vergleichbar.<br />

TEXT: BEATE LAMMER<br />

78 PRIVATE<br />

BANKING


FOTO: REUTERS<br />

Für Bitcoin-Maximalisten ist die Sache klar. Nur<br />

Bitcoin ist völlig dezentral, manipulationssicher und<br />

zudem begrenzt. Die anderen Projekte haben zwar<br />

zumeist auch ein dezentrales und kryptografisch abgesichertes<br />

Kassenbuch (Blockchain), doch steht hinter ihnen<br />

eine Stiftung oder ein Gremium, ein Unternehmen oder<br />

eine Gründerperson, auf die jemand Einfluss nehmen<br />

kann. Auch gab es bei vielen Projekten ein „Pre-Mining“:<br />

Vor der offiziellen Markteinführung wurden Coins erzeugt,<br />

mit denen etwa Entwickler entlohnt wurden. Bei Bitcoin<br />

gab es kein Pre-Mining, jeder konnte von Anfang an dabei<br />

sein.<br />

Bitcoin-Maximalisten sprechen oft abfällig von „Shitcoins“,<br />

wenn sie sich auf andere Projekte beziehen. Unter den<br />

inzwischen 19.000 Kryptowährungen, die Coinmarket.cap<br />

anführt, finden sich tatsächlich viele, bei denen keine<br />

Entwicklung mehr stattfindet, einige dienten wohl auch<br />

nur der Bereicherung ihrer Erfinder.<br />

Andere haben aber einen tatsächlichen Nutzen, sind wie<br />

Technologiefirmen, die das Abwickeln von Verträgen, den<br />

Handel mit digitalen Werten (NFTs) und von Privatperson<br />

zu Privatperson erbrachte Geldgeschäfte (etwa Darlehen)<br />

ermöglichen. Während Bitcoin ein Wertspeicher sei, seien<br />

Investments in Ethereum, Cardano oder Solana mit Investments<br />

in Technologieunternehmen zu vergleichen, meint<br />

Mark Valek, Bitcoin-Experte bei Incrementum. Es gehe bei<br />

ihnen weniger darum, das Geldsystem zu verändern, als<br />

Probleme im Finanz- und Zahlungsbereich<br />

zu lösen.<br />

Schnelle Zahlungen<br />

Auf der Ethereum-Blockchain mit seiner<br />

Währung Ether kann man etwa Verträge<br />

(Smart Contracts) abschließen. Auch<br />

werden NFTs (Non Fungible Tokens, digitale<br />

Besitzurkunden etwa von digitaler<br />

Kunst) zumeist auf der Ethereum-Blockchain<br />

gehandelt.<br />

Bitcoin soll zumindest Letzteres bald auch können. Auf der<br />

Bitcoin-Konferenz in Miami wurde ein Protokoll namens<br />

Taro („Taproot Asset Representation Overlay“) vorgestellt,<br />

das es ermöglichen soll, NFTs oder andere Vermögenswerte<br />

(etwa Stable-Coins, das sind Kryptowährungen, die<br />

an den Dollar gekoppelt sind) über das Lightning-Netzwerk<br />

von Bitcoin zu handeln. Beim Lightning-Netzwerk<br />

handelt es sich um einen Seitenarm der Blockchain, auf<br />

dem man kleinere Zahlungen schnell und gebührenarm<br />

abwickeln kann.<br />

Kurz: Bitcoin soll künftig nicht nur die dezentralste aller<br />

Kryptowährungen sein, sondern auch noch vieles können,<br />

Ethereum und andere<br />

Coins sind mit<br />

Unternehmen<br />

vergleichbar. Der<br />

Begriff Währung ist oft<br />

irreführend.<br />

für das man jetzt noch Ethereum benötigt. Indes versuchen<br />

auch kleinere Projekte, Ethereum den Rang abzulaufen.<br />

Zu den Ethereum-Konkurrenten werden gewöhnlich<br />

Solana, Cardano, Binance, Terra sowie die nach Marktkapitalisierung<br />

kleineren Währungen Avalanche, Fantom oder<br />

Near gezählt, berichtet Adrian Fritz, Research Associate bei<br />

21Shares, einem Anbieter von ETPs (Wertpapieren, mit<br />

denen man in Kryptowährungen investieren kann). „Was<br />

alle diese Projekte gemeinsam haben, ist, dass sie wie ein<br />

so genannter App-Store funktionieren, also Plattformen für<br />

die Bereitstellung von Dienstleistungen und Applikationen<br />

von DeFi-Dienstleistungen und NFTs darstellen.“ DeFi<br />

bedeutet „Decentralized Finance“ und steht für Finanzdienstleistungen,<br />

bei denen man ohne Banken oder andere<br />

Vermittler auskommt, NFTs (Non-Fungible Token) sind<br />

digitale Besitzurkunden.<br />

„Wenn Bitcoin wie Gold ist, dann ist Ethereum wie<br />

Amazon“, meint BCG-Experte Bernhard Kronfellner, der<br />

sich intensiv mit Kryptowährungen befasst hat. „Gold<br />

glänzt nostalgisch und bietet einen Werterhalt, da es – wie<br />

auch Bitcoin – limitiert ist.“ Ethereum und viele andere<br />

Coins seien hingegen mit Unternehmen vergleichbar, der<br />

Begriff „Währung“ sei häufig irreführend. Viele der so<br />

genannten Tokens seien eigentlich Service-Provider für<br />

DeFi oder auch Plattform von dezentralem Speicher von<br />

sensiblen Daten wie Wert-Transaktionen.<br />

Erträge abseits vom Wertzuwachs<br />

Die Anwendungen geben Nutzern die<br />

Möglichkeit, Geld zu verdienen mit ihren<br />

Coins, und zwar über den Wertzuwachs<br />

hinaus. So könne man 20 Prozent und mehr<br />

Ertrag pro Jahr erzielen, wenn man Coins für<br />

das Validieren von Transaktionen auf der<br />

Blockchain für gewisse Zeit zur Verfügung<br />

stellt, aber auch für Lending (Leihen), Market<br />

Making (Marktpflege) oder Liquidity Provision<br />

(Bereitstellung von Liquidität). DeFi-Projekte<br />

sind etwa Aave, Uniswap oder Anchor. Das Anchor-Protokoll<br />

funktioniere wie ein Fondsmanager für DeFi: Es<br />

erkennt, welche Dienstleistungen (Market Making, Bereitstellen<br />

von Liquidität etc.) bei welchen Coins gerade<br />

gefragt sind, und stellt diese automatisch zur Verfügung.<br />

Diese Dienstleistungen könne man auch mit Stable Coins<br />

erbringen, deren Kurs etwa an den Dollar gekoppelt ist<br />

(USD Tether, USD Coin), und dafür Geld erhalten. Bei der<br />

weltgrößten Kryptobörse Binance erhalte man Cash-Backs<br />

für seine Kreditkarte, die umso höher ausfallen, je mehr<br />

Binance-Coins man hat. Ethereum, Luna oder Avalanche<br />

seien Plattformen, auf denen man Verträge (Smart<br />

PRIVATE<br />

BANKING 79


Krypto-Special<br />

INFO<br />

Bitcoin ist die älteste Kryptowährung.<br />

Die ersten Coins<br />

wurden Anfang 2009 geschürft.<br />

Bitcoin wird dezentral verwaltet<br />

und verfügt über ein<br />

fälschungssicheres Kassenbuch<br />

(Blockchain). Einen Block mit<br />

Transaktionen anhängen darf<br />

derjenige Netzwerk-Teilnehmer,<br />

dessen Computer als erster<br />

eine Aufgabe gelöst hat. Dieses<br />

Verfahren heißt „Proof of Work“<br />

und wird oft kritisiert, da es viel<br />

Strom verbraucht. Doch sorgt<br />

das Proof-of-Work-Verfahren<br />

dafür, dass Bitcoin wirklich<br />

sicher ist. Ein Angreifer müsste<br />

mehr Rechenleistung aufbieten<br />

als alle anderen Teilnehmer.<br />

Die meisten anderen Kryptoprojekte<br />

haben andere Verfahren<br />

zur Validierung von Transaktionen<br />

und sind weniger manipulationssicher.<br />

Die meisten<br />

wollen ohnehin keine<br />

Währungen sein, sondern etwa<br />

Smart Contracts (automatisches<br />

Abwickeln von Verträgen)<br />

oder DeFi-Anwendungen<br />

(Finanzdienstleistungen ohne<br />

Banken) ermöglichen. Auf diese<br />

Weise können Nutzer auch Geld<br />

verdienen, das über den Wertzuwachs<br />

hinausgeht.<br />

Ethereum hat wie Bitcoin den Ruf, ein Stromfresser zu sein,<br />

will aber auf ein anderes Herstellungsverfahren umstellen.<br />

Contracts) abwickeln oder Finanzdienstleistungen<br />

anbieten kann. Anders als bei Bitcoin, wo derjenige eine<br />

Transaktion validieren darf, dessen Computer als erster<br />

eine Aufgabe löst (Proof of Work), kann man bei fast allen<br />

anderen Projekten eine Belohnung zugelost bekommen,<br />

wenn man seine Coins einfach nur sperrt (Proof of Stake).<br />

Wer viele Coins hat, erhält am häufigsten eine Belohnung.<br />

Wer nicht so viele Coins hat, kann sich mit anderen<br />

Nutzern in einem Pool zusammentun.<br />

Auch Ethereum hat Schwächen<br />

Auch Ethereum basiert noch auf dem Proof-of-Work-<br />

Prinzip, will aber auf Proof of Stake umstellen. Vorerst sieht<br />

es nicht so aus, als würde eine andere Kryptowährung<br />

Bitcoin und Ethereum den Rang ablaufen. Zusammen<br />

machen sie fast 60 Prozent des gesamten Kryptomarkts<br />

aus. Ethereum stößt jedoch zunehmend an technische<br />

Grenzen, die zum Aufkommen alternativer Projekte und<br />

Konkurrenten geführt haben, stellt 21Shares-Experte Fritz<br />

fest. Dazu zählten die vergleichsweise hohen Transaktionskosten<br />

und die verbesserungswürdige Transaktionsgeschwindigkeit<br />

sowie das Problem des „Miner Extractable<br />

Value“, das auch als versteckte Steuer von Ethereum<br />

bezeichnet werde: Automatisierte Bots könnten gezielt<br />

höhere Kosten unter Minern und Benutzern verursachen.<br />

Im Jahr 2021 sei Solana eine der am schnellsten wachsenden<br />

Blockchains gewesen. Doch auch Binance,<br />

Avalanche und Terra seien schneller gewachsen als<br />

Ethereum zu einem vergleichbaren Zeitpunkt seiner<br />

Geschichte und seien zudem schneller und hätten geringere<br />

Transaktionskosten. Dennoch meint Fritz: „Ethereum<br />

bleibt unserer Ansicht nach dezentralisierter und sicherer<br />

als seine Konkurrenten, da es über mehr Validatoren und<br />

eingesetztes Kapital verfügt.“<br />

Doch gilt das nicht in einem umso stärkeren Ausmaß für<br />

Bitcoin? Bitcoin erfülle einen anderen Nutzen als Ethereum<br />

und andere Altcoins, sagt Fritz. Bitcoin sei ein digitales<br />

Wertaufbewahrungsmittel, Ethereum eine Grundlage für<br />

moderne Web3-Applikationen und NFT-Ökosysteme.<br />

„Trotz seiner in die Jahre gekommenen Technologie – Proof<br />

of Work – hat sich der Nutzen des Assets auch im Jahr <strong>2022</strong><br />

bewiesen, als Menschen in der Ukraine notfalls mit einem<br />

einzigen USB-Stick, auf dem sich ihr Vermögen befand, die<br />

Flucht aus Kriegsgebieten unternehmen konnten.“<br />

Das Proof-of-Work-Verfahren habe auch Vorteile und<br />

könne aus einer Perspektive der Nachhaltigkeit als akzeptabel<br />

gelten, wenn Miner auf erneuerbare Energien<br />

umsteigen.<br />

l<br />

FOTO: REUTERS<br />

80 PRIVATE<br />

BANKING


Aktien*, Krypto<br />

und Edelmetalle –<br />

alles in einer App.<br />

Safe and simple investing<br />

*Aktien und ETFswerden über Verträge (Bitpanda Stocks)dargestellt. Bitpanda Stocksist ein Produkt der<br />

Bitpanda GmbH und wirddurch die Bitpanda Financial Services vermittelt. Der Prospektinkl. Nachtrag ist<br />

auf bitpanda.com abrufbar.Die vergangenen Wertentwicklungen sind fiktiv,dienen zu illustrativen Zwecken<br />

und sind kein Hinweis auf zukünftige Wertentwicklung.


Krypto-Special<br />

KRYPTO-UNIVERSUM<br />

in Milliarden US-Dollar (Stand: 29. 4.)<br />

Marktkapitalisierung der 20 größten Kryptowährungen<br />

Dogecoin<br />

18,40<br />

USD Coin<br />

49,39<br />

Dai<br />

8,92<br />

Solana<br />

31,96<br />

Terra USD<br />

18,45<br />

Ethereum<br />

344,23<br />

Polygon<br />

9,30<br />

Polkadot<br />

16,25<br />

Auf Bitcoin entfallen nach wie vor<br />

rund 40 Prozent des gesamten<br />

Kryptomarkts. Bitcoin wird als<br />

Wertaufbewahrungsmittel gesehen, viele<br />

sehen in der dezentralen, mit maximal<br />

21 Millionen Stück strikt limitierten<br />

Währung auch eine echte Alternative<br />

zum derzeitigen Geldsystem. Platz zwei<br />

nimmt Ethereum ein, eine Plattform, auf<br />

der man Verträge (Smart Contracts)<br />

abwickeln und NFTs (digitale Besitzurkunden)<br />

handeln kann. Die Währung<br />

von Ethereum heißt Ether. Von den<br />

anderen Kryptoprojekten bringt es<br />

keines über einen Marktwert von mehr<br />

als 100 Milliarden Dollar.<br />

Größere Bedeutung haben auch an den<br />

Dollar gekoppelte Stable-Coins wie<br />

Tether oder USD Coin. Mit dem BNB<br />

Coin kann man auf der Plattform der<br />

größten Kryptobörse Binance zahlreiche<br />

Vorteile genießen. Ripple mit seiner<br />

Münze XRP ist ein Zahlungssystem, das<br />

Banken beim Handel miteinander<br />

nutzen.<br />

Solana, Cardano, Avalanche und Near<br />

sind Konkurrenzplattformen zu<br />

82 PRIVATE<br />

BANKING


NEAR<br />

8,03<br />

Terra<br />

29,81<br />

Wrapped Bitcoin<br />

10,94<br />

Tether<br />

83,16<br />

Bitcoin<br />

740,15<br />

XRP<br />

29,87<br />

Avalanche<br />

17,77<br />

BNB<br />

64,65<br />

Binance USD<br />

17,55<br />

Cronos<br />

9,60<br />

Cardano<br />

27,69<br />

Shiba Inu<br />

12,93<br />

GRAFIK: GREGOR KÄFER<br />

Ethereum. Terra hat sich auf Stable-<br />

Coins spezialisiert, die algorithmisch<br />

durch den Luna-Token gedeckt sind.<br />

Dogecoin und Shiba Inu waren<br />

ursprünglich Spaßprojekte, die sich<br />

verselbständigt haben. Dogecoin war im<br />

Vorjahr durch Tweets von Tesla-Chef<br />

Elon Musk in die Höhe getrieben<br />

worden, ist dann aber wieder gefallen.<br />

Manche Anleger investieren in viele<br />

verschiedene Kryptowährungen, um<br />

eine breite Streuung zu erhalten. Das<br />

hilft aber nicht viel, da die Kryptowährungen<br />

stark miteinander korrelieren.<br />

Auf unterschiedliche Kryptowährungen<br />

zu setzen, ist vor allem dann sinnvoll,<br />

wenn man sie kennt und weiß, wie sie zu<br />

nutzen sind. Mit einigen lässt sich zusätzliches<br />

Geld verdienen, wenn man sie<br />

etwa sperrt und zum Bestätigen von<br />

Transaktionen auf der jeweiligen Blockchain<br />

einsetzt. Auch mit DeFi-Dienstleistungen<br />

(Finanzdienstleistungen, die<br />

direkt erbracht werden und für die man<br />

keine Banken als Vermittler braucht)<br />

kann man laufende Erträge aus seinen<br />

Kryptowährungen lukrieren.<br />

l<br />

PRIVATE<br />

BANKING 83


Krypto-Special<br />

Was Satoshi Nakamoto wollte<br />

Das Ziel von Bitcoin waren direkte Zahlungen ohne Banken als<br />

Intermediäre. Um Inflationsschutz ging es nicht primär.<br />

TEXT: BEATE LAMMER<br />

Elf Jahre ist es nun her, dass der geheimnisumwitterte<br />

Bitcoin-Gründer Satoshi Nakamoto, der nur<br />

im Internet in Erscheinung trat und dessen Identität<br />

nie gelüftet wurde, der Bitcoin-Community mitteilte,<br />

dass er sich nun anderen Dingen zuwende. Seitdem hat<br />

niemand mehr von ihm gehört und gelesen, auch die<br />

rund eine Million Bitcoin (derzeitiger Wert: knapp<br />

40 Milliarden Dollar), die Nakamoto geschürft hatte,<br />

wurden nie angerührt.<br />

Ein Schöpfer, der sein Werk in die vollständige Unabhängigkeit<br />

entlässt, ohne selbst davon zu profitieren – das hat<br />

etwas Sakrales. Bitcoin hat keinen Chef und keinen Sprecher,<br />

der die Öffentlichkeit von seinen Vorzügen überzeugen<br />

müsste. Nakamoto fand, dass sich Bitcoin selbst<br />

durchsetzen müsse. Legendär ist seine Antwort an einen<br />

Zweifler im Bitcointalk-Forum: „Wenn du mir nicht glaubst<br />

oder es nicht verstehst, dann habe ich leider keine Zeit,<br />

dich zu überzeugen.“<br />

Die Anonymität des Gründers hat einen Vorteil für Bitcoin:<br />

Es ist unangreifbar. Regierungen und Zentralbanken<br />

mögen sich noch so ärgern, sie haben keinen Ansprechpartner,<br />

bei dem sie sich beschweren und den sie drangsalieren<br />

könnten – anders als bei den meisten Kryptoprojekten.<br />

Bitcoin unterscheidet sich auch dadurch von vielen<br />

anderen Projekten, dass jeder von Anfang an dabei sein<br />

konnte – sofern er das Potenzial der neuen Erfindung<br />

erkannte: Bitcoin ist ein völlig dezentrales Zahlungssystem,<br />

das keine Zentralbanken benötigt, die es regulieren, verändern<br />

und manipulieren können. Und das keine Banken<br />

braucht, die Zahlungen legitimieren, sondern lediglich<br />

Kryptografie.<br />

Am Anfang standen die Cypherpunks<br />

Nakamoto stand der Cypherpunk-Szene nah, die sich seit<br />

den 1980er-Jahren für den Schutz der Privatsphäre im<br />

Internet einsetzte und zu der etwa auch Wikileaks-Gründer<br />

84 PRIVATE<br />

BANKING


FOTO: REUTERS<br />

Julian Assange gehörte. Die Cypherpunks hatten schon<br />

länger über digitale Zahlungen ohne Zwischeninstanzen<br />

nachgedacht. Mit der Finanzkrise, durch die das Vertrauen<br />

in Staaten und Banken schwer angeknackst worden war,<br />

schien die Zeit gekommen.<br />

Im November 2008 – keine zwei Monate nach der Pleite<br />

der US-Investmentbank Lehman Brothers, die eine globale<br />

Finanzkrise auslöste – veröffentlichte jemand mit dem<br />

Pseudonym Satoshi Nakamoto ein Whitepaper mit dem<br />

Titel „Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic<br />

Cash System“. Der kurze, etwas sperrige<br />

Text ist im Internet abrufbar. Darin wird<br />

erklärt, wie Onlinezahlungen von einer<br />

Partei direkt an eine andere gesendet<br />

werden könnten, ohne über ein Finanzinstitut<br />

zu gehen. Die Lösung sah man in<br />

einem dezentralen Peer-to-Peer-Netzwerk<br />

(vielen Teilnehmern statt einer zentralen<br />

Instanz). Die Zahlungen würden nicht wie<br />

im herkömmlichen Bankensystem über<br />

Vertrauen legitimiert, sondern über unfälschbare kryptografische<br />

Nachweise. Betrug und Manipulation sollten<br />

damit unmöglich sein.<br />

Die Preisexplosion<br />

Anfang 2009 wurden die ersten Bitcoin „geschürft“. Man<br />

erhält sie als Belohnung, wenn man sich mit einem Hochleistungsrechner<br />

am Bitcoin-Netzwerk beteiligt und Transaktionen<br />

bestätigt. Inzwischen gibt es 19 Millionen, mehr<br />

als 21 Millionen kann es nicht geben. Bitcoin ist zudem so<br />

programmiert, dass die Entstehung neuer Bitcoin sukzessive<br />

verlangsamt wird. Etwa alle vier Jahre wird die Belohnung,<br />

die man für das Erstellen von Blöcken erhält,<br />

halbiert. Dieser Prozess heißt „Halving“. Die letzte Bitcoin-<br />

Einheit, deren Entstehung sich über Jahre hinziehen wird,<br />

wird erst um das Jahr 2140 herum geschürft sein. Da zudem<br />

immer wieder Bitcoin verschwinden, weil Nutzer ihre<br />

Zugangsdaten verlieren, ist Bitcoin ein knappes Gut.<br />

Und das hat den Preis in die Höhe getrieben. Im Mai 2010<br />

wurden zwei Pizzas gegen 10.000 Bitcoin geliefert (heutiger<br />

Gegenwert: 400 Millionen Dollar). Es war das erste Mal, dass<br />

ein reales Gut mit Bitcoin bezahlt wurde. Im Folgejahr überschritt<br />

der Bitcoin-Preis die Marken von einem und von<br />

zehn Dollar. 2013 war das Jahr, in dem die 100- sowie die<br />

1000-Dollar-Marke gerissen wurden. 2017 kostete ein Bitcoin<br />

erstmals 10.000 Dollar. Der steile Anstieg ging mit heftigen<br />

Schwankungen einher, während der Bitcoin-Preis immer<br />

wieder um bis zu 80 Prozent abrutschte – und zurückkehrte.<br />

Nach jedem Halving (Halbierung der Bitcoin-Belohnung pro<br />

Block) erfolgte ein neuer Höhenflug. Bisher gab es drei<br />

Bitcoin trotzt von<br />

seiner Konzeption her<br />

der Inflation,<br />

kurzfristig korreliert es<br />

nicht mit der<br />

Teuerung.<br />

Halvings in den Jahren 2012, 2016 und 2020. Dass beim<br />

letzten Zyklus noch nicht die Marke von 100.000 Dollar<br />

gefallen ist, enttäuschte viele. Das bisherige Rekordhoch<br />

wurde im November 2021 bei 68.000 Dollar eingestellt.<br />

Der starke Preisanstieg und die heftigen Schwankungen<br />

von Bitcoin rief eine Zielgruppe auf den Plan, die die<br />

Bitcoin-Gründer gar nicht primär im Sinn gehabt hatten:<br />

Spekulanten, die mit Bitcoin reich werden wollten, was im<br />

Laufe der Jahre allerdings in einem immer geringeren<br />

Ausmaß funktionierte. Starke Verbreitung<br />

erfuhr Bitcoin jedoch in Schwellenländern, in<br />

denen die Inflation noch viel verheerender<br />

zuschlägt, etwa in der Türkei oder Venezuela.<br />

Inzwischen haben zwei Länder, El Salvador<br />

und die Zentralafrikanische Republik, Bitcoin<br />

als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt.<br />

Dabei hat Bitcoin aufgrund seiner Knappheit<br />

überall das Potenzial, Inflationsschutz zu<br />

bieten – ähnlich wie Gold, das ebenfalls knapp<br />

ist: Zur bereits vorhandenen Menge von<br />

200.000 Tonnen kommen jährlich nur etwa 3000 bis<br />

4000 Tonnen dazu. Gold hat tatsächlich über die Jahrtausende<br />

und Jahrhunderte seine Kaufkraft erhalten.<br />

Zwischenzeitig gab es aber immer wieder Phasen, in denen<br />

das nicht so gut funktionierte. Wer Anfang der 1980er-Jahre<br />

Gold erwarb, musste sich Jahrzehnte gedulden, bis sich<br />

sein Investment rechnete. Doch seit der Jahrtausendwende<br />

hat sich der Preis für eine Feinunze Gold fast verachtfacht.<br />

Der Krypto-Inflationsschutz?<br />

Dass Bitcoin Inflationsschutz biete, werde oft missverstanden,<br />

meint Mark Valek, Kryptowährungsexperte bei der<br />

liechtensteinischen Fondsgesellschaft Incrementum: Bitcoin<br />

trotze von seiner Konzeption her der Inflation, kurzfristig sei<br />

jedoch keine Korrelation mit der Verbraucherpreis-Inflation<br />

feststellbar. Langfristig sollte Bitcoin vor Inflation schützen.<br />

Kurzfristig spiele die Adoption, also die weltweite Durchsetzung,<br />

eine größere Rolle als die Inflation, da Bitcoin ja noch<br />

eine sehr junge Assetklasse sei. Zuletzt schadete die Aussicht<br />

auf eine straffere Geldpolitik durch die US-Notenbank Fed<br />

Aktien und Bitcoin gleichermaßen.<br />

Wer sich als Anleger vor Inflation schützen wolle, sollte<br />

lieber zu einer Mischung an Anlagevehikeln greifen als nur<br />

zu Bitcoin, der zwischendurch sehr stark schwanken<br />

könnte, rät Valek. Dabei sei eine Mischung aus Gold,<br />

Rohstoffen und Bitcoin am besten geeignet, da Bitcoin<br />

auch relativ wenig mit Gold korreliere. Eine Alternative<br />

seien auch „Inflation Linked Bonds“, inflationsgebundene<br />

Anleihen. Mit solchen sei man aber wiederum von Staaten<br />

abhängig, was man mit Bitcoin und Gold nicht sei. l<br />

PRIVATE<br />

BANKING 85


Krypto-Special<br />

Willkommen in der<br />

Normalität<br />

Bitcoin und Co. werden seit Kurzem nach den Regeln für Kapitalvermögen<br />

besteuert. Die Spekulationsfrist gilt nicht mehr – was speziell bei<br />

fallenden Kursen sogar ein Vorteil sein kann.<br />

TEXT: CHRISTINE KARY<br />

86 PRIVATE<br />

BANKING


ILLUSTRATION: MARIN GOLEMINOV<br />

Wenn dieser Tage von der „neuen Normalität“ die<br />

Rede ist, denkt man meist an Entwicklungen,<br />

die sich infolge der Pandemie in unserem Alltag<br />

etabliert haben. Der Begriff passt aber auch für den Umgang<br />

mit Bitcoin, Ethereum und Co. – soweit es um deren steuerliche<br />

Behandlung geht. Denn da sind die diversen Coins<br />

nun mehr oder weniger in der Normalität angekommen. Im<br />

Wesentlichen gelten für sie die Besteuerungsregeln für<br />

Kapitalvermögen, ähnlich wie etwa für Aktien.<br />

„Durch die Ökosoziale Steuerreform treten ab 1. März <strong>2022</strong><br />

ausdrückliche gesetzliche Regelungen zur Besteuerung von<br />

Kryptowährungen in Kraft, durch die eine Einbeziehung in<br />

die Einkünfte aus Kapitalvermögen und den besonderen<br />

Steuersatz von 27,5 Prozent erfolgt“, heißt es dazu auf der<br />

Homepage des Finanzministeriums. Eine Pflicht zum KESt-<br />

Abzug durch österreichische Dienstleister und Schuldner<br />

wird allerdings erst ab 2024 gelten. Bis dahin besteht diese<br />

Möglichkeit auf freiwilliger Basis. Andernfalls müssen sich<br />

die Investoren selbst um die Versteuerung kümmern.<br />

Alt- oder Neubestand?<br />

Vor dem Inkrafttreten der Novelle waren Krypto-Assets im<br />

Einkommensteuergesetz nicht ausdrücklich erwähnt.<br />

Geschäfte damit wurden steuerlich als Spekulationsgeschäfte<br />

behandelt, wenn sie innerhalb eines Jahres ab<br />

Anschaffung erfolgten. Erzielte Gewinne waren dann<br />

einkommensteuerpflichtig und mit dem<br />

vollen Tarifsatz zu versteuern. Nach Ablauf<br />

der Spekulationsfrist waren solche<br />

Einkünfte steuerfrei.<br />

Diese Regeln gelten auch jetzt noch für den<br />

sogenannten Altbestand. Darunter fällt, was<br />

man vor dem 1. März 2021 angeschafft hat.<br />

Beim „Neubestand“ kommt es dagegen<br />

nicht mehr auf die Behaltedauer an. Für<br />

damit erzielte Einkünfte gilt immer der<br />

Steuersatz von 27,5 Prozent.<br />

Ist das ein Nachteil? Ja und nein. Gewinne aus Neubestand<br />

sind jetzt immer zu versteuern, bei Behaltedauern über<br />

einem Jahr ist man somit, isoliert betrachtet, schlechter<br />

dran als bisher, wenn man mit Gewinn verkauft. Unter<br />

einem Jahr kommt es auf den individuellen Einkommensteuersatz<br />

an. Für die meisten Investoren wird wohl der<br />

nach den neuen Regeln geltende Sondersteuersatz günstiger<br />

sein als der normale Tarif.<br />

Im Moment ist aber ein anderer Effekt der Neuregelung fast<br />

noch wichtiger – die steuerliche Verwertung von Verlusten.<br />

„Die Kurse sind seit Herbst vergangenen Jahres stark<br />

gefallen“, sagt Johanna Rizzi, Steuerexpertin bei Deloitte,<br />

zur „Presse“. Und wenn man mit Verlust verkauft hat,<br />

Mit Kryptowährungen<br />

eingefahrene Verluste<br />

lassen sich jetzt mit<br />

Einkünften aus<br />

Kapitalvermögen<br />

ausgleichen.<br />

erweisen sich die neuen Regeln in vielen Fällen als günstiger<br />

als die alten. Hat man nämlich im selben Steuerjahr<br />

mit anderen Geldanlagen Gewinne gemacht, „lassen sich<br />

mit Kryptowährungen eingefahrene Verluste jetzt wenigstens<br />

steuerlich abfedern“, sagt Rizzi.<br />

Verlustausgleich mit Kapitalerträgen<br />

Bisher war bei Kryptowährungen eine Verlustverwertung<br />

nur sehr eingeschränkt möglich. Konkret konnten solche<br />

Verluste nur mit Einkünften aus anderen Spekulationsgeschäften<br />

ausgeglichen werden – vor allem mit steuerpflichtigen<br />

Gewinnen aus der Veräußerung anderer Kryptowährungen,<br />

von Gold oder von Wirtschaftsgütern aus dem<br />

Privatvermögen (bei denen allfällige Veräußerungsgewinne<br />

jenseits der Freigrenze von 440 Euro pro Jahr ebenfalls<br />

dann zu versteuern sind, wenn sie innerhalb eines<br />

Jahres ab der Anschaffung erzielt werden).<br />

Die Neuregelung erlaubt es nun jedoch, Verluste, die man<br />

mit Bitcoin und Co. gemacht hat, mit Einkünften aus Kapitalvermögen<br />

aus demselben Steuerjahr auszugleichen –<br />

also etwa mit Aktienerträgen. Das gilt für den Neubestand,<br />

kann aber auch bei Verlusten genützt werden, die aus<br />

steuerpflichtigen Veräußerungen von Altbestand in den<br />

ersten beiden Monaten des Jahres <strong>2022</strong> entstanden sind.<br />

„Hier kann im Zuge eines freiwilligen Antrags in die neue<br />

Besteuerung optiert werden. Damit wird es auch hier<br />

möglich, den Verlust auf diese Weise steuerlich<br />

zu verwerten“, sagt Rizzi.<br />

Wer allerdings Kryptowährungen, die vor<br />

dem 1. März 2021 angeschafft wurden, kürzer<br />

als ein Jahr gehalten und noch im alten Jahr<br />

verkauft hat, kann mit daraus entstandenen<br />

Verlusten nur allfällige Spekulationsgewinne<br />

aus demselben Jahr ausgleichen, weil dafür<br />

noch die alten Regeln gelten.<br />

Was gilt als Kryptowährung?<br />

Aber welche Krypto-Assets fallen überhaupt unter die<br />

Neuregelung? Das ist im Einkommensteuergesetz definiert,<br />

wobei auch der – nicht unumstrittene – Begriff „Kryptowährung“<br />

damit erstmals Eingang ins Gesetz gefunden hat.<br />

Eine Kryptowährung ist demnach „eine digitale Darstellung<br />

eines Werts, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen<br />

Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht<br />

zwangsläufig an eine gesetzlich festgelegte Währung angebunden<br />

ist und die nicht den gesetzlichen Status einer<br />

Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder<br />

juristischen Personen als Tauschmittel akzeptiert wird und<br />

die auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und<br />

gehandelt werden kann“ (§ 27b Abs 4 EStG).<br />

PRIVATE<br />

BANKING 87


Krypto-Special<br />

„Darunter fallen somit öffentlich angebotene Kryptowährungen,<br />

die eine Akzeptanz als Tauschmittel genießen“,<br />

erläutert das BMF auf seiner Homepage. Demnach gelten<br />

die neuen Regeln auch für Stablecoins, bei denen „der Wert<br />

durch einen Mechanismus vom Wert einer zugrundeliegenden<br />

gesetzlichen Währung oder anderen Vermögenswerten<br />

abhängen soll“. Nicht erfasst sind jedoch beispielsweise<br />

NFTs (Non Fungible Tokens).<br />

Der Gesetzgeber betont in dieser Definition freilich auch,<br />

dass es sich bei Bitcoin und Co. trotz allem nicht um<br />

Währungen oder Geld im rechtlichen Sinn handelt. Wobei<br />

Krypto-Assets auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine Kategorie<br />

für sich sind: „Es handelt sich im ökonomischen Sinn<br />

um ein reines ,Bubble-Asset‘, das heißt, es hat keinen intrinsischen<br />

Wert“, erklärt Ökonom Peter Brandner vom Thinktank<br />

Weis[s]e Wirtschaft. „Der fundamentale Wert ist null,<br />

da ein solches Asset keinen Anspruch auf zukünftige<br />

Zahlungen repräsentiert – keine Zinsen wie ein Sparbuch,<br />

keinen Kupon bzw. Tilgungsbetrag wie eine Anleihe und<br />

keine Dividenden wie Aktien. Sondern der Wert ergibt sich<br />

ausschließlich aus der Erwartung, dass jemand anderer<br />

dafür einen höheren Preis bezahlen wird.“ Diese riskante<br />

Der Wert von Krypto-Assets ergibt sich aus<br />

der Erwartung, dass jemand anderer dafür<br />

einen höheren Preis bezahlen wird.<br />

Hoffnung kann zerplatzen, der Wert gegen Null gehen.<br />

Wobei, wie Brandner sagt, „auch ein Geldschein ein<br />

,Bubble-Asset‘ ist. Nur hat er als gesetzliches Zahlungsmittel<br />

beim Tausch immer – ohne Risiko – in Höhe des<br />

Nennwerts rechtlich eine schuldbefreiende Wirkung.“<br />

Bei einer Kryptowährung ist das nicht der Fall. Jeder<br />

Geschäftspartner kann frei entscheiden, ob er diese als<br />

Tauschmittel akzeptiert oder nicht.<br />

Steuerpflicht beim „Bezahlen“<br />

Wer allerdings Bitcoin oder eine andere Kryptowährung<br />

gegen eine Ware oder Leistung eintauscht, kann sogar<br />

dabei steuerpflichtige Einkünfte erzielen: Realisiert man<br />

damit eine Wertsteigerung in Relation zum Anschaffungspreis,<br />

ist diese zu versteuern – genauso wie es beim Verkauf<br />

von Bitcoin gegen Euro oder eine andere Währung der Fall<br />

wäre.<br />

Tauscht man dagegen eine Kryptowährung gegen eine<br />

andere, entsteht nach den neuen Regeln keine Steuerpflicht.<br />

„Die Anschaffungskosten werden dann auf die neue<br />

Kryptowährung übertragen“, erklärt Rizzi.<br />

l<br />

INFO<br />

Zu den steuerpflichtigen<br />

fungskosten mit null anzusetzen.<br />

Bei einer späteren<br />

Einkünften, die mit Kryptowährungen<br />

erzielt werden können, Veräußerung ist dann der<br />

zählen realisierte Wertsteigerungen<br />

und laufende Einkünfte. Bei der Verwertung von reali-<br />

gesamte Wert zu versteuern.<br />

Wertsteigerungen können beim sierten Verlusten aus Neubestand<br />

ist zu beachten, dass<br />

Verkauf der Coins gegen Euro<br />

oder eine andere Währung realisiert<br />

werden, aber auch beim Gewinnen aus Kapitalvermögen,<br />

diese jetzt nur noch mit<br />

Eintausch gegen Waren oder die ebenfalls der Sonderbesteuerung<br />

unterliegen, ausge-<br />

Leistungen.<br />

Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn<br />

ergibt sich ganz Aufrechnung ist daher<br />

glichen werden können. Eine<br />

generell aus der Differenz<br />

beispielsweise mit Veräußerungsgewinnen<br />

oder Divi-<br />

zwischen dem Veräußerungserlös<br />

und den Anschaffungskosten.<br />

Dabei können auch beide Richtungen, es können<br />

denden aus Aktien möglich – in<br />

Nebenkosten, etwa Transaktionsgebühren,<br />

steuerlich<br />

Einkünften aus Kryptowäh-<br />

also auch Aktienverluste mit<br />

geltend gemacht werden. Das rungen ausgeglichen werden.<br />

gilt aber nicht für z. B. Stromkosten<br />

oder Ausgaben für Hardausgleich<br />

dagegen zwischen<br />

Nicht möglich ist ein Verlustware<br />

(es sei denn, man würde in Kryptowährungen und<br />

die Regelbesteuerung optieren – Einkünften aus Kapitalvermögen,<br />

die dem normalen Tarif-<br />

also beantragen, dass die<br />

Besteuerung zum normalen steuersatz unterliegen – wie<br />

Tarifsteuersatz erfolgen soll). etwa Zinsen, die man für ein<br />

Laufende Einkünfte entstehen Privatdarlehen bekommt. Auch<br />

beispielsweise dann, wenn man mit Zuwendungen aus Privatstiftungen<br />

oder Zinsen aus<br />

Kryptowährungen Dritten leihweise<br />

überlässt und dafür ein Bankeinlagen ist kein Verlustausgleich<br />

möglich.<br />

Entgelt erhält („Lending“). Auch<br />

beim „Mining“ von Kryptowährungen<br />

werden laufende<br />

Betriebsvermögen, kommt der<br />

Hält man Kryptowährungen im<br />

Einkünfte erzielt.<br />

Sondersteuersatz ebenfalls zur<br />

Es gibt aber auch Zuflüsse, die Anwendung – genauso wie es<br />

steuerlich nicht als laufende etwa auch bei Aktien der Fall ist.<br />

Einkünfte gelten – zum Beispiel, Dies gilt laut BMF jedoch nicht,<br />

wenn man Kryptowährungen wenn die Erzielung von<br />

unentgeltlich („Airdrops“) oder Einkünften aus Kryptowährungen<br />

einen Schwerpunkt der<br />

als „Belohnung“ etwa im<br />

Rahmen von Werbekampagnen betrieblichen Tätigkeit darstellt.<br />

(„Bounties“) erhält. Dann (und Wer den Handel mit Kryptowährungen<br />

oder das Mining<br />

in bestimmten weiteren Sonderfällen:<br />

„Staking“, „Hardfork“) gewerblich betreibt, muss die<br />

erfolgt zum Zeitpunkt des<br />

damit erzielten Einkünfte mit<br />

Zuflusses keine Besteuerung. dem progressiven Tarifsteuersatz<br />

Dafür sind aber die Anschaf-<br />

versteuern.<br />

88 PRIVATE<br />

BANKING


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ETP-Emittent für digitale<br />

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21Shares verwaltet seit April <strong>2022</strong> mehr als<br />

zwei Milliarden Dollar in23Kryptowährungs-ETPs<br />

und 130 Notierungen. Darunter befinden sich<br />

das weltweit einzige ETP-Produkt auf Binance,<br />

vier Krypto Baskets und mit Tezos und Solana zwei<br />

ETPs, bei denen Anleger Staking-Erträge genieren<br />

können. Die Produkte von 21Shares sind an<br />

elf regulierten europäischen und<br />

schweizerischen Handelsplätzen notiert.<br />

21shares.com/research<br />

twitter.com/21shares<br />

linkedin.com/company/21shares<br />

Dies stellt weder ein Angebot von Dienstleistungen oder Wertpapieren durch die 21Shares AG, und/oder seinen verbundenen<br />

Unternehmen, noch eine Aufforderung zum Kauf von Bitcoin oder anderen Krypto-Assets oder deren Derivaten dar.


Cartoon<br />

CARTOON: KATHARINA GREVE<br />

90 PRIVATE<br />

BANKING


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