Versicherungen in der Jugendarbeit ljr - VCP Land Niedersachsen
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2Aufsichtspflicht<br />
Für die <strong>Jugendarbeit</strong> von wesentlicher Bedeutung ist die Vorschrift des BGB über die<br />
„Aufsichtspflicht”, § 832 BGB.<br />
Wer kraft Gesetzes (z.B. weil er die elterliche Sorge besitzt) o<strong>der</strong> vertraglich<br />
(Sozialarbeiter, Heimleiter, Jugendgruppenleiter) zur Aufsicht über e<strong>in</strong>en M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen<br />
verpflichtet ist, muß im Falle e<strong>in</strong>er Aufsichtspflichtverletzung Schadenersatz leisten.<br />
Für die <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Jugendarbeit</strong> tätigen Personen kommt <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>e vertragliche<br />
Aufsichtspflicht <strong>in</strong> Frage.<br />
E<strong>in</strong> <strong>der</strong>artiger Vertrag muß nicht schriftlich geschlossen werden. Es genügt schon e<strong>in</strong><br />
sogenanntes „stillschweigendes Handeln”, d.h. e<strong>in</strong> Verhalten, das auf die Übertragung<br />
<strong>der</strong> Aufsichtspflicht schließen läßt. Ausreichend wäre z.B. die Tatsache, daß Eltern ihre<br />
m<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>er Gruppenstunde schicken.<br />
Aus diesem Verhalten ist rechtlich erkennbar, daß <strong>der</strong> Wille <strong>der</strong> Erziehungsberechtigten<br />
zur Übertragung <strong>der</strong> Aufsichtspflicht besteht, und an<strong>der</strong>erseits besteht auch bei den<br />
Mitarbeiter-<strong>in</strong>ne-n <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jugendzentrum o<strong>der</strong> den Gruppenleitern-<strong>in</strong>ne-n bei<br />
Jugendfahrten bzw. bei dem jeweiligen Veranstalter <strong>der</strong> Wille zur Übernahme <strong>der</strong><br />
Aufsichtspflicht.<br />
Die Schriftform des Vertrages ist wichtig für Beweiszwecke. Gerade deshalb ist es aber<br />
empfehlenswert, die schriftliche Zustimmung <strong>der</strong> Erziehungsberechtigten zum<br />
Aufenthalt an bestimmten Orten o<strong>der</strong> zur Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen<br />
e<strong>in</strong>zuholen.<br />
Zum Inhalt <strong>der</strong> Aufsichtspflicht gehört<br />
1. die Aufgabe, den M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen vor Schäden je<strong>der</strong> Art, körperlicher,<br />
gesundheitlicher, sittlicher, geistiger, seelischer sowie Sachschäden zu bewahren, die<br />
ihm durch Dritte o<strong>der</strong> durch sich selbst entstehen können;<br />
2. ihn daran zu h<strong>in</strong><strong>der</strong>n, Dritte zu schädigen.<br />
Der Umfang <strong>der</strong> Aufsichtspflicht richtet sich<br />
1. nach <strong>der</strong> Individualität des Aufsichtsbedürftigen, d.h. se<strong>in</strong>em Alter, se<strong>in</strong>em<br />
Entwicklungsstand und sonstigen Eigenschaften;<br />
2. nach sonstigen Umständen, z.B. <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Veranstaltung – ob man e<strong>in</strong>e<br />
Tischtennisveranstaltung durchführt o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Boxwettbewerb, ob man <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
öffentliches Schwimmbad geht o<strong>der</strong> an e<strong>in</strong>em See badet, auf e<strong>in</strong>er verkehrsreichen<br />
Straße fährt o<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>em Wiesenweg.<br />
E<strong>in</strong> Aufsichtspflichtiger sollte sich folgende Fragen stellen: Habe ich alles getan, was<br />
zum Schutz des betreffenden M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen erfor<strong>der</strong>lich und den Umständen nach<br />
mir zumutbar ist? Habe ich alles getan, was nach vernünftigen, verstandesmäßigen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen im E<strong>in</strong>zelfall unternommen werden muß, um Schaden zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n?<br />
H<strong>in</strong>ter dieser allgeme<strong>in</strong>en Formulierung stehen nach <strong>der</strong> Rechtsprechung folgende<br />
For<strong>der</strong>ungen:<br />
1. E<strong>in</strong>e Informationspflicht <strong>der</strong> Aufsichtspersonen bzgl. aller relevanten Umstände;<br />
2. E<strong>in</strong>e Verpflichtung, die Jugendlichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> ihnen gemäßen Weise, d.h. verständlich,<br />
auf Gefahren h<strong>in</strong>zuweisen und vor falschem Verhalten zu warnen;<br />
3. die Rechtsprechung for<strong>der</strong>t weiterh<strong>in</strong>, daß <strong>der</strong> Aufsichtspflichtige sich vergewissert,<br />
ob se<strong>in</strong>e Belehrungen und Ermahnungen verstanden worden s<strong>in</strong>d und befolgt werden.<br />
Er muß Konsequenzen erkennen lassen, wenn weiterh<strong>in</strong> Mahnungen nicht beachtet<br />
werden;<br />
4. <strong>der</strong> Aufsichtspflichtige muß von Fall zu Fall e<strong>in</strong>greifen, d.h. u.U. e<strong>in</strong>en Jugendlichen<br />
nach entsprechenden Vorkehrungen nach Hause schicken (schlimmster Fall!).