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NOTIZEN<br />
Meisterwerke<br />
(wieder-)entdecken!<br />
Vor ein paar Jahren berechnete Google, wie viele verschiedene Bücher es weltweit gibt.<br />
Das Ergebnis: fast 130 Millionen! Laut Unesco kommen täglich rund 5000 Neuerscheinungen<br />
hinzu. Die allermeisten Titel werden eher früher als später vergessen gehen. Es gibt<br />
aber solche, die aus diesem Ozean an Büchern immer wieder an die Oberfläche treiben –<br />
auch deshalb, weil sie wieder und wieder neu aufgelegt werden. Drei aktuelle Beispiele.<br />
«Schöne neue Welt» von Aldous Huxley ist ein Dau erbrenner unter<br />
den Dystopien und wird alle paar Jahre wieder frisch herausgebracht<br />
– diesmal als Graphic Novel. Der Londoner Fred Fordham,<br />
der bereits «Der grosse Gatsby» und «Wer die Nachtigall stört» als<br />
Comic umsetzte, hat Huxleys düstere Geschichte in ein aktuelles<br />
Gewand gekleidet. Und er zeigt damit ziemlich eindrücklich, wie<br />
sehr unser Alltag mittlerweile der schönen neuen Welt aus dem<br />
Roman von 1932 ähnelt.<br />
BLAUE FLECKEN<br />
AUF DER SEELE<br />
Françoise Sagan<br />
144 Seiten, CHF 28.90<br />
Wagenbach<br />
SCHÖNE<br />
NEUE WELT<br />
Aldous Huxley, Fred<br />
Fordham<br />
240 Seiten, CHF 39.90<br />
Knesebeck<br />
Eine ganz andere literarische Perle, die sich gegenwärtig<br />
zur (Wieder-)Entdeckung anbietet, ist «Blaue<br />
Flecken auf der Seele», der neunte, 1972 erstmals<br />
erschienene Roman von Françoise Sagan. Ihre<br />
Karriere als eine der erfolgreichsten Autorinnen<br />
Frankreichs startete Françoise Sagan mit 17 Jahren<br />
fulminant mit dem damals skandal trächtigen<br />
Roman «Bonjour tristesse». In «Blaue Flecken auf<br />
der Seele» lässt sie zwei Figuren aus ihrem ersten<br />
Theaterstück «Ein Schloss in Schweden» wieder<br />
aufleben: die Geschwister Sébastien und Eléonore.<br />
Sie sind Nichtstuer und lassen sich aushalten, doch<br />
jetzt, mit rund 40 Jahren, fällt es ihnen immer<br />
schwerer, willige Sponsoren zu finden. Françoise<br />
Sagan durchsetzt ihren doppelbödigen Roman mit<br />
Betrachtungen der Welt, der Erotik, ja des Lebens<br />
schlechthin – und das ist weiterhin derart lesbar, dass<br />
Wagenbach den lang vergriffenen Roman neu<br />
herausgebracht hat.<br />
© Illustration: Aldous Huxley, Fred Fordham / Knesebeck<br />
Und gleich noch ein<br />
Buch sollte man wieder<br />
einmal – oder jetzt mal<br />
endlich! – zur Hand<br />
nehmen: «Lord Jim»<br />
von Joseph Conrad. Der<br />
1857 in der heutigen<br />
Ukraine geborene Autor<br />
war Schiffskapitän;<br />
Erlebnisse im Kongo<br />
machten ihn zum<br />
Schriftsteller, der die<br />
Schrecken des Kolonialismus<br />
anprangerte.<br />
Seine Erzählung «Herz<br />
der Finsternis» diente<br />
als Vorlage für den<br />
Filmklassiker «Apocalypse<br />
Now». Im Jahr<br />
1900 veröffentlichte<br />
Conrad den zweiteiligen<br />
Roman «Lord Jim», der<br />
einer seiner grössten<br />
Erfolge wurde. Der erste<br />
Teil erzählt aus psy -<br />
chologischer Warte von<br />
Jims moralischen<br />
Fehlern an Bord eines<br />
Pilgerschiffs, der zweite<br />
Teil ist eine Abenteuergeschichte<br />
über Jims<br />
Aufstieg und Fall. Das<br />
raffiniert verschachtelte<br />
und nie ganz enträtselte<br />
Porträt eines Seemanns<br />
gilt als Schlüsselwerk<br />
der englischsprachigen<br />
Literatur. Hanser hat es<br />
von Meisterübersetzer<br />
Michael Walter neu ins<br />
Deutsche übertragen<br />
lassen.<br />
LORD JIM<br />
Joseph Conrad<br />
640 Seiten, CHF 49.90<br />
Hanser<br />
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