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Wolfgang Ratzmann: Andacht verstehen und gestalten (Leseprobe)

Im Gemeindeleben spielen nicht nur die liturgisch geprägten Sonn- und Festtagsgottesdienste eine Rolle, sondern auch vielfältige Formen von Andachten. Durch ihre Flexibilität eignen sie sich für Zusammenkünfte in kleinen Gruppen ebenso wie für offene Gottesdienste, die mit liturgisch ungeübten Teilnehmenden rechnen. Dennoch spielen Andachten als Lehrgegenstand in der Ausbildung für kirchliche Mitarbeitende oft nur eine Nebenrolle, und es gibt kaum Literatur, die ihnen oder anderen Interessierten Hinweise zum Verständnis von Andacht und zu ihrer praktischen Gestaltung geben würde. Diesem Mangel versucht das vorliegende Buch zu begegnen. Der erste Teil führt in Geschichte, Sinn und Bedeutung der Andacht ein. Im zweiten Teil werden vielfältige praktische Hinweise zur inhaltlichen und formalen Gestaltung von Andachten gegeben. Dabei spielen klassische Andachtsformate ebenso eine Rolle wie einzelne Versuche, auch unter den besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie Andacht zu halten.

Im Gemeindeleben spielen nicht nur die liturgisch geprägten Sonn- und Festtagsgottesdienste eine Rolle, sondern auch vielfältige Formen von Andachten. Durch ihre Flexibilität eignen sie sich für Zusammenkünfte in kleinen Gruppen ebenso wie für offene Gottesdienste, die mit liturgisch ungeübten Teilnehmenden rechnen. Dennoch spielen Andachten als Lehrgegenstand in der Ausbildung für kirchliche Mitarbeitende oft nur eine Nebenrolle, und es gibt kaum Literatur, die ihnen oder anderen Interessierten Hinweise zum Verständnis von Andacht und zu ihrer praktischen Gestaltung geben würde.
Diesem Mangel versucht das vorliegende Buch zu begegnen. Der erste Teil führt in Geschichte, Sinn und Bedeutung der Andacht ein. Im zweiten Teil werden vielfältige praktische Hinweise zur inhaltlichen und formalen Gestaltung von Andachten gegeben. Dabei spielen klassische Andachtsformate ebenso eine Rolle wie einzelne Versuche, auch unter den besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie Andacht zu halten.

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anspricht. Das können durchaus fremde, anfänglich zunächst<br />

störende Zeichen, Texte oder Riten sein. Aber sie<br />

müssen eine Botschaft transportieren, die uns heute zu erreichen<br />

vermag.<br />

Bei solcher »Schatzsuche« in Sachen <strong>Andacht</strong> stehen wir<br />

nicht nur vor dem hermeneutischen Problem der Autorität<br />

von Überlieferung für den Glauben, sondern zugleich auch<br />

vor methodischen Schwierigkeiten. <strong>Andacht</strong>sgeschichte ist –<br />

wenn wir von der dritten Bedeutung des Begriffs <strong>Andacht</strong><br />

ausgehen – Frömmigkeitsgeschichte. Diese ist aber von der<br />

klassischen Kirchenhistoriographie lange Zeit vernachlässigt<br />

worden. Sie hat Kirchengeschichte weithin als Theologiegeschichte,<br />

als Geschichte theologischer Lehre verstanden, wie<br />

sie in Konzilstexten, Schriften der theologischen Autoritäten<br />

<strong>und</strong> kirchlichen Dokumenten zum Ausdruck gekommen ist.<br />

Erst seit den 1980er Jahren hat sie begonnen, sich stärker dem<br />

gelebten Christentum der kleinen Leute zuzuwenden. 2 So<br />

liegen inzwischen viele Einzelstudien, aber auch wichtige<br />

Sammelwerke vor, die jeweils historische Überblicke zur Geschichte<br />

der christlichen Frömmigkeit in bestimmten Epochen<br />

geben. Ein konzentrierter historischer Abriss zur gestalteten<br />

Form der <strong>Andacht</strong> in Haus <strong>und</strong> Gemeinde fehlt aber<br />

noch immer. 3 Deshalb möchte ich hier exemplarisch einige<br />

wichtige Stationen dieser praxis pietatis notieren. Dabei liegt<br />

mein Hauptaugenmerk auf der Frömmigkeitsgeschichte der<br />

evangelischen deutschsprachigen Christenheit <strong>und</strong> weniger<br />

auf der Entwicklung in anderen Konfessionen. Bei diesem<br />

kleinen historischen Überblick leitet mich primär ein praktisch-theologisches<br />

Interesse. Deshalb sind mir – soweit sie<br />

erkennbar werden – die Erfahrungen wichtig, aus denen heraus<br />

die jeweiligen historischen Mentalitäten <strong>und</strong> Gestaltungsformen<br />

der Mütter <strong>und</strong> Väter im Glauben verstanden werden<br />

können. Außerdem möchte ich besonders aufmerksam deren<br />

2<br />

Vgl. dazu Jaspert, Frömmigkeit <strong>und</strong> Kirchengeschichte, bes. 25ff.<br />

3<br />

Vgl. aber: Geschichte der christlichen Spiritualität, Bd. 1–3. Die ganze Vielfalt<br />

der Historie evangelischer Spiritualität wird im Handbuch Evangelische Spiritualität,<br />

Bd. 1: Geschichte, dargestellt; vgl. außerdem Hölscher, Geschichte der<br />

protestantischen Frömmigkeit in Deutschland.<br />

30 | <strong>Andacht</strong> <strong>verstehen</strong>

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