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Hans Schneider (Hrsg. von Wolfgang Breul | Lothar Vogel): Gesammelte Aufsätze II (Leseprobe)

Dieser Band vereint die Forschungsbeiträge von Hans Schneider zu Martin Luther und dem Augustiner-Eremitenorden. Schneiders Studien gehen aus von einer gründlichen Sichtung der Quellen zu Luthers Romreise. Dies führt nicht nur zu einer neuen Datierung, sondern auch zu einer anderen Einordnung der Reise in den Konflikt um die Ordenspolitik des Johann von Staupitz und die Ordensobservanz. Hinzu kommen Untersuchungen zur Auseinandersetzung um den Ablass nach der Veröffentlichung der 95 Thesen, zur Heidelberger Disputation vom April 1518 und zur Augsburger Konfrontation Luthers mit Kardinal Cajetan vom Oktober 1518. Damit werden zentrale Ereignisse der frühen Reformationsgeschichte aus der Perspektive von Luthers Ordenszugehörigkeit neu beleuchtet. Mehrere Beiträge widmen sich zudem verschiedenen Ordensgenossen Luthers, die anschließend als seine Anhänger oder Gegner in Erscheinung traten. Schneiders intensive Quellenarbeit eröffnet neue Perspektiven auf die Anfänge der Reformation.

Dieser Band vereint die Forschungsbeiträge von Hans Schneider zu Martin Luther und dem Augustiner-Eremitenorden. Schneiders Studien gehen aus von einer gründlichen Sichtung der Quellen zu Luthers Romreise. Dies führt nicht nur zu einer neuen Datierung, sondern auch zu einer anderen Einordnung der Reise in den Konflikt um die Ordenspolitik des Johann von Staupitz und die Ordensobservanz.
Hinzu kommen Untersuchungen zur Auseinandersetzung um den Ablass nach der Veröffentlichung der 95 Thesen, zur Heidelberger Disputation vom April 1518 und zur Augsburger Konfrontation Luthers mit Kardinal Cajetan vom Oktober 1518. Damit werden zentrale Ereignisse der frühen Reformationsgeschichte aus der Perspektive von Luthers Ordenszugehörigkeit neu beleuchtet. Mehrere Beiträge widmen sich zudem verschiedenen Ordensgenossen Luthers, die anschließend als seine Anhänger oder Gegner in Erscheinung traten. Schneiders intensive Quellenarbeit eröffnet neue Perspektiven auf die Anfänge der Reformation.

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130<br />

Martin Luthers Reise nach Rom – neu datiert und neu gedeutet<br />

Auswertung seiner rückblickenden Aussagen gilt es daher, mit unseren Erwartungen,<br />

was Luther hätte erwähnen müssen, und folglich mit Argumenten e<br />

silentio besonders vorsichtig umzugehen.<br />

Aber es fehlen nicht nur genauere Aussagen Luthers zum Hintergrund seiner<br />

Reise, sondern auch die Ordensüberlieferung über die hier in Rede stehenden<br />

Vorgänge ist äußerst dürftig. 12 Bis vor kurzem waren aus keinem deutschen<br />

Augustinereremiten-Konvent Quellen über jene Auseinandersetzungen im Orden<br />

bekannt, die den Anlass für Luthers Romreise bildeten. Zumal in den evangelisch<br />

gewordenen Gebieten sind große Teile der Klosterarchive als nunmehr<br />

unnütze Relikte der »papistischen« Zeit entsorgt oder bestenfalls, wenn es sich<br />

etwa um Pergamenturkunden handelte, als Bucheinbände o. ä. einer neuen Verwendung<br />

zugeführt worden. Meist wurden nur solche Quellen, die weiterhin <strong>von</strong><br />

juristischer oder ökonomischer Relevanz waren, weiter aufbewahrt. Diese<br />

schmerzlichen Quellenverluste betreffen in besonderem Maße die ehemaligen<br />

Klöster der Augustinereremiten, da sich sowohl die sächsische Ordensprovinz<br />

als auch die observante Reformkongregation infolge der Reformation auflösten.<br />

Auch die Quellenlage in der römischen Ordenszentrale erweist sich als weniger<br />

ergiebig, als man erhoffen könnte. Die Manualregister des Ordensgenerals<br />

13 , also die »Amtstagebücher« mit Kurzregesten der ausgehenden Schreiben<br />

sowie tagebuchartigen Notizen über empfangene Besucher, gehaltene Predigten<br />

und andere Ereignisse, sind gerade für den uns besonders interessierenden Zeitraum<br />

<strong>von</strong> Ende 1510 bis 1512 verloren; es existieren nur fragmentarische Kopien<br />

und Auszüge, die im Einzelnen nicht fehlerfrei zu sein scheinen. Weitere<br />

Quellen (etwa Korrespondenzen) zu dieser Angelegenheit haben sich im Generalarchiv<br />

des Ordens nicht erhalten. Wichtige Dokumente über die Ordenspolitik<br />

wie auch zur frühen Reformationsgeschichte dürfte der Nachlass des Generalvikars<br />

der deutschen Reformkongregation der Augustinereremiten, der<br />

Schlüsselfigur des Ordenskonflikts, Johann <strong>von</strong> Staupitz, enthalten haben; diese<br />

Papiere ließ der Benediktinerabt Martin <strong>von</strong> St. Peter in Salzburg leider im Jahre<br />

1584 verbrennen. 14<br />

12<br />

Die Behauptung, Luthers Romreise werde »in unterschiedlichen Dokumenten seitens der<br />

Kurie und des Ordens erwähnt« (Battafarano, Luthers Romreise [wie Anm. 4], 214; vgl.<br />

auch 215 »den Ordens- und Kuriendokumenten«), trifft leider nicht zu. Schön wär’s!<br />

13<br />

Zur Registerüberlieferung vgl. Alphons Viktor Müller, Der Augustinerobservantismus<br />

und die Kritik und Psychologie Luthers, in: ARG 18 (1921), 1---35; Hubert Jedin,<br />

Die römischen Augustinerquellen zu Luthers Frühzeit, in: ARG 25 (1928), 256---270;<br />

Francis Xaver Martin, The Registers of Giles of Viterbo. A Source on the Reform before<br />

the Reformation, 1506---1518, in: Aug(L) 12 (1962), 142---160; ders., The registers of Giles<br />

of Viterbo. Their recovery, reconstruction and editing, in: Egidio da Viterbo, O.S.A. e il<br />

suo tempo (SAH 8), Rom 1983, 43---52. Inzwischen liegt eine kritische Edition vor: Albericus<br />

de Meijer (<strong>Hrsg</strong>.), Aegidii Viterbiensis O.S.A. Resgestae Generalatus, Bd. 1:<br />

1506---1514, Rom 1988.<br />

14<br />

<strong>Wolfgang</strong> Günter, Johann <strong>von</strong> Staupitz (ca. 1468---1524), in: Erwin Iserloh (<strong>Hrsg</strong>.),<br />

Katholische Theologen der Reformationszeit, Bd. 5, Münster 1988, 11---31, hier 28.

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