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Mariusz Horanin Dissertation_SUB

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Von den 25 bis zum Jahre 1550 nachweisbaren Doktoren aus Augsburg wurden insgesamt 12

in den italienischen Städten Bologna, Ferrara, Padua, Perugia und Siena, sowie je einer in

Ingolstadt und Avignon promoviert. Für die übrigen 11 Mediziner lassen sich solche Angaben

nicht ermitteln. Eine derartige Auswahl von Studienorten unter den Augsburger Medizinern

ist in diesem Kontext von größter Bedeutung, da die norditalienischen Städte als Vorreiter der

institutionellen Pestbewältigung in Europa galten 549 . Schon im 15. Jahrhundert wurden in

vielen norditalienischen Städten Vorsorge- und Bekämpfungsmaßnahmen von den

Obrigkeiten verordnet, denen jeweils die Erkenntnisse der damaligen medizinischen Pestlehre

zugrunde lagen. In Venedig gründete man auf den anliegenden Inseln in der Lagune das erste

dauerhaft existierende Pesthospital in Europa: 1423 das Lazaretto Vecchio für die Kranken

und im Jahr 1468 das Lazaretto Nuovo als Quarantänestation für Pestverdächtige aus der

Stadt und für ankommende Kaufleute und Waren aus infizierten Gebieten. In Mailand wurde

dagegen zwischen 1468 und 1488 ein geräumiges Pesthospital eingerichtet, das in vier

spezielle Abteilungen für Kranke, Krankheitsverdächtige, Rekonvaleszente und

Krankenpersonal untergliedert war. Diese Hospitaleinrichtungen sowie andere obrigkeitliche

Pestverordnungen in Venedig und Mailand waren ein Vorbild für die Organisation der

entsprechenden Maßnahmen in anderen norditalienischen Städten.

Im deutschsprachigen Raum setzte dagegen die medizinisch geprägte Pestpolitik der Städte

grundsätzlich erst am Ende des 15 Jahrhunderts ein 550 . Als ein allgemeiner Nachweis dafür

können vor allem die ersten Quellenangaben über die Einrichtungen für die Pestkranken

herangezogen werden. Abgesehen von einigen kleinen Häusern in Aachen (zweite Hälfte des

14. Jahrhunderts) und in Wien (erste Hälfte des 15. Jahrhunderts) sind die ersten Pesthäuser

erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in größerer Anzahl nachweisbar:

Braunschweig (1473), Münster (1475), Augsburg (1494), Frankfurt/M. (1494), Celle (1495),

Überlingen (1498) und Warendorf (Ende des 15. Jahrhunderts). Nach der Klassifikation von

Otto Ulbricht sind dabei zwei Typen solcher Institutionen zu unterscheiden 551 :

1. „Pesthäuser“: kleine Gebäude, meistens innerhalb der Stadt und in mitten anderer Häuser

gelegen, die zur Unterbringung der Pestkranken während der Epidemien ausgestattet bzw.

umgestaltet wurden;

549 PALMER, The Control, S. 183-194; DINGES, Süd-Nord-Gefälle; RODENWALDT, Gesundheitsgesetzgebung;

DERS., Pest in Venedig.

550 ULBRICHT, Pesthospitäler, S. 96-103; DINGES, Süd-Nord-Gefälle, S. 29-30.

551 Diese Klassifikation basiert nicht auf den zeitgenössischen Quellenbezeichnungen, sondern berücksichtigt

ausschließlich die jeweilige Organisation der Einrichtungen für die Pestkranken.

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