Mariusz Horanin Dissertation_SUB
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Pfarrkirchen veranstaltet. Allen Gläubigen, die diesen Andachten beiwohnten, erlaubte der
Bischof, Ablässe zu erteilen. Die Pest in Augsburg dauerte bis zum Jahr 1467 an, worüber
eine kurze Angabe in der Chronik von Gasser informiert 132 .
Über die zwei nächsten Pestepidemien in Augsburg lassen sich auβer den allgemeinen
Angaben keine Details finden. Für das Jahr 1473 erwähnt Paul von Stetten eine Pestseuche in
der Reichstadt 133 . Nach der Chronik von Clemens Sender regierte die Pest auch 1483 im
ganzen Schwabenland 134 . Ob Augsburg ebenfalls davon betroffen war, kann nicht mit
Gewissheit gesagt werden 135 .
3. Grundzüge der Pestwahrnehmung und -bewältigung im Spätmittelalter
Aufgrund der chronikalischen Aufzeichnungen lässt sich trotz ihrer zumeist kurzen
Darstellungsform und allgemeinen Aussagekraft ein generelles Bild der Pestwahrnehmung
und -bewältigung im spätmittelalterlichen Augsburg zusammenstellen. Zum Ersten fällt die
fundamentale Rolle des religiösen Diskurses auf, der die zeitgenössische Wahrnehmung
damals am stärksten steuerte. Die Pest wurde im Spätmittelalter vor allem als übernatürliche
Wirkungskraft Gottes erklärt, die nur durch den Einsatz religiöser Mittel abgewendet werden
konnte. Die zu diesem Zweck verrichteten Handlungen kann man sowohl auf der städtischen
wie auch auf der individuellen Ebene konstatieren, was auf die allgemeine Geltung dieser
Praktiken in der Augsburger Stadtgemeinde hinweist. Die Veranstaltung von Bittprozessionen
verbunden mit dem Zeigen und Herumtragen aller Heiltümer um die Stadt, die Lesung des
Evangeliums vor den Stadttoren, die Zelebrierung sogenannter Pestmessen 136 oder die
Errichtung frommer Stiftungen durch die Bürger bestätigen die fundamentale Bedeutung der
religiösen Pestbewältigung. Eine religiöse Ausprägung der individuellen Pestwahrnehmung
ist auch in den autobiographischen Aufzeichnungen von Burghard Zink festzustellen 137 .
Während seiner Pesterkrankung empfing er die heiligen Sakramente auf dem Krankenbett und
sah es ausschließlich als eine barmherzige Fügung Gottes an, dass er und seine schwangere
Frau wieder gesund wurden. Auch seine gottesfürchtigen Ausrufe im Kontext des
132 GASSER, Chronik, T. 2, S. 216.
133 STETTEN, Chronik, VII. 43. 212.
134 StChr, Bd. 23, S. 43.
135 Auf das Auftreten der Pest in Augsburg in den Jahren 1473 und 1483 können auch die Ausgaben von
Pestdrucken in dieser Zeit hinweisen, siehe S. 51 und 58-59.
136 Ein lateinischer Text der Pestmesse Recordare aus dem letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts in der Diözese
Augsburg ediert in: ESSER, Pest, S. 363-389.
137 StChr, Bd. 5, S. 137.
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