INKLUSIV 03/2022
COVER-STORY: Evelyn Brezina SENSIBILISIERUNGSTAGE im Parlament 60 JAHRE ÖZIV BUNDESVERBAND: Geburtstage und Aktionstag
COVER-STORY: Evelyn Brezina
SENSIBILISIERUNGSTAGE im Parlament
60 JAHRE ÖZIV BUNDESVERBAND: Geburtstage und Aktionstag
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ÖZIV // Coverstory
„SPONTANITÄT IST
LEBENSQUALITÄT!“
SocialMedia-Influencerin und Bloggerin Evelyn Brezina
Text: Hansjörg Nagelschmidt • Fotos: Evelyn Brezina, Daniela Cakurdova
Auf den sozialen Medien – insbesondere
Instagram – ist Evelyn Brezina wohlbekannt.
So wurden „echte“ Medien auf
sie aufmerksam – darunter auch ÖZIV
INKLUSIV. Hansjörg Nagelschmidt traf sich
mit Evelyn Brezina an einem Hochsommer-Vormittag
im Gastgarten ihrer beider
Lieblingslokal in ihrem gemeinsamen Wohnbezirk.
Ihrem Instagram Account @vienna_wheelchair_
view folgen über 6.500 Personen – damit fällt
Evelyn Brezina wohl schon in die Kategorie
„Influencerin“. Vor rund 4 Jahren hat sie begonnen,
ihre Heimatstadt Wien „aus ihrer Perspektive“
auf ihrem Instagram-Account zu verewigen.
Ihre Perspektive bedeutet in Evelyns Fall
– wie der Name des Instagram-Kontos schon
verrät: aus dem Rollstuhl, den sie aufgrund der
Glasknochenkrankheit zur Fortbewegung nützt.
Dass sie eine derartige Followerzahl erreicht,
kommt nicht von ungefähr, denn Evelyn
Brezina betreibt ihren Auftritt „konsequent“,
wie sie sagt – und experimentiert gern mit
Blickwinkeln, da sie nur mit der linken Hand ihr
Handy bedienen kann. Dass Medien auf ihren
Instagram-Auftritt aufmerksam wurden, half
zusätzlich: so haben bereits etliche Print-Medien
über Evelyns Internet-Aktivitäten berichtet
– und der Radiosender Ö1 hat ein großes Feature
im Rahmen der „Hörbilder“ gestaltet, das
auch in New York in der Kategorie „Portraits“
einen Preis in „Silber“ abgeräumt“ hat.
„Normale“ Schul-Laufbahn in Wien
Der Weg zur „Influencerin“ war so nicht vorgezeichnet:
als Evelyn 1977 geboren wurde,
existierte das Internet noch nicht. Sie erlebte
eine „normale“ Kindheit, bis zu ihrem 6. Lebensjahr
fiel ihre Erkrankung nicht auf. Dann
kamen Schmerzen beim Gehen und mit 7 der
erste Oberschenkelbruch. Die Knochenbrüche
wurden häufiger (und komplizierter), es folgten
Operationen und eine fast endlose medizinische
Geschichte mit Fehlentscheidungen,
aber auch Erfolgen. Ihre Schulzeit absolvierte
sie mittels Unterstützung durch ihre Mutter,
Freunde und Mitschüler. In der nicht-barrierefreien
Volksschule im 9. Bezirk war es beispielsweise
der Schulwart, der Evelyn über die Stiege
zum Klassenzimmer trug.
Ihre Schul-Laufbahn in Wien wurde nur einmal
durch einen Aufenthalt auf der steirischen
Stolzalpe unterbrochen, wo sie die Krankenhausschule
(Evelyn: „gruselig“) besuchte.
1995 maturierte sie im Gymnasium in der
Glasergasse, ebenfalls im 9. Wiener Gemeindebezirk.
Ihren Traumberuf „Buchhändlerin“
hatte sie da aufgrund ihrer Erkrankung schon
gedanklich an den Nagel gehängt, ebenso ein
Studium („ich wollte meiner Mutter nicht länger
zur Last fallen“) – und so meldete sie sich
in der „Versicherungsberufsschule“ an. Letztendlich
konnte sie diese Ausbildung – unter
anderem aufgrund fehlender Barrierefreiheit –
nicht machen. „Danach hatte ich einen echten
Durchhänger.“, erinnert sich Evelyn.
www.oeziv.org INKLUSIV 7