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XPLR Magazin 03/2022

Liegt die Zukunft von Medien im Web3? Meetings, die im Metaverse stattfinden, Wallets, die eine Paywall ersetzen, und Artikel, die als NFT versteigert werden: Das Web3 hat das Potenzial, Abläufe, Arbeitsweisen und Geschäftsmodelle in der Medienbranche zu revolutionieren. Während manche noch über Sinn und Unsinn des neuen Internets diskutieren, haben andere Blockchain & Co. längst als Zukunftstechnologie akzeptiert. Vordenker:innen, Startups und etablierte Medienhäuser aus Bayern erproben schon jetzt Anwendungsfälle für die Branche. Tauche ein ins Web3 und entdecke im Heft mutige Innovator:innen, Einschätzungen von Expert:innen und inspirierende Cases.

Liegt die Zukunft von Medien im Web3?
Meetings, die im Metaverse stattfinden, Wallets, die eine Paywall ersetzen, und Artikel, die als NFT versteigert werden: Das Web3 hat das Potenzial, Abläufe, Arbeitsweisen und Geschäftsmodelle in der Medienbranche zu revolutionieren.
Während manche noch über Sinn und Unsinn des neuen Internets diskutieren, haben andere Blockchain & Co. längst als Zukunftstechnologie akzeptiert. Vordenker:innen, Startups und etablierte Medienhäuser aus Bayern erproben schon jetzt Anwendungsfälle für die Branche.
Tauche ein ins Web3 und entdecke im Heft mutige Innovator:innen, Einschätzungen von Expert:innen und inspirierende Cases.

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N o 3<br />

Media <strong>Magazin</strong>e<br />

MEDIEN<br />

IM WEB3<br />

CHANCEN, RISIKEN, CASES:<br />

WIE DIE MEDIENBRANCHE DAS NEUE<br />

INTERNET FÜR SICH NUTZEN KANN


EDITORIAL<br />

WAS IST EINE WALLET UND WOFÜR BRAUCHE ICH SIE?<br />

Servus<br />

wir sind:<br />

WAS BEDEUTET DER BEGRIFF WEB3?<br />

WAS SIND CHANCEN UND RISIKEN FÜR MEDIENUNTERNEHMEN?<br />

Wir zeigen dir Menschen, die die Medienwelt von morgen<br />

gestalten, informieren über relevante Trends und entdecken für<br />

dich innovative Medienunternehmen aus Bayern.<br />

Liegt die Zukunft von Medien im Web3?<br />

Meetings, die im Metaverse stattfinden, Wallets, die eine<br />

Paywall ersetzen, und Artikel, die als NFT versteigert werden:<br />

Das Web3 hat das Potenzial, Abläufe, Arbeitsweisen und<br />

Geschäftsmodelle in der Medienbranche zu revolutionieren.<br />

Während manche noch über Sinn und Unsinn des neuen<br />

Internets diskutieren, haben andere Blockchain & Co. längst als<br />

Zukunftstechnologie akzeptiert. Vordenker:innen,<br />

Startups und etablierte Medienhäuser aus Bayern erproben<br />

schon jetzt Anwendungsfälle für die Branche.<br />

Tauche ein ins Web3 und entdecke im Heft mutige<br />

Innovator:innen, Einschätzungen von Expert:innen und<br />

inspirierende Cases.<br />

COVERILLUSTRATION: TOBI FRANK, FOTOS: PRIVAT; DIESE SEITE: FOTO: ADOBE STOCK<br />

WIE GEHT MARKETING IM METAVERSE?<br />

JOIN<br />

THE<br />

INNOVATORS<br />

WELCHE PLAYER WERDEN IM WEB3 WICHTIG?<br />

GIBT ES NEUE MEDIEN IM WEB3?<br />

WIE KÖNNEN MEDIEN NFTS NUTZEN?<br />

2


INHALT<br />

„Eigentlich ist das Web3 wie ein<br />

Medikament für die Medienbranche.<br />

Sie ist die am wenigsten<br />

profitable Branche im Netz und<br />

hat jetzt die Chance, es völlig neu<br />

zu denken – weil die Regeln<br />

noch nicht festgeschrieben sind.“<br />

48<br />

WELL<br />

PLAYED<br />

CipSoft ruht sich nicht auf<br />

dem Erfolg seines Online-<br />

Rollenspiels „Tibia“ aus.<br />

30<br />

DIGITALES<br />

WUNDERKIND<br />

Noonoouri kann<br />

als virtuelle Influencerin<br />

Marken<br />

auf der ganzen<br />

Welt gleichzeitig<br />

vertreten.<br />

CHRISTIAN PFEIFFER,<br />

EXPERTE AUS DER WEB3-STUDIE<br />

02 EDITORIAL<br />

06 Q & A<br />

Wie gewinnen Medien den Kampf<br />

gegen Fakes? Verändert Haltung den<br />

Journalismus? Und was zeichnet preisgekrönte<br />

Podcasts aus? Medienschaffende<br />

geben Antworten.<br />

12 HERO STORIES<br />

12 A WHOLE NEW WORLD<br />

Dr. Annette Doms kennt die Möglich<br />

keiten von NFTs und zeigt auf, wie<br />

Medienschaffende die Technologie für<br />

sich nutzen können.<br />

18 FRAGEN ÜBER FRAGEN<br />

Das Reportage-Format „Die Frage“<br />

schreibt mit 360-Grad-Ansatz und<br />

intensivem Community-Management<br />

Erfolgsgeschichte.<br />

24 GANZ GROSSES KINO<br />

Ohne die Kameras von ARRI läuft in<br />

Hollywood nichts. Ein Blick hinter die<br />

Kulissen des Münchner Familienunternehmens.<br />

30 VIRTUELLE BOTSCHAFTERIN<br />

Noonoouri ist Deutschlands erfolgreichste<br />

virtuelle Influencerin. Ihr<br />

Schöpfer Jörg Zuber sieht sie bald auch<br />

im Metaverse.<br />

36 NEW PERSPECTIVES<br />

18<br />

NAH AN DER ZIELGRUPPE<br />

Frank Seibert und Lisa-Sophie Scheurell<br />

setzen bei „Die Frage“ auf tiefgründige<br />

Gespräche und Nahbarkeit.<br />

36 WEB3-STUDIE<br />

Welche Möglichkeiten eröffnet das<br />

Web3 Medienschaffenden?<br />

Expert:innen geben Antworten.<br />

42 USE-CASES IM WEB3<br />

Schon jetzt arbeiten bayerische Unternehmen<br />

an Projekten im Web3. Sechs<br />

Cases zeigen Perspektiven für die Medienbranche.<br />

48 HELLO FROM REGENSBURG Die<br />

Spieleschmiede CipSoft ist Studio des<br />

Jahres <strong>2022</strong> und geht mit Innovationsgeist<br />

und Verantwortungsbewusstsein<br />

in der Branche voran.<br />

52 UNTER DEM RADAR<br />

Diese neuen Player sollten Medienschaffende<br />

im Blick behalten: fünf<br />

bayerische Startups mit vielversprechenden<br />

Projekten.<br />

54 BLAUER PANTHER<br />

Der Bayerische Fernsehpreis will dem<br />

Wandel der TV- und Filmbranche gerecht<br />

werden – mit neuem Namen und<br />

einer umfassenden Digitalstrategie.<br />

56 POLIZEI IM METAVERSE?<br />

Mit dem Web3 entstehen auch neue<br />

Gefahren. Wer oder was kann für mehr<br />

Sicherheit im digitalen Raum sorgen?<br />

58 IMPRESSUM<br />

FOTOS: TANJA KERNWEISS, SEBASTIAN LOCK, JÖRG ZUBER STUDIO GMBH, FRITZ BECK, ARRI;<br />

ILLUSTRATION: 1E9 FÜR <strong>XPLR</strong>: MEDIA IN BAVARIA<br />

12<br />

DIE<br />

KUNST DES WEB3<br />

Für ihre virtuelle Ausstellung<br />

xcircle experimentiert<br />

Dr. Annette Doms mit der<br />

NFT-Technologie.<br />

24<br />

Web3-Studie:<br />

die Ergebnisse<br />

ab Seite 36<br />

DIE BLOCKBUSTER-MACHER:INNEN<br />

Wie sich ein bayerisches Familienunternehmen<br />

an die internationale<br />

Spitze setzen konnte.<br />

4 5


Q&A<br />

Q & A<br />

WELCHE THEMEN<br />

TREIBEN DIE<br />

MEDIENBRANCHE<br />

UM? UND WO<br />

LIEGEN DIE<br />

POTENZIALE VON<br />

MORGEN? HIER GIBT<br />

ES ANTWORTEN.<br />

WIE<br />

GEWINNEN<br />

WIR DEN<br />

KAMPF<br />

GEGEN<br />

FAKES?<br />

Die von Adobe ins Leben gerufene Content<br />

Authenticity Initiative will die Entstehungsgeschichte<br />

von Bildmaterial transparent<br />

und fälschungssicher machen. Stefanie<br />

Valdés-Scott, Head of Government Relations<br />

Central Europe bei Adobe, über einen<br />

neuen Standard gegen Fakes und Desinformation.<br />

FOTO: <strong>XPLR</strong>: MEDIA IN BAVARIA<br />

Adobe hat 2019 zusammen mit Twitter<br />

und der New York Times die Content<br />

Authenticity Initiative (CAI) gegründet.<br />

Inzwischen gehören ihr über 750<br />

Mitglieder an, darunter auch die dpa<br />

oder der „Stern“. Wofür setzt sich die<br />

Initiative ein?<br />

Wir wollen Menschen die Möglichkeit<br />

geben, die Herkunft und<br />

Bearbeitung von Bildern und Videos<br />

einfach nachprüfen zu können –<br />

transparent und fälschungssicher.<br />

Unser Ziel ist ein offener Standard,<br />

mit dem Medien, Journalist:innen,<br />

Künstler:innen und andere Kreative<br />

ihre audiovisuellen Arbeiten<br />

authentifizieren können. Wir wollen<br />

die Provenienz solcher Inhalte zweifelsfrei<br />

nachweisbar machen: Wer<br />

hat wann und wo das Foto oder das<br />

Video aufgenommen? Wie wurde es<br />

verändert?<br />

Sie setzen also auf Authentifizierung<br />

von Inhalten statt auf die Erkennung<br />

gefälschter Inhalte?<br />

Wenn Nutzer:innen sich informiert<br />

ein Bild machen können, ist das<br />

unserer Meinung nach der effektivste<br />

Weg, Fakes und Desinformation zu<br />

bekämpfen. Wenn wir Transparenz<br />

schaffen, können sie sich eine Mei-<br />

Q & A<br />

nung dazu bilden, was authentisch<br />

ist und was nicht – und bemerken<br />

auch, wenn ihnen diese Möglichkeit<br />

nicht gegeben wird. Erkennungstools<br />

sind wichtig, aber sie führen zu<br />

einem Wettlauf: Wenn ein KI-System<br />

Fakes erkennt, füttert es damit das<br />

lernende System, das Fakes erstellt<br />

und dann noch besser wird. Das ist<br />

ein Kampf gegen Windmühlen, der<br />

allein nicht die Antwort ist.<br />

Was ist erforderlich, damit Medien und<br />

Medienschaffende fälschungssichere<br />

Herkunfts- und Bearbeitungsnachweise<br />

nutzen können?<br />

Der technische Standard muss in<br />

ihren Systemen integriert werden.<br />

Bei Medien etwa im Content-<br />

Management-System. Wir wollen<br />

erreichen, dass der Provenienz-Nachweis<br />

an jeder Stelle der Wertschöpfungskette<br />

möglich ist. Schon beim<br />

Aufnehmen eines Fotos soll die<br />

Möglichkeit gegeben sein, per Opt-in<br />

die Metadaten anzuhängen, und das<br />

fälschungssicher. Denn momentan<br />

sind Metadaten an audiovisuellem<br />

Material leicht manipulierbar.<br />

Wie weit sind Sie bei der Umsetzung<br />

Ihrer Pläne?<br />

Es gibt eine erste Version des<br />

Standards. Wir als Adobe haben<br />

ihn mit dem Tool Content Credentials<br />

als Beta-Version in Photoshop<br />

integriert. Bei der Hardware – also<br />

Kameras oder Smartphones und den<br />

in ihnen genutzten Chips – wird es<br />

noch dauern, das flächendeckend<br />

umzusetzen. Aber wir haben bereits<br />

Prototypen und Case-Studies – und<br />

führende Chiphersteller wie Qualcomm<br />

gehören der CAI ebenfalls an.<br />

6<br />

Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A<br />

7


MARKETTE<br />

Q & A<br />

WIE GEWINNT MAN ALS<br />

SPORTJOURNALIST DEN<br />

DEUTSCHEN PODCAST PREIS?<br />

Q & A<br />

Für Max-Jacob Ost dauert ein Fußballspiel immer länger als 90 Minuten: Mit dem<br />

Sender Rasenfunk produziert er drei Fußball-Podcasts. Für die Biografie<br />

„11 Leben – die Welt von Uli Hoeneß“ erhielt er zweimal den Deutschen Podcast Preis.<br />

WARUM MACHT<br />

P7S1 SEINE NEWS<br />

WIEDER SELBST?<br />

Die Story von „11 Leben“ könnten Sie<br />

genauso gut in einem Buch erzählen.<br />

Warum haben Sie sich für das Format<br />

Podcast entschieden?<br />

Ein guter Freund produziert Podcasts<br />

und wollte mit mir arbeiten. Das<br />

Thema stand für mich fest: die Welt<br />

von Uli Hoeneß verstehen. Damit begann<br />

„11 Leben“. Podcasts eignen sich<br />

perfekt für Biografien. Man erreicht<br />

Hörer:innen anders als Leser:innen,<br />

man kann experimentieren. So konnte<br />

ich die chronologische Erzählweise<br />

mit aktuellen Geschichten aufbrechen<br />

und meine eigene Reise einflechten.<br />

Was ist das Besondere am Format<br />

von „11 Leben“?<br />

Wir haben viele Dinge neu arrangiert<br />

und auf keine Regeln Rücksicht<br />

genommen: sei es der Veröffentlichungsrhythmus,<br />

die Länge der<br />

Folgen oder die Anzahl der Gesprächspartner:innen.<br />

Im Lauf der<br />

Produktion haben wir gegen immer<br />

mehr Konventionen verstoßen. Das<br />

ist das Besondere an „11 Leben“: Wir<br />

haben gezeigt, dass sogar dreistündige<br />

Folgen von den Hörer:innen<br />

angenommen werden.<br />

Warum passen Sportjournalismus und<br />

Podcasts so gut zusammen?<br />

Ich weiß nicht, ob beides von Natur<br />

aus zusammenpasst. Der Rasenfunk<br />

ist zum Beispiel durch seine Länge<br />

von teils fünf Stunden eher sperrig,<br />

geht aber dafür in die Tiefe. Diesen<br />

detaillierten Blick kann die klassische<br />

Fußballberichterstattung nicht<br />

bieten. Bei Podcasts gibt es keine<br />

Grenzen. Wir entscheiden, wie wir<br />

eine Sendung gestalten.<br />

Corona, Krieg und Klimakrise – in Krisenzeiten ist für die ProSiebenSat.1 Media SE eine unabhängige Berichterstattung<br />

besonders wichtig. Deshalb übernehmen die Unterföhringer ab 2023 die Produktion aller Nachrichten wieder selbst. Sven<br />

Pietsch, Chefredakteur der Seven.One Entertainment Group, spricht über gesellschaftspolitische Verantwortung, crossmediale<br />

Ausspielung und das neue Mega-Studio: Dort sitzen bald TV-, Social-Media- und Online-Redaktion an einem Tisch.<br />

Warum holt ProSiebenSat.1 die komplette<br />

Nachrichtenproduktion wieder<br />

nach Unterföhring?<br />

Wir sind davon überzeugt, dass es eine<br />

journalistische und strategische Notwendigkeit<br />

ist, mehr Präsenz im Nachrichtlichen<br />

zu zeigen und mehr aus<br />

eigener Hand zu produzieren. Wir bündeln<br />

unsere Informationskompetenz<br />

und unser journalistisches Know-how<br />

noch stärker unter einem Dach. Das<br />

bietet uns völlig neue Möglichkeiten in<br />

der Berichterstattung: Wir können bei<br />

Bedarf schneller und flexibler agieren,<br />

zum Beispiel bei kurzfristigen Sondersendungen.<br />

Ein weiterer Vorteil ist die<br />

schnelle, crossmediale Ausspielung der<br />

Nachrichten über alle Plattformen.<br />

Was heißt das für die Arbeit der<br />

Redaktion?<br />

Eine Unterscheidung in TV und<br />

Digital wird es nicht mehr geben. Alle<br />

Kolleg:innen arbeiten Hand in Hand<br />

– egal, ob für die TV-Formate oder die<br />

digitale Ausspielung. In intensiven Vorbereitungen<br />

wurden Konzepte entwickelt<br />

und unterschiedlichste Szenarien<br />

und Optionen durchgespielt.<br />

Profitieren auch Nutzer:innen von<br />

News made in Unterföhring?<br />

Ja, denn damit setzen wir unsere<br />

Strategie konsequent fort, eigenen<br />

relevanten und lokalen Content<br />

auszubauen. Es ist eine gesellschaftspolitische<br />

Verantwortung, die wir in<br />

Zukunft noch stärker wahrnehmen<br />

wollen. Eine unabhängige aktuelle<br />

Berichterstattung ist in Zeiten von<br />

Fake News und algorithmischen Informationsflüssen<br />

wichtiger denn je.<br />

Im Herbst 2023 geht das neue Studio<br />

in Betrieb. Was erwartet die Zuschauer:innen?<br />

Die Nachrichtenformate von SAT.1,<br />

ProSieben und Kabel Eins werden<br />

dann in einem komplett neuen Setting<br />

on air gehen. Selbstverständlich<br />

wird das Studio auf dem neuesten<br />

Stand der Technik sein, voll automatisiert<br />

und mit modernstem Kameraund<br />

Studio-Equipment ausgestattet.<br />

Sie haben kein internationales Korrespondent:innen-Netz.<br />

Wie bekommen<br />

Sie Informationen und Bewegtbildmaterial<br />

aus erster Hand?<br />

Wir sind dabei, ein weltweites Netzwerk<br />

mit erfahrenen und etablierten<br />

Journalist:innen aufzubauen. Mit diesem<br />

freien Korrespondent:innen-Netz<br />

werden wir die wichtigsten Länder<br />

und Orte auf der Welt journalistisch<br />

abdecken können. Bei entsprechender<br />

Nachrichtenlage werden außerdem<br />

unsere eigenen Reporter:innen<br />

vor Ort berichten. Bewegtbildmaterial<br />

werden wir – wie generell in der<br />

Nachrichtenbranche üblich – auch<br />

von den großen Agenturen beziehen.<br />

FOTOS: SEVEN.ONE ENTERTAINMENT GROUP, HEIDI MAYER, PRIVAT<br />

WIE<br />

FUNKTIONIERT<br />

OPER AUF<br />

SOCIAL MEDIA?<br />

Die Bayerische Staatsoper will jüngere<br />

Menschen für Kultur begeistern – auch<br />

über soziale Netzwerke. Seit einem Jahr<br />

gibt es sie nun auch auf TikTok. Magdalena<br />

König, Managerin Online-Kommunikation,<br />

erklärt, wie Oper Social-Mediatauglich<br />

wird.<br />

Opern dauern meist lange, Social-Media-Inhalte<br />

sollten kurz und aktivierend<br />

sein. Wie geht das zusammen?<br />

Das ist tatsächlich eine Herausforderung,<br />

denn wir haben kein Produkt<br />

im herkömmlichen Sinne, sondern<br />

arbeiten mit Emotionen und<br />

einem Live-Erlebnis. Da braucht es<br />

einen Mittelweg: Inhalte vermitteln,<br />

aber kurz, gebündelt, hochwertig<br />

und spannend. Zum Beispiel mit<br />

Geschichten rund ums Haus oder<br />

einem Blick hinter die Kulissen.<br />

Mit welchem Kanal erreichen Sie junge<br />

Menschen am besten?<br />

Das funktioniert sehr gut mit unserem<br />

„U30 – Oper für 10 Euro“-Account<br />

auf Facebook und Instagram. Hier<br />

machen wir einer breiten jungen Zielgruppe<br />

das Thema Oper zugänglich.<br />

Jeden Monat gibt es auch 10-Euro-Tickets<br />

für den Folgemonat. Die Community<br />

ist sehr aktiv und wächst stetig.<br />

Kommen Ihre Follower:innen<br />

tatsächlich in die Oper?<br />

Ja, und das freut uns sehr! Mit Veranstaltungen<br />

wie dem „After Glow“,<br />

einem kostenlosen Umtrunk für die<br />

User:innen unter 30, die uns auf Facebook<br />

und Instagram folgen, verlängern<br />

wir die Online-Kommunikation<br />

in die Offline-Welt. So kommen wir<br />

mit den jungen Besucher:innen nach<br />

einer Vorstellung vor Ort ins Gespräch.<br />

Welche Aktion hat bisher die größte<br />

Aufmerksamkeit gebracht?<br />

Das Videoformat „Lift the Pitch“, das<br />

erklärt, wie Oper funktioniert, war<br />

sehr erfolgreich. Das haben wir im<br />

Juli parallel zu „Oper für alle“ realisiert.<br />

Sehr viel Aufmerksamkeit gebracht<br />

hat auch unser Video zum CSD München<br />

mit Dragqueens und -kings. Das<br />

wurde auf unseren Kanälen und auf<br />

der CSD-Parade gespielt.<br />

8<br />

Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A<br />

9


Q & A<br />

MARKETTE Q & A<br />

LIEGT DIE ZUKUNFT<br />

DES FILMS IN PENZING?<br />

Mit den Penzing Studios entsteht in Bayern ein Filmstudio, das als Pionier im Bereich<br />

Virtual Production vorangehen und dabei über 1.000 neue Arbeitsplätze schaffen will. Filmproduzent und<br />

Managing Partner Joe Neurauter verrät, wie das gelingen soll.<br />

war für mich klar, dass das eine Zäsur<br />

ist in der Art und Weise, wie Film und<br />

Fernsehen in Zukunft hergestellt<br />

Immer häufiger beziehen Medien Position und machen ihre Haltung zu bestimmten Themen deutlich.<br />

Woran liegt das? Und was passiert mit der journalistischen Neutralität? Medienethikerin Claudia Paganini und Markus Knall,<br />

Chefredakteur von Ippen Digital, im Gespräch.<br />

Ändert sich die Bedeutung von<br />

Objektivität im Journalismus durch<br />

die Digitalisierung?<br />

WIE WANDELT<br />

SICH HALTUNG<br />

IM JOURNALISMUS?<br />

Knall: Meiner Meinung nach wird<br />

Transparenz die neue Objektivität<br />

im Journalismus. Den Leser:innen<br />

ist bewusster, dass hinter jedem Text<br />

ein Individuum mit seiner persönlichen<br />

Wahrnehmung steht. Und<br />

Journalist:innen präsentieren sich<br />

und ihre Meinung immer offensiver<br />

in sozialen Netzwerken. In der Gesellschaft<br />

wird zunehmend Haltung<br />

eingefordert und die Leser:innen<br />

erleben, wie Influencer:innen die<br />

Vermarktung ihrer Subjektivität<br />

zum erfolgreichen Modell machen.<br />

Das färbt ab, und daher werden wir<br />

die Autor:innen in Zukunft noch viel<br />

deutlicher in ihren Texten spüren.<br />

Dann gilt aber auch: Sei transparent<br />

und mache klar, aus welcher Perspektive<br />

du berichtest.<br />

Wie ist es zu bewerten, wenn Journalist:innen<br />

ihre Haltung zeigen, indem<br />

sie an Demonstrationen teilnehmen<br />

oder sich an Kampagnen beteiligen?<br />

Knall: Trotz aller Transparenz: Journalist:innen<br />

sollten nie Aktivist:innen<br />

sein. Wenn sie sich öffentlich<br />

überengagieren, glauben ihnen die<br />

Leser:innen irgendwann den Versuch<br />

objektiver Berichterstattung nicht<br />

mehr. In Deutschland erwarten die<br />

Leser:innen von Journalist:innen<br />

immer noch ein hohes Maß an Neutralität.<br />

In totalitären Regimen kann<br />

die eindeutige Positionierung für<br />

Journalist:innen gefährlich werden.<br />

Kann man von Journalist:innen erwarten,<br />

dass sie ihre Freiheit riskieren, um<br />

Haltung zu zeigen?<br />

Paganini: Nein. Wir haben da<br />

immer noch diese starke Tradition<br />

einer Individualethik: Jede:r muss<br />

selbst wissen, was richtig ist.<br />

Aber eine Ethik, die nur den Einzelnen<br />

verantwortlich macht, greift<br />

zu kurz. Die Frage ist: Wie können<br />

Systeme geschaffen oder erhalten<br />

werden, in denen der einzelne<br />

Journalist, die einzelne Journalistin<br />

unabhängig und frei berichten<br />

kann? Guter Journalismus muss<br />

uns etwas wert sein.<br />

Knall: Mir macht Sorge, wenn<br />

Kolleg:innen sich nicht mehr trauen,<br />

ihre Meinung zu publizieren.<br />

Wir brauchen nicht Zurückhaltung,<br />

sondern müssen Kolleg:innen<br />

besser schützen. Das Problem<br />

in der digitalen Welt ist, dass wir<br />

Aggressor:innen oft nicht früh<br />

genug entgegentreten. Sie bekommen<br />

zu lange Raum, sodass sich<br />

Radikalität aufbauen kann.<br />

FOTOS: SEBASTIAN ARLT, JOE NEURAUTER, HYPERBOWL<br />

Warum braucht die Filmbranche ein<br />

neues Großprojekt wie die Penzing<br />

Studios?<br />

Größere Produktionen stellen in<br />

Bayern Anfragen, aber die Kapazitäten<br />

reichen nicht immer aus. Dem<br />

steht ein Content-Boom gegenüber,<br />

Stichwort Streaming-Wars: Es wird<br />

mehr audiovisueller Content als je<br />

zuvor produziert, Tendenz steigend.<br />

Die Streamer investieren dabei immer<br />

mehr in lokalen Content. Netflix<br />

hat im Dezember angekündigt, dass<br />

es in den nächsten drei Jahren 500<br />

Millionen Euro für deutsche Contentproduktionen<br />

ausgeben wird.<br />

Die Penzing Studios legen einen<br />

Schwerpunkt auf die digitale und virtuelle<br />

Produktion. Sieht so die Zukunft<br />

der Filmproduktion aus?<br />

Als ich gesehen habe, was Disney mit<br />

der neuen Virtual-Production-Technik<br />

bei „The Mandalorian“ gemacht hat,<br />

werden. Ich glaube fest daran, dass<br />

sich der Produktionsprozess in den<br />

nächsten drei bis fünf Jahren rasch in<br />

diese Richtung bewegen wird.<br />

Wie wird diese Technologie die Branche<br />

verändern?<br />

Es gibt kostenmäßig keinen Grund<br />

mehr, an Dutzenden verschiedenen<br />

Schauplätzen zu drehen. Nicht nur die<br />

LED-Technologie ist revolutionär. Auch<br />

die Tatsache, dass die digitalen Assets<br />

und Environments, die im Computer<br />

entstehen, nachnutzbar sind.<br />

Außerdem wird sich das Anforderungsprofil<br />

im Film verändern. Es<br />

wird weniger klassische Crew-Positionen<br />

geben. Die Nachfrage nach<br />

3-D-/2-D-Artists, die die Environments<br />

herstellen, wird dagegen steigen.<br />

Auch nach Software-Entwicklern, die<br />

Game-Engines wie „Unreal“ bedienen<br />

können. Wir wollen hier die führende<br />

Position in Deutschland einnehmen.<br />

Mit welchen modernen Technologien<br />

dürfen wir in Penzing noch rechnen?<br />

Es wird zu der Verschmelzung von<br />

audiovisuellen und Game-Techniken<br />

kommen. Weil die Basis der digitalen<br />

Environments, die bei Virtual Productions<br />

auf die LED-Panels gestreamt<br />

werden, Gaming-Assets sind. Die Gaming-Firmen<br />

beschäftigen genau das<br />

Personal, das für die neuen Prozesse<br />

in Film und Fernsehen benötigt wird.<br />

Wie wird die Innovation im Bereich<br />

Virtual Productions in der Branche aufgenommen?<br />

Wenn es Veränderungen und Disruptionen<br />

gibt, ist das bei vielen mit<br />

Angst verbunden, das wird vor der<br />

Filmbranche nicht haltmachen. Die<br />

Art der Arbeitsplätze wird sich verändern,<br />

aber die Arbeitsplätze werden<br />

nicht verschwinden. In unserer<br />

Branche sind technologische Entwicklungen<br />

zentral. Als der Tonfilm<br />

mal da war, ist man auch nicht mehr<br />

weitergekommen, wenn man weiterhin<br />

Stummfilm gemacht hat.<br />

Das erste Virtual-Production-Studio<br />

Europas,<br />

die Hyperbowl,<br />

ist <strong>2022</strong> in die Penzing<br />

Studios umgezogen.<br />

10<br />

Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A / Q & A<br />

11


HERO STORY<br />

Dr. Annette Doms,<br />

in einer Projektion<br />

des NFT-Kunstwerks<br />

„10sec2flw“ von<br />

Holger Lippmann<br />

(oben und unten);<br />

rechts die Installation<br />

der „Vortex“-Reihe<br />

von Betty Mü.<br />

WHOLE<br />

NEW<br />

FOTO RECHTS: XCIRCLE ® /BETTY MUE<br />

WORLD<br />

WEB3 UND METAVERSE ERÖFFNEN<br />

MEDIEN VIELFÄLTIGE MÖGLICHKEITEN.<br />

AUCH DIE KUNST ERFINDET<br />

SICH NEU UND EROBERT MIT DIGITALEN<br />

WERKEN DIE NFT-SZENE.<br />

DR. ANNETTE DOMS SIEHT DARIN EINE<br />

REVOLUTION, DIE DIE ART UND<br />

WEISE, WIE WIR DAS INTERNET NUTZEN,<br />

AUF DEN KOPF STELLEN WIRD.<br />

TEXT<br />

MARTIN<br />

HAASE<br />

FOTOS<br />

FRITZ BECK<br />

12 13


HERO STORY<br />

HERO STORY<br />

Annette Doms ist Kunsthistorikerin<br />

und Expertin<br />

für technologiebasierte<br />

Kunst. Sie ist Mitgründerin<br />

von xcircle, einer virtuellen<br />

Kunstausstellung. Doms kennt die Vorteile<br />

der Blockchain und klärt als Beraterin<br />

über den Einsatz von NFTs sowie die<br />

damit verbundenen Risiken auf.<br />

Frau Doms, die Medienbranche zerbricht<br />

sich gerade den Kopf über<br />

Sinn und Unsinn von NFTs. Wie stehen<br />

wir als Gesellschaft der neuen<br />

Technologie aktuell gegenüber?<br />

Ich schätze, 80 Prozent wissen nicht, was<br />

ein NFT ist. Einige Unternehmen überlegen<br />

allerdings schon, wie sie NFTs anwenden<br />

können. Ich bin mir sicher, dass<br />

das Web3 schnell kommt und das Web2<br />

auf lange Sicht ablöst. Früher oder später<br />

werden wir uns alle mit einer Wallet verbinden.<br />

Was braucht es, damit wir an diesen<br />

Punkt kommen?<br />

Im Moment ist noch sehr viel Bildungsarbeit<br />

notwendig, um die breite Masse zu<br />

erreichen. Es gibt auch viele Skeptiker, für<br />

die ist es Hype und Spekulation. Aber ich<br />

bin überzeugt, wenn man die Mechanismen<br />

versteht, erkennt man ein Riesenpotenzial.<br />

Wir haben es mit einer Revolution<br />

zu tun, dem nächsten technologischen<br />

Zyklus: Das Web3 bringt neue Möglichkeiten<br />

und verändert die Art und Weise,<br />

wie wir das Internet nutzen werden.<br />

NFTs sind noch jung, trotzdem<br />

werden sie heiß debattiert.<br />

Gab es in den letzten Jahren einen<br />

vergleichbaren Trend?<br />

Digitale Kunst gibt es bereits seit den<br />

1960er-Jahren. Mit den ersten Computern<br />

haben sich Künstler:innen für Algorithmen<br />

interessiert. Sie sind an die Universitäten<br />

gewandert und haben dort<br />

die ersten computergenerierten Zeichnungen<br />

ausgedruckt. Die Entwicklung<br />

der digitalen Kunst ging kontinuierlich<br />

weiter. Denn Künstler:innen beschäftigen<br />

sich mit dem Zeitgeist und nutzen die<br />

Werkzeuge ihrer Zeit. Und heute sind das<br />

die Blockchain beziehungsweise NFTs.<br />

Die damit verbundenen, teilweise hohen<br />

Verkaufserlöse haben für viel Medienrummel<br />

gesorgt.<br />

Sie haben einen Doktortitel in Kunstgeschichte,<br />

jetzt gestalten Sie mit Ihrem<br />

Projekt xcircle das Zeitgeschehen aktiv<br />

mit. Was hat es mit xcircle auf sich?<br />

xcircle macht digitale Kunst räumlich<br />

erfahrbar. Das setzen wir einerseits<br />

physisch um, mittels einer klassischen<br />

Ausstellung in einer Galerie, bei der wir<br />

die Kunst unter anderem auf Monitoren<br />

darstellen. Da wir uns jetzt in Richtung<br />

Metaverse bewegen, spielen aber auch<br />

virtuelle Welten eine immer größere Rolle.<br />

Deshalb haben wir mit xcircle das Ziel,<br />

die traditionelle Kunstwelt an das Thema<br />

NFT heranzuführen. Das machen wir mit<br />

einer virtuellen Architektur. Interessierte<br />

können die Ausstellung online erkunden<br />

und NFTs kaufen.<br />

Mit xcircle wollen wir außerdem eine<br />

Community aufbauen, einen Kreis von<br />

Gleichgesinnten. Unser Projekt gibt es<br />

erst seit Mai <strong>2022</strong>, aber wir haben damit<br />

eine Nische entdeckt. Das Interesse ist<br />

groß, die Resonanz positiv.<br />

„Hier in München<br />

gibt es<br />

viele Kräfte,<br />

die Ideen auch<br />

in die Tat umsetzen.“<br />

DR. ANNETTE DOMS<br />

Wer gehört zu Ihrer Community?<br />

Erst einmal die Künstler:innen, die wir<br />

ausstellen und mit denen wir sehr eng<br />

zusammenarbeiten. Dann sind es klassische<br />

NFT-Sammler:innen, die uns über<br />

Social Media entdeckt haben. Aber auch<br />

traditionelle Kunstsammler:innen, denen<br />

wir Hilfestellung anbieten: Wofür ist eine<br />

Wallet da, wie richte ich sie ein? Wie<br />

sicher ist das, wie laufen die Transfers ab?<br />

Die technischen Voraussetzungen sind<br />

aktuell die größte Hemmschwelle. Da<br />

leisten wir viel Bildungsarbeit.<br />

Auch Medien erproben gerade<br />

die Technologie. Wie können Medienhäuser<br />

NFTs für sich nutzen?<br />

Im Medienbereich lässt sich im Grunde<br />

alles als NFT verkaufen. Zum Beispiel die<br />

Cover eines <strong>Magazin</strong>s. Das spricht eine<br />

neue, technologieaffine Zielgruppe an,<br />

gleichzeitig gibt es Objekte zum Sammeln.<br />

Zudem bekommen die Medienhäuser bei<br />

jedem Weiterverkauf eines Collectibles<br />

zum Beispiel zehn Prozent des Verkaufserlöses.<br />

Das lässt sich im Smart Contract<br />

festlegen. Durch die Blockchain lassen sich<br />

auch Quellennachweise, besonders für<br />

Pressebilder, sehr gut darstellen.<br />

Wohin entwickelt sich die Medienbranche<br />

durch Blockchain oder Web3?<br />

Die Medienbranche wird sich dank der<br />

neuen Möglichkeiten des Wissenstransfers<br />

ein größeres Netzwerk aufbauen.<br />

Auch Leser:innen können aktiv daran<br />

teilnehmen. Es lassen sich zum Beispiel<br />

Viele digitale Kunstwerke, die es bei xcircle zu<br />

sehen und zu erstehen gibt, sind animiert. Hier<br />

steht Annette Doms vor einer Projektion animierter<br />

Tetraeder, das Werk heißt „QbitGarden“,<br />

geschaffen von Martin Rosenthal.<br />

xcircle<br />

In der virtuellen Ausstellung<br />

xcircle können Interessierte digitale<br />

Kunstwerke online betrachten und<br />

als NFTs erstehen. Gründer:innen sind<br />

neben Annette Doms die Kunstsammlerin<br />

Christina Brugger sowie Designer Arndt<br />

Johannes. Zum Münchner NFT-Mai <strong>2022</strong><br />

wurden die NFTs als Projektionen<br />

in einer klassischen Ausstellung<br />

präsentiert.<br />

Archive erstellen, an denen eine Community<br />

mitschreiben kann. Das Wissen ist<br />

dann sehr transparent. Durch die Blockchain<br />

lässt sich das viel effizienter gestalten<br />

als beispielsweise bei Wikipedia. Es<br />

entstehen neue Bezahlmodelle: Medien<br />

können ihren Content durch eine Wallet<br />

zur Verfügung stellen, also bestimmte<br />

Artikel erst durch eine Wallet-Verbindung<br />

freigeben. Das kann eine sichere Alternative<br />

zur aktuellen Paywall sein.<br />

Sie kommentierten zum Münchner<br />

NFT-Mai <strong>2022</strong>: „München kann<br />

federführend im NFT-Bereich wirken.“<br />

Warum glauben Sie das?<br />

Grundsätzlich existiert in ganz Deutschland<br />

eine unglaublich große Community,<br />

man kennt und trifft sich auf Events wie<br />

dem NFT-Mai. Hier in München gibt es<br />

viele Kräfte, die Ideen auch in die Tat umsetzen.<br />

Das Künstlerkollektiv Pepe Arts hat<br />

für seine Shows Eintrittskarten als NFTs<br />

verkauft. Es gibt Digital-Fashion-Projekte<br />

für Mode im Metaverse. Oder die MetaBrew-<br />

Society, die Bier als NFTs verkauft und eine<br />

Brauerei in Bayreuth hat. Das Bier verschifft<br />

sie bis nach Südkorea und Dubai.<br />

Im Anschluss an den NFT-Mai in München<br />

waren Sie auf der NFT-Konferenz<br />

in New York. Welche Eindrücke haben<br />

Sie von dort mitgenommen?<br />

Auch in New York gibt es einen unglaublichen<br />

Enthusiasmus. Und das trotz der<br />

großen Crashs zuletzt. Der Technologieund<br />

Kryptomarkt beziehungsweise alle<br />

14 15


HERO STORY<br />

HERO STORY<br />

„Das<br />

Metaverse<br />

wird das<br />

sein, was wir<br />

daraus<br />

machen.“<br />

DR. ANNETTE DOMS<br />

Besitzer:innen zum Beispiel einbinden,<br />

wenn man bestimmte Designs auf der<br />

Homepage überarbeitet.<br />

Gibt es im Metaverse auch Risiken für<br />

Medienschaffende und Künstler:innen?<br />

Da gibt es viele Risiken und auch unge-<br />

volatilen Märkte sind gecrasht. Trotzdem<br />

bleibt die Stimmung positiv. Die Insider<br />

sind entspannt, wissen, dass es auch<br />

wieder aufwärtsgeht, und schmieden<br />

neue Projekte. Die Community trifft sich,<br />

arbeitet zusammen. Es gibt einen starken<br />

Glauben an die Blockchain, aber auch an<br />

die Zukunft des Web3 und des Metaverse.<br />

Immer mehr Brands steigen ins Metaverse<br />

ein und wollen Produkte platzieren.<br />

Skeptiker kritisieren den hohen Stromverbrauch<br />

und meinen, die Blockchain<br />

sei überflüssig. Was ist der entscheidende<br />

Vorteil der Technologie?<br />

Es ist die Blockchain selbst. Sie ist ein<br />

dezentrales Datensystem. Handeln ist<br />

via Blockchain effektiver möglich. Jeder<br />

Transfer wird dokumentiert. Das ist<br />

interessant für Lieferketten, die Dokumentation<br />

oder auch die Beurkundung<br />

von physischen Objekten und von<br />

Identitäten. Blockchain-basierte Projekte<br />

lassen sich mit weiteren Anwendungen<br />

verknüpfen.<br />

Man kann die Blockchain fürs Ticketing<br />

verwenden oder ein Belohnungssystem<br />

entwickeln. Mit einem NFT der vorhin genannten<br />

Münchner MetaBrew bekommt<br />

man zum Beispiel nicht nur Bier, sondern<br />

xcircle gibt es nicht<br />

nur virtuell (links),<br />

digitale Kunst lässt<br />

sich auch im physischen<br />

Raum zeigen.<br />

Oben Eindrücke der<br />

Installation im Pacha<br />

Nachtclub zum NFT-<br />

Mai <strong>2022</strong> in München.<br />

FOTOS: XCIRCLE ® /BETTY MUE (2), XCIRCLE ®<br />

auch das Recht, bei neuen Produkten<br />

mitzuentscheiden und an Events teilzunehmen.<br />

Die Brauerei auf der anderen<br />

Seite baut sich damit eine markentreue<br />

Kundschaft auf.<br />

Im Netz müssen wir durch Werbefinanzierung<br />

vieles nicht extra bezahlen.<br />

Kunst- und Medienschaffende verdienen<br />

kaum daran. Können Web3 und<br />

Blockchain hier etwas ändern?<br />

Die sogenannten Royalties beispielsweise<br />

sind ein Game-Changer für die ganze<br />

Industrie. Der große Vorteil der Blockchain<br />

ist der Smart Contract bei der Monetarisierung.<br />

Darin lässt sich alles Mögliche festschreiben,<br />

zum Beispiel Lizenzen, Patente<br />

oder die Royalties: also eine Tantieme von<br />

zehn Prozent oder mehr, die bei jedem<br />

weiteren Verkauf im Zweitmarkt direkt in<br />

die Wallet der Künstler:innen fließt. Noch<br />

mehr profitieren Kunstschaffende vom<br />

dezentralen Charakter: Durch das Peer-to-<br />

Peer-Netzwerk neuer Distributionskanäle<br />

wie artblocks, SuperRare oder NiftyGateway<br />

haben sie die Möglichkeit, direkt mit<br />

Käufer:innen in Kontakt zu treten und sich<br />

selbst zu vermarkten. Damit sind sie weniger<br />

angewiesen auf Kanäle wie Spotify<br />

und andere große Plattformen.<br />

Braucht es für Online-Artikel eine<br />

Auflage wie für Printmagazine?<br />

Da geht es nicht um die Auflage der<br />

Artikel. Ich würde mir als Medienhaus eher<br />

einen coolen NFT-Drop einfallen lassen.<br />

Dann verkauft man zum Beispiel unveröffentlichte<br />

Layouts der letzten Jahre und<br />

verbindet sie mit einem Nutzen, der die<br />

Community anspricht. Man kann die NFT-<br />

klärte Fragen. Was passiert zum Beispiel,<br />

wenn ein Avatar gekidnappt und Lösegeld<br />

verlangt wird? Braucht es eine Meta-Polizei<br />

oder einen Meta-Friedhof, wenn die Eigentümer<br />

von Avataren sterben? Sicherheitsrisiko<br />

Nummer eins ist aber eine Phishing-<br />

E-Mail, mit der eine Wallet beraubt werden<br />

kann. Ein falscher Link kann zum Hacking<br />

und zum Verlust aller digitalen Assets<br />

führen. Auch das Thema Copyright wird<br />

aktuell neu gedacht.<br />

Geraten wir nicht in Gefahr, uns in der<br />

virtuellen Realität zu verlieren?<br />

Trotz der virtuellen Realität wird immer<br />

die Verknüpfung zur analogen Welt bleiben.<br />

Unser Leben wird phygital. Dass man<br />

sich aber tatsächlich auch darin verlieren<br />

kann, zeigt sich beispielsweise, wenn man<br />

länger VR-Tischtennis spielt. Dann versucht<br />

man nach einer Weile, sich auf der<br />

Tischplatte abzustützen, und fällt hin. Das<br />

Erlebnis kann auch abhängig machen.<br />

Fear Of Missing Out ist ebenfalls ein Thema:<br />

Dann kaufen Leute Produkte, die sie<br />

gar nicht brauchen. Aber wer nach einem<br />

langen Arbeitstag die VR-Brille aufsetzt<br />

und am Strand von Hawaii chillt, kann das<br />

auch genießen. Das Metaverse wird das<br />

sein, was wir daraus machen.<br />

16 17


HERO STORY<br />

MARKETTE<br />

FRAGEN<br />

ÜBER FRAGEN<br />

TEXT<br />

NINA BRANDTNER<br />

FOTOS<br />

TANJA KERNWEISS<br />

EINFÜHLSAME MODERATION UND INTENSIVE<br />

GESPRÄCHE SIND DAS ERFOLGSREZEPT DES<br />

REPORTAGE-FORMATS „DIE FRAGE“, DAS DER BAYERISCHE<br />

RUNDFUNK FÜR FUNK PRODUZIERT. PRODUKTLEITERIN<br />

TERESA FRIES UND DIE HOSTS FRANK SEIBERT<br />

UND LISA-SOPHIE SCHEURELL ÜBER DIE POTENZIALE<br />

EINER GUT GEPFLEGTEN COMMUNITY UND DIE KUNST<br />

DES 360-GRAD-ANSATZES.<br />

Lisa-Sophie, Teresa und Frank, das<br />

Kernteam von „Die Frage“ hat sich in<br />

den letzten beiden Jahren mehr als<br />

verdoppelt und besteht mittlerweile<br />

aus 15 Kolleg:innen. Warum habt ihr<br />

euch derart vergrößert?<br />

Frank: Es sind immer mehr Aufgaben dazugekommen,<br />

die wir irgendwann nicht<br />

mehr gepackt haben. Mehr Social-Media-Aufwand<br />

und mehr Plattformen, die<br />

wir bedienen wollten. Gerade mit TikTok<br />

brauchten wir Leute, die sich in die Logik<br />

der Plattform reinfuchsen. Irgendwann<br />

kann eine Person alleine auch den ganzen<br />

Kommentaraufwand nicht mehr regeln.<br />

Teresa: Da war auch noch so viel Potenzial, das wir ausschöpfen<br />

wollten. Unsere Filme sind immer länger geworden, weil wir die<br />

Geschichten ausführlich erzählen wollten und weil wir so dafür<br />

brennen.<br />

Ist das Teil von dem, was euch als Format so<br />

erfolgreich macht? Dass ihr euch weiterentwickelt und<br />

für eure Geschichten brennt?<br />

Frank: Es ist wichtig, dass sich die Leute, die bei uns arbeiten,<br />

extrem mit dem Inhalt identifizieren. Ich kenne wenige<br />

Redaktionen, in denen die Leute so engagiert mitarbeiten, weil<br />

sie es am Ende so cool finden, was sie machen.<br />

Teresa: Wir tendieren außerdem dazu, eher mal etwas zu machen,<br />

wenn wir eine Idee gut finden, als zu sagen: „Nein, wir machen<br />

jetzt Standard weiter.“ So kommen neue Sachen zustande.<br />

ILLUSTRATION: ISTOCK<br />

„Die Frage“-Hosts Frank Seibert<br />

und Lisa-Sophie Scheurell sowie<br />

Produktleiterin Teresa Fries<br />

(v. l. n. r.).<br />

18


HERO STORY<br />

HERO STORY<br />

Wie bleibt ihr euch dabei treu?<br />

Lisa-Sophie: Wir versuchen, im Kern die<br />

„Die Frage“-DNA beizubehalten, aber wir<br />

probieren unterschiedliche Herangehensweisen.<br />

Auch, damit wir nicht die Motivation<br />

verlieren.<br />

Teresa: Uns hilft total, dass wir Trendthemen<br />

nicht hinterherlaufen. Unsere Themen<br />

sind universal und für sehr lange Zeit<br />

relevant, sie begleiten junge Leute über<br />

ihre Jugend hinweg. Es geht um Liebe<br />

und Beziehung, Tod, Schuld, Körpergefühl<br />

oder psychische Gesundheit.<br />

Wie entstehen die Themenideen<br />

bei „Die Frage“?<br />

Lisa-Sophie: Das ist sehr unterschiedlich.<br />

Wir haben immer eine lange Liste<br />

an Ideen. Dann ist es ein Team-Effort: Vor<br />

allem die Autor:innen, aber auch alle Community-Manager:innen<br />

und die Videoproducer<br />

arbeiten mit. Bei Brainstorming-Sessions<br />

nehmen wir uns eine Frage vor und<br />

überlegen: Was sind die unterschiedlichen<br />

Aspekte des Themas? Wir bekommen<br />

auch super viel Input aus der Community.<br />

Frank: Das Wichtigste ist, dass wir ein<br />

Gefühl für das Thema haben und dass es<br />

uns sofort packt. Oder jemand sagt: „Ich<br />

kapiere das gar nicht, das Phänomen.<br />

Aber ich finde es wichtig oder schön, mich<br />

damit zu beschäftigen.“<br />

Ist diese Verbundenheit mit Themen<br />

etwas, das zu eurem Erfolg beiträgt und<br />

das für Medien immer wichtiger wird?<br />

Teresa: Ich weiß nicht, ob es für alle<br />

Medien wichtig ist, dass Reporter:innen<br />

und Hosts so involviert sind. Für uns ist es<br />

essenziell. Es würde niemals funktionieren,<br />

dass Frank und Lisa-Sophie erst beim Dreh<br />

erfahren, mit wem sie sprechen. Das merken<br />

die Protagonist:innen und die Community.<br />

Für uns ist es ein Erfolgskonzept,<br />

weil wir viele Inhalte aus der Community<br />

generieren. Ganz viele Protagonist:innen<br />

könnten wir niemals recherchieren, weil sie<br />

noch nie irgendwo aufgetaucht sind. Sie<br />

kommen zu uns und sagen: „Ich möchte<br />

Lisa-Sophie und Frank meine Geschichte<br />

HINTER DEN KULISSEN VON „DIE FRAGE“<br />

„Die Frage“ gibt es seit über zehn Jahren. Zuerst im Radio beim PULS-Vorgänger on3, wurde<br />

das Format später als Podcast aufgezeichnet und online gestellt. Daraus entstand ein Fernsehformat<br />

für den Bayerischen Rundfunk (BR). Seit 2016 ist „Die Frage“ Teil von funk, wird weiterhin<br />

vom BR produziert und erscheint einmal wöchentlich als circa 20-minütiges Reportageformat<br />

auf YouTube. „Die Frage“ ist auf TikTok, Instagram und Facebook zu finden, seit 2021 gibt es<br />

sie außerdem wieder als Podcast. Das Team besteht aus zwei Hosts, einer Produktleitung, zwei<br />

Autorinnen für die YouTube-Ausspielungen, drei Videoproducern, einer Autorin für den<br />

Podcast, zwei Autor:innen für TikTok und drei Community-Manager:innen, viele davon in unterschiedlichen<br />

Teilzeitmodellen. Auf funk-Seite unterstützt ein Partnermanager und auf PULS-<br />

Seite ein Stratege, im Wechsel sind freie Autor:innen und Volontär:innen mit dabei.<br />

ILLUSTRATION: ISTOCK<br />

erzählen.“ Es passiert oft, dass danach andere Redaktionen anrufen<br />

und nach Kontakten fragen. Aber meistens ist die Antwort der<br />

Protagonist:innen: „Nein, ich wollte das hier erzählen.“<br />

Frank: Das ist ein Potenzial, das viele Redaktionen nicht so nutzen,<br />

wie sie könnten – mit Leuten zusammenzuarbeiten, die regelmäßig<br />

zuschauen. Ich merke das immer in Redaktionen, die sich überlegen,<br />

wie sie an die Protagonist:innen kommen, und dann klassische<br />

Recherche in Foren machen. Wir machen einen Aufruf und sprechen<br />

die Leute an, die uns verbunden sind, und es kommen sofort<br />

Rückmeldungen. Dieser Vertrauensbeweis ist ein großes Gut.<br />

Lisa-Sophie: Unsere Protagonist:innen haben weniger Probleme,<br />

sich zu öffnen, weil sie uns und unsere Videos kennen. Wir müssen<br />

am Anfang nicht erzählen: „Wir wollen respektvoll mit euren<br />

Geschichten umgehen.“ Das ist gegeben. Das macht die Arbeit<br />

mit den Leuten sehr viel einfacher.<br />

Habt ihr Tipps für andere Redaktionen, wie man seine<br />

Community richtig pflegt?<br />

Frank: Viel antworten und sich Zeit nehmen.<br />

Lisa-Sophie: Wir haben extra Themensitzungen, in denen wir nur<br />

E-Mails und Nachrichten besprechen, die reingekommen sind.<br />

Der Community mit Respekt zu begegnen und sie als sehr wertvolle<br />

Quelle anzusehen, das machen nicht alle Redaktionen.<br />

Teresa: Man sollte Community-Manager:innen als wertvolle Mitarbeiter:innen<br />

ansehen. Als wir im Journalismus angefangen haben,<br />

war das ein Job, der eher lieblos behandelt wurde. Das funktioniert<br />

auf keinen Fall. Man muss Ressourcen reinstecken. Ich finde es<br />

sehr seltsam, wenn Redaktionen das Community-Management<br />

auslagern. Community-Manager:innen sind unser Ohr in die<br />

Zielgruppe. Sie wissen im Zweifel schon vorher, wie ein Film ankommen<br />

wird und welche Themen gut laufen könnten. Es ist sehr<br />

wichtig, dass sie Teil der Themensitzungen und des Teams sind<br />

und nicht nur diese Abteilung, die Kommentare abarbeitet.<br />

Wer ist denn eure Community?<br />

Lisa-Sophie: Die „Die Frage“-Zielgruppe ist neugierig, sie hat<br />

Interesse an unterschiedlichen Themen. Die Leute kommen<br />

wegen eines Themas, das ihnen naheliegt, das in ihrer Lebenswelt<br />

eine große Rolle spielt, aber sie bleiben für Themen<br />

außerhalb ihrer Bubble.<br />

Teresa: Viele Leute kommen bei uns zum ersten Mal mit bestimmten<br />

Themen in Berührung. Sie mögen es, von Menschen<br />

und ihren Geschichten überrascht zu werden. Das macht „Die<br />

Frage“ so besonders.<br />

Fällt es euch in Zeiten, in denen via Social Media jede:r zum<br />

Storyteller werden kann, schwerer, euch bei der Zielgruppe<br />

Gehör zu verschaffen?<br />

Frank: Gar nicht. Diese Entwicklung finden wir total gut! Uns<br />

schreiben oft Menschen, die ihre Geschichte selbst öffentlich<br />

erzählt haben, aber nicht mit der Reichweite. Sie haben das Be-<br />

„Es ist ein<br />

Potenzial, das viele<br />

Redaktionen<br />

nicht so nutzen, wie<br />

sie könnten –<br />

mit Leuten zusammenzuarbeiten,<br />

die regelmäßig<br />

zuschauen.“<br />

FRANK SEIBERT, HOST<br />

dürfnis, sie auch anderen Zielgruppen<br />

zu erzählen, die zum Beispiel bisher nicht<br />

sensibel waren für ein Thema. Auf<br />

Social Media ergänzt man sich vielmehr<br />

in den verschiedenen Bubbles, in denen<br />

man sich bewegt, anstatt sich etwas<br />

wegzunehmen.<br />

Teresa: Die Leute sehen den Unterschied,<br />

ob eine Redaktion und ein journalistisches<br />

Format dahinterstehen oder ein privater<br />

YouTube- oder TikTok-Kanal. Wir sind<br />

entspannt, weil wir wissen, dass wir etwas<br />

hinzuzufügen haben. Wir müssen nicht<br />

eins zu eins konkurrieren, wir haben unsere<br />

Recherchen, die Hosts, eine Metaebene<br />

in den Filmen.<br />

Spätestens seit TikTok gilt: je knapper,<br />

desto besser. Der jungen Zielgruppe<br />

wird gerne unterstellt, keine Aufmerksamkeitsspanne<br />

mehr zu haben. Wieso<br />

sind eure langen Reportageformate<br />

noch immer so erfolgreich?<br />

Frank: Die Leute wünschen sich sogar<br />

noch längere Videos. Auf YouTube erwarten<br />

sie das und lassen sich darauf ein.<br />

Auf TikTok erwarten sie kürzere Videos. Die<br />

Kunst liegt darin, den Inhalt für jede Plattform<br />

passend zu erzählen.<br />

Teresa: „Sie haben keine Aufmerksamkeitsspanne<br />

mehr“, ist Quatsch. Sie sind<br />

halt schneller gelangweilt, aber das ist<br />

nicht unbedingt etwas Schlechtes. Sie<br />

schauen sich auch etwas Langes an, wenn<br />

es gut gemacht und spannend erzählt<br />

20 21


MARKETTE<br />

HERO STORY<br />

„Eine junge<br />

Zielgruppe ist<br />

schneller<br />

gelangweilt,<br />

aber das ist<br />

nicht unbedingt<br />

Infokasten Die Frage<br />

etwas<br />

Schlechtes.“<br />

Die Frage gibt es seit über zehn Jahren. Zuerst im Radio beim Puls-Vorgänger on3, wurde das Format später als<br />

Podcast aufgezeichnet und online gestellt. Daraus entstand ein Fernsehformat für den Bayerischen Rundfunk.<br />

Seit 2016 ist Die Frage Teil von Funk und erscheint einmal wöchentlich als ca. 30-minütiges Reportageformat<br />

auf YouTube. Seit 2021 gibt es Die Frage außerdem wieder als Podcast. Das Team besteht aus zwei Hosts, einer<br />

TERESA FRIES,<br />

Produktleitung, zwei Autorinnen für die YouTube-Ausspielungen, drei Videoproducern, einer Autorin für den<br />

PRODUKTLEITERIN<br />

Podcast, zwei Autor:innen für TikTok und drei Community Manager. Auf Funk-Seite unterstützt ein Partnermanager<br />

und auf Puls-Seite ein Stratege, im Wechsel sind freie Redakteur:innen und Volontär:innen mit dabei.<br />

ILLUSTRATION: ISTOCK<br />

ist. Dann fühlt sich ein dreißigminütiger<br />

YouTube-Film für sie an wie zwei Minuten.<br />

Wenn wir es nicht schaffen, spannend zu<br />

erzählen, sind sie nach zwei Minuten weg.<br />

Frank: Weil die Konkurrenz so groß ist.<br />

Das nächste Video ist nur einen Klick entfernt.<br />

Früher hat man sich nicht so gezielt<br />

überlegt, wohin man seine Aufmerksamkeit<br />

gibt. Das darf aber nicht dazu führen,<br />

dass man alles überdramatisiert oder<br />

clickbaity verkauft.<br />

Was war eure Strategie bei TikTok?<br />

Frank: Trial and Error.<br />

Lisa-Sophie: Wir wussten nicht: Was<br />

läuft gut? Worauf muss man achten? Wir<br />

haben einen Autor ins Team geholt, der<br />

schon TikTok-Erfahrung und einen gut<br />

laufenden privaten Account hatte. Inzwischen<br />

teilen wir einerseits Ausschnitte aus<br />

unseren Filmen, die besonders emotional<br />

und stark sind. Andererseits haben wir<br />

völlig neue Protagonist:innen, die in unseren<br />

YouTube-Videos nicht auftauchen. Es<br />

geht darum, Stereotype aufzudecken und<br />

provokantere Fragen zu stellen, als wir es<br />

in unseren YouTube-Videos tun.<br />

Teresa: Wir lernen immer noch, bei TikTok<br />

kann man ja mit nichts rechnen.<br />

Lisa-Sophie: Ein Video hat 2.000 Views,<br />

das nächste 200.000 Views. Und du weißt<br />

nicht, wieso.<br />

Teresa: Meistens ist es nicht das, was wir<br />

denken. Das ist frustrierender als das, was<br />

wir gewohnt waren. Aber auf der anderen<br />

Seite sind es auch ganz andere Erfolgserlebnisse.<br />

Ungefähr gleichzeitig mit TikTok habt<br />

ihr euren Podcast wiederbelebt, der<br />

zwischen 2018 und 2021 pausiert hat.<br />

Wie stecht ihr aus der Masse hervor?<br />

Frank: Wir haben in den Folgen total unterschiedliche<br />

Herangehensweisen. Mal bietet<br />

sich eine Reportage an, manchmal machen<br />

wir nur Studiointerviews. Wir haben kein<br />

starres Konzept. Da unterscheiden wir uns<br />

von anderen Podcasts, die ein sehr klassisches<br />

Format haben: zwei Leute im Studio,<br />

die sich unterhalten. Ich glaube, dass wir es<br />

schaffen, die „Die Frage“-DNA in den Podcast<br />

zu übertragen. Da ist die Konkurrenz dann nicht mehr ganz so<br />

groß. Das kriegen wir auch als Feedback aus der Community.<br />

Teresa: Wir stellen die Protagonist:innen in den Vordergrund. Es<br />

geht darum, dass Frank diese Geschichten erfährt. Es ist nicht so<br />

leicht, an einem Podcast-Cover zu erkennen, was drinsteckt. Wir<br />

überlegen noch, wie wir den User:innen klarmachen können, dass<br />

die Inhalte nicht die gleichen wie in unseren YouTube-Folgen sind.<br />

Ist der Podcast gekommen, um zu bleiben?<br />

Frank: Ja. Die Themen gehen uns jedenfalls nicht aus. Wir machen<br />

jetzt die neue Staffel und schauen dann weiter. Bei funk<br />

werden für einen bestimmten Zeitraum quantitative und qualitative<br />

Ziele festgelegt. Danach wird entschieden, wie es mit einem<br />

Produkt weitergeht. Das ist eine schöne Entwicklung. In der<br />

ARD war es früher häufiger so, dass Produkte ins Leben gerufen<br />

wurden und dann genauso blieben, egal, wie gut sie funktioniert<br />

haben. funk achtet sehr genau darauf, wie gut alles klappt.<br />

Teresa: Das ist bei allen Kanälen so und gilt für alle Formate. Es<br />

heißt nie pauschal „Ziele nicht erreicht, Format abgesetzt“. Aber<br />

es ist gut, dass darauf geachtet wird. So werden Formate weiterentwickelt<br />

und zukunftsfähig gemacht. Anstatt sie auslaufen zu<br />

lassen und zu sagen: „Es funktioniert eigentlich seit drei Jahren<br />

nicht mehr.“<br />

Wie lebt es sich generell als junges Format im öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunk?<br />

Frank: Als ich angefangen habe, beim BR zu arbeiten, hatte ich<br />

das Gefühl, dass es einen deutlichen Unterschied im Ansehen<br />

von jungen und von etablierten Formaten gibt. Ich würde nicht<br />

sagen, dass sie belächelt wurden, aber es gab eine Hierarchie.<br />

Das hat sich inzwischen fast komplett aufgelöst und teilweise<br />

ins Gegenteil gekehrt. Andere Redaktionen, hier im Haus und<br />

im kompletten öffentlich-rechtlichen System, merken: Es gibt<br />

junge Formate, die es sehr gut schaffen, bestimmte Zielgruppen<br />

anzusprechen, eine Community aufzubauen, eine Reichweite<br />

zu erzielen. Und das wollen sie ja auch. Heute gibt es da einen<br />

Wissenstransfer. Leute, die von jungen Formaten kommen, sind<br />

gewollt im Haus, weil sie Fähigkeiten mitbringen, die in anderen<br />

Redaktionen gebraucht werden.<br />

Teresa: Wir wissen, dass wir machen können, was wir machen,<br />

weil wir öffentlich-rechtlich sind. Dass wir hochwertigen Content<br />

auf allen Plattformen machen können, weil wir nicht abhängig<br />

von kommerziellen Interessen sind. Wir können Themen setzen,<br />

die uns wichtig sind, und Sachen ausprobieren, bei denen wir uns<br />

nicht sicher sind: Funktioniert das? Das ist eine ganz große Freiheit.<br />

Wenn es um die Arbeitskultur geht, gibt es in jedem großen<br />

Unternehmen die Ecken, die ein bisschen verstaubt sind, aber<br />

wir sind mit funk und PULS an zwei Orten verwurzelt, die total<br />

vorangehen. Nicht immer mit dem größten Budget, aber mit der<br />

größten Idee, wie ein modernes öffentlich-rechtliches Medienunternehmen<br />

funktionieren kann.<br />

23


HERO STORY<br />

Mit ARRI-Geräten<br />

entstehen Hollywood-Blockbuster.<br />

Hier ist die Digitalkamera<br />

ALEXA 35 im<br />

Außeneinsatz.<br />

GANZ<br />

GROSSES<br />

KINO<br />

OHNE ARRI LÄUFT IN HOLLYWOOD<br />

GAR NICHTS. DIE MÜNCHNER<br />

FERTIGEN DIE BESTEN FILMKAMERAS<br />

DER WELT, VIELE BEKANNTE<br />

BLOCKBUSTER SIND MIT DER<br />

KAMERA- UND LICHTTECHNIK DES<br />

BAYERISCHEN TECH-RIESEN<br />

ENTSTANDEN. WAS ARRI VON DER<br />

INTERNATIONALEN KONKURRENZ<br />

ABHEBT? PIONIERGEIST, EIN<br />

HOHER SELBSTANSPRUCH UND DER<br />

MUT, NEUE GESCHÄFTSBEREICHE<br />

ZU ERSCHLIESSEN.<br />

TEXT<br />

KATHRIN HOLLMER<br />

FOTOS<br />

ARRI<br />

24<br />

25


HERO STORY<br />

HERO STORY<br />

Die Firmenzentrale in der<br />

Münchner Parkstadt Schwabing<br />

trägt den Namen ARRIAL.<br />

Wenn im Dolby<br />

Theatre in Los<br />

Angeles die Oscars<br />

verliehen werden,<br />

zählt man in<br />

Schwabing genau mit. Im März, bei der<br />

94. Verleihung der Academy Awards, wurden<br />

von den neun Produktionen, die als<br />

„Bester Film“ nominiert waren, sieben mit<br />

Kameras des Münchner Familienunternehmens<br />

ARRI gedreht. Für den Preisträger<br />

„Coda“ verwendete die Kamerafrau<br />

Paula Huidobro Objektive von ARRI. Allein<br />

in den vergangenen zwölf Jahren wurden<br />

elf Preisträger in der Kategorie „Beste<br />

Kamera“ mit ARRI-Kameras gefilmt.<br />

Bayerische Technik<br />

in Hollywood<br />

Die meisten Münchner:innen kennen „das<br />

ARRI“, das Kino in der Türkenstraße und<br />

den Gründungssitz von ARRI. Inzwischen<br />

heißt das Kino „ASTOR Film Lounge<br />

im ARRI“, das Unternehmen zog Ende<br />

2019 in eine neue Firmenzentrale. Von<br />

außen sieht der Neubau in der Parkstadt<br />

Schwabing aus wie ein Kameragehäuse.<br />

Drinnen befinden sich alle Zentralfunktionen<br />

von ARRI sowie alle Abteilungen des<br />

Geschäftsbereichs Camera Systems – von<br />

der Entwicklung über die Produktion bis<br />

hin zu Vermarktung und Service. Mehr als<br />

600 Menschen arbeiten hier unter einem<br />

Dach, von Ingenieur:innen über Software-<br />

Entwickler:innen bis hin zu Spezialist:innen<br />

in Vertrieb und Marketing. Weltweit<br />

beschäftigt ARRI 1.300 Mitarbeitende in<br />

16 Ländern.<br />

Im Foyer rekonstruiert das ARRI-Museum<br />

die Firmenhistorie – und zeigt ein Stück<br />

Filmgeschichte. Die ältesten dort ausgestellten<br />

Kameras haben an der Rückseite<br />

eine Kurbel, daher kommt der Ausdruck<br />

„einen Film drehen“. Die Konferenzräume<br />

sind nach einigen der bekanntesten<br />

ARRI-Filme benannt: darunter „Skyfall“,<br />

„Das Boot“ und „Der schwarze Jack“.<br />

Letzterer ist ein Isar-Western, den die Firmengründer<br />

August Arnold und Robert<br />

Richter 1918 gedreht haben, ein Jahr nach<br />

der Gründung ihrer Firma ARRI – kurz für<br />

Arnold und Richter.<br />

„Wir fertigen Werkzeuge für die Kreativen“,<br />

sagt Henning Rädlein, Head of<br />

Marketing & Digital Workflow Solutions,<br />

Camera Systems, „und zwar die bestmöglichen.“<br />

Rädlein arbeitet seit 20 Jahren<br />

bei ARRI und weiß: Es ist der Innovationsgeist,<br />

der das Unternehmen seit seiner<br />

Gründung antreibt. Alle paar Jahre entwickelt<br />

ARRI eine neue Kamera. Zubehör<br />

und Software haben kürzere Zyklen.<br />

Der erste Verkaufsschlager von ARRI<br />

wurde 1937 die ARRIFLEX 35. Diese erste<br />

in Serie gebaute Spiegelreflex-Filmkamera<br />

ermöglichte es, durch den Sucher exakt<br />

das Bild zu sehen, das man gerade aufnahm.<br />

Sie war leichter, erlaubte dynamische<br />

Kameraschwenks und produzierte<br />

weniger statische Bilder. „Die ARRIFLEX<br />

35 war der Grundstock für die Erfolgsgeschichte<br />

von ARRI“, sagt Rädlein.<br />

Innovation trägt den Erfolg<br />

Seitdem hat ARRI-Technik Kino, Fernsehen<br />

und Werbung maßgeblich verändert.<br />

Zu Stummfilmzeiten beispielsweise<br />

machten die gängigen Kameras viel<br />

Lärm. Als die Störgeräusche beim Filmdreh<br />

zum Problem wurden, erfand ARRI<br />

im Jahr 1965 eine kompakte, geräuschisolierende<br />

Kamera für 16 mm, im Jahr<br />

1972 für 35 mm. Ende der 2000er-Jahre<br />

wagte das Unternehmen den bisher größten<br />

Schritt in seiner Firmengeschichte,<br />

indem es digitale Kameras entwickelte.<br />

Der große Durchbruch beim digitalen<br />

Filmen gelang ARRI mit der ALEXA, die<br />

im September 2009 auf der International<br />

Broadcasting Convention (IBC) in Amsterdam<br />

vorgestellt und ab Juni 2010 geliefert<br />

wurde. Vorher baute der Hersteller ausschließlich<br />

analoge Kameras, ohne Elektronik<br />

und Programmierung. Die ALEXA ist<br />

ein voller Erfolg: „Sie ist die meistverkaufte<br />

digitale High-End-Filmkamera“, sagt<br />

Henning Rädlein. Digitalkameras sind<br />

heute der Standard beim Filmdreh.<br />

Innovation bedeutet nicht nur technologischen<br />

Fortschritt, sondern auch Vielfalt<br />

DIESE FILME UND<br />

SERIEN WURDEN MIT<br />

ARRI-KAMERAS<br />

GEDREHT (AUSWAHL):<br />

Das Boot (1981)<br />

GoodFellas (1990)<br />

Das fünfte Element (1997)<br />

Herr der Ringe (ab 2001)<br />

James Bond 007 (ab 2008)<br />

Ein Quantum Trost,<br />

Skyfall, Spectre,<br />

Keine Zeit zu sterben<br />

Game of Thrones (ab 2011)<br />

The Wolf of Wall Street (2013)<br />

Rogue One: A Star Wars Story (2016)<br />

Succession (seit 2018)<br />

Dune (2021)<br />

Coda (2021)<br />

u. v. m.<br />

– und ein breites Angebot. ARRI ist berühmt<br />

für seine Kameras, hat sich aber nie<br />

nur auf einen Bereich verlassen. So baut<br />

ARRI auch Objektive und Zubehörteile für<br />

eigene und andere Kameras. Einst fertigte<br />

das Unternehmen auch Filmkopiermaschinen,<br />

Schneidetische und Entwicklungsmaschinen<br />

für analoge Filme. Den<br />

Filmscanner ARRISCAN, mit dem Archive<br />

heute noch analoges Material digitalisieren,<br />

stellt ARRI nach wie vor her. ARRI-Kamerasysteme<br />

kamen außerdem schon<br />

in der Medizin, zum Beispiel als Röntgenfilmkameras,<br />

und bei vielen Industrieanwendungen<br />

zum Einsatz.<br />

Ein weiterer wesentlicher Geschäftsbereich<br />

ist die Beleuchtungstechnik. Seit<br />

1924 stellt ARRI Scheinwerfer her, seit<br />

1953 am Standort von ARRI Lighting in<br />

Stephanskirchen bei Rosenheim. ARRI<br />

fertigt dort nicht nur Kunstlichtscheinwerfer<br />

und Tageslichtlampen, sondern<br />

auch LED-Leuchten für Filmaufnahmen,<br />

Broadcast-Studios, Veranstaltungen,<br />

Theater und Fotostudios. In Stephanskirchen<br />

produziert ARRI unter anderem den<br />

hochmodernen, energiesparenden LED-<br />

Scheinwerfer Orbiter. ARRI-Licht scheint<br />

zum Beispiel im Studio der „Tagesschau“<br />

und in den neuen WELT/N24-TV-Studios.<br />

„Wir fertigen Werkzeuge<br />

für die Kreativen,<br />

und zwar die<br />

bestmöglichen.“<br />

HENNING RÄDLEIN, HEAD OF MARKETING & DIGITAL<br />

WORKFLOW SOLUTIONS, CAMERA SYSTEMS<br />

ARRI stellt nicht nur Kameras,<br />

sondern auch Beleuchtungstechnik<br />

her, wie den LED-<br />

Scheinwerfer ARRI Orbiter.<br />

26 27


HERO STORY<br />

HERO STORY<br />

Im dritten Geschäftsbereich, ARRI Rental<br />

mit Sitz in Ismaning, verleiht ARRI eigene<br />

und fremde Kamera- und Lichtsysteme<br />

sowie Bühnenequipment an Filmproduktionen.<br />

Zu seinen Rental-Kunden gehören<br />

zahlreiche Produktionsfirmen, die im<br />

Auftrag der Streaming-Dienste Netflix,<br />

Amazon Prime Video oder Apple TV+<br />

produzieren.<br />

Mit ARRI Solutions bietet das Unternehmen<br />

unter anderem die Planung und Umsetzung<br />

von Virtual-Production-Studios<br />

an. In diesen Studios lassen sich digitale<br />

Hintergründe in 3-D entwerfen und auf<br />

LED-Wänden darstellen, vor denen sich<br />

Schauspieler:innen und Kamera bewegen.<br />

In Großbritannien betreibt ARRI mit der<br />

ARRI Stage London ein eigenes Studio, in<br />

dem die Band Coldplay <strong>2022</strong> ein Musikvideo<br />

gedreht hat. Die Netflix-Serie „1899“<br />

wurde in der von ARRI geplanten DARK<br />

BAY Virtual Production Stage in Babelsberg<br />

mit Kameras, Objektiven und Scheinwerfern<br />

von ARRI gedreht. Und nicht nur<br />

Kameras entwickeln sich weiter, auch der<br />

Lighting-Bereich verändert sich massiv:<br />

„Kameras und Licht kommunizieren heute<br />

miteinander, sodass die Kamera weiß, wie<br />

das Licht eingestellt war“, sagt Rädlein.<br />

Spitzenqualität made<br />

in Munich<br />

Ab rund 60.000 Euro kostet die Kamera<br />

ALEXA 35 von ARRI, das ist auch für den<br />

Profisektor gehobene Preisklasse. Um<br />

sicherzustellen, dass die Produkte ebenso<br />

robust wie zuverlässig sind, „fertigen<br />

und montieren wir Baugruppen, die mit<br />

der Bildqualität zu tun haben, selbst“,<br />

erklärt Christian Hartl, Director Global<br />

Production, der die gesamte Produktion<br />

im Unternehmen leitet. Stichprobenartig<br />

werden die Einzelteile, etwa Sensorträger,<br />

in der Produktion kontrolliert. „Die<br />

Abmessungen müssen bis auf 0,05 Millimeter<br />

stimmen. Zum Vergleich: Ein Haar<br />

hat etwa 0,07 Millimeter Durchmesser“,<br />

sagt Hartl.<br />

Im Reinraum werden die Sensoren mit<br />

den Platinen verbunden, „gebondet“<br />

heißt es im Fachjargon. Wie genau, ist<br />

Firmengeheimnis. Die Mitarbeitenden<br />

tragen weiße Anzüge, Hauben und Mundschutz.<br />

Jedes Staubkorn, jede Schuppe,<br />

die auf einem Sensor landeten, sähe man<br />

für immer auf dem Bild, der Sensor wäre<br />

unbrauchbar. „Darum herrschen hier quasi<br />

Raumfahrtbedingungen“, so Hartl.<br />

Nachdem die Kameras mit Software bespielt<br />

sind, müssen sie sich im Stresstest<br />

bewähren: Sie werden auf einer Platte –<br />

dem „Shaker“ – befestigt, die stark vibriert,<br />

um sicherzustellen, dass alle Kabel sauber<br />

gesteckt und keine Schrauben lose sind.<br />

Danach kommen sie in den Klimaschrank,<br />

dort herrschen Temperaturen von minus<br />

20 bis plus 45 Grad Celsius. „Unsere Kameras<br />

sind jederzeit einsetzbar, egal, ob<br />

in der Wüste oder auf dem Mount Everest<br />

– ohne dass sie vorher präpariert werden<br />

müssen“, sagt Hartl. „Das ist ein Wettbewerbsvorteil,<br />

andere machen schon bei<br />

null Grad Celsius schlapp.“ Für den Fall,<br />

dass doch mal etwas nicht funktioniert,<br />

unterhält ARRI ein weltweites Servicenetz<br />

mit Reparaturstationen und Backup-Kameras.<br />

Wettbewerbsfaktor<br />

Nachhaltigkeit<br />

Ein Innovationstreiber: offene Ohren. Vor<br />

der Pandemie haben ARRI-Mitarbeitende<br />

Hochpräzise<br />

Arbeit unter<br />

Raumfahrtbedingungen:<br />

Hier entsteht<br />

die ALEXA 35.<br />

„Unsere Kameras sind jederzeit<br />

einsetzbar, egal, ob in der<br />

Wüste oder auf dem Mount<br />

Everest – ohne dass sie vorher<br />

präpariert werden müssen, das<br />

ist ein Wettbewerbsvorteil.“<br />

CHRISTIAN HARTL,<br />

DIRECTOR GLOBAL PRODUCTION<br />

Die ARRI Stage<br />

in London<br />

ist ein von ARRI<br />

ausgestattetes<br />

Virtual-Production-Studio.<br />

regelmäßig ihre Kunden auf der ganzen<br />

Welt getroffen, um genau hinzuhören,<br />

was ihnen an den Produkten gefällt und<br />

was nicht. „Wir fragen uns immer, wie<br />

können wir das Filmemachen verbessern?<br />

Kreativer, schneller, wirtschaftlicher<br />

machen?“, so Rädlein. Inzwischen<br />

sind Reisen wieder möglich, seit Beginn<br />

der Covid-19-Pandemie organisiert das<br />

Unternehmen den Austausch aber auch<br />

anders: Im Studio in der Firmenzentrale<br />

in der Parkstadt Schwabing dreht ARRI<br />

Tutorial-Videos und veranstaltet virtuelle<br />

Gesprächsrunden.<br />

Auch Nachhaltigkeit ist ARRI wichtig:<br />

Ältere Kameras pflegt das Unternehmen<br />

deshalb weiter und verkauft, nach<br />

Wartung und sorgfältigen Tests, über<br />

das „ARRI Approved Certified Pre‐Owned<br />

Program“ gebrauchte Kameras,<br />

Objektive und Scheinwerfer zu einem<br />

günstigeren Preis.<br />

Nachhaltig ist auch der Umgang mit<br />

Kunden und Mitarbeitenden. Für seine<br />

Kunden gründete das Unternehmen die<br />

ARRI Academy und bietet produktspezifische<br />

Weiterbildungen auf der ganzen<br />

Welt an. Man pflegt eine lange Tradition<br />

an Talentförderung und unterstützt regelmäßig<br />

Produktionen über das weltweite<br />

„International Support Program“ und<br />

regionale Initiativen.<br />

Das Unternehmen bildet selbst aus, in<br />

den Bereichen Industriemechanik<br />

und Elektronik sowie zu Industriekaufleuten<br />

und Fachinformatiker:innen<br />

für Systemintegration. Außerdem gibt<br />

es Kooperationen mit der Hochschule<br />

München für duale Studiengänge.<br />

Mit Programmen wie „Fit for future“<br />

fördert ARRI Nachwuchskräfte in Form<br />

von Weiterbildungen. In der Zukunft<br />

werden ARRI zufolge Spezialist:innen<br />

benötigt, die sowohl technische Kenntnisse<br />

als auch Erfahrung am Filmset<br />

mitbringen. Auch Software-Spezialist:innen<br />

werden eine immer größere Rolle<br />

spielen, denn die Filmproduktion wird immer<br />

digitaler. In München ist man bereit.<br />

„Alles fürs beste Bild“, wie man<br />

bei ARRI sagt.<br />

28<br />

29


HERO STORY<br />

TEXT<br />

MARTIN HAASE<br />

BILDER<br />

JÖRG ZUBER STUDIO GMBH<br />

FOTOS<br />

SEBASTIAN ARLT<br />

OONOOURI<br />

BOTSCHAFTERIN<br />

IM METAVERSE<br />

30


HERO STORY<br />

KULLERAUGEN,<br />

STUPSNASE UND<br />

AUFSEHENERREGENDE<br />

KLEIDUNG: DAS IST<br />

NOONOOURI, DIGITALES<br />

MODEL UND DEUTSCHLANDS<br />

ERFOLGREICHSTE<br />

VIRTUELLE INFLUENCERIN.<br />

DER MÜNCHNER<br />

DESIGNER JÖRG ZUBER<br />

SCHUF DIE FIGUR VOR<br />

VIER JAHREN. DAS<br />

NÄCHSTE ZIEL DER BEIDEN:<br />

DAS METAVERSE.<br />

Jörg Zuber arbeitet dort, wo andere<br />

den Feierabend ausklingen lassen.<br />

Das Designstudio des 42-Jährigen<br />

liegt direkt am Münchner<br />

Gärtnerplatz, einem Szene-Hotspot<br />

des Glockenbachviertels. Dort am<br />

Kreisverkehr geht es über einen Hinterhof<br />

in sein Büro, kein auffälliger Schriftzug<br />

seiner joerg zuber studio GmbH leuchtet<br />

im Eingangsbereich. Man blickt direkt in die<br />

Gesichter seiner Mitarbeitenden, nur zwei<br />

der sechs Plätze sind an diesem Morgen<br />

besetzt. Für Zuber spielen Arbeitsort und<br />

-zeit keine Rolle: Seine Beschäftigten sollen<br />

dort arbeiten, wo sie kreativ sein können.<br />

Kreativität ist in dem Designstudio gefragt.<br />

Denn hier entsteht Deutschlands erfolgreichste<br />

virtuelle Influencerin. Acht von 18<br />

Mitarbeitenden arbeiten Vollzeit an Zubers<br />

Schöpfung Noonoouri, die nicht nur auf<br />

Instagram zu sehen ist, sondern auch<br />

auf den Covern internationaler Fashion-<br />

<strong>Magazin</strong>e. Die digitale Figur steht bei der<br />

Modelagentur IMG unter Vertrag, neben<br />

internationalen Topstars wie Heidi Klum,<br />

Gigi Hadid oder Kate Moss. Auf Instagram<br />

präsentiert sie ihren über 407.000<br />

Follower:innen virtuelle Kollektionen von<br />

Luxusmarken wie Dior oder Gucci bei<br />

Events wie der MET Gala. Nicht nur das:<br />

Noonoouri ist auf Bildern neben Stars wie<br />

Lewis Hamilton, Beyoncé oder Bella Hadid<br />

zu sehen, bei den About You Awards 2021<br />

trat sie live als Special Guest auf.<br />

Die Geburtsstunde<br />

von Noonoouri<br />

Die Idee zu Noonoouri entstand in Zubers<br />

Kindheit. Schon als Fünfjähriger wollte er<br />

Mode designen, für seine Zeichnungen<br />

bekam er aber oft nur ein mildes Lächeln.<br />

LINKS: An Noonoouri<br />

arbeitet ein Team<br />

aus acht Mitarbeitenden,<br />

die Erstellung<br />

eines Bildes dauert<br />

drei bis vier Tage.<br />

RECHTS: Jörg<br />

Zuber hat neben<br />

dem Standort<br />

München auch ein<br />

Office in Buenos<br />

Aires und eines<br />

in Madrid.<br />

Er wünschte sich eine ältere, berühmte<br />

Freundin, die der Welt seine Werke zeigt.<br />

Also nahm er sie in Form von Noonoouri<br />

in seine Zeichnungen auf. Als Anfang der<br />

2010er-Jahre Blogger:innen und Influencer:innen<br />

zum Thema wurden, begann er,<br />

über eine digitale Figur nachzudenken.<br />

Im Februar 2018 war es so weit, Zuber<br />

erweckte zur New York Fashion Week<br />

Noonoouri als virtuelle Persönlichkeit zum<br />

Leben. Und sorgte direkt für Aufsehen:<br />

Ihrem Instagram-Account folgten schon<br />

bald Fashion-Stars wie Naomi Campbell<br />

oder Marc Jacobs. Für Noonoouri als Mode-<br />

Influencerin eine wertvolle Fan-Basis. So<br />

konnte Zuber Kooperationspartner:innen<br />

zeigen, welche neuen Möglichkeiten sich<br />

im Marketing durch virtuelle Influencer:innen<br />

auftun.<br />

Noonoouri muss nicht reisen<br />

Zuber sieht eine große Stärke von Noonoouri<br />

darin, dass sie zeitgleich an mehreren<br />

Orten sein kann. Ein menschliches<br />

Model könne unmöglich am gleichen Tag<br />

bei einem Filmfestival in New York und bei<br />

einem Produktlaunch in Singapur auftreten.<br />

Zuber braucht nur eine:n Fotograf:in,<br />

der oder die ihm das passende Bild liefert<br />

– und der Designer bringt Noonoouri ins<br />

Bild. Der Nachteil: Das braucht Zeit. Bis<br />

Noonoouri tatsächlich auf einem Schnappschuss<br />

erscheint, vergehen Tage. Damit sie<br />

dennoch live auf einem Event sein kann,<br />

muss die Figur zuvor fertig sein: Für ein<br />

Bild auf Instagram brauchen Zuber und<br />

sein Team drei bis vier Tage, eine Animation<br />

kann zwei Wochen und länger dauern. Bei<br />

aufwendigeren Produktionen – zum Beispiel<br />

mit offenen, wehenden Haaren und<br />

dynamischen Hintergründen wie fallendem<br />

Laub – können bis zu acht Wochen<br />

vergehen.<br />

Mit Vielfalt punkten<br />

Dafür gibt es für Noonoouri keine Grenzen.<br />

„The sky is the limit!“, sagt Zuber.<br />

„Sie kann auf dem Empire State Building<br />

sitzen, eine Unterwasser-Modenschau<br />

veranstalten oder auf den Kreisen des<br />

Jupiters einen Song performen.“ Das sei<br />

33


HERO STORY<br />

HERO STORY<br />

eigene Beiträge, sondern agiert auch in<br />

Kommentarspalten und beteiligt sich an<br />

Diskussionen zu ihren Themen. So tritt<br />

Noonoouri noch stärker als eigenständiger<br />

Charakter auf, andererseits erreicht sie so<br />

eine breitere Zielgruppe.<br />

Unverständnis für seine Kreation gibt es<br />

immer weniger: „Wenn sie andere Bei-<br />

nicht nur ein Blickfang, sondern auch<br />

spannend für die Generation Z – und Marken,<br />

die eine junge Zielgruppe erreichen<br />

wollen. Zuber erklärt: „Noonoouri spricht<br />

junge Menschen an, die mit Gaming oder<br />

Social Media aufgewachsen sind. Diese<br />

Generation experimentiert in digitalen<br />

Welten, unter anderem mit ihrer Identität:<br />

Mal können sie ein Muskelprotz sein, mal<br />

ein anderes Geschlecht annehmen.“<br />

Wer Vielfalt abbilden wolle, könne das mit<br />

Noonoouri: Sie zeige, wie es gelingt, eine<br />

ganz andere Rolle einzunehmen und so<br />

ein Verständnis für andere Sichtweisen zu<br />

entwickeln. Zudem hat sie keine Nationalität,<br />

„sie ist eine Kosmopolitin“, meint<br />

Zuber. Ihre Wandelbarkeit sei ein Vorteil<br />

gegenüber menschlichen Influencer:innen.<br />

Gleichzeitig habe sie einen gefestigten<br />

Charakter. Ein wichtiger Faktor: Denn<br />

nur durch authentische Partner:innen<br />

können Marken auch Werte vermitteln.<br />

Auf Noonoouris Instagram-Kanal geht es<br />

deshalb auch um Aktivismus: Sie zeigt sich<br />

als Teil der LGBTQ+-Bewegung, setzt sich<br />

für Nachhaltigkeit und Tierwohl ein, kritisiert<br />

Diskriminierung und Rassismus. Dafür<br />

lässt Zuber seine digitale Figur in einem<br />

Meer aus Plastikabfällen schwimmen, inszeniert<br />

sie gemeinsam mit vom Aussterben<br />

bedrohten Tierarten oder kleidet sie in<br />

einen Pullover mit „Black Lives Matter“-Aufschrift.<br />

Um eine langfristige Marketing-Strategie<br />

ging es Zuber bei Noonoouri nie. Der<br />

Designer betont, dass sie nicht einfach ein<br />

Alter Ego seiner selbst ist, sie spreche für<br />

sich selbst. Ihr Charakter mit der Passion<br />

für Fashion und Beauty und dem Problembewusstsein<br />

für gesellschaftliche Themen<br />

sei mit ihm gewachsen. „Deswegen ist<br />

Noonoouri heute authentisch, stark und<br />

tritt selbstbewusst auf“, ist sich Zuber sicher.<br />

Auf Instagram veröffentlicht sie nicht nur<br />

träge kommentiert, zum Beispiel zum<br />

Thema Tierschutz, kommt es manchmal<br />

zu Antworten wie: ‚Du bist doch digital, wie<br />

kannst du Veganerin sein? Du musst doch<br />

gar nichts essen!‘“ Dem begegnet Zuber<br />

mit Gelassenheit, erklärt die Idee hinter<br />

Noonoouri und kann nicht selten Kritiker:innen<br />

umstimmen. Hasskommentare seien<br />

mittlerweile kein Thema mehr.<br />

Moderne Technologien erwecken<br />

Noonoouri zum Leben<br />

Heute entsteht Noonoouri nicht mehr auf<br />

Zeichenpapier, sondern mit moderner<br />

Technik. Ein Motion Capture Suite erfasst<br />

eine natürliche Körperhaltung: Wie in Hollywood-Animationsfilmen<br />

zieht sich ein:e<br />

Mitarbeiter:in den Ganzkörperanzug an, der<br />

über zahlreiche Sensoren die menschliche<br />

Körperhaltung auf ein Computer modell<br />

überträgt. Ein Face-Tracking-System sorgt<br />

für natürliche Gesichtsausdrücke, hier<br />

übertragen Sensoren, die auf das Gesicht<br />

geklebt werden, die Bewegungen an ein<br />

3-D-Modell. Im Nachhinein ist noch ein<br />

Feinschliff nötig, aber: „Die Technologie<br />

entwickelt sich rasant. In ein paar Jahren<br />

werden animierte Figuren in Filmen und<br />

Spielen nicht mehr von echten Menschen<br />

zu unterscheiden sein“, ist sich Zuber sicher.<br />

Für Noonoouri ist eine realistische Animation<br />

keine Option: „Das Digitale soll das<br />

Physische unterstützen, der Mensch steht<br />

an erster Stelle“, betont der Designer.<br />

Zuber nennt als Beispiel dafür die Kampagne<br />

mit Formel-1-Weltmeister Lewis<br />

Hamilton. Für Tommy Hilfiger standen<br />

der Rennfahrer und Noonoouri gemeinsam<br />

im gleichen Look vor der Linse. Die<br />

digitale Influencerin generiere noch mehr<br />

Aufmerksamkeit für die Aussage, die mit<br />

einem Bild vermittelt werden soll – und<br />

in dem Fall für die Marke Tommy Hilfi-<br />

ger und die vegane Modekollektion, die<br />

Hamilton vorstellt. Denn Noonoouri sorge<br />

neben einer echten Person auf einem<br />

Bild für Verwunderung. Ein erwünschter<br />

Effekt: Die Betrachter:innen bleiben<br />

hängen, erkennen die reale Person und<br />

wollen wissen, wie es zu dem Bild mit der<br />

digitalen Influencerin gekommen ist.<br />

Genauso wie ihre menschlichen Kolleg:innen<br />

entwickelt sich Noonoouri weiter. Und<br />

hat Ziele: In Zukunft werde sie mit neuen<br />

Themenspektren experimentieren. Sie<br />

könne zum Beispiel Musik empfehlen oder<br />

Games besprechen, meint Zuber. Die große<br />

Vision ist daher der Schritt ins Metaverse.<br />

Noonoouri gehört<br />

ins Metaverse<br />

LINKS: Zuber<br />

präsentierte seine<br />

Schöpfung zum<br />

ersten Mal im<br />

Februar 2018.<br />

RECHTS:<br />

Noonoouri in<br />

Hongkong. Das<br />

Bild mit einem<br />

Outfit von Marine<br />

Serre erstellte<br />

Zuber für die<br />

dortige Ausgabe<br />

der „Vogue“.<br />

„Die Technologie<br />

entwickelt<br />

sich rasant.<br />

In ein paar<br />

Jahren werden<br />

animierte Figuren<br />

in Filmen<br />

und Spielen<br />

nicht mehr von<br />

echten Menschen<br />

zu unterscheiden<br />

sein.“<br />

Zuber kann sich vorstellen, für Noonoouri<br />

einen eigenen virtuellen Raum zu erstellen,<br />

wo Nutzer:innen sie zu bestimmten<br />

Zeiten antreffen können. Dort könne<br />

sie mit Fans über neue Spiele sprechen,<br />

neue Mode zeigen oder Alben präsentieren.<br />

Daraus würden sich unzählige<br />

Kooperationsmöglichkeiten ergeben. Für<br />

den Designer ist der Schritt ins Metaverse<br />

nur natürlich, immerhin gehört Noonoouri<br />

in den digitalen Raum. Besonders<br />

für Modekollektionen ergebe sich ein<br />

entscheidender Vorteil: „Die Fashion-<br />

Branche ist in Sachen Nachhaltigkeit<br />

sehr umstritten. Selbst wenn zum Beispiel<br />

Baumwolle ökologisch produziert<br />

wird – über die Weiterverarbeitung sagt<br />

das nichts aus. Zudem wird das meiste<br />

auch noch weggeworfen. Im Metaverse<br />

kann Kleidung zunächst gezeigt und digital<br />

verkauft werden, danach wird sie on<br />

demand produziert. Das spart Ressourcen<br />

und reduziert die Umweltbelastung.“<br />

Auch NFTs sind ein Thema, vom Profile<br />

Picture Drop bis zu Noonoouri-Avataren<br />

ist alles möglich. Zuber will mit<br />

seiner Schöpfung die Avantgarde bilden<br />

und zeigen, was möglich ist – nicht nur<br />

Trends hinterherlaufen.<br />

Selbst wenn Noonoouri künftig im Metaverse<br />

einen durchschlagenden Erfolg<br />

erzielt und es viele Nachahmer:innen geben<br />

sollte: „Digitale Figuren oder Avatare<br />

werden Influencer:innen nicht ersetzen.“<br />

Zuber zufolge geht es im Grunde um<br />

eine Diversifizierung der Ansprache: „Es<br />

gibt Menschen, die werden durch Menschen<br />

erreicht. Und es gibt andere Personen,<br />

die werden durch digitale Avatare<br />

erreicht.“ Das sei ein ähnliches Prinzip<br />

wie bei Print- und Online-Produkten, die<br />

jeweils andere Zielgruppen ansprechen.<br />

Für den 42-Jährigen ist die Botschaft<br />

wichtiger als der Bote oder die Botin.<br />

34 35


WEB3-STUDIE<br />

WEB3-STUDIE: DIE ERGEBNISSE DER<br />

EXPERT:INNENBEFRAGUNG<br />

Welche<br />

Veränderungen kommen<br />

mit Web3 auf<br />

die Medienbranche zu?<br />

Was kommt auf die<br />

Medienbranche zu?<br />

ILLUSTRATIONEN<br />

TOBI FRANK UND 1E9 FÜR <strong>XPLR</strong>: MEDIA IN BAVARIA<br />

Die Diskussion um das nächste Internet ist in aller Munde. Mit dem Aufstieg<br />

von Web3 und dem Metaverse kommen auch auf die Medienbranche<br />

gravierende Veränderungen zu. Egal, ob neue Geschäftsmodelle,<br />

die Rolle von Medien ganz allgemein oder die Kommunikation mit den<br />

Nutzer:innen: Die Risiken und Chancen sind groß und die Innovationskraft<br />

in Medienunternehmen gefragter denn je. Wie schätzen Expert:innen die aktuellen Entwicklungen<br />

rund ums Web3 ein? Kann die Medienbranche wirklich davon profitieren?<br />

Antworten liefert die Studie „Web3 – Was kommt auf die Medienbranche zu?“.<br />

„Eigentlich ist das Web3 wie ein Medikament für die<br />

Medienbranche. Sie ist die am wenigsten profitable Branche im<br />

Netz und hat jetzt die Chance, es völlig neu zu<br />

denken – weil die Regeln noch nicht festgeschrieben sind.“<br />

<strong>XPLR</strong>: MEDIA in Bavaria hat in Zusammenarbeit mit 1E9 deutschlandweit 18 Web3-<br />

Expert:innen zu Chancen und Risiken für Medienhäuser, Veränderungen für die<br />

Medienbranche, aktuellen Use-Cases, Verschiebungen von Machtverhältnissen und<br />

Regulierungen im digitalen Raum befragt.<br />

Alle Ergebnisse der Expert:innenbefragung<br />

inklusive Einblicke in den Status quo von Web3 in<br />

der bayerischen Medienbranche findest du hier:<br />

CHRISTIAN PFEIFFER,<br />

NFT-Botschafter, Co-Founder<br />

MUC/labs, München<br />

FOTO: ADOBE STOCK<br />

PROF. DR. PHILIPP SANDNER,<br />

Frankfurt School Blockchain<br />

Center, München<br />

DARIN SIND SICH DIE EXPERT:INNEN EINIG:<br />

Große, konzerngesteuerte und etablierte Plattformen könnten im Web3 an Bedeutung verlieren. Die<br />

unmittelbare Beziehung zwischen Creator und Consumer gibt alternativen Diensten von<br />

Medienunternehmen und kleineren Projekten auch ohne große finanzielle Mittel mehr Raum. Sie<br />

fördert eine Creator-Economy, bei der Kreative durch Smart Contracts ihre Werke langfristig<br />

monetarisieren können. Dank der offenen Struktur und dynamischen Selbstorganisation des Web3<br />

entstehen rund um Projekte Communities, die von Medienunternehmen mit Token incentiviert<br />

und belohnt werden können. Die Signup-Logik mit E-Mail und Passwort wird dabei durch eine Wallet<br />

ersetzt, die als zentrale Brieftasche für Log-ins, Identifikations- und Signaturprozesse dient.<br />

„Durch Tokenisierung und<br />

insbesondere durch NFTs<br />

wird es die Möglichkeit<br />

geben, geistiges Eigentum<br />

derart zu gestalten, dass es<br />

in der Hand des Creators<br />

verbleibt. Im Fall des Erfolgs<br />

kann er einen größeren Share<br />

des Werts für sich erhalten –<br />

was wiederum dazu führen<br />

dürfte, dass die Plattformmodelle,<br />

die im Web2 groß<br />

geworden sind, indem sie<br />

alles aggregiert, aufgesaugt<br />

und günstig eingekauft<br />

haben, schlanker werden<br />

müssen.“<br />

„Wir sehen schon jetzt im<br />

Web2, dass Medien stark<br />

fragmentiert sind. Jeder kann<br />

anfangen, YouTube-<br />

Videos zu machen, Artikel zu<br />

schreiben oder Newsletter<br />

zu bestimmten Themen zu<br />

verschicken. Das Web3 bietet<br />

jetzt all diesen Leuten neue<br />

Einkommensmethoden – die<br />

vorher z. B. schon an den<br />

hohen Transaktionsgebühren<br />

für Payment-Provider<br />

gescheitert sind. Das wird<br />

es für Medienunternehmen<br />

nicht einfacher machen, gute<br />

Leute einzustellen und guten<br />

Content zu kreieren.“<br />

VICTORIA HAUZENEDER,<br />

Co-Founder fundle3,<br />

Founding Member<br />

PretzelDAO, München<br />

37


WEB3-STUDIE<br />

WEB3-STUDIE<br />

Wo liegen die Chancen von Web3?<br />

GLOSSAR<br />

Welche Low Hanging Fruits<br />

sind für die Branche interessant?<br />

DARIN SIND SICH DIE EXPERT:INNEN EINIG:<br />

7 BEGRIFFE –<br />

KURZ ERKLÄRT<br />

Neue Finanzierungsmodelle ermöglichen es Medienunternehmen, sich von<br />

BJÖRN JANSEN,<br />

Co-Founder NFTmunich/<br />

24acht, München<br />

„Die Technologie der Non-Fungible<br />

Tokens, die das Web3<br />

mit ermöglichen, ist gekommen,<br />

um zu bleiben. Das ist das, wo<br />

wir Anwendungsfälle für die Zukunft<br />

sehen werden. Ich glaube,<br />

hier wird Magie passieren.“<br />

Werbeeinnahmen und etablierten Plattformen zu emanzipieren.<br />

Konsument:innen können über Communities, NFTs und neue Organisationsformen<br />

aktiv einbezogen und dauerhaft an Unternehmen gebunden<br />

werden. Die transparenten Strukturen erlauben neue Formen der Zusammenarbeit<br />

mit anderen Unternehmen und Kreator:innen. Inhalte können durch<br />

Weiterverkäufe auf Secondary Markets langfristig Einnahmen generieren.<br />

CHRISTIAN SCHIFFER,<br />

Tech-Journalist,<br />

Bayerischer Rundfunk<br />

„Die Chancen liegen darin, sich von zentralisierten Plattformen wie<br />

Facebook unabhängiger zu machen. Ich könnte mir vorstellen, dass sich<br />

die Frage, wie mit Urheberrechten umgegangen wird, vereinfacht.<br />

Wenn wir beispielsweise über ein Video sprechen, das Fremdmaterial<br />

enthält. Dieses Fremdmaterial ist tokenisiert, es stehen Smart Contracts<br />

dahinter. Dann kann ich es verwenden und es wird im Hintergrund<br />

einfach abgerechnet – ich muss nicht 500 Anfragen stellen.“<br />

Blockchain: fälschungssichere und dezentrale<br />

Datenketten. Auf der Blockchain sind Transaktionen<br />

chronologisch festgehalten sowie Eigentumsrechte<br />

und Handelsbedingungen (Smart Contracts)<br />

festgeschrieben. Die Informationen sind für jede:n abrufbar,<br />

unveränderlich und liegen nicht bei einer zentralen<br />

Instanz wie zum Beispiel auf einem Server.<br />

Smart Contract: Mit Smart Contracts werden<br />

Handelsbedingungen auf einer Blockchain festgelegt.<br />

Es sind Verträge, deren Bedingungen automatisch und<br />

ohne Autorisierung durch eine Person umgesetzt werden.<br />

Zum Beispiel die Auszahlung von 20 Prozent des<br />

Verkaufserlöses an den oder die Urheber:in eines NFTs.<br />

DAO: die Abkürzung für „Dezentralisierte Autonome<br />

Organisation“. Eine DAO funktioniert ohne hierarchisches<br />

Management, ihre Regeln sind im Smart Contract<br />

programmiert. Entscheidungen werden im Konsens-<br />

Prinzip von allen Mitgliedern getroffen.<br />

DARIN SIND SICH DIE EXPERT:INNEN EINIG:<br />

Medienunternehmen sollten Mitarbeitende schon jetzt mit<br />

den Mechanismen und Konzepten des Web3<br />

vertraut machen und bestehende Use-Cases ausprobieren.<br />

Der nächste Schritt sind kleinere Experimente mit<br />

Web3-Mechaniken und -Technologien, etwa NFTs als<br />

Sammlerobjekte oder Ticketing-Mechanismen.<br />

Mit auf Token basierenden Belohnungssystemen lassen<br />

sich Nutzer:innen ermutigen, personalisierte Werbung zuzulassen,<br />

an Umfragen teilzunehmen, Kommentare<br />

zu verfassen und regelmäßig ein Angebot zu besuchen.<br />

„Es ist wie bei allen<br />

neuen Technologien. Es<br />

muss in den Gewohnheitsmustern<br />

der Menschen<br />

ankommen. Dazu braucht es<br />

viele Education-Formate.<br />

Wo liegen die Risiken von Web3?<br />

DARIN SIND SICH DIE EXPERT:INNEN EINIG:<br />

Das Web3 ist derzeit relativ unzugänglich und wenig<br />

intuitiv. Nur wer sich mit komplexen Mechanismen<br />

auseinandersetzt und Projekte gut durchdenkt, kann<br />

schädlichen Opportunismus, Angriffe auf<br />

fehlerhafte Smart Contracts und dauerhaft festgehaltene<br />

Verfehlungen vermeiden. Kehrseite der Transparenz<br />

der Web3-Technologien ist die Überwachung der Datenströme,<br />

durch die dezentrale Werbe- und Datenmarktplätze<br />

entstehen könnten. Gefahren durch<br />

Scammer, Kriminelle und Hacker drohen auch im Web3.<br />

BJÖRN JANSEN,<br />

Co-Founder NFTmunich/<br />

24acht, München<br />

PROF. DR. FLORIAN MATTHES,<br />

Informatik, TUM/Co-Founder<br />

Blockchain Bayern<br />

„Dieses komplett freie Konzept<br />

des Web3 ist an vielen Ecken schon<br />

verwundbar. Wenn man sich<br />

nicht umfänglich informiert hat oder<br />

schlampig arbeitet, kann es<br />

sogar sehr gefährlich werden – auch<br />

für das eingesetzte Kapital.“<br />

„Die Strukturen und Funktionen<br />

sind aus Sicht von Nutzern<br />

bisher nicht zu verstehen – und<br />

auch nicht so recht zu nutzen.“<br />

FOTO: ADOBE STOCK<br />

Metaverse: von Neal Stephenson im Roman „Snow<br />

Crash“ Anfang der 1990er geprägter Begriff. Die<br />

Vision einer virtuellen Welt, in der sich Menschen mithilfe<br />

von Virtual-Reality-Brillen als digitale Figuren (Avatare)<br />

bewegen, spielen und arbeiten.<br />

NFT: steht für Non-Fungible Token. Ein einzigartiges,<br />

nicht austauschbares digitales Gut, das auf einer<br />

Blockchain gespeichert ist. Der Token ist der Eigentumsnachweis<br />

für einzelne, digitale Assets wie Kunstwerke<br />

oder Sammelobjekte. Bekannte NFTs sind zum<br />

Beispiel CryptoPunks, Bored Ape Yacht Club und der<br />

erste Tweet von Twitter-Gründer Jack Dorsey.<br />

Kryptowährung: eine digitale Währung, die auf<br />

Basis der Blockchain-Technologie generiert und<br />

gespeichert wird. Die größte und bekannteste Kryptowährung<br />

ist Bitcoin, gefolgt von Ether.<br />

Wallet: eine digitale Geldbörse.<br />

Sie ermöglicht den Kauf von Kryptowährungen<br />

und NFTs und speichert diese.<br />

DR. ANNETTE DOMS<br />

Kunsthistorikerin,<br />

Gründerin xcircle, München<br />

CHRISTIAN SCHIFFER,<br />

Tech-Journalist,<br />

Bayerischer Rundfunk<br />

Ein NFT mit einer schönen<br />

Utility und einer langfristigen<br />

Roadmap ist definitiv für<br />

jedes Medienhaus sinnvoll.<br />

Dadurch kann man die<br />

Leute mit dem Wallet-Thema<br />

vertraut machen und<br />

Aufklärung zur Sicherheit<br />

betreiben. Und man kann<br />

es gleich als Teilnahmezertifikat<br />

für Events kreieren.“<br />

„Die einzelnen Abos im Medienbereich<br />

sind ein riesiges Problem. Ich stehe permanent<br />

vor verschlossenen Türen. Eigentlich wäre die<br />

Logik, einen digitalen Grossisten zu haben, der eine<br />

Plattform bietet und am Ende die Artikel<br />

abrechnet. So was gibt es in der analogen Welt, fehlt<br />

aber im Digitalzeitalter.“<br />

38 39


WEB3-STUDIE<br />

WEB3-STUDIE<br />

Welche Fehler sollte<br />

man vermeiden?<br />

DARIN SIND SICH DIE EXPERT:INNEN EINIG:<br />

Medienschaffende sollten das Web3 nicht nur als weiteren<br />

Max Haarich,<br />

NFT-Künstler, München<br />

„Man sollte als Medienunternehmen<br />

jetzt<br />

definitiv keine Metaverse-<br />

Dependance eröffnen,<br />

einfach um auch dabei zu<br />

sein. Der Einsatz von<br />

Web3 muss als logische<br />

Notwendigkeit erscheinen<br />

und nicht als<br />

Marketing-Stunt.“<br />

Wann kommt das Web3?<br />

DARIN SIND SICH DIE EXPERT:INNEN EINIG:<br />

Auch wenn die Branche aktuell einen Dämpfer erlebt: Innerhalb<br />

von drei bis fünf Jahren wird das Web3 mit neuen Anwendungen,<br />

Apps und Konzepten zurückkommen und deutlich nutzerfreundlicher<br />

werden. Aktuell sind es vor allem jüngere Nutzer:innen, die<br />

in das neue Web hineinwachsen und dessen Werte und Strukturen<br />

annehmen. Für Medienunternehmen hingegen gilt: die<br />

neue Technik im Blick behalten, vielleicht erste (nicht öffentliche)<br />

Experimente wagen, sinnvolle Partnerschaften durchdenken, aber<br />

keinesfalls den Einstieg übereilen. Denn Web3-Anwendungen<br />

und -Protokolle müssen mittel- bis langfristig sinnvoll sein.<br />

Kanal zur Monetarisierung von Inhalten sehen,<br />

sondern als Möglichkeit für langfristige Kundenbeziehungen<br />

und Community-Aufbau begreifen. Maximale Transparenz<br />

über Ziele und Vorgehensweisen ist dabei essenziell.<br />

Wer völliges Neuland betritt, muss die Möglichkeit des<br />

Scheiterns einräumen. Medienschaffende sollten auf<br />

Synergien mit erfahrenen Akteuren setzen und auf<br />

Alleingänge verzichten. Medienhäuser dagegen müssen<br />

akzeptieren, dass im Web3 andere Regeln gelten<br />

und sie ein Standing im Zweifel neu erarbeiten müssen.<br />

Viele große Web3-Player und Brands sind in kürzester<br />

Zeit entstanden und profitieren von Fans, Community und<br />

„Friends you make along the way“.<br />

CÉCILE SCHNEIDER<br />

Product Lead AI + Automation<br />

Lab, Bayerischer Rundfunk<br />

„Es sollte der Vorteil<br />

demonstriert werden,<br />

den es für die Nutzer:innen<br />

haben wird – oder haben<br />

soll. Das ist das wichtigste<br />

Argument: Es soll<br />

am Ende vor allem den<br />

Nutzern und Nutzerinnen<br />

etwas bringen.“<br />

CÉCILE SCHNEIDER<br />

Product Lead AI + Automation<br />

Lab, Bayerischer Rundfunk<br />

„Oft brauchen solche<br />

Technologien mehrere<br />

Anläufe. KI hat auch schon<br />

mehrere Hypes durchlebt,<br />

bevor sie sich wirklich<br />

durchgesetzt hat. Ich kann mir<br />

gut vorstellen, dass<br />

es im Web3-Bereich auch<br />

so kommen wird.“<br />

„Die Aufgabe der nächsten<br />

drei Jahre steht unter<br />

dem Motto ,Grab the<br />

opportunity‘ und dann<br />

werden wir 2025 das Web3<br />

in seiner Erstform sehen.<br />

Und danach wird es ein<br />

Iterationsprozess und sich<br />

stetig weiterentwickeln.“<br />

CHRISTIAN PFEIFFER,<br />

NFT-Botschafter, Co-Founder<br />

MUC/labs, München<br />

Auf dem Weg ins neue Internet<br />

Alle<br />

Ergebnisse unter<br />

www.xplr-media.com/<br />

WEB 1<br />

STATISCHE<br />

WEBSITES<br />

WEB 2<br />

USER-GENERATED<br />

CONTENT<br />

WEB 3<br />

DEZENTRALISIERUNG<br />

VIA BLOCKCHAIN<br />

Ausblick:<br />

web3-studie<br />

ca. 1990–2005<br />

ca. 20<strong>03</strong>–heute<br />

seit 2014<br />

Das Web3 wird – das ist die Ansicht zahlreicher Expert:innen – die derzeitigen Konzepte<br />

und Infrastrukturen des World Wide Webs nicht auflösen. Stattdessen werden mit hoher<br />

eBay, Google,<br />

AOL, AltaVista, GeoCities,<br />

MSN, Yahoo<br />

Twitter, Airbnb, Instagram,<br />

WordPress, Facebook, Myspace, WhatsApp,<br />

Wikipedia, YouTube<br />

Polygon, Coinbase, Storj,<br />

Brave, MetaMask, OpenSea,<br />

Uniswap, Foundation<br />

Wahrscheinlichkeit einzelne Aspekte, Technologien und Prozesse des Web3 bestehende<br />

Dienste und Nutzungsmöglichkeiten im bekannten Web erweitern.<br />

FOTOS: ADOBE STOCK, PR (9)<br />

„Aus der Content-Perspektive betrachtet, ist das Metaverse disruptiv<br />

gegenüber allem, was jetzt Medien sind – egal, ob Verlage, Fernsehen,<br />

Radio oder Streaming-Angebote. Denn es schafft neue Erlebnisse<br />

und ein Miteinander. Die alten Medien werden nicht verschwinden, aber sie<br />

werden durch etwas extrem Mächtiges ergänzt.“<br />

HENDRIK HEY,<br />

Founder Welt der Wunder/<br />

MILC, München<br />

40


WEB3-PROJEKTE<br />

WEB3-PROJEKTE<br />

USE-CASES<br />

IM NEUEN WEB<br />

DAS WEB3 HAT DIE MEDIENBRANCHE<br />

ERREICHT. BAYERISCHE PROJEKTE ZEIGEN, WIE SICH<br />

DAS POTENZIAL NUTZEN LÄSST.<br />

Mit<br />

<strong>XPLR</strong>: MEDIA<br />

in Bavaria<br />

zum eigenen NFT<br />

DIE <strong>XPLR</strong>ers<br />

FOTOS: ADOBE STOCK, KATRIN REICHWALD FÜR <strong>XPLR</strong>: MEDIA IN BAVARIA<br />

SCHEUKLAPPEN ABNEHMEN UND ERSTE<br />

ERFAHRUNGEN MIT EINER NEUEN<br />

TECHNOLOGIE MACHEN: DAS IST DIE IDEE, DIE HINTER<br />

DER NFT-KOLLEKTION „<strong>XPLR</strong>ERS“ STECKT.<br />

Auf der re:publica <strong>2022</strong> konnten Innovator:innen und Medienschaffende<br />

den NFT-Hype hautnah miterleben und am Stand von <strong>XPLR</strong>:<br />

MEDIA in Bavaria kostenlos ihr erstes NFT minten.<br />

Die 500 einzigartigen „<strong>XPLR</strong>ers“ sollen einen Vorgeschmack darauf<br />

geben, was mit NFTs – auch in der Medienbranche – möglich<br />

ist. Sie sind nicht nur Sammlerstücke, sondern zugleich Eintrittskarte<br />

zu einer exklusiven Community aus Medienschaffenden, die<br />

die Begeisterung für neue Technologien und das Web3 teilen. Ein<br />

besonderes Goodie: Einige zufällig ausgewählte „<strong>XPLR</strong>ers“ beinhalteten<br />

eine Utility, wie zum Beispiel Konferenztickets, Giveaways<br />

oder kostenlose Abos von bayerischen Medienunternehmen. In<br />

Zukunft nimmt die Community an NFT-Kursen und Meetups mit<br />

Expert:innen teil.<br />

Wegen der guten Resonanz hat es eine Neuauflage des Projekts<br />

auf die MEDIENTAGE MÜNCHEN <strong>2022</strong> geschafft.<br />

Du willst keine<br />

innovativen Projekte<br />

aus der bayerischen<br />

Medienbranche mehr<br />

verpassen? Mit unserem<br />

Newsletter bleibst<br />

du auf dem Laufenden!<br />

42<br />

43


WEB3-PROJEKTE<br />

WEB3-PROJEKTE<br />

SEVEN.ONE ENTERTAINMENT<br />

GROUP UND BUZZBIRD<br />

INFLUENCER-MARKETING WIRD FÜR DIE SEVEN.ONE<br />

ENTERTAINMENT GROUP IMMER WICHTIGER. DIE PROSIEBENSAT.1-<br />

TOCHTER ERWEITERT IHR PORTFOLIO DURCH DIE ÜBERNAHME<br />

VON BUZZBIRD – UND WILL PIONIER IM METAVERSE WERDEN.<br />

Influencer-<br />

Marketing<br />

im<br />

Metaverse<br />

Seit Juni <strong>2022</strong> gehört die Influencer-Marketing-Agentur Buzzbird vollständig zur Seven.<br />

One Entertainment Group. Das Team um Katharina Frömsdorf, die als Geschäftsführerin<br />

der Seven.One AdFactory auch die Leitung von Buzzbird übernommen hat, hat große<br />

Pläne: Seven.One Entertainment könne nun nicht nur „den ganzen bunten Blumenstrauß<br />

an Social-Media- und Influencer-Marketing aus einer Hand anbieten“, sondern wolle sich<br />

dadurch auch als Pionier im Metaverse platzieren, so Frömsdorf. Aktuell lote Seven.One die<br />

Möglichkeiten aus: „Wir halten beispielsweise das Konzept der virtuellen Influencer:innen<br />

geradezu für prädestiniert für das Metaverse, da sie sich in einem virtuellen Universum<br />

quasi organisch einfügen.“ Die erste hauseigene digitale Influencerin Yuna führt seit Ende<br />

Juli auf Instagram ein fiktives Leben in Berlin. „Wir sammeln mit ihr wertvolle Erfahrungen<br />

und Feedback aus der Community, beides fließt kontinuierlich in ihre Weiterentwicklung<br />

und in ihr Storytelling ein“, erklärt Frömsdorf.<br />

Golden Deers:<br />

eine NFT-<br />

Community für<br />

Mitarbeitende<br />

und Kund:innen<br />

ZUM GOLDENEN HIRSCHEN<br />

DIE WERBEAGENTUR ZUM GOLDENEN HIRSCHEN<br />

BRINGT IHRE EIGENEN NFTS HERAUS.<br />

Einmal Hirsch, immer Hirsch: Das ist die Idee, die hinter der NFT-Kollektion der Werbeagentur<br />

Zum goldenen Hirschen steckt. Das Unternehmen mit einem Sitz in München<br />

verteilt die unverkäuflichen NFTs an alle Mitarbeitenden, wer aus der Firma ausscheidet,<br />

behält es trotzdem. So baut Zum goldenen Hirschen ein Alumni-Netzwerk auf und<br />

bietet gleichzeitig Benefits für Mitarbeitende. Denn die NFTs sind digitale Eintrittskarten<br />

für Firmenevents und ermöglichen Zugang zu einem geschlossenen Discord-Server.<br />

Via Chat können aktuelle und ehemalige Kolleg:innen in Kontakt bleiben und sich<br />

persönlich auf den Firmenevents treffen. Später sollen auch Kund:innen der Agentur<br />

eigene NFTs erhalten. Neben der NFT-Kollektion hat die Agenturgruppe noch weitere<br />

ambitionierte Pläne: Der nächste Schritt ist ein komplett virtueller Agenturauftritt im<br />

Metaverse, weiß Jan Bartens, Digital Creative Director.<br />

FOTOS: ADOBE STOCK, SEVEN.ONE ENTERTAINMENT GROUP, ZUM GOLDENEN HIRSCHEN, LOOPING GROUP<br />

Projektionen von<br />

echten Menschen<br />

im Metaverse<br />

Wie funktioniert ein Markenauftritt in der virtuellen Realität?<br />

Die LOOPING GROUP will gemeinsam mit Unternehmen eine<br />

Antwort finden und stellt dafür das Labor: Mit den LOOPING<br />

Metaverse Solutions entwickelt das Münchner Brand Publishing<br />

House mit weiteren Standorten in Berlin, Hamburg und<br />

London passende Metaverse-Konzepte für Unternehmen –<br />

und setzt diese auch gleich um. Dafür hat sich die LOOPING<br />

GROUP erfahrene Partner an die Seite geholt: Gemeinsam mit<br />

dem italienischen Entwicklerstudio 101 Percent werden in den<br />

Räumen der UnternehmerTUM in München virtuelle Umgebungen<br />

programmiert. Die Innovator:innen der LOOPING GROUP<br />

nutzen dort auch ein Greenscreen-Studio – das brauchen sie für<br />

ihr „Humanverse“. Gregor Becker, Principal LOOPING GROUP<br />

und Strategie-Berater für die LOOPING Metaverse Solutions,<br />

erklärt: „Wir haben bei LOOPING das Humanverse entwickelt:<br />

LOOPING GROUP<br />

FÜR VIELE UNTERNEHMEN IST DAS METAVERSE NOCH IMMER ABSTRAKTE ZUKUNFTSVISION.<br />

DAMIT DAS NICHT SO BLEIBT, UNTERSTÜTZT DIE LOOPING GROUP MIT DEN LOOPING METAVERSE<br />

SOLUTIONS BEIM EINSTIEG INS WEB3 UND BIETET PRAXISERPROBTE VIRTUAL-REALITY-LÖSUNGEN.<br />

eine 3-D-Livestreaming-Technologie, die Menschen in virtuelle<br />

Räume projiziert. Und zwar echte Menschen, keine Avatare.“ Zu<br />

den Kunden, die die LOOPING GROUP bereits mit einer Humanverse-Umsetzung<br />

beauftragt haben, gehört beispielsweise ein<br />

Automobilhersteller: Wer einen Neuwagen kaufen will, konfiguriert<br />

in der VR-Anwendung ein Fahrzeug und spricht mit dem virtuellen<br />

Klon einer Beraterin oder eines Beraters. Daneben arbeitet die<br />

LOOPING GROUP an Digital Twins von Gebäuden in der virtuellen<br />

Realität, mit denen Kunden zum Beispiel digitale Führungen von<br />

Produktionsstätten anbieten können, oder konzipiert virtuelle<br />

Training-Sessions. Becker setzt aufs Humanverse – dass Menschen<br />

via VR-Brille in einer allumfassenden virtuellen Realität ein zweites<br />

Leben führen werden, erwartet er dagegen nicht. Stattdessen würden<br />

wir künftig auf viele verschiedene virtuelle Räume zugreifen:<br />

„Wir werden ein Multiverse sehen, kein Metaverse.“<br />

44<br />

45


WEB3-PROJEKTE<br />

BR NEXT<br />

Auf Zeitreise<br />

im Metaverse<br />

WEB3: TESTE DEIN WISSEN<br />

EIN METAVERSE ALS ORT DER BILDUNG: MIT DER<br />

VIRTUAL-REALITY-INSTALLATION MÜNCHEN 72 ERINNERT DIE<br />

INNOVATIONSABTEILUNG DES BAYERISCHEN<br />

RUNDFUNKS, BR NEXT, AN DIE OLYMPISCHEN SPIELE VON 1972.<br />

Als digitale Avatare und mittels VR-Brillen erleben User:innen beim Projekt München 72<br />

die Geschehnisse rund um die Olympischen Spiele vor rund 50 Jahren. In der digitalen<br />

Welt, die über die Online-Plattform VRChat auch ohne VR-Brille erreichbar ist, taucht man<br />

ein in den Olympiapark, das Stadion und die Unterkünfte der Sportler:innen im Olympiadorf.<br />

Ziel der VR-Installation ist es nicht nur, Interessierte in die damalige Zeit zu versetzen,<br />

sondern auch an die tragischen Ereignisse rund um die Geiselnahme der israelischen<br />

Mannschaft zu erinnern. Auf virtuellen Monitoren laufen Originalaufnahmen der Nachrichten<br />

aus dem Jahr 1972. Ausstellungsstücke und Infotafeln zeigen weitere Hintergründe zur<br />

Geiselnahme und zu den Spielen, die trotz des Terrorakts fortgeführt wurden. Für Projektleiter<br />

Matthias Leitner von BR Next erfüllt die virtuelle Umsetzung eine der Grundideen<br />

der Olympischen Spiele: „Die olympischen Stätten sollten ein Raum für die gemeinsame<br />

Begegnung sein. In unserer Wahrnehmung trifft sich dieser Anspruch mit den Möglichkeiten<br />

moderner Social-VR-Plattformen.“<br />

Die Lösung:<br />

der Begriff für Kryptowährungen,<br />

deren<br />

Wert an den US-Dollar<br />

gebunden ist.<br />

Als Fußballmanager<br />

zu<br />

Bundesliga-NFTs<br />

THE FOOTBALL COMPANY<br />

FANTASY FOOTBALL, METAVERSE UND EIN NFT-MARKTPLATZ: DIE BRÜ-<br />

DER ANTE UND JOSIP KRISTO VEREINEN IN IHRER SMARTPHONE-APP<br />

„THE FOOTBALL CLUB“ GLEICH MEHRERE WEB3-TRENDS.<br />

Die Brüder Ante und Josip Kristo aus München haben bereits Erfahrung mit Spieleentwicklung:<br />

Sie stehen hinter dem Fantasy-Football-Spiel „Kickbase“. Mit ihrem aktuellen<br />

Projekt haben sie sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Sie wollen Fußball-Fandom und die<br />

Möglichkeiten des Web3 miteinander verbinden und das Metaverse des Fußballs kreieren.<br />

Dafür erschufen sie „The Football Club“ – kurz TFC. Die Anwendung verknüpft das<br />

Bundesliga-Manager-Spiel mit NFTs und führt so neue Sammel- und Tauschaspekte<br />

ein. Nutzer:innen erstellen einen individuellen Avatar, der mit Accessoires und offiziellen<br />

Trikots der Bundesliga-Mannschaften als NFTs ausgestattet werden kann. Nutzer:innen<br />

können die NFTs im Spiel gewinnen oder im Online-Shop kaufen. Auch bei den Profis<br />

trifft das Projekt auf Begeisterung: Namhafte Investoren sind die Bundesliga-Trainer<br />

Robert und Niko Kovac sowie Joshua Kimmich vom FC Bayern München. In Zukunft<br />

sind nicht nur neue Kooperationen mit Sportvereinen geplant, sondern auch mit Lifestyle-Labels<br />

und bekannten Marken abseits des virtuellen Fußballplatzes.<br />

FOTOS: ADOBE STOCK, BR NEXT (2), THE FOOTBALL COMPANY<br />

1. Welche italienische Speise wurde in der ersten dokumentierten Bitcoin-Transaktion im Mai 2010 gekauft?<br />

2. Wie heißt das Fantasy-Football-Spiel, das NFTs und Fußballmanagement verbindet? (Abk.)<br />

3. Wie heißen die berühmten Affen-NFTs, die teilweise für siebenstellige Dollarbeträge gehandelt wurden?<br />

4. Wie heißt das erste große Online-Spiel mit NFT-Comic-Kätzchen zum Züchten und Sammeln?<br />

5. Wie heißen die NFTs der Agentur Zum goldenen Hirschen?<br />

6. Welche New Yorker Tageszeitung hat schon Artikel als NFTs verkauft? (Abk.)<br />

7. Was ist das Akronym zu Non-Fungible Token?<br />

8. Wie nennt man ein digitales Profil oder einen virtuellen Charakter noch?<br />

9. Wie heißt die erste Kryptowährung?<br />

10. Welcher bekannte Tech-Mogul verhalf der Kryptowährung Dogecoin erst zum Durchbruch,<br />

bevor er sie später zum Absturz brachte?<br />

11. Wie nennt man es, wenn ein digitales Kunstwerk in ein NFT umgewandelt wird?<br />

12. Worin sind die eigenen digitalen Assets wie NFTs und Kryptos gespeichert?<br />

13. Wie heißt ein digitaler Vertrag, der auf der Blockchain-Technologie basiert?<br />

14. Welches zentralamerikanische Land führt Bitcoin als offizielle Währung?<br />

Antworten: 1. Pizza 2. TFC 3. Bored Apes 4. CryptoKitties 5. Golden Deers 6. NY Times 7. NFT 8. Avatar<br />

9. Bitcoin 10. Elon Musk 11. Minten 12. Wallet 13. Smart Contract 14. El Salvador<br />

46 47


HELLO<br />

FROM ...<br />

GOOD GAME,<br />

CIPSOFT<br />

DIE SPIELE-<br />

SCHMIEDE<br />

CIPSOFT WIRD<br />

<strong>2022</strong> ALS STUDIO<br />

DES JAHRES BEIM<br />

DEUTSCHEN<br />

COMPUTERSPIEL-<br />

PREIS AUS-<br />

GEZEICHNET. WAS<br />

IST DAS ERFOLGS-<br />

GEHEIMNIS DES<br />

REGENSBURGER<br />

ENTWICKLERS?<br />

TEXT<br />

NORA BEYER<br />

FOTOS<br />

SEBASTIAN LOCK<br />

Sie führen seit<br />

Juli 2021 das<br />

Team von CipSoft:<br />

Benjamin Zuckerer<br />

(oben), Ulrich Schlott<br />

(links) und Stephan<br />

Vogler (unten).<br />

Knapp hundert Mitarbeitende,<br />

Jahresumsätze im zweistelligen<br />

Millionenbereich und ein<br />

Online-Spiel, das seit einem<br />

Vierteljahrhundert Dauerbrenner<br />

ist: Der Spieleentwickler CipSoft<br />

ist seit über 20 Jahren in ungebremstem<br />

Höhenflug. Die vier Gründer Stephan<br />

Vogler, Stephan Payer, Ulrich Schlott und<br />

Guido Lübke sind bis heute Gesellschafter<br />

des Unternehmens. Eine Erfolgsgeschichte,<br />

die auf dem Universitätscampus in<br />

Regensburg ihren Anfang nimmt.<br />

Dort kommen die vier Schulfreunde zum<br />

ersten Mal mit dem Internet in Berührung.<br />

„Damals hatte niemand Internet zu<br />

Hause. Das gab es nur an den Universitäten.<br />

1995 gab es zwar schon Spiele über<br />

das Internet, aber das waren ausschließlich<br />

textbasierte, sogenannte Multi User Dungeons.<br />

Wir dachten uns: Eigentlich kann<br />

man das viel besser machen“, erinnert sich<br />

Stephan Vogler, einer der Gründer und Geschäftsführer.<br />

Gesagt, getan. „Wir hatten<br />

die Vision, ein Spiel zu entwickeln, das<br />

nicht nur grafisch was hermacht, sondern<br />

auch auf der ganzen Welt gespielt werden<br />

kann.“ Die Freunde beginnen, an ihrer Idee<br />

zu arbeiten. Titel des Projekts: „Tibia“, ein<br />

Massen-Mehrspieler-Online-Rollenspiel<br />

(MMORPG). „,Tibia‘ ist 1997 an den Start gegangen<br />

– an einem Lehrstuhlrechner“, sagt<br />

Vogler. Am Ende des Studiums sind so<br />

viele Spieler:innen online, dass die vier erkennen:<br />

„Da könnten wir mehr daraus machen.“<br />

Stephan Vogler erzählt: „2000/2001<br />

war die New Economy gerade groß, da war<br />

das Umfeld entsprechend ermutigend<br />

und wir haben kurzerhand eine Firma gegründet.“<br />

Ein Steilstart: „Kurz darauf haben<br />

uns die Spieler:innen die Bude eingerannt.<br />

Wir waren nur damit beschäftigt, Leute<br />

einzustellen und mehr Server für ‚Tibia‘<br />

aufzustellen.“ CipSoft, so Vogler, gibt es bis<br />

heute vor allem aufgrund des enormen<br />

Erfolgs von „Tibia“.<br />

Games-Dauerbrenner<br />

made in Bavaria<br />

Inzwischen ist „Tibia“ eines der ältesten<br />

und erfolgreichsten MMORPGs weltweit.<br />

„Wir haben nie den Glauben an das Projekt<br />

verloren und hatten immer Bock darauf,<br />

es weiterzuentwickeln und besser zu machen“,<br />

meint Stephan Vogler.<br />

Großgeschrieben wird dabei der Community-Kontakt:<br />

„Wir haben schnell realisiert,<br />

Raum für Kreativität:<br />

CipSoft bietet den<br />

Mitarbeitenden<br />

Quellen der Inspiration<br />

in den eigenen<br />

Hallen – inklusive<br />

Retro-Charme.<br />

48 49


REGENSBURG<br />

ALS STAND-<br />

ORTVORTEIL:<br />

„HIER KOMMT<br />

MAN AN<br />

UNS NICHT<br />

VORBEI“<br />

wie wichtig es ist, auf unsere Spieler:innen<br />

zu hören. Wir geben uns viel Mühe, zuzuhören<br />

und umzusetzen, was gewünscht<br />

wird.“ Das schlägt sich in den Zahlen<br />

nieder. Zwar waren gerade die Pandemiejahre<br />

2020 und 2021 in finanzieller<br />

Hinsicht Rekordjahre für CipSoft, wie für<br />

viele andere Spielestudios auch. „Aber wir<br />

hatten auch schon vor Corona Spieler-Rekorde,<br />

die damit zusammenhängen, dass<br />

wir Probleme gelöst und Dinge verbessert<br />

haben, die der Community wichtig waren“,<br />

meint Vogler.<br />

CipSoft setzt auf soziales<br />

Engagement<br />

Die Community steht bei CipSoft nicht<br />

nur in-game an erster Stelle. CipSoft ist<br />

unabhängig von äußeren Kapitalgebern<br />

und fährt eine Firmenpolitik, die soziale<br />

Verantwortung nach innen wie nach<br />

außen großschreibt. 2020 unterstützt<br />

CipSoft verschiedene Organisationen und<br />

Einrichtungen, die sich im Kampf gegen<br />

das Coronavirus engagieren. Im Zuge<br />

der Pandemie werden Essensspenden<br />

an Regensburger Institutionen aus dem<br />

Gesundheits- und Pflegesektor organisiert.<br />

Ein lokaler Konditor backt zum<br />

Ulrich Schlott (links)<br />

und Stephan Vogler<br />

(rechts) kennen<br />

sich noch aus der<br />

Schulzeit. Benjamin<br />

Zuckerer (Mitte) stieß<br />

nach zehn Jahren<br />

als Produktmanager<br />

zur Geschäftsführung.<br />

Beispiel im Auftrag von CipSoft Kuchen<br />

für die Mitarbeitenden des Roten Kreuzes.<br />

In dieser Zeit gehen 365.000 Euro an<br />

gemeinnützige Organisationen wie die<br />

WHO oder Ärzte ohne Grenzen.<br />

<strong>2022</strong> spendet CipSoft 50.000 Euro, die<br />

Summe, die es als Gewinner des Deutschen<br />

Computerspielpreises erhält, an<br />

ukrainische Kriegsflüchtlinge. Für Vogler<br />

eine Selbstverständlichkeit: „Wir profitieren<br />

von unserem Umfeld und der<br />

Gesellschaft. Da möchten wir auch was<br />

zurückgeben.“<br />

Spieleentwickler: „Haben<br />

eine Verantwortung, die Welt<br />

besser zu machen“<br />

Auch die Belegschaft profitiert vom sozialen<br />

Verantwortungsbewusstsein und<br />

der modernen Ausrichtung, die CipSoft<br />

der Branche vorlebt: flexible Arbeitszeiten,<br />

ein Verbot, Überstunden zu sammeln,<br />

Vereinbarkeit von Familie und Beruf,<br />

die Möglichkeit zu Remote Work, ein<br />

persönliches Weiterbildungsbudget und<br />

seit 2021 die Möglichkeit, 20 Prozent der<br />

Arbeitszeit dafür zu verwenden, eigene<br />

Spielideen umzusetzen.<br />

CipSoft stellt den Menschen ins Zentrum<br />

– und beteiligt die Mitarbeitenden<br />

direkt am Erfolg des Unternehmens.<br />

Stephan Vogler erzählt: „Ein Viertel der<br />

Gewinne, die in einem Jahr gemacht<br />

werden, werden an die Mitarbeitenden<br />

ausgeschüttet.“ Das mache in jedem<br />

Jahr mindestens zwei Monatsgehälter<br />

aus. In den Rekordjahren 2020 und 2021<br />

entsprach die Erfolgsbeteiligung sogar<br />

einem ganzen zusätzlichen Jahresgehalt.<br />

„Wenn wir erfolgreich sind als Unternehmen,<br />

dann möchten wir auch, dass<br />

unsere Mitarbeitenden an diesem Erfolg<br />

teilhaben. Als Unternehmer hat man eine<br />

Verantwortung, die Welt eher besser<br />

werden zu lassen und nicht schlechter.“<br />

Games in Bayern:<br />

viel Durchstart-Potenzial<br />

Die bayerische Videospiel-Landschaft<br />

wird immer vielfältiger, findet Stephan<br />

Vogler: „In den letzten Jahren hat sich<br />

einiges getan. Gerade im Indie-Bereich<br />

hat sich eine große Szene entwickelt.“<br />

Knapp 100 Mitarbeitende<br />

finden in den<br />

Büros von CipSoft<br />

in Regensburg Platz.<br />

HELLO<br />

FROM ...<br />

CipSoft hat gute Gründe für den Standort<br />

Regensburg: „Klar, im Gegensatz zu<br />

München, Hamburg oder Berlin sind wir<br />

etwas ab vom Schuss. Aber das ist auch<br />

eine Stärke. Wenn sich jemand in Ostbayern<br />

für Spieleentwicklung interessiert<br />

und sein Hobby zum Beruf machen will,<br />

kommt er an uns nicht vorbei. Die hohe<br />

Lebensqualität in der Stadt und das<br />

Hochschulumfeld, aus dem viele unserer<br />

Mitarbeitenden kommen, sind sehr gut.“<br />

Konzeptzeichnungen<br />

und Artworks zei -<br />

gen, wie Spielfiguren<br />

und immersive<br />

Games-Welten bei<br />

CipSoft entstehen.<br />

50 51


MARKETTE<br />

NEWCOMER<br />

DIESE BAYERISCHEN<br />

STARTUPS SIND AUF DER<br />

ÜBERHOLSPUR.<br />

@summ<br />

Schnell, kostengünstig und unkompliziert<br />

zu Leichter Sprache: Das Münchner Startup<br />

Summ macht es möglich. Eine innovative<br />

KI-Lösung übersetzt komplexe Sätze<br />

und Texte in Leichte Sprache. Mit nur<br />

einem Klick können Behörden, Unternehmen<br />

und Organisationen ihre Webseiten<br />

und Inhalte damit barrierefrei gestalten.<br />

So können auch Menschen mit Demenz,<br />

Lesebehinderung oder Lernschwierigkeiten<br />

sowie Personen, die wenig Deutsch<br />

sprechen, alle Informationen verstehen.<br />

TEXT<br />

IN DER<br />

MEDIENBRANCHE<br />

LENA KAESS UND<br />

DINO MEDIC<br />

FOTOS: SUMM, JUSTT, STUDIO WINDSOCKE, LESIDO, KERTOS; ILLUSTRATION: GETTY IMAGES/DENIS NOVIKOV<br />

@justt<br />

Eine neue Plattform für Qualitätsinhalte:<br />

Ein deutsch-internationales Team aus<br />

Content-Spezialist:innen, Designer:innen<br />

und Coder:innen mit Sitz in München sagt<br />

Manipulation und Fake News den Kampf an.<br />

Mithilfe von KI und auf Relevanz getrimmten<br />

Algorithmen bringt Justt Verlage, selbstständige<br />

Journalist:innen, Blogger:innen und<br />

Nutzer:innen aus aller Welt zusammen und<br />

verbreitet hochwertige Inhalte mit der Power<br />

von Social Media. Das Besondere: Creator<br />

und Publisher profitieren beide und ein intuitives<br />

Design macht die Plattform besonders<br />

nutzerfreundlich.<br />

@lesido<br />

Lesido ist die erste digitale Kinderbuch-Bibliothek, bei der Familienmitglieder<br />

auch aus der Ferne und per Videoanruf vorlesen können.<br />

Über 100 digitale Bilderbücher und Erstlesebücher stehen schon<br />

jetzt zur Verfügung, die Bibliothek wächst stetig. Hinter der App<br />

steckt das gleichnamige Münchner Startup mit den Geschäftsführer:innen<br />

Janina Jauch und Peter Frank.<br />

UNTER<br />

DEM RADAR<br />

@studio windsocke<br />

Der Spieleentwickler Studio Windsocke wurde von vier Absolvent:innen<br />

der Universität Bayreuth gegründet. Mit ihrem Indie-<br />

Game „Passing By“, einem Mix aus 2-D-Platformer-, Puzzle- und<br />

Sur vival-Game, räumten sie bereits mehrere Preise ab. Dieser<br />

besondere Genre-Mix gewann den Ubisoft Newcomer Award 2021<br />

und die Nachwuchs-Auszeichnung als „Bester Prototyp“ beim<br />

Deutschen Computerspielpreis 2021.<br />

@kertos<br />

Das Münchner Startup Kertos will effizienteren<br />

Datenschutz möglich machen. Die Idee:<br />

ein System, das personenbezogene Daten<br />

DSGVO-konform verwaltet. Die Software<br />

enthält automatisierte Lösungen für Website-Betreiber:innen,<br />

um Datenschutzbestimmungen<br />

umzusetzen. Die Anwendung bietet<br />

eine Übersicht, wie die Daten verarbeitet<br />

werden. Ebenso lassen sich Betroffenenrechte<br />

durchsetzen, wie die Löschung personenbezogener<br />

Daten.<br />

52 53


NEUES AUS DER BRANCHE<br />

NEUES AUS DER BRANCHE<br />

DER BAYERISCHE FERNSEHPREIS WIRD IN ZUKUNFT<br />

ALS „BLAUER PANTHER – TV & STREAMING<br />

AWARD“ VERLIEHEN. AUSSPIELWEGE, PRODUKTION UND<br />

DIGITALSTRATEGIE ZEUGEN VOM WILLEN,<br />

EINEN ZUKUNFTSFESTEN PREIS ZU SCHAFFEN.<br />

Die TV- und Filmbranche<br />

erlebt seit dem Eintritt von<br />

Streamern in den Markt<br />

einen umfassenden Wandel.<br />

Diese Entwicklung soll<br />

sich in Zukunft auch im Bayerischen Fernsehpreis<br />

widerspiegeln. Die Auszeichnung<br />

wurde <strong>2022</strong> umfassend überarbeitet und<br />

wird am 19. Oktober als „Blauer Panther –<br />

TV & Streaming Award“ verliehen.<br />

„Wir wollen den Preis moderner, agiler<br />

und zeitgemäßer gestalten“, bestätigt<br />

Nina Etspüler. Sie ist Mitgeschäftsführerin<br />

TEXT NINA BRANDTNER<br />

bei der Produktionsfirma i&u TV, die Teil<br />

der Münchner LEONINE Studios ist und<br />

mit der Produktion des neuen Preises<br />

betraut wurde. „Trotzdem wollen wir das<br />

Traditionsreiche und die Menschen, die<br />

den Preis bisher gut fanden, nicht verschrecken.<br />

An jeder Schlüsselstelle geht<br />

es darum, wie wir Tradition mit Zukunft<br />

verbinden können.“<br />

Den Grundstein dafür haben Träger, Förderer<br />

und Organisatoren gelegt: Erstmals<br />

öffnet sich der Preis außer für TV-Produktionen<br />

auch für deutsche Produk-<br />

tionen von Streaming-Anbietern sowie<br />

für Bewegtbildformate von deutschen<br />

Web-Creatoren für Online-Plattformen. In<br />

den vier Kategorien Information/Journalismus,<br />

Fiktion, Entertainment und Kultur/<br />

Bildung können bundesweit Produktionen<br />

und Personen ausgezeichnet<br />

werden. Dass der Award alle Formate und<br />

Ausspielwege in den Blick nimmt, spielt<br />

der Vision der Verantwortlichen in die<br />

Hände: den Blauen Panther als zentralen<br />

Preis der deutschen TV- und Streaming-<br />

Branche zu etablieren.<br />

FOTOS: PAVEL LOSEVSKY, LEONINE STUDIOS<br />

Mit modernem Setbau zum<br />

neuen Award<br />

Der inhaltlichen Neuausrichtung folgen<br />

Konsequenzen in der Umsetzung. Als<br />

Location für die Preisverleihung habe<br />

man einen Ort gewählt, an dem Tradition<br />

und Zukunft aufeinandertreffen: das<br />

Auditorium der BMW Welt in München.<br />

Innovation hält auch im Setbau Einzug:<br />

„Wir wollen weg von: Vorne ist eine Bühne,<br />

davor sitzt ein Publikum und schaut<br />

zu“, sagt Etspüler. Stattdessen steht die<br />

Bühne, ausgestattet mit einem Cube, der<br />

auf allen Seiten mit LEDs bestückt ist,<br />

im Zentrum der Location. „Das fühlt sich<br />

sehr modern an, so, wie wir heute Medien<br />

rezipieren. Die Bespielung kommt aus<br />

verschiedenen Ecken.“<br />

Um die klassische Inszenierung noch weiter<br />

aufzubrechen, hat i&u TV in Zusammenarbeit<br />

mit dem künstlerischen Leiter<br />

der Award-Show, Stephan Reichenberger,<br />

ein neues Format entwickelt. Nina Etspüler<br />

erklärt: „Wir werden mit Talkrunden<br />

mit den Nominierten, Moderator:innen<br />

und Fans eine Art Genrehybrid aufsetzen.<br />

Wir wollen die Jüngeren mit den Älteren<br />

verbinden und so die große Medienfamilie<br />

erzählen.“<br />

Publikumsvotings für<br />

„Beliebtester Film“ und<br />

„Beliebteste Serie“<br />

Moderiert werden die Talkrunden, wie<br />

auch der Rest der Preisverleihung, von<br />

Katrin Müller-Hohenstein und Tobias Krell,<br />

bei vielen bekannt als Checker Tobi. Sein<br />

Engagement soll, neben anderen Faktoren,<br />

auf eine neue, erweiterte Zielgruppe<br />

einzahlen. Denn während man die ältere<br />

Generation gut über die Ausstrahlung<br />

im Bayerischen Fernsehen (BR) erreiche,<br />

habe man bei jungen Menschen keinen<br />

Fuß in der Tür. „Es ist unser großer Antrieb,<br />

auch wieder jüngere Zuschauer:in-<br />

„An jeder<br />

Schlüsselstelle geht<br />

es darum,<br />

wie wir Tradition<br />

mit Zukunft<br />

verbinden können.“<br />

NINA ETSPÜLER<br />

nen für diesen Preis zu begeistern“, bekräftigt<br />

Etspüler. „Die Jury hat großartige<br />

Arbeit geleistet, indem sie eine tolle Bandbreite<br />

an Nominierten gefunden hat.“<br />

Ein weiterer Hebel dafür ist das Publikumsvoting.<br />

Zum ersten Mal können<br />

Zuschauer:innen im Vorhinein online ihre<br />

Stimme für den „Beliebtesten Film“ und<br />

die „Beliebteste Serie“ abgeben. „Wir<br />

wollen diesen Preis nicht nur für eine<br />

lineare Ausstrahlung produzieren. Wir<br />

wollen Zuschauer:innen finden, die in<br />

der digitalen Welt unterwegs sind, und<br />

sie für die Ausstrahlung am 19. Oktober<br />

gewinnen“, so Etspüler.<br />

Umfassende Online-<br />

Strategie soll junge Zielgruppen<br />

erreichen<br />

Das Publikumsvoting ist eingebettet in<br />

eine Digitalstrategie, die erstmals einen<br />

eigenen Online-Auftritt und die Präsenz<br />

auf Social-Media-Plattformen beinhaltet.<br />

Schon in den Monaten vor der Preisverleihung<br />

sind dort Clips der Nominierten und<br />

Blicke hinter die Kulissen abrufbar und<br />

führen auf die Veranstaltung hin.<br />

Wenn der „Blaue Panther – TV & Streaming<br />

Award“ im Oktober vergeben wird,<br />

tritt an die Seite der 90-minütigen Show<br />

im BR ein Stream. Auf der Website des<br />

Blauen Panther und den Plattformen der<br />

Träger werden die Preisverleihung, aber<br />

auch Vorberichte vom roten Teppich zu<br />

sehen sein. „Wir profitieren dabei von<br />

den vielen Trägern des Preises, die die<br />

Möglichkeit haben, ihn über ihre Ausspielwege<br />

zu zeigen“, erklärt Etspüler.<br />

Vor Ort in der BMW Welt trifft die Verleihung<br />

auf ein anderes Großevent der bayerischen<br />

Medienbranche: die Nacht der<br />

Medien der MEDIENTAGE MÜNCHEN.<br />

Zufall ist das keiner, wie Nina Etspüler<br />

sagt: „Uns war relativ schnell klar, dass es<br />

eine wahnsinnig gute Synergie wäre, den<br />

Preis mit den MEDIENTAGEN zusammenzulegen.“<br />

So könne man zusätzlich<br />

Gäste aus der TV-, Streaming- und<br />

Medienbranche mit dem klassischen<br />

Award-Publikum vernetzen. „Das wird<br />

ein großartiger Abend, um die Medien in<br />

Bayern zu feiern.“<br />

BLAUER PANTHER<br />

Organisator und Veranstalter:<br />

Medien.Bayern GmbH<br />

Träger: Bayerische Landeszentrale<br />

für neue Medien (BLM),<br />

Bayerischer Rundfunk (BR),<br />

Google Germany GmbH,<br />

Prime Video, RTL Deutschland, Seven.<br />

One Entertainment Group GmbH,<br />

Sky Deutschland und ZDF/3sat<br />

Gefördert von: Bayerische<br />

Staatskanzlei und Bayerisches<br />

Staatsministerium für Digitales<br />

Preisverleihung: 19. Oktober <strong>2022</strong> in<br />

der BMW Welt München<br />

Kategorien: Information/Journalismus,<br />

Fiktion, Entertainment<br />

und Kultur/Bildung<br />

Publikumspreise: Beliebtester Film,<br />

Beliebteste Serie<br />

54 55


MARKETTE<br />

BRAUCHT ES EINE<br />

POLIZEI<br />

IM METAVERSE?<br />

TEXT<br />

MARTIN HAASE<br />

CYBERCRIME<br />

NIMMT ZU: LAUT<br />

BUNDESKRIMINALAMT<br />

GAB ES IM JAHR 2021<br />

ZWÖLF PROZENT MEHR<br />

ATTACKEN IM WEB ALS<br />

IM JAHR ZUVOR, NICHT MAL<br />

JEDER DRITTE FALL WIRD<br />

AUFGEKLÄRT. CYBERCRIME-<br />

EXPERTE CEM KARAKAYA<br />

UND JOURNALISTIN TINA GROLL<br />

SPRECHEN ÜBER NEUE RISIKEN<br />

IM METAVERSE ̶ UND OB EINE<br />

DIGITALE POLIZEI FÜR MEHR<br />

SICHERHEIT SORGEN KANN.<br />

FOTO: KAY BLASCHKE<br />

Frau Groll, Herr Karakaya, welche<br />

Gefahren lauern im Metaverse?<br />

Cem Karakaya: Die Menschen<br />

denken, im digitalen Raum seien sie<br />

anonym. Im Metaverse könnte das<br />

eine neue Dimension annehmen:<br />

Vielleicht machen sie dort Dinge, die<br />

sie in der realen Welt nicht tun<br />

würden. Im virtuellen Raum gibt es<br />

das Tatortprinzip nicht. Das heißt zum<br />

Beispiel: Ein Opfer lebt in Deutschland,<br />

der Server steht in China und<br />

der oder die Täter:in sitzt in Russland.<br />

Das führt zu einer entscheidenden<br />

Frage, die noch geklärt werden muss:<br />

Gilt der Tatbestand dort genauso wie<br />

in Deutschland und führt er zu der<br />

gleichen Strafe? Für digitale Welten<br />

braucht es klare Regeln, die für jedes<br />

Land und jeden Menschen gelten.<br />

Tina Groll: Es gibt immer wieder<br />

neue Phänomene. Meint man, eine<br />

Betrugsmasche gut im Griff zu<br />

haben, gibt es schon die nächste<br />

Variante. Wie erfinderisch Betrüger:innen<br />

im Netz sind, hat zum<br />

Beispiel der Fall mit Franziska Giffey<br />

und dem falschen Vitali Klitschko<br />

gezeigt. Deepfakes sind nur ein<br />

Beispiel für technische Möglichkeiten,<br />

auf die man vorbereitet sein sollte.<br />

„Deepfakes<br />

sind nur ein<br />

Beispiel für<br />

technische<br />

Möglichkeiten,<br />

auf die man<br />

vorbereitet sein<br />

sollte.“<br />

TINA GROLL,<br />

JOURNALISTIN<br />

„Für digitale<br />

Welten<br />

braucht es<br />

klare Regeln,<br />

die für jedes<br />

Land und jeden<br />

Menschen<br />

gelten.“<br />

DISKUSSION<br />

Wie kann das Netz sicherer werden?<br />

Karakaya: Wenn wir zum Beispiel<br />

kritische Infrastruktur wie die<br />

Energieversorgung digitalisieren<br />

wollen, müssen wir immer an die<br />

Menschen denken, die sie nutzen:<br />

Sind die Nutzer:innen dafür bereit,<br />

kennen sie die Risiken im Umgang<br />

mit den digitalen Systemen und<br />

haben sie ausreichend Schutzmaßnahmen<br />

getroffen? Wer diese drei<br />

CEM KARAKAYA,<br />

CYBERCRIME-EXPERTE<br />

Fragen mit Ja beantwortet, ist gut<br />

geschützt. Das ist aber meist nicht der<br />

Fall. Der Computer rechnet mit allem,<br />

aber nicht mit den Benutzer:innen.<br />

Wie unterscheiden sich die Risiken von Nicht die Technologie ist gefährlich,<br />

denen in sozialen Medien heute?<br />

sondern der Mensch, der sie nutzt.<br />

Karakaya: Im Metaverse lassen sich<br />

Ich brauche heute nur Namen,<br />

theoretisch Bewegungsprofile<br />

Geburtsdatum und Anschrift. Diese<br />

erstellen. Wo gehe ich lang, welche<br />

Daten gebe ich in ein Programm und<br />

Dinge schaue ich mir wie lange an?<br />

erhalte einen Ordner voller Daten:<br />

Das sind noch mehr Daten, die sich<br />

mit Bildern, Videos und Meinungsbeiträgen.<br />

Das ist besonders heikel<br />

wiederum für Algorithmen nutzen<br />

lassen: Big Data weiß mehr über<br />

für Kinder und Jugendliche.<br />

die Leute, als sie selbst über sich<br />

wissen. Grundsätzlich gilt: Wenn Sie<br />

ein Produkt nicht bezahlen, bezahlen<br />

Sie mit Ihren persönlichen Daten.<br />

Die technische Entwicklung ist so<br />

schnell, dass die Verabschiedung<br />

von Gesetzen hinterherhinkt. Bis das<br />

passiert, haben Betrüger:innen ihre<br />

Methoden mehrfach verändert.<br />

Aber auch moralische Grundsätze<br />

entwickeln sich mit Verzögerung.<br />

Die Expert:innen<br />

Wir sprechen erst dann darüber,<br />

Cem Karakaya arbeitet bei<br />

welche Bilder in sozialen Medien<br />

der Polizei München im Bereich<br />

Prävention und Cybercrime.<br />

geteilt werden dürfen, wenn<br />

anstößige Inhalte verbreitet<br />

Nebenberuflich leitet er das Beratungsunternehmen<br />

Blackstone432,<br />

werden.<br />

Bei allen Risiken sollte man<br />

aber nicht vergessen, dass<br />

das Schüler:innen, Unternehmen und<br />

neue Medien den Menschen<br />

auch helfen<br />

bilisiert: von Sexualdelikten über Hacking<br />

Privatpersonen für Risiken im Netz sensi-<br />

können. Soziale Medien<br />

bis hin zu Haftungsrisiken im Influencer-Marketing.<br />

ZEIT-Journalistin Tina Groll ist Teil des<br />

ermöglichen einen<br />

Austausch, wo er<br />

Referent:innen-Netzwerks von Blackstone432.<br />

unterdrückt wird,<br />

Sie wurde Opfer von Identitätsmissbrauch und<br />

wie in Ländern mit<br />

erklärt, wie Nutzer:innen im Netz mit persönlichen<br />

starker Zensur.<br />

Daten umgehen sollten.<br />

57


MARKETTE<br />

DISKUSSION<br />

Sie sind die Entscheidungsträger:innen<br />

von morgen. Daten lassen sich<br />

manipulieren, zudem kann ich die<br />

Personen erpressen.<br />

Tina Groll, Sie mussten am eigenen<br />

Leib erfahren, dass Cybercrime ein<br />

ernst zu nehmendes Problem ist. Ihnen<br />

wurde die Identität gestohlen.<br />

Groll: Mir wurde nicht nur die Identität<br />

gestohlen, ich wurde auch Opfer<br />

von Identitätsmissbrauch.<br />

Das sind zwei unterschiedliche<br />

Sachen. Den Diebstahl merkt man<br />

oft nicht, bis massiver Missbrauch<br />

damit betrieben wird.<br />

In meinem Fall hatten die Betrüger:innen<br />

nur meinen Namen und<br />

mein Geburtsdatum – das reichte<br />

schon aus, um meine Identität in<br />

Hunderten von Fällen für Warenkreditbetrug<br />

zu nutzen. Es lagen Haftbefehle<br />

gegen mich vor, ich stand im<br />

Schuldnerregister, ich wurde<br />

polizeilich und behördlich gesucht.<br />

Das habe ich erst ein Jahr später<br />

bemerkt, als die ersten Mahnschreiben<br />

kamen. Das war echt die Hölle.<br />

Wie können sich Privatpersonen vor<br />

solchen Übergriffen schützen?<br />

Groll: Das eigene Nutzungsverhalten<br />

so datensparsam wie möglich<br />

gestalten. Übertriebene Angst und<br />

Vorsicht sind im Zeitalter der Digitalisierung<br />

zwar fehl am Platz: Nutzer:innen<br />

sollten sich aber immer die<br />

Frage stellen, warum ein Unternehmen<br />

bestimmte Daten braucht.<br />

Außerdem sollte jeder eine Firewall<br />

installieren, sich mit Zwei-Faktor-Authentifizierung<br />

einloggen und im<br />

Idealfall einen Passwort-Manager<br />

nutzen. Oder zumindest sehr lange,<br />

kryptische Passwörter festlegen.<br />

Karakaya: Datensparsamkeit ist<br />

wichtig. Ansonsten immer die<br />

Software aktuell halten und daran<br />

denken: Nicht nur Computer und<br />

Smartphone müssen aktualisiert<br />

„Die Leute<br />

dürfen nicht<br />

zu der<br />

Auffassung<br />

kommen,<br />

dass sie in<br />

digitalen<br />

Welten eher<br />

straffrei<br />

wegkommen<br />

als in der Welt,<br />

in der wir<br />

uns körperlich<br />

bewegen.“<br />

CEM KARAKAYA,<br />

CYBERCRIME-EXPERTE<br />

werden, sondern auch der Smart TV,<br />

die Webcams und das Babyphone.<br />

Braucht es eine Polizei im Metaverse?<br />

Karakaya: Ja und nein. Nein, weil<br />

Straftaten wie Beleidigung, Bedrohung<br />

oder Erpressung bei der Polizei<br />

angezeigt werden können. Das gilt<br />

jetzt schon, dafür braucht es nicht<br />

unbedingt eine Polizei im Metaverse.<br />

Für die Prävention kann das aber helfen.<br />

Im Metaverse würden sich<br />

Personen zum Beispiel mit Belästigungen<br />

eher zurückhalten, wenn sie<br />

jemanden in Uniform sähen. Sie<br />

steigen auch in der Fußgängerzone<br />

nicht aufs Fahrrad, wenn Sie dort<br />

einen Polizisten oder eine Polizistin<br />

sehen. Die Leute dürfen nicht zu der<br />

Auffassung kommen, dass sie in<br />

digitalen Welten eher straffrei<br />

wegkommen als in der Welt, in der<br />

wir uns körperlich bewegen.<br />

Das muss aber gut umgesetzt<br />

werden. Dafür braucht es mehr<br />

Befugnisse für die Polizei. Heute<br />

haben wir Cybercrime-Dezernate.<br />

Dort arbeiten Beamt:innen, die IT<br />

studiert haben. Die wissen zum<br />

Beispiel, wie sie digital Spuren sichern.<br />

Sie haben auch alle technischen<br />

Mittel, um Täter:innen zu finden. Sie<br />

könnten zum Beispiel Smartphones<br />

orten – dürfen es aber nicht immer.<br />

Groll: Grundsätzlich ist das Metaverse<br />

eine faszinierende Vision. Es<br />

muss aber Regeln geben, da wird<br />

staatliche Regulierung notwendig.<br />

Und wenn eine solche Welt von<br />

Konzernen geschaffen wird und den<br />

nationalstaatlichen Raum verlässt,<br />

muss das neu verhandelt werden.<br />

Ich persönlich will nicht ständig<br />

Warnungen aussprechen, sondern<br />

bin sehr zuversichtlich, dass die<br />

Menschheit es schaffen wird,<br />

Innovationen so zu entwickeln, dass<br />

wir gut damit leben können.<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber<br />

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Rosenheimer Straße 145e<br />

81671 München<br />

Tel.: +49 (0)89 68 999 - 0<br />

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Stefan Sutor (Vorsitzender) | Lina Timm<br />

Redaktion: Nina Brandtner,<br />

Friederike Neubert,<br />

<strong>XPLR</strong>: MEDIA in Bavaria |<br />

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Gestaltung: Storyboard GmbH<br />

Druck: Peschke Solutions GmbH,<br />

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Medien.Bayern GmbH, Oktober <strong>2022</strong><br />

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Zwischen Tradition steckt Innovation.<br />

Am Medienstandort Bayern.<br />

Lebe<br />

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